Up From The Ground Festival 2006 

Gemünden, 25./26. August 2006

(Bericht von Twilightheart)

Durch meinen ganzen bisherigen Festivalsommer 2006 hatte sich eine einzigartige Pechsträhne gezogen. Als ich mich am 25. August auf in’s schöne Gemünden am Main machte, hoffte ich, dass es nun nur noch besser werden kann. Doch der Spruch, den ich beim Verlassen meiner Unterkunft beim Party San als letztes zu Gesicht bekam, sollte sich bewahrheiten:

Denn als ich am Bahnhof in Gemünden ankam, stand da zwar der ältere Herr, bei dem ich ein Zimmer angemietet hatte, aber nicht, um mich wie vereinbart dort hin zu bringen, sondern nur um mir zu sagen, dass daraus nichts wird, weil es dort in der Nacht einen Wasserrohrbruch gegeben hätte und die Zimmer unter Wasser stehen.
Tja.... die Herausforderung lautete also (da ich auch noch vor der ersten Band am Gelände sein wollte), in möglichst nur ein paar Minuten eine neue Schlafmöglichkeit zu finden. Da das Glück mit den Tüchtigen ist, schaffte ich es nach 20-minütiger Telefoniererei zum Glück tatsächlich, das wohl letzte freie private Zimmer in Gemünden zu finden.
Ich hatte der Band „Tourettes Syndrome“ aus Australien nämlich beim gemeinsamen Umtrunk beim Summerbreeze versprochen gehabt, beim UFTG definitiv pünktlich zu sein, um ihren Gig zu sehen (da ich ihn beim SB verpasst hatte). Und wieder schien daraus nichts zu werden.
Doch dann half mir das Wetter. Denn durch den Dauerregen verzögerte sich der Einlass am ersten Festivaltag um einiges.

Doch kurz nach Mittag ging es dann doch los. „Tourettes syndrome“ (wie gesagt aus Australien, die eine Mischung aus Thrash, Grindcore-Punk und Rock spielen) enterten die Bühne und liessen sich auch durch den Regen nicht entmutigen. Im Gegenteil: die Frontsängerin sprang barfuss auf der Bühne herum und zog durch ihre fast artistischen Verrenkungen beim Singen gleich eine Menge Aufmerksamkeit auf sich (vielleicht auch wegen der Frisur). Und ich kann nur sagen: diese Frau kann growlen und grunzen wie 2 Kerle gleichzeitig. Sie wirkt zwar immer ein wenig bekifft, ist aber mit Sicherheit jemand, den man nicht mehr vergisst. Nachdem nach dem ersten Song im ersten Moment überhaupt kein Applaus kam (was den Besuchern sicher nicht zu verübeln ist, denn die meisten kamen doch eher wegen des Thrashs und Deaths und nicht wegen Punkrock) meinte die Dame, dass die Leute genau JETZT zu saufen anfangen sollen, damit die Stimmung besser wird. Doch die mussten sich erst mal dran gewöhnen und so blieb die Stimmung bei dieser Band eher schlecht.

     

Dann ging es weiter mit der Band „Obscura“ aus München, die ich persönlich eigentlich geil finde, weil sie echt brutalen Death Metal spielen und live ziemlich genial sein können, wenn die äußeren Umstände stimmen. Aber hier beim UFTG war leider der Sound nicht optimal (und vielleicht auch die Konzentration), denn es schlichen sich hier und da ein paar ganze skurrile Töne ein, die garantiert nicht zum Song gehört haben. Aber das soll jetzt nicht heissen, dass es die ganze Zeit so war. Ich persönlich hatte wirklich richtig Spass (es regnete auch gerade mal nicht mehr, so dass automatisch die Stimmung besser war), denn die Band sorgt (mit oder ohne schiefe Töne) immer für ordentliches Death-Geprügel und alle Musiker headbängen sich die Nackenmuskeln wund. Es schien auch ansteckend zu sein, denn weiter hinten im Publikum gingen auch die ersten Fans mal so richtig ab und hatten Spass. Und auch Steffen an der Gitarre (der im übrigen selbst immer mal über den schlechten Sound lachen musste) sorgte für zusätzlichen Spass, indem er wieder einmal beinahe über die Boxen gefallen wäre bei dem Versuch, vorne am nassen Bühnenrand zu posen. Fast noch lustiger war es, als er zwischen 2 Songs an’s Mikro kam und das Publikum begrüssen wollte und deshalb einen Satz in’s Mikro growlte. Leider verstand niemand, was er damit ausdrücken wollte, so „true“ war das Growling gewesen. Aufgrund der Totenstille im Publikum rief es Steffen dann auch noch mal ganz normal: „Hallo Up From The Ground“.... :-)
Doch dafür lieferte er auch ein paar knifflige Soli ab (natürlich nicht nur er, der Death von Obscura ist so komplex, dass sich alle Musiker ordentlich die Finger wundfrickeln müssen). Folgende Tracks haben sie gespielt: „Humankind“, „Headworm“, „Desolate Spherer“, „Alone“, „Path of defiance“ und als Zugabe „Wings“ von Vader. Die Spielzeit der Band betrug nur an die 20 Minuten, insofern war alles leider superschnell vorbei. Schade. Von mir aus hätte die Band gerne mindestens eine dreiviertel Stunde spielen können.

