Poropetra - Interview mit Virva Holtiton - Juni 2005
Vielen Dank, dass ihr Sheol Magazine mit eurer CD unterstützt habt. Aber was ist der Titel? (Ich kann ihn im Booklet nicht finden.)
Er ist im Booklet. Der Titel ist einfach Poropetra. Es ist ein einfacher und natürlicher Weg, deine erste Mini-CD nach dir selbst zu betiteln. :)
Es ist für mich eine wirklich andere Musik, denn in Deutschland hören wir selten finnische Folk-Musik, wie du weißt. Es ist für meine Ohren eine besondere Freunde, so seelenvolle und spirituelle Musik aus dem Herzen Finnlands zu hören. Es steht schon ein Review über die CD im Sheol Magazin, aber wie würdest Du eure Musik für Leser, die trotzdem noch keine Vorstellung über den Klang haben, beschreiben? Und wer sind die Menschen (in Europa außerhalb Finnlands), die sich vielleicht für diese Art von Musik interessieren?
Ich betrachte unsere Musik als moderne finnische Folkmusik und als ethnischen Kantele-Rock. Es ist pure und sehr ehrliche Musik, die der Natur und unseren Herzen sehr nahe steht. Du kannst das Erbe unserer Vorfahren darin hören, mit einem Echo aus der Zukunft. Ich habe gemerkt, dass viele Menschen an unserer Musik interessiert sind, und nicht nur aus Finnland! Wenn Du moderne baltisch-finnische Folkmusik (Nostatus, Sinimaniseele, Tshakku, Värttinä), ethnische Folk Rock Musik (Atalyja, Myllärit, Oort, Pohjannaula, Tarujen saari, Vägilased, Yat-Kha) oder Folk Metal (Korpiklaani, Metsatöll, Skyforger, Zalyarinis) magst, kann ich dir die Musik von Poropetra empfehlen!
Wovon handeln eure Texte. (Weil die meisten Songs auf Finnisch und einer auf Estnisch sind, habe ich keine Ahnung davon.) Steht ein spezielles Konzept hinter den Songs/Texten, oder handelt jeder von etwas anderem?
Das lyrische
Konzept unserer Songs ist eine direkte Fortsetzung alter baltisch-finnische Folk
Songs. Auf der Poropetra-MCD ist „Salon sahti“ ein Trinklied, „Saare piga“
ein epischer Song und „Tunturikukka“ ein Liebeslied. In unseren
bevorstehenden Album „Sinihirwi“ haben wir die Ehre, euch einige Zaubersprüche,
beschwörende Songs, traditionelle Tänze, Kinderlieder, Klagelieder und noch
mehr Liebeslieder vorzustellen. Unsere Texte handeln vom Leben selbst und allem,
was darum herum ist.
„Saare piiga“ ist der einzige Song, den ich auf Estnisch geschrieben habe.
Ich schrieb ihn, während ich in Estland lebte. Aus Respekt vor meiner
Geschichte, habe ich ihn in der Sprache gelassen. Alle anderen Poropetra-Songs
sind in meiner Muttersprache Finnisch geschrieben.
Der finnische Runen-Sing-Stil ist aus dem Fundament der finnischen, karelischen,
estnischen und votischen Sprache entstanden. Du rennst mit den Füßen, auf
denen du das Gehen gelernt hast; du singst mit der Zunge, mit der du sprechen
gelernt hast.
Ist eure Musik typische oder durchschnittliche Folk Musik, oder unterscheidet sie sich sehr von anderer Folk Musik aus eurem Land (wenn ja, was ist genau der Unterschied)?
Unsere Musik wurzelt in uralter baltisch-finnischer Folk Musik, finnisch-ugrischer Runen-Sing-Tradition und in der Tradition des Kantelespielens. Auf dieser Grundlage mixen wir Einflüsse des kehligen Singens mit Einflüssen aus dem modernen Metal. Wir möchten die Tradition der finnischen Folk Musik mit den uralten finnischen Instrumenten weiter erhalten, aber wir trauen uns auch daraus etwas Neues mit modernen Elementen zu erschaffen. Ich denke, es ist einzigartig, wie wir verschiedene Sachen in unserer Musik kombinieren. Uns ist es möglich, in den Songs verschiedene Gefühle einzufangen, und das ist es, was Poropetra´s Musik ausmacht.
