Way of Darkness 2011

6. - 8. Oktober 2011

(Bericht: Surtr)

Bereits zum sechsten Mal bietet sich für Death-Metal-Fans die Chance auch noch im Oktober ihre Campingutensilien im Auto zu verstauen. Grund dafür ist das Way of Darkness Festival in der Stadthalle Lichtenfels, das das Ende der jährlichen Festivalsaison einleitet. Dieses Mal zwar auch bei gespürten Minustemperaturen, was allerdings gut 3000 Metaller trotzdem nicht davon abhalten kann, bei einem Spitzen-Billing ihre Helden auf der Bühne zu bejubeln und bei trauter Atmosphäre gemeinsam zu feiern.

Das Way of Darkness steht seit jeher für ein hauptsächlich Death-Metal-lastiges Festival, das aber auch anderen Genres aus dem extremen Metal-Bereich Raum einräumt und stets Wert legt auf eine gute Mischung aus etablierten Bands, alten Helden und besonderen Schmankerln. So auch in diesem Jahr und so sollte einem ereignisreichen Wochenende nichts im Wege stehen. Leider muss ich von vornherein verkünden, dass Tanja, die euch bei diesem Festival sicherlich mit genialen Fotos versorgen hätte können, kurzfristig absagen musste. Meine Erfahrung im Fotograben ist mehr als begrenzt und die Auswahl an Fotos folglich dieses Mal kleiner.

Wer bereits Donnerstag Abend den Weg nach Lichtenfels gefunden hat, war in der Lage an der Vorab-Party (die im übrigen kostenlos und auch für „Nicht-Festival-Besucher“ zugänglich war) teilzunehmen. Hier wurde bis in die späte Nacht hinein bei guter Musik gefeiert und getrunken und ein erster Eindruck über die Festivalgemeinde konnte gebildet werden.

Freitag vormittags ging es endlich los und Syphor aus Irland heizten als erste Band die PA auf. Dass die undankbare Rolle des Openers mit kurzen Spielzeiten einhergeht ist ja leider altbekannt und so verirrten sich nur wenige in die Stadthalle um dem Geprügel der Insulaner beizuwohnen. Doch wer da war konnte sich an dem interessanten Stilmix des Quintetts erfreuen, das es schaffte, Black-Metal-Vocals mit deutschem Death/Thrash und virtuosen klassischen Gitarrensoli zu kombinieren und dadurch stets originell zu wirken. Natürlich drängte sich seitens des Sängers die Frage auf: „It's early in the morning, right?“, denn die Stimmung hielt sich doch noch stark in Grenzen. Zumindest setzte es aber nach jedem Song Applaus und die Iren konnten für sich bestimmt mehrere neue Hörer verbuchen. Gerechtfertigterweise, denn die Songs funktionierten tadellos, bahnten sich ihren Weg ohne Umwege direkt ins Ohr und waren stets abwechslungsreich. Eine überdurchschnittliche Spielfreude war gerade bei der Leadgitarrenarbeit zu spüren und dem undankbaren Slot ging der Fünfer entgegen als würde man im Abendprogramm spielen. Super Auftakt!

Als zweiter Act bestiegen Defuse my Hate, die für die kurzfristig ausgeschiedenen Bleeding Red eingesprungen waren, die Bühne. Die relativ junge Band spielt eine Mischung aus melodischem Death Metal und Metalcore. Trotz des relativ jungen Altersdurchschnitts konnten die lokalen Matadore durch eine perfekte Performance punkten. Vor allem der Bassist tobte sich richtig aus und sammelte im Laufe des 25-minütigen Auftritts schätzungsweise mehr Kilometergeld als alle Bassisten des Tages zusammen. Herausragend und erwähnenswert hierbei: Trotz aller Bewegung war der Klampfer immer noch im Stande geniale Basslinien a la Dies Irae zu spielen, die dem ganzen Sound einen schönen Untergrund liefern konnten. Großes Lob! Doch auch an der trommelnden Mechanik und an der growlenden und singenden Saitenfront war kaum ein Makel festzustellen. Zwar treffen Metalcore-Clean-Vocals nicht wirklich meinen Geschmack aber diese wurden im Arrangement sinnvoll und klug eingebaut und so kann man auch diesen einzigen leidigen Aspekt des Gigs als „gut gelöst“ verbuchen. Wer auf Bands der Marke Soilwork und Fragments of Unbecoming steht, dem kann man diesen durchaus kompetenten Vierer empfehlen.