Dryrot habe ich ausfallen lassen. Also ging es für mich weiter mit „Jack Slater“, die ich noch nie vorher live gesehen habe. Und ich wurde buchstäblich überrollt von deren Wildheit auf der Bühne. Alle sprangen wie die Wilden auf der Bühne herum und konnten trotz heftigen Regens mit ihrem schnellen und eigenwilligen Death-/Thrash eine Menge Fans zum Mitmachen animieren. Und so sprangen die ersten Besucher so lange im Schlamm rum, bis sie bis zu den Knien schmutzig waren (übrigens sollte dieses Schicksal uns alle noch ereilen, denn am Ende des Abends sollte alles so schlammig sein, dass wirklich JEDER Besucher aussah wie frisch aus dem Moor).

Auch Hidden in the Fog musste ich wegen anderer Begebenheiten ausfallen lassen. Also ging es mit „Harmonie dies“ aus dem schönen Berlin weiter. Diese Band spielt ziemlich knüppelnden Death, zeitweilig in Speed-Metal- Geschwindigkeit, und zu dieser Mucke gibt’s dann auch keine Alternative, als sich die Rübe webzubängen. Und genau das taten die Fans auch.
Am Ende des Gigs sorgte diese Band dann auch für den Hingucker des Tages, denn der Sänger meinte, am Gerüst hochklettern zu müssen. Dort blieb er dann mit den Fuß in den Querstreben stecken und schaffte es nicht, den Fuß wieder herauszubekommen. So hing er dann da oben eine Weile hilflos fest. Zwar nahm er es mit Humor und die Besucher auch, aber als es dann doch zu lange dauerte, kletterte einer der Securities hoch und half ihm, den Fuß rauszukriegen, was dann mit Applaus belohnt wurde.

Gegen 17 Uhr sorgten „Criminal“ mit ihrem Death/Thrash Gemörtel für Unterhaltung. Nachdem sie uns mit „Wir sind Criminal“ begrüßt hatten, machten sie auch gleich ein paar Vorschläge, wie wir den Rest des Tages verbringen sollen: „Kiffen, Ficken, Self-Destruction“. Und dann spielten sie ihr Set runter und sorgten für weitere Schlammschlachten (im wörtlichen Sinne) in der Fanmenge.

„Hearse“ aus Schweden habe ich leider verpasst (und ich meine wirklich leider, denn schwedische Bands sind doch meistens die Aufmerksamkeit wert), denn Korpiklaani waren auf dem Festivalgelände angekommen und wir hatten einiges zu besprechen.

Und dann fand der Gig von „God Dethroned“ gleichzeitig mit der Autogrammstunde von Korpiklaani statt. Einmal dürft ihr raten, wo ich mich rumgetrieben habe. So waren God Dethroned die Hintergrundmusik bei der Signing-Session, aber zumindest habe ich schnell ein paar Fotos von weitem für euch gemacht:

              

Bei der Autogrammstunde von Korpiklaani ging es derweil heiss her und es gab etliches zu lachen. So muss es wohl so sein, dass es schon mal ein Korpiklaani Poster in der „Bravo“ gab (für die Leser aus Österreich und der Schweiz: das ist ein Magazin für 9 bis 15-jährige, in dem es um Boybands und Aufklärung geht), denn eben jenes Poster liess jemand signieren. (Bravo-Leser auf dem Up From The Ground... was soll man dazu eigentlich noch sagen!?). Natürlich gab’s auch reichlich Handshakes, und Trinkhörner, die signiert wurden. Einer liess auch ein Guns’n’Roses – Tourposter unterschreiben, aber diesmal tatsächlich nur mit Guns’n’Roses drauf. Die Jungs von Korpiklaani schauten zwar blöd, machten den Spass aber mit und unterschrieben auch darauf. Wie immer war es Sänger Jonne, der am besten drauf war und für jeden Fan ein Lächeln und ein freundliches Wort übrig hatte.