Wie nah stehst du der Folk Musik Szene um allgemeinen und persönlich? Es scheint ein wichtiger Teil in deinem Leben zu sein !?
Ich weiß nicht, ob es aktuell eine Folk Musik „Szene“ gibt. Aber ich kenne viel Folk Musiker und Folk Bands, und ich höre täglich gute, traditionelle finnische Musik. Die Folk Musik und die Tradition ist mehr ein Lebensweg für mich. Ich war schon immer von den Sprachen, der Folklore und der Geschichte der finnisch-ugrischen Menschen fasziniert. Ich habe mir das Kantelespielen und Runensingen selbst beigebracht. Diese Traditionen sind eins mit meinem Leben.
Inwieweit reflektiert eure Musik die finnische Tradition und Nationalität? Wie wichtig sind diese Traditionen und was, denkst du, macht die Finnen so stolz auf ihr Land? Du weißt, einige europäische Länder erlangen eine Mischung aus allen Kulturen und Glaubensrichtungen (sind also wirklich weltoffen), und ihre eigenen Traditionen gehen mit der Zeit verloren, während die Finnen den ihrigen immer noch passioniert folgen. Wo mag der Unterschied in der Prioritätensetzung kommen? Welche der zwei Sichtweisen erscheint dir fortschreitender?
Wie ich schon eher
gesagt habe, unsere Musik ist eine geradlinige Fortsetzung der alten Folk Songs.
Unsere Lieder sind Teil meines Lebens. Unser Ziel ist es, das Runensingen und
Kantelespielen zu erhalten und weiter zu entwickeln. Nur auf diesem Weg bleibt
die Tradition erhalten, lebt und atmet. Und es ist nichts Nationalitätsbezogenes
in unserer Musik – ich mag dieses Zeug nicht.
Im Moment ist es genau das Gegenteil hier in Finnland. Viele Leute sind sich
hier ihrer Wurzeln NICHT bewusst. Es mangelt in Finnland viel an Wissen.
Speziell bei jungen Leuten, was mich sehr traurig macht. Wen du leise im Zug
oder Bus Kantele spielst, wundern sich die Leute darüber und fragen: „Was für
ein Instrument spielst du?“ Und du antwortest: „Es ist eine Kantele. Unser
Nationalinstrument, nicht wahr?“
Ich habe diese Dinge in vielen gut bekannten, finnischen Nachrichtenforen
angemerkt. Vor ein paar Wochen habe ich lange und schmerzvolle Diskussionen geführt.
Die Leute haben ihre eigenen, total irreführenden Schlüsse die finnische Folk
Musik und Tradition betreffend gezogen und haben sich total aufgeregt, als ich
ihnen sagte, wie die Dinge WIRKLICH sind. Ich habe viele Jahre unserer Folklore
tief ergeben gelebt, und es ärgert und frustriert mich, wenn mir jemand OHNE
JEDES Wissen sagen will, wie die Dinge sind! Das gleiche habe ich in ein paar
finnischen „Poropetra“-Reviews gesehen. Ich musste den Schreibern UNSERE
EIGENE Folk Musik Tradition erklären! Es war wirklich frustrierend, kannst du
dir das vorstellen?
Ich habe eineinhalb Jahre in Estland gelebt, und da ist die Situation gänzlich
anders. Die Leute sind stolz auf ihre Kultur, und du kannst das jeden Tag im
Leben sehen. Ich konnte jeden warmen Frühlingstag Folk Musik Darbietungen genießen,
wenn ich über den Marktplatz in Tartu wanderte. In Estland habe ich wirklich
angefangen, das Kantelespielen zu lernen. Die Leute haben mich inspiriert und
ermutigt, meine eigene Musik zu machen. Ich habe viele Poropetra-Fans in
Estland. Sie wollen sogar, dass ich noch mehr Songs auf Estnisch schreibe! In
Estland ist die Kantele zum Beispiel sogar in einer gewöhnlichen Rockband eine
vertraute Ergänzung! Und wenn du mich fragst, die beste Kombination von Folk
Musik und Metal findest du auf der CD „Hiiekoda“ der estnischen Band Metsatöll.