Weiter ging es mit Schwedischer Moderne. Sterbhaus betraten die Bühne und überraschten mit einem Mix aus schwedischer Death Metal Lehrstunde, Thrash-Rhythmik, die Gary Holt gefallen könnte, und polnischer Brutalität in feinster Trauma/Sceptic-Manier. Herrlich, da freute sich der Fan authentischen extremen Metals. Das Bühnenbild wirkte dabei zusätzlich, durch den speziell angefertigten opulenten Mikroständer (Vader/Behemoth lassen grüßen) und das markante Auftreten des Sängers. Doch auch der Humor kam bei Sterbhaus nicht zu kurz, so schlichen sich während des Auftritts Country-Melodien in die Pausen und die witzigen Ansagen des charismatischen Sängers gaben dem ganzen zusätzlich ein abgerundetes Bild. Für Fans von Hypocrisy und Cephalic Carnage gleichzeitig zu empfehlen.

Bis dato setzte sich das Publikum nur aus einigen wenigen Hörern zusammen, die aber dafür umso interessierter sich dem Dargebotenen widmeten. Viele Fans reisten auch erst im Laufe des Nachmittags an, so dass den ersten Bands nicht wirklich viel Chancen geboten wurden, mehr als die überschaubare Anzahl an Leuten auf sich aufmerksam zu machen.

Dafür sollte es nach Sterbhaus beachtlich voller werden, denn die Maltäser von Abysmal Torment gaben sich die Ehre Mitteleuropa aufzumischen mit einer gehörigen Portion Brutal Death Metal und nicht zu wenig Grindcore. War eben noch ein Spaziergang durch die Reihen ohne Anrempeln möglich, so drängte sich die feierwütige Grindgemeinde in die ersten Reihen um ja nichts von der Metzelorgie zu verpassen. Die halbe Stunde Spielzeit wurde von den Südländern auch gehörig durchgebolzt. Es zeigte sich, dass diese Band das Zugpferd des Inselstaats ist und das auch völlig zu Recht. Diese Art von Geprügel funktioniert nun mal auf der Bühne großartig, nicht zuletzt wegen den beiden schier hyperaktiven Sängern. Trotz der Müdigkeit rutschte mir an vielen Stellen ein zufriedenes Grinsen heraus. Gut gemacht!

Nach dieser Blastwalze sollte ein großer Publikumswechsel stattfinden, denn nun traten die Thrash Metal Fans auf den Plan um sich bei Hellish Crossfire die Rübe vom Hals zu bangen. Diese sehr old-schoolige Thrash-Kapelle versteht es, alle Klischees auf einen Nenner zu bringen. Und das, muss ich gestehen, wirkt sich bei dieser Combo eher negativ aus. Zu durchschaubar wirkte sowohl das Songwriting, wie auch das Arrangement. Auch die Bühnenperformance versetzte mich nicht großartig in Stimmung. Der Auftritt erfüllte für mich nicht mehr Kriterien als die eines 08/15-Acts. Sodom für Arme lautet mein Fazit, schade.

Zum Glück gab es gleich danach Partystimmung: Malignant Tumour baten zum Pogotanz! Nachdem ich diese tschechische Rock 'n' Roll-Institution vor zwei Jahren auf diesem Festival verpassen durfte (was mich immer noch ein wenig sauer stimmt) bat sich mir nun die Gelegenheit den imaginären Cowboyhut und die Bikerstiefel zu tragen und mir bei einem kalten Bier dieses Schmankerl zu geben. Die Musik von Malignant Tumour lässt sich ebenso zackig zusammenfassen wie deren schnelle Riffs. Motörhead trifft Satan – betrunken. Klingt simpel, ist es auch und genau das ist gut so. Songs wie „Hail Satan“ oder die Gewinnernummer „We are the best band“ machten sehr schnell klar wer der Chef im Ring ist. Zwar ertappte man sich bei fast jedem Song stutzend ob da nicht gerade ein Song der oben genannten englischen Legende gecovert wird, trotzdem wirkte alles authentisch und die Rocker rotzten um die Wette und bereicherten ihren Sound mit harschen Vocals, lässigen Eddie Clarke-Riffs und polterndem Schlagzeug. Dazu passte das Outfit das mit einer D.R.I.-Komik die Ironie zur Ähnlichkeit mit Motörhead unterstreichen konnte und einem jeden Zweifler in die Köpfe hämmerte: Don't think, just move your ass! Herrlich, gerne wieder!