Beim Festival ging es derweil mit dem Gig von „Legion of the damned“ weiter, die hammerharten Death Metal ablieferten. Sowohl auf der Bühne als auch unter den Fans wirbelten massenhaft Haare und die Band schaffte es trotz Regens, die Menge richtig zum Toben zu bringen.

Gegen 21 Uhr nach reichlich Verspätung war es an der Zeit für meine Lieblings- Finnen von Korpiklaani. Zwar hatte ich beim Promoter der Band lediglich angefragt, ob ich den ganzen Gig über Fotos machen kann (im Fotograben), statt nur bei den ersten 3 Songs, aber die Band überraschte mich direkt wieder damit, mich mit auf die Bühne zu nehmen, damit ich den ganzen Gig über vom Bühnenrand aus Fotos machen kann (was diesmal wirklich eine super Erleichterung war, denn es regnete in Strömen, somit brauchte ich unter’m Bühnendach die Kamera nicht mehr vor’m Regen schützen... denn beim UFTG geht das Bühnendach leider nicht über den Fotograben, so dass ständig alle Fotografen am kämpfen waren, um die Kameras vor dem Wasser zu schützen).
Korpiklaani begannen den Gig natürlich gleich erst mal mit ein paar wilden Humppa-Stücken, nämlich „Journey Man“, „Väkirauta“ und „Happy little boozer“. Leider konnte wegen des Regens und der Kälte (und dem Schlamm, in welchem man mittlerweile so richtig schön feststeckte) nicht so abgefeiert werden, wie es bei den Hallenkonzerten der Band üblich ist. Damit meine ich die kleinen Grüppchen, die sich bilden, um im Kreis Humppa zu tanzen. Das ging im Schlamm nicht. Aber trotzdem sind die Fans richtig gut abgegangen. Man grölte mit, wo immer es ging, und versuchte, zu springen oder mitzuklatschen.
Die Band hatte wirklich Pech. Nicht nur wegen des Regens, sondern auch weil der Sound sehr schlecht war, einige Monitore waren tot, so dass sich die Bandmitglieder gegenseitig nicht gehört haben. Jonne z.B. hat gar nichts gehört und rein nach Gefühl gesungen. Jarkko (der Bassist) hat sich noch auf der Bühne mehrmals tierisch darüber aufgeregt und dem Soundmann mehrmals versucht klarzumachen, wo das Problem liegt.
Aber, wie gesagt, die Fans liessen sich die Laune durch all das nicht verderben. Und auch die Band versuchte trotz allem, das Beste aus sich herauszuholen. Sänger Jonne fegte in gewohnter Manier herum wie ein Wirbelwind, hat sich zuweilen auf dem Bühnenboden rumgekugelt, und ist dann in den Bühnengraben zu den Fans runtergesprungen. Im Laufe des Gigs wurden noch folgende Songs gespielt: „Korpiklaani“, „Pellonpekko“, „Tulikokko“, „Wooden pints“, „Hunting Song“, „Beer beer“ (und ich muss sicher nicht erwähnen, dass bei diesem Song bis in die letzten Reihen alle den Refrain mitgrölten. Ich glaube, das „beer beer“ hat man noch bis über den Stadtrand hinaus gehört.) und als Zugaben gab’s noch „Midsummer night“ und „Li lea voibmi“. Was soll ich sagen... die Band hat’s einfach drauf und man kann ihr nicht entkommen.

Bei „Suffocation“ aus Long Island, einem der Top-Headliner des Abends, gab’s so richtig enormen Ansturm im Fotograben, denn auch viele andere Bandmitglieder kamen, um von dort den Gig zu sehen. Und es regnete weiter und weiter. Doch die Band nahm das Publikum im Sturm. Sie hatten auch mehr Zeit für den Soundcheck gehabt und hatten einen erheblich besseren Sound als Korpiklaani.
Zuerst dürften sich die Fans aber gewundert haben, denn Bassist Derek kam mit gebrochenem Bein auf die Bühne und musste auf einem Flightcase sitzend spielen (und er tat dies mit einer Routine, als hätte er es nie anders gemacht), und ausserdem fehlte einer der Gitarristen. Vokalist Frank erzählte uns dann, wie es dazu kam (ihm wurden etliche Sachen gestohlen, so dass er sich nicht mehr ausweisen konnte und die Tour nicht fortsetzen konnte). Trotzdem schaffte es die Band, alles so professionell zu spielen, dass man den fehlenden Mann kaum vermisste.
Nun ja, der charismatische Frank, der allein durch seine Gestik auf der Bühne einen hundertprozentigen Wiedererkennungswert hat, nutzte (wie es so seine Art ist) jede kurze Pause dazu, eine kleine Ansprache zu halten (entweder ein Witzchen oder einen Schwank aus der Jugend). Somit sorgten Suffocation also nicht nur durch die Musik für einen kurzweiligen Gig, sondern auch durch ihre Art, mit dem Publikum zu „flirten“.