Und in Estland ist auch noch das Wissen vorhanden, wie man alte Instrumente
baut. Meine eigene 12-saitige Kantele wurde von Rait Pihlap geschaffen, einem
sehr kundigen und talentierten, estnischen Kantelebauer. Solche Kanteles werden
hier in Finnland nicht hergestellt.
Glücklicherweise habe ich das Gefühl, dass sich die Situation hier in Finnland
verbessert. Die Leute entdecken ihre Wurzeln und man kann die Platten
brandneuer, frischer Folk Musik Gruppen in den öffentlichen Büchereien finden.
Und in welche Richtung sich die Kantelespieltradition sich auch entwickelt, es
ist toll, ein Teil davon zu sein! Zusammen mit Poropetra muß ich auch Frostheim
Kuuraparta´s Band Nostatus und Aslak Tolonen´s Nest vorstellen. Ihre Arbeit
und Ergebenheit der Kantele gegenüber hat mich für meine eigene Musik sehr
inspiriert.
Sind die anderen beiden Mitglieder (Frostheim und Hittavainen) feste Mitglieder? Oder ist dies dein Projekt, und sie haben in diesem Teil ausgeholfen? Welche Instrumente spielen sie in der Band? Sind sie auch am Songwriting beteiligt?
Hittavainen und
Frostheim sind Mitglieder meiner Band, seit ich sie im Herbst 2002 gegründet
habe. Sie spielen eine große Rolle in unserer Musik. Hittavainen nimmt unsere
Arbeiten auf, produziert, mixt und mastert sie. Wir haben die „Poropetra“-MCD
in seinem Heimstudio aufgenommen und die „Sinihirwi“-CD wird in
Hittavainenens und Frostheims Residenzen entstehen. Auf der „Poropetra“-MCD
habe ich die Vocals eingesungen, die Kantele und Percussions gespielt. Frostheim
hat die Backgroundvocals gemacht und Hittavainen spielte alle anderen
Instrumente (Violine, Gitarre, Bass, Jouhikko, Torupill, Mandoline, Maultrommel,
Pfeifen).
Auf unserem nachfolgenden „Sinihirwi“-Album hat sich das Line Up verdoppelt.
Wir haben nun sechs Mitglieder in der Band. Ich spiele die Kanteles (5- und
12-saitig), ein paar kleinere Percussions und mache die meisten Vocals, das
ganze kehlige Singen und außerdem ein wenig Voik. Hittavainen spielt Violine,
Jouhikko, Torupill, Maultrommel und Pfeifen. Frostheims Rolle ist nun größer:
er spielt die zweite Kantele mit seiner 12-saitigen, ein paar Gitarrenspuren und
er singt die meiste Zeit mit mir. Wir haben nun mit Aapo, einen richtigen
Ethno-Schlagwerker ins unseren Reihen; er spielt all die großen
Ethno-Percussions (Djembe, Udu, Bongo-Trommeln) und sogar Didgeridoo und den
tibetanischen Singtopf. Und wir haben auch zwei wunderschöne Frauen in unserer
Band: Peikko-IP spielt die meisten Gitarren und Basslinien, und Elsa teilt sich
die Vocals mit Frostheim und mir.
Alle Poropetra-Mitglieder werden in unserer Band gebraucht. Ohne sie würde das
alles nicht möglich sein. Beim arrangieren ihrer Instrumente haben sie alle
freie Hand. Sie alle sind talentierte Musiker und sehr gute Freunde von mir. Es
bedeutet mir sehr viel, mit ihnen Musik zu machen. Ich bin sehr zufrieden mit
all der Arbeit, die sie für Poropetra gemacht haben. Ich möchte mit ihnen so
lange Musik machen, wie ich meine Kantele in der Hand halten kann.