Für mich folgt daraufhin die absolut größte Überflüssigkeit des ganzen Billings. Es handelte sich um die Nuclear Blast-Neugewinnung Milking the Goatmachine. Das Grindcore-Quartett tritt ausschließlich mit billigen Ziegenmasken auf, was der Truppe natürlich einen gewissen Blickfang beschert. Doch der Argwohn, dass das Outfit eher von zu konventioneller Mukke ablenken soll, bestätigte sich bereits nach wenigen Songs. Zwar war die Kapelle fit an ihren Instrumenten, doch bot sie mir eher zu erzwungene Riffs, mal groovig, mal slammig. Da wären mir Grindcorespezialisten wie Rompeprop, Gut oder Satan's Revenge on Mankind doch lieber gewesen. Na ja, was soll's? Der jungen Meute gefiel es und sicherlich ist hierdurch auch für den einen oder anderen ein Einstieg in den Grindcore gegeben worden.

Trotzdem freute ich mich nun umso mehr auf The Darkness. Die Ruhrpott-Thrasher, die mittlerweile unter dem Namen „Eure Erben“ das Land unsicher machen gaben sich auf dem Way of Darkness extra nochmal unter altem Namen die Ehre um guten alten Speed/Thrash Metal auf die Headbanger loszulassen. Alle Zweifler wurden heute durch den Fleischwolf gejagt, denn so ein dermaßen heftiges Riffbrett hat man in letzter Zeit selten live erlebt. Einzig Toxic Holocaust vermögen derzeit so etwas zu toppen in meinen Augen. Schade, dass nur 30 Minuten Zeit für dieses Gemetzel ausgelegt waren, denn dieser Auftritt war mindestens Co-Headliner-würdig!

Danach setzte ein weiteres Urgestein aus Deutschland die Bühne in Flammen: Fleshcrawl, die schwedischste Death Metal Band des ganzen Landes. Losgeprescht wurde mit dem zermalmenden „Soulskinner“, gefolgt von der herrlichen Dampfwalze „As Blood rains from the Sky“. Sänger Sven Gross machte auf mich wahrlich den Eindruck, als wäre er der Gott des Todesmetalls, der lechzend darauf wartet, dass ihm Opfer dargebracht werden. Genial, wie perfekt hier die Brutalität des Gesangs mit der Ausstrahlung des Protagonisten verbunden wurde. Der Fan des Elchtods wurde hier mit glanzvollen Arien bedient die auf den Namen „Slaughter at Dawn“ und „Beneath a dying Sun“ hören. Dazu der knarzige Sunlight-Sound, besser ging es definitiv nicht. Schön, dass es noch Combos gibt, die diesen speziellen Sound leben und einsetzen. Nach diesem durch und durch mehr als nur befriedigenden Auftritt lechzte meine Death Metal-Seele nach weiterer Vollbedienung im Stile von Demonical oder Puteraeon.

Doch im Gegensatz zum brutzelnden Gitarrensound von Fleshcrawl wurde nun beim nächsten ebenfalls deutschen Act verstärkt auf fein abgestimmte Techdeathklänge gesetzt. Das mittlerweile heißeste Eisen Deutschlands im Frickelbereich hört auf den Namen Obscura. Zahlreiche Touren mit Größen wie Cannibal Corpse, Suffocation, Hate Eternal oder Black Dahlia Murder haben der Gruppe Erfolg auf der ganzen Erdkugel zukommen lassen und das völlig zurecht. Routiniert und tight bis in die kreisenden Haarspitzen zockten die Mannen um Steffen Kummerer ihren melodischen Tech Death mit leichten schwedischen Black Metal-Anleihen. Filigranste Bass-Spielereien kamen hier mit peitschenden Sweeping-Soli, vertrackten Gitarrenriffs und blastenden Drums zusammen. Dazu der keifende Gesang, der Growls passenderweise an den richtigen Stellen in das atmosphärische Klangbild einband. Highlights türmten sich mit Hits der Marke „Anticosmic Overload“ und dem technischen Monster „Universe Momentum“ himmelhoch, und ich bin immer noch der festen Überzeugung, dass Kummerer die Gesangslinie bei „Universe Momentum“ dem mächtigen „The Somberlain“ von den Altmeistern Dissection entnommen hat. 
Denkwürdige Momente boten sich einem im Crescendo-Einstieg in das Set, in der epischen Melodie von „Incarnated“ und in dem finalen Riff von „Centric Flow“. Schade allerdings, dass dieser verhältnismäßig schwache Song, offenbar bloß wegen des Outros, seit jeher als Endstück verbraten wird. Mussten dafür doch oft genug andere Kracher weichen. Auch etwas mehr Material vom neuen Album hätte ich mir gewünscht. Trotzdem: Massiven Respekt vor dieser herausragenden Leistung. Bis jetzt der beste Gig des Tages!