       

Den Abschluss des Abends bildeten "Obituary", die Deather aus Florida, die sich in den letzten Jahren kontinuierlich in die Herzen der deutschen Death- und Thrash- Metal Fans gespielt hatten.
Schon vor dem Gig waren die Fans auf Hochtouren. Als man das Banner der Band aufhängen wollte und dies erst mal schief war, wurde solange zur Bühne geschrien „Das Banner ist schief“, bis es gerade gerückt wurde.
Der Gitarrist der Band wollte kurz vor Gigbeginn (als die Musiker schon spielfertig auf der Bühne standen) technisch noch etwas ändern lassen und gestikulierte wild, aber man ignorierte den Ärmsten einfach und die Band donnerte mit Wut im Bauch los (allerdings war der Sound okay, ich wüsste nicht, was man unbedingt hätte ändern müssen).
Die Band hatte bereits 5 Minuten lang gespielt, als dann auch der Sänger auf die Bühne kam und seinen Auftritt sichtlich genoss.
Und dann wurde geholzt, bis nix mehr ging. Bandmitglieder anderer Bands im Bühnengraben, Fans auf dem Gelände... alle, die noch nicht betrunken im Schlamm lagen, moshten noch einmal ordentlich, und jeder Track wurde frenetisch gefeiert. Und trotz des Regens liessen es sich die Crowdsurfer nicht nehmen, ihren Spass zu haben. So klang der erste Festivalabend also mit fetten Riffs von Obituary aus, bevor sich alle zum letzten Mal für diese Nacht den Weg durch den Schlamm auf den Zeltplatz bahnten.

          

Samstag, 26. August 2006

Ich war nicht die einzige, die an diesem Tag auf die Idee kam, die schlammigen Schuhe einfach wegzuwerfen (wenn man dafür bei Ebay nur 5,- Euro bezahlt hat, geht das schon mal) und sich bei Deichmann (der günstigerweise gleich in der Nähe des Festivalgeländes ist) neue zu kaufen. Die hatten sogar Modelle für knapp 20 Euro, die gerade noch so wie Schnürstiefel aussahen. Die Papierkörbe vor’m Einkaufscenter waren alle mit alten schlammigen Schuhen gefüllt, es war echt witzig.
Das Schöne war ja, dass die neuen Schuhe noch leben, denn das Festivalgelände war mittlerweile mit Stroh gefüllt worden, sodass man am nächsten Abend den Schlamm nur noch 3 cm hoch am Schuh hatte, nicht mehr bis zum Knie.

Bei einer Runde um’s Festivalgelände muss einem übrigens zwangsläufig auch die schöne Umgebung auffallen. Nicht nur der Fluss, sondern auch die vielen kleinen Burgen und die alten Häuser.

Ich verspätete mich leider etwas und sah von der Band „Demolition“ nur noch das Ende, kann euch also nichts darüber erzählen, habe nur schnell ein paar Fotos gemacht in den letzten Minuten des Gigs.

So richtig begann der Tag also erst mit "Verdict", die Thrash Metal spielten und gleich erst mal richtig einen draufmachten und ordentlich auf sich aufmerksam machten. Der Sänger begrüßte uns mit „Na, alles fit im Schritt?“, um dann zu kommentieren, dass doch scheinbar alles bestens ist, inclusive „dicker Eier“, um dann so emotional wie bisher weiterzusingen bzw. zu schreien, bis sich seine Stimme fast überschlug. Auch der Bassist flippte komplett aus. Die gute Stimmung innerhalb der Band ging auch auf die bereits anwesenden Besucher über. Ein Fan sprang sogar auf die Bühne, um mit der Band zu bängen. Als sich jedoch herausstellte, dass er nicht vorhatte, die Bühne bis Gig-Ende wieder zu verlassen, wurde er dann doch von der Securitie sanft wieder heruntergebeten.