Ich schreibe fast die ganze Musik für Poropetra. Aber jede Hilfe wird gebraucht
und wenn jemand mit einem Song kommt, der in das Konzept von Poropetra passt,
benutzen wir ihn. Auf der „Poropetra“-MCD habe ich die Hauptmelody und den
Text für „Tunturikukka“ geschrieben, aber ich kam damit nicht weiter, also
hat Hittavainen ihn vollendet. Auf unserer nächsten CD „Sinihirwi“ ist ein
Song von Frostheim und einer von Peikki-IP. Wir benutzen dort auch ein paar
traditionelle, finnische Folktexte und traditionelle baltisch-finnische
Folkmelodien.
Line-Up der Poropetra-MCD:
Virva Holtiton: Vocals, kehliges
Singen, 10-saitige Kantele, schamanische Trommel, Maultrommel, Percussions
Hittavainen: Gitarre, Bass, Violine, Jouhikko,
Torupill, Mandoline, Pfeifen, Maultrommel
Frostheim Kuuraparta: Backgroundvocals,
Drehleier
Line-Up JETZT (31.05.2005):
Elsa: Gesang (weiblich)
Virva Holtiton: Gesang, kehliges
Singen, 5-saitige Kantele, 12-saitige Kantele, elektrische 5-seitige Kantele,
schamanische Trommel, Hände, Maracass, Kuhglocken
Hittavainen: Violine, Jouhikko, Torupill,
Mandoline, Pfeifen, Maultrommel
Peikko-IP: Akustikgitarre, E-Gitarre, Bass
Frostheim Kuuraparta: Gesang,
12-saitige Kantele, E-Gitarre, Hände
Aapo: Bongos, Djembe, Udu, Didgeridoo,
tibetanischer Singtopf, Regenstab
Kannst Du uns Nicht-Finnen bitte etwas über die traditionellen finnischen Instrumente, die ihr auf eurer CD verwendet, erzählen (Name, wie sie klingen, was du über die Geschichte dieser Instrumente weißt etc.), und warum genau diese benutzt? Sind sie heutzutage in Finnland schwierig zu bekommen, oder ist es leicht, sie überall zu finden?
Ich erzähle dir
etwas über unser Schlüsselinstrument, weches – was für eine Überraschung
– die Kantele ist. Es ist ein Saiteninstrument, das zur Familie der Zithern
gehört. Es ist das Nationalinstrument Finnlands. Es ist seit
zweitausend-irgendwas Jahren in der finnisch-baltischen und baltischen
Musikkultur verankert. Die Kantele hat verschiede Namen und Formen unter den
Menschen, die in dieser Gegend leben: die Finnen haben die Kantele, die Esten
die Kannel, die Letten die Kokle, die Litauer die Kankle, und auch in Russland
gibt es eine Form, die Gusli heißt. Im Moment benutze ich eine Kannel, weil
meine eigene 12-saitige Kantele in Estland gebaut wurde!
Der älteste Kantele-Typ ist die 5-saitige Kantele. Sie wurde entweder von oben
oder von unten aus einem Stück Holz ausgehöhlt. Die ausgehöhlte Version hat
einen separaten Deckel. Vor der Erfindung des Metalls waren die Saiten aus
verdrehtem Pferdehaar. In der
finnischen Folklore ist auch
Jungfrauenhaar festgehalten. In späteren Zeiten waren die Saiten aus Kupfer-
oder Stahldraht. Das Instrument war in einer pentatonischen Tonleiter gestimmt,
die mit den ersten fünf Tönen der großen oder kleinen Tonleiter übereinstimmt.
Die ausgehöhlte Kantele wurde mit der Zeit durch die aus einzelnen Brettern
gemachte Kantele ersetzt. Die Saitenanzahl wuchs, und die Spieltechnik veränderte
sich. All dies passierte vor ein paar hundert Jahren. Die Brust-Typ-Kanteles
sind diatonisch gestimmt, und es gibt viele traditionelle Wege, sie zu
spielen.