Spätestens bei "Requiem" aus der schönen Schweiz, die mir durch ihre Spielfreude aus den Vorjahren noch im Gedächtnis geblieben war, war klar, dass es heute keine einzige „ruhigere“ Band geben würde. Die Bands, die später folgen sollten, haben ja mit der Ruhe sowieso nichts am Hut (Endstille, Dismember, Morbid Angel usw.) und auch Requiem liessen es wieder ordentlich krachen mit ihrem Old-school- Death/Thrash. Und da nun auch endlich mal ein bisschen die Sonne schien an diesem Nachmittag, war die Stimmung auf dem Festivalgelände sowieso viel besser als am Vortag.

Dann kam die erste Black-Metal-Band des Tages und für mich persönlich der erste Höhepunkt des Nachmittags. Zum ersten Mal im Leben „Koldbrann“ live, die ich bisher nur von CD kannte! Hierbei handelt es sich um eine norwegische Band, die noch BM der WIRKLICH alten Schule spielen... nämlich so, wie Black Metal war (und gemeint war), als ich noch ein Teenager war: total eiskalt und roh... eine quasi „gefühllose Gefangennahme durch die Musik“. Für die jüngeren Leser unter euch: früher war es bei Black Metal Konzerten nämlich so, dass weder Band noch Fans headbängten. Die Band stand, spielt und schaute dabei voller Hass und verliess die Bühne dann, ohne sich auch nur einmal umzudrehen. Und die Besucher standen und schauten grim. Das war’s. Kein Gekreische oder Handshakes oder dergleichen.
Koldbrann haben sich ein klein wenig davon bewahrt. Zwar headbängen sie auch zwischendurch (ohne geht wohl heute nicht mehr), aber ansonsten haben sie’s noch drauf, ohne jegliche Kommunikation mit dem Publikum einfach nur ihr Ding auf der Bühne durchzuziehen und dabei böse zu schauen. Insofern war das einfach herzerfrischend für mich, mal wieder nach langer Zeit eine BM Band live zu sehen, die dieses Gefühlskalte noch so draufhat.

   

Da Koldbrann ja bereits durch Deutschland getourt waren, hatten sie sich wohl den ein- oder anderen Fan erobern können, denn im Publikum wurde ganz konkret immer wieder nach bestimmten Songs geschrien. Auch ich hatte da einen ganz bestimmten Songwunsch. Nämlich das Duett "Bestial Swarm" von Koldbrann mit Iblis (dem Sänger von Endstille). Und nur zur Sicherheit bin ich im Fotograben geblieben bis zum Schluss... nur so für den Fall, dass das Duett kommen könnte und Iblis dazu vielleicht mit auf die Bühne kommen könnte. Man weiss ja nie...
Und siehe da... gegen Ende des Gigs wurde mein Wunsch erfüllt... man kündigte Iblis an, und wie der junge Frühling kam er auf die Bühne gesprungen und brachte erst mal Leben in die Bude. Denn ganz im Gegensatz zu den am Bühnenboden festgewachsenen Koldbrann-Musikern sauste Iblis auf der Bühne herum wie ein geölter Blitz und fuhr (diesmal als Premiere ohne Corpsepaint) erst mal seine sagenhafte Mimik aus, die mich immer wieder verblüfft. Ich weiss immer gar nicht, ob ich zuerst lachen oder erschrecken soll. ;-)
Aber im Ernst... es gab also tatsächlich dieses geile "Bestial Swarm" (welches ihr nur auf der letzten Koldbrann CD findet, nicht auf irgendwelchen Endstille CDs!) hier beim UFTG und es war einfach nur gut. Der Sound war gut, die Energie war gut, alle Vocals waren gut, die Musik sowieso. Einfach ein Genuss.

Nach so viel Grimness war es aber nun doch an der Zeit für die Spass-Fraktion der „Japanischen Kampfhörspiele“ (allein die Wahl des Bandnamens sollte honoriert werden). Offiziell laufen sie zwar unter Grindcore... das ganze aber eben vermischt mit einer ordentlichen Portion skurrilen Humors. Und so hatten die Fans zu Refrains wie „Zieh die Jacke verkehrt herum aus“ ordentlich was zu feiern und zu moshen. Dass ordentlich mitgegrölt wurde, muss sicher nicht mehr erwähnt werden.
Und auch das Corpsepaint (was am Anfang des Gigs nicht vorhanden war) ergab sich später auf ganz natürliche Weise, denn dem Sänger floss die rote Haarfarbe seiner auswaschbaren Haartönung durch das Schwitzen dann später über das ganze Gesicht. Alles in allem eben sehr unterhaltsam... eine gelungene Abwechslung.