Um 1920 erlebte die Kantele eine Revolution durch die Erfindung eines
Stimmmechanismus ähnlich dem einer Konzertharfe von Paul Salminen. Mit Hilfe
von Hebeln ist es möglich, chromatische Noten zu erzeugen und verschiedene Schlüssel
einzustellen. Mit einer chromatischen Konzertkantele kannst du alles von Folk
bis Klassik spielen.
Es gibt drei Arten, eine Kantele zu spielen. In der finnisch-karelischen Region
hauptsächlich so gespielt, in dem man die Saiten „zupfte“, aber in der
baltischen Region wurde sie gspielt wie man Rhythmen spielt: Die eine Hand zieht
leicht die Saiten hinunter und die andere spielt den Rhythmus. Und aus dem
letzten hat sich der gemischte Stil entwickelt, wo du gleichzeitig Rhythmus
spielen und „zupfen“ kannst. Ich bevorzuge hauptsächlich den Rhythmus- und
den gemischten Stil, aber von Zeit zu Zeit spiele ich auch den „Zupf“-Stil.
Also ist mein eigener Stil in allen Gegenden ein gemischter Stil aus finnischer
und baltischer Tradition.
Es war eigentlich schon von der ersten Zeit an klar, dass die Kantele das
dominierende Instrument Poropetras sein würde. Das Spielen der Kantele ist der
natürlichste Weg, das wirklich altertümliche Gefühl der finnischen Folk Musik
herauszuheben. Ich wollte zum Beispiel nicht das Akkordeonspielen lernen, weil
es so viel später zu den Folkinstrumenten dazu gekommen ist. Das erste
Akkordeon wurde 1822 in Deutschland gebaut, so ist es im Vergleich zum „alten
Mann“ Kantele ein Baby. Letztere ist mindestens 2000 Jahre alt und UNSER
Nationalinstrument. Viele ihrer baulichen Gegebenheiten mach sie zu einem
einzigartigen Instrument in der ganzen, weiten Welt.
Einem Metalhead könnte ich empfehlen, sich die Musik von Metsatöll und
Skyforger anzuhören. Sie benutzen die Kantele sehr oft in ihrer Musik.
Finnische Metalbands benutzen die Kantele nicht so oft, aber ich weiß, dass
Ensiferum, Finntroll, Moonsorrow und Korpiklaani sie ein paar Mal auf ihren
Platten verwenden. Frostheim spielt Kantele auf der Moonsorrow-CD „Verisäkeet“
bei dem Lied „Jotunheim“, und ich spiele Kantele bei dem Lied „Kädet
siipinä“ auf der Korpiklaani-CD „Voice of wilderness“. J
In Finnland kannst
du deine eigene Kante zum Beispiel von Lovikka (www.lovikka.com),
Soitinrakentajat AMF (www.soitinrakentajatafm.fi)
oder Koistinen (www.koistinenkantele.fi)
bekommen. Aber du kannst deine eigene, einzigartige Kantele auch über uranfängliche
Wege aus Estland – von Kandlekoda (www.kandlekoda.ee)
bekommen, das ist viel billiger!
Neben der Kantele beutzen wir auch andere finnisch-baltische Instrumente. Von
den älteren Instrumenten nenne ich Jouhikko ( eine Bogenharfe), Torupill
(Estnische Sackpfeife) und Maultrommel. Von den
neueren Folkinstrumenten benutzen wir Violine und Mandoline. Ich kenne
deren Geschichte nicht so gut, wie ich die der Kantele kenne, aber sie haben die
gleiche Funktion: sie lassen die echte Atmosphäre der finnischen Folkmusik
entstehen.
Ich denke, ich habe das Wort „Poropetra“ im Text von „Salon sahti“ gehört. Aber vielleicht liege ich auch ganz falsch. Was bedeutet das Wort?
Du hast richtig
gehört. Im Lied „Salon sahti“ wird das Wort „Poropetra“ mehrmals erwähnt.
„Poropetra“ ist Altfinnisch und bedeutet „Der Elch von Hiisi“. „Hiisi“
ist auch Altfinnisch und bedeutet „der heilige Wald“. So, man mag also
sagen, „Poropetra“ bedeutet „der Elch aus dem heiligen Wald“. Wie du
sehen kannst, ein finnisches Wort kann sogar sechs Wörter in Deutsch bedeuten!