Nun wurde es brechend voll auf dem Festivalgelände. Schon am Vortag hatte man überall Fans reden gehört, dass sie Sinister auf keinen Fall verpassen wollen. Also war es gegen 17 Uhr wohl tatsächlich so, dass auch die letzten noch vom Zeltplatz auf’s Festivalgelände kamen, um die Death-Metal-Legende aus Holland mit dem neuen Line-Up live zu sehen. Und sie sollten nicht enttäuscht werden. Die Band haute uns einen Death-Kracher nach dem anderen um die Ohren, und auch die Songs vom neuen Album kamen extrem gut an. Einige der Songs, an die ich mich erinnere, waren „Epoch of denial“, „The grey massacre“, „Sadistic intent“, „Into the forgotten“, „Men down“, „Barbaric order“, „Enslave the weak“, „Altruistic suicide“, „Afterburner“ und „Cross the styx”. Auch der Sound war 1A. Der Sänger interagierte hervorragend mit dem Publikum und war so richtig motiviert. Somit war die Stimmung wirklich am Kochen und die Crowdsurfer mehrten sich wieder.

       

Während es am ersten Festival-Tag überhaupt keinen Black Metal gegeben hatte, gab es am Samstag nun schon die zweite BM Band... diese war auch einer der Hauptgründe, warum ich hingefahren war: Endstille.
Und wie immer sorgten sie für einen furiosen Auftritt, der natürlich von Sänger Iblis dominiert wurde (passend hierzu wurde der Gig mit dem Song „Dominanz“ eröffnet). Ganz anders als sonst kam Iblis diesmal nicht nur mit Corpsepaint, sondern gleich vollends blutüberströmt auf die Bühne und machte klar, dass nun "Schluss mit Lustig" ist. Das Blut sorgte auch gleich wieder für einige amüsante Momente. Erstens mal hatte nämlich jemand aus Spass ein aufblasbares Krododil (was recht niedlich schaute) vorne auf den Bühnenrand gesetzt, direkt in die Mitte. Als Iblis also anfing zu headbängen und das Blut durch die Propellerwirkung in alle Richtungen geschleudert wurde, war das Krokodil direkt erst mal blutbespritzt und sah nun gleich viel trauriger aus. ;-) Ausserdem bekam auch der Forograf, der sich direkt in der Mitte auf dem besten Platz postiert hatte, eine Blutdusche ab ... aber gut, das ist vielleicht weniger witzig. Weiter ging’s mit „I bless you God“, „Biblist Burner“ und „Frühlingserwachen“. 

 

Ab und zu wurden für diverse Geräuschkulissen ein paar Playback-Einspielungen vorgenommen, die dann allerdings eigenartig klangen, weil mit dem Sound etwas nicht in Ordnung war. Auch sonst war der Sound nicht optimal, aber die Band konnte dieses durch ihre Hingabe wieder wettmachen... der Schlagzeuger drummte sich in gewohnter Manier die Seele aus dem Leib (einer der wenigen Drummer, die nebenbei headbängen können), der Bassist spielte sich die Finger wund, und Iblis brillierte durch sein Gekreische und seine Mimik. Nur der Gitarrist wirkte etwas schläfrig.
Es folgten „Your love is infectious“, „Ripping angelflesh“ und das endgeile „Bastard“. Iblis liess es sich auch nicht nehmen, direkt in den Fotograben runterzuspringen und einmal blutig vor den Fans weiterzukreischen, bevor mit „Navigator“ leider schon der letzte Track des Gigs angestimmt wurde.

Zu „One man army“ kann ich leider nicht viel sagen, denn die Autogrammstunde von „Koldbrann“ fand gleichzeitig statt und mich zog es dort hin.

Man hörte allerdings an der Intensität des Applauses, dass „One Man Army and the undead quartett“ gut beim Publikum angekommen sein müssen. Und so entschloss ich mich, gegen Gig-Ende noch kurz in den Fotograben zu springen, um wenigstens ein paar Fotos zu machen (den Sänger der Band müssten einige von euch übrigens noch von „The crown“ kennen, die jetzt leider nicht mehr existieren).