Der Elch aus Hiisi ist einer der am besten bekannten Tiere aus der
finnisch-karelischen Mythologie. Er wird auch „Sinihirwi“ (was auf Deutsch
„der blaue Elch“ heißt) genannt, was – wie überraschend – der Name
unseres neuen Albums ist. Der Elch aus Hiisi war der magische blaue Elch, der
immer von den besten Jägern gejagt wurde, die ihn aber niemals fangen konnten.
Schließlich jagt der ausgezeichnete Jäger Vuojolainen (der in der „Kalevala“
durch Lemminkäinen ersetzt wurde) den Elch so geduldig, dass der Elch aus Hiisi
in den Himmel hochsteigt und Viojolainen ihm immer noch folgt. Dort sind sie
immer noch: die alten Finnen hatten die Sternzeichen für einen Jäger und einen
Elch. Die Sage vom Himmels-Elch existiert immer noch in der Folklore der
Menschen, die zwischen Lappland und Sibirien leben. Unser kommender, epischer
Song „Sinihirwi“ wird euch diese uralte Legende von Poropetra, dem Elch aus
Hiisi erzählen.
Basiert euer Songwriting auf schon existierenden Folkmusikgeschichten, oder sind dies all eure eigenen, unabhängigen Ideen?
Beides. Normalerweise bevorzuge ich meine absolut eigenen Geschichten, aber auf „Sinihirwi“ sind auch einige echte Folkgeschichten.
Wo findet ihr die Inspiration für eure Musik (musikalisch und lyrisch), und an welchen Plätzen schreibt ihr die Musik? Ich meine, muß die Umgebung das richtige Ambiente für dich haben, ehe du gute Musik schreiben kannst, oder macht es keinen Unterschied, wo du bist?
Ich wandere oft in
den Wäldern von Hämeenlinna, welches eine inländische Stadt im Zentrum Südfinnlands
ist. In der Natur bekomme ich die Ideen, und dann fließt diese ursprüngliche
Musik durch mich. Aber ich kann gute Musik auch zu Hause schreiben, wenn das Gefühl
und die Stimmung richtig sind.
Die Texte kommen immer zuerst. Es ist leicht die Atmosphäre der Texte in die
Musik überschnappen zu lassen. Manchmal habe ich Monate, wo überhaupt kein
Song entsteht, und manchmal schreibe ich vier Songs in zwei Tagen! Ich stresse
mich damit nicht: Die Lieder kommen einfach, wenn es an der richtigen Zeit für
sie ist.
Außerdem habe ich manchmal sehr verrückte Ideen, wie ich meine Lieder
arrangieren möchte. Es ist mir wichtig, dass mir das Musikmachen Spaß macht.
Wenn ich den Songschreibeprozeß
wirklich genieße, dann bin ich sicher, dass andere Leute die endgültigen
Versionen auch genießen können.
Wenn du die Musik für ein Buch schreiben könntest (aus dem ein Film gemacht werden soll), was für ein Buch würde das sein und warum?
Es würde mein eigenes Buch sein. Ich arbeite an meinem ersten Roman, der von magischer Wirklichkeit, dunklem Humor, Abenteuer, Sex und finnisch-ugrischen Mythen handelt. Es spielt in meiner eigenen Welt und nur ich kann den perfekten musikalischen Hintergrund erschaffen. Ich habe Texte, Gedichte und meine eigenen Geschichten geschrieben, seit ich zehn Jahre alt war, es ist also ein Weg, mich und meine Gefühle auszudrücken. Ich liebe es, in der reichen finnischen Sprache zu schreiben, ich liebe meine eigene Muttersprache einfach. Ich hoffe, dass ich eines Tages meine Werke veröffentlichen kann.
Gibt es noch weitere Projekte, an denen du momentan arbeitest? Welcher Stil ist es? Hast du jemals darüber nachgedacht, etwas völlig anderes zu machen? Ich meine, eine Musik, die absolut nichts mit Folk Musik zu tun hat?