Gegen 20 Uhr war es Zeit für den ersten Headliner des Abends: Dismember, die Death-Metal- Urgesteine aus Schweden, die mittlerweile wohl jeder kennt, denn wenn eine Band wirklich exzessiv durch Deutschland getourt ist über die Jahre, dann  Dismember.
Der Gig begann peinlicherweise mit einem Totalausfall des Mikros beim Song „Skin her alive“. Sänger Matti sang zwar trotzdem weiter, man hörte nur gar nichts. Man sah schon den Unmut in seinem Gesicht. Zum Glück konnte das Problem noch im Laufe des ersten Songs doch behoben werden. Ich glaube, sonst wäre er zum Tier geworden.
Nun ja... Dismember zogen ihren Gig in gewohnter Weise durch. Im Laufe des Gigs wurden die ganzen Nackenbrecher gespielt, unter anderem „Pieces“, „Skin father“, „Soon to be dead“, „Misanthropic“, „Override“ und einige mehr. Besondere Vorkommnisse gab es ansonsten nicht. Ich persönlich habe die Band schon so oft gesehen, dass ich wahrscheinlich deshalb das Gefühl habe, sie hätten etwas von ihrem früheren Feuer verloren. Aber sie haben natürlich eine eingeschworene, über die Jahre immer treue Fangemeinde, die trotzdem bei jedem Song ein Mosh- und Headbäng- Inferno losbrechen, so auch hier beim Up From The Ground. Folglich war es auch diesmal wieder ein satter Erfolg für die Band, und die Stimmung im Publikum war fantastisch.

Ich machte derweil einen Abstecher zur Autogrammstunde von Morbid Angel. Gutes Gefühl, mal ein paar Worte mit den Jungs wechseln zu können. So „böse“, wie alle Magazine immer schreiben, sind sie gar nicht! ;-)

              

Gegen 21 Uhr gab es endlich wieder mal ein bisschen Abwechslung zu dem vielen Death Metal. Die Mannen um Jari und Wintersun aus Finnland enterten die Bühne und sorgten für fast eine Stunde episch-melodischer Spielfreude. Zwar auch mit Death gemischt, aber eben auf die heroischere Weise.
Die Band, die vorher übrigens so richtig ewig lange Soundcheck gemacht hatte (und dann trotzdem keinen optimalen Sound hatte), begann den Gig mit einem riesen Trara. Erst gab es reichlich Bühnennebel und dann stand die Band im Dunkeln eine ganze Weile geheimnisvoll herum und liess sich feiern, bevor das Licht anging und Jari in Siegerpose den Gig eröffnete. Die Fans stiegen sofort ein und von da an wurden die epischen Battle-Refrains wieder mitgegrölt, bis die Stimmbänder streikten. Allerdings waren gerade vor diesem Gig auch wieder viele Fans aus den ersten Reihen rausgegangen und haben sich verdrückt. Wintersun sind wohl ein klarer Fall von entweder man erträgt sie nicht, oder man liebt sie.

Gorefest habe ich leider verpasst, da die Autogrammstunde von Endstille zur selben Zeit stattfand. Ich habe nur immer mal von weitem einen Blick geworfen. Der Sound war sehr gut & die Stimmung auch. Aber auf die Musik konnte ich mich nicht konzentrieren und euch deshalb auch nichts dazu schreiben. Hier nur ein Foto von weitem:

Derweil ging es bei der Autogrammstunde von Endstille hoch her. Mit so einem Ansturm hatte sicher niemand gerechnet. Drummer M.D. hätte wohl am liebsten den Gorefest Gig gesehen, denn er schien die Band zu lieben. Er drummte immer imaginär vor sich hin zu der Musik, wenn er gerade mal ein paar Sekunden Luft hatte zwischendurch.
Und wie immer gab es was zu lachen (was echt mal gut tat bei dem Sauwetter und Endlosregen, der inzwischen wieder eingesetzt hatte), denn die Endstille Fans schleppten wirklich alles zum Signieren an, was irgendwo eine freie Fläche hatte. Die Patronengürtel waren da noch das harmloseste. Auch Personalausweise und Fliegenklatschen wurden signiert. Kein Scherz!

Man stellte die Band auch vor den ultimativen Intelligenztest und verlangte, mit schwarzem Stift auf einer schwarzen Jacke zu unterschreiben. Jedes Bandmitglied bestand den Test mit Bravour, denn jeder verleierte zumindest einmal die Augen, bevor er unterschrieb. ;-)
Dummerweise kam Schlagzeuger M.D. nicht so recht hinterher mit dem Schreiben, denn er zog es vor, statt M.D. die ausgeschriebene Version „Mayhemic Destructor“ zu benutzen. Somit wurde die Schlange der Wartenden immer länger. Einige Fans nutzten die Gelegenheit, 3 bis 4 mal wiederzukommen, vor allem ein sturzbetrunkener Fan, der sich im Laufe des Abends den ganzen Körper mit Endstille Autogrammen vollmalen liess.