Ich bin in ein
Ehtno-Projekt eingebunden, welches das unseres Ethno-Schlagwerkers ist. Es ist
eine Art steinzeitlicher Musik, die auf Djembe-Trommeln, Didgeridoo und kehligem
Singen basiert. Es ist gut von Zeit zu Zeit etwas total anderes zu machen; das
ist, warum ich dann wieder mehr an meiner eigenen Musik interessiert bin.
Und ich möchte ehrlich anderen Menschen helfen und an anderen Bands und
Personen teilhaben, die ähnliche Gefühle haben und sogar ein wenig
Folkmusik-verwandte Musik machen. Ich kann anderen etwas geben, genau wie andere
mir etwas von sich geben können.
Falls du jemanden brauchst, der kehlig singen kann, oder Kantele spielt oder
Runen-Sing-Texte, ich bin bereit zu kooperieren! J
Arbeitet ihr bereits am neuen Poropetra-Album?
Ja, wir arbeiten
am neuen Poropetra-Album „Sinihirwi“. Während die erste „Poropetra“-MCD
unsere warme und gelbe Seite gezeigt hat, wird die „Sinihirwi“-CD die kältere
und blaue Seite zeigen. Die Lieder selbst sind einfacher und näher an
wirklichen Folk Songs angelehnt, aber gleichzeitig sind die Arrangements härter
und progressiver. Ich nenne sie „elektrifizierte Folk Songs“. Aber
gleichzeitig gibt es neben den Metal-beinflußten Songs auch zwei Lieder, auf
denen nur gesungen wird und ein Lied, nur mit Kantele und Gesang. Zusammen wird
die CD zu halb-und-halb aus akustischen und elektrischen Songs bestehen.
Ich denke, ich kann „Sinihirwi“ auch Metalheads empfehlen. Es sind viele
harte Gitarrenriffs enthalten. Und im Geiste des Fortschritts habe ich in
einigen Songs eine elektrische Kantele verwendet. Ich versuche den magischen und
schamanistischen Sound der Kantele einzufangen und in eine Form des Elektrischen
zu transformieren. So kannst du erwarten, eine elektrische und verzerrte Kantele
zusammen mit einer E-Gitarre zu hören! Auf „Sinihirwi“ findest du die ganze
Musik, die ich während meines Lebens mochte. Du kannst sogar ein paar Doom
Metal-Einflüsse hören!
Außerdem verwende ich mehr Halsgesang auf „Sinihirwi“ als auf der „Poropetra“-MCD.
Auf ein paar Songs sind sie der doinierende Gesang. Kehliges Singen ist ein Teil
der tuvinischen Folklore, und ich hab diesen Singstil mehr in einem Unfall
gelernt. Als ich darüber nachdachte, wie das in meine Songs passen würde,
sagte ich mir sofort: „Du MUSST dies in deiner Musik benutzen. Das ist
HEAVY!“ Wir brauchen das grundlegende und gewöhnliche Grunzen/Gröhlen nicht,
wir haben das Halssingen!
Wir haben nun alle Kanteles, einige Percussions, ein paar Gitarrenspuren sowie
den kompletten Gesang von mir und Frostheim aufgenommen. Alles andere ist noch
nicht aufgenommen, also steht noch eine Menge Arbeit bevor. Ich kann dir noch
keinen genauen Tag sagen, wann die CD fertig ist. Vielleicht im Spätsommer oder
Frühherbst. Ich werde alle Neuerungen und Informationen darüber auf meine
Webseite stellen.
Wie kann jemand, der sich dafür interessiert, eure Musik bekommen (Kontaktinfo)?
Man kann mich per E-Mail kontaktieren. Man kann alles, was Poropetra betrifft per mail an poropetra@luukku.com schicken oder auch meine Webseite besuchen, die Adresse ist www.hirwenkota.cjb.net Es gibt dort eine finnische und eine englische Version. Die „Poropetra“-CD ist noch für 6,50 Euro (inklusive Porto) erhältlich.
Viele Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast!
Ich danke Dir! :)
(Virva and Frostheim with their kanteles/ used with permission of
V.Holtiton):
(Übersetzung von Wiebke / Fragen von Twilightheart)