Naja, zumindest sollte ich der Vollständigkeit wegen vielleicht auch erwähnen, dass einige Fans doch ganz normal Autogrammkarten oder LPs signieren liessen! :-)

Und natürlich gaben auch die meisten anderen Bands Autogrammstunden, hier zum Beispiel Dismember:

Mit ganz enormer Verspätung (und nachdem auf der Bühne noch ewig die Instrumente wieder und wieder nachgestimmt wurden) enterten nach Mitternacht endlich die Altmeister des Death Metal, Morbid Angel, die Bühne. Das ist echt kult, dass sie noch einmal ein paar Gigs in Deutschland gegeben haben und somit die Chance hatten, nicht nur ihre alten Fans noch’mal so richtig zu beglücken, sondern auch den jüngeren Fans mal zu zeigen, was eine Harke ist. Technisch ausgefeilter Death Metal der alten Schule! Man könnte meinen, einige Besucher haben extra nicht so viel getrunken, damit sie dann von Morbid Angel auch tatsächlich noch alles mitbekommen, denn das Festivalgelände war nun hier zum finalen Gig wieder voll bis in die letzten Winkel. Und die Stimmung war ein letztes Mal so richtig saugeil. Kein Wunder, wenn eine der präzisesten und besten Old-school-Death-Bands aufspielt, die einen Gitarristen haben, der dir mit seinen Soli das Hirn rausbläst. Wie erwartet wurden Morbid Angel dann auch abgefeiert ohne Ende, so dass sich die Bandmitglieder immer wieder zu lobenden Kommentaren an’s Publikum hinreissen liessen. Einen besseren Abschluss des Festivals hätte es wirklich kaum geben können. Und man muss dem Up From The Ground hier wirklich Tribut zollen, dass sie es geschafft haben, eine solche Band auf ihr Festival zu holen. Wird zwar vielleicht nicht jedes Jahr möglich sein, solche Top-Bands an Land zu ziehen, aber für die Besucher aus 2006 war es eben Glück, dass sie dabei sein konnten.

         

Was man dem UFTG auch zugute halten muss: es ist sicherlich das friedlichste der bekannteren Sommer-Festivals. Während man bei anderen Festivals immer wieder von Schlägereien, Diebstählen usw. hört, geht’s auf dem UFTG relativ vorbildlich zu. Das einzige Manko war vielleicht diese kleine Zündelei, als jemand meinte, Werbezettel verbrennen zu müssen. Aber durch den Dauerregen und das immer nasse Gras konnte nicht viel passieren:

Auch die Preise hielten sich dieses Jahr wieder in Grenzen. Die Biermarken, die man immer wieder tauschen muss, nerven zwar enorm (wegen der doppelten Ansteherei), aber wahrscheinlich gibt’s wegen der genauen Abrechnung keine Alternative mehr.
Beim Verlassen des Festivalgeländes fiel mir noch auf, dass die vielen Bierflaschen und Nutellagläser, die die Securety den Fans am Eingang abgenommen hatten, verschunden waren. Wenn jemand weiss, was damit eigentlich passiert, möge er mir mal bescheid geben. Die Secureties dürfen es sicher vertraglich nicht behalten. Ob die Fans es beim rausgehen alles wieder mitnehmen durften? Oder ob es gespendet wurde? Ich hoffe nur, dass es nicht im Müll gelandet ist, denn das wäre wirklich zu schade!!!

Also, Leute... für UFTG 2007 merken: kein Bier in Flaschen und keine Nutellagläser mitbringen, dafür lieber Regenjacken und ein paar Boots zum wechseln mitnehmen... und wieder so viel gute Laune wie 2006 mitbringen! Prost!

Regenbogen über dem Festivalgelände:

  Und hier noch ein paar mehr Fotos einiger Bands:

Demolition
Dismember
Endstille
Endstille /off stage
Harmony Dies
Iblis vs. Koldbrann
Koldbrann
Korpiklaani Pt.1
Korpiklaani Pt.2
Korpiklaani/off stage
Morbid Angel
Morbid Angel/off stage
Obituary
Obscura
One Man Army...
Suffocation

 

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