Nach diesen hymnischen Ergüssen ging es nun wieder verstärkt brutal zu. Der Ersatzact für die schwedischen Grave war kein anderer als das Artilleriegeschütz von Sinister aus den Niederlanden. Ein mehr als würdiger Ersatz, den Sinister trumpften auf vor voller Halle und gierigen Fans. Es wurden Songs aus allen Schaffensphasen dargeboten und natürlich besonders das heroische „Cross the Styx“-Album wurde abgearbeitet. Am Gesang das Urmitglied Mike van Mastrigt, der gnadenlos arbeitete und selten durfte ich einer so kräftigen Livedarbietung im Bereich der Brutal Death Metal-Vokalisten beiwohnen. Ein bisschen störte allerdings der nicht allzu filigrane Sound, denn gerade die Details machen für mich den Sound von Sinister aus. Davon ging für meinen Geschmack zu viel unter. Schade, aber trotzdem konnten Sinister trotz all der Umbesetzungen in letzter Zeit mit diesem Line Up einen großen Erfolg verbuchen.

Artillery traten nun auf den Plan Lichtenfels einzuheizen. Leider ist für mich der Auftritt von Sinister noch viel zu präsent gewesen, als dass ich eine Viertelstunde später mit dem eher traditionelleren Sound der alten Haudegen von Artillery konform hätte gehen können. Schwierig, denn ein Großteil der Anwesenden sieht die Sache genauso und gönnt sich lieber ein oder zwei Bier in der Zwischenzeit. Ich muss gestehen, dass auch ich mir während dem Gig von Artillery eine Pause gegönnt habe. Nichts gegen diese Band, aber lieber enthalte ich mich hier der Meinung.

Für viele Besucher des Festivals bahnte sich nun das Tageshighlight an. Benediction und Morgoth standen als nächstes auf der Liste und ein jedes Todesmetallerherz schlug bereits vor Beginn höher beim Gedanken an diese leibhaftige Zelebrierung der tiefen Töne. 

Benediction zunächst knüppelten ihr thrashig-groovendes Berserkerprogramm ins Gesicht der Hörer. Tight wie eine Jungfrau wurde durchgebolzt. Dave Hunt wütete wie ein Berserker. Das Schöne ist, dass die Jungs es bei einer Vielzahl an Hits vermochten, den Spannungsbogen stets hochzuhalten, was nicht vielen Bands dieser Kategorie heutzutage gelingt. Es fällt mir schwer ein Highlight hervorzuheben, denn alles, wirklich alles hat hier und heute zusammengepasst. Benediction haben sich mein Herz erspielt. 

Dann aber Morgoth! Man möchte jeden Buchstaben einzeln auf der Zunge schmecken. Die deutsche Legende, wer hätte damit gerechnet dieses Urgestein der brachialen Kunst noch einmal live zu sehen? Dieses Jahr hatte sich den Nostalgikern der Zunft auf ausgesuchten Festivals die Chance geboten Morgoth noch einmal live zu sehen und wer konsequent war ließ sich die Chance gleich mehrmals nicht entgehen. Auch ich war dieses Jahr bereits zum dritten Mal dabei. Aber auf dem Way of Darkness standen Morgoth sogar 70 Minuten Spielzeit zu und damit die Gelegenheit jeden Fan glücklich zu machen. Im Rahmen des 20-jährigen Jubiläums des Debütalbums „Cursed“ lag der Fokus der Setlist stark auf diesem Album. Doch natürlich fanden auch starke Nummern wie „Resistance“ oder „Pits of Utumno“ ihren Weg in das gigantische Set. Der simple groovende Rumpelsound wurde von der Instrumentenfront eher statisch-bangend vorgetragen, wohingegen Mark Grewe die komplette Laufarbeit vollzog und mit seinen grünen Kontaktlinsen und bitterbösem Gekeife einnehmend und unheimlich zugleich die Midtempo-Meilensteine seiner Kapelle interpretierte. Highlight für mich das bestechende „Isolated“ welches das Set abrundete und faustdick einem jeden Zuschauer und Zuhörer klarmachte wer heute der Boss des Line Ups ist! Starker Auftritt, mit voller Leidenschaft und Hingabe! Eine Geschichtsstunde der besonderen Art. Für den neugierigen Fan: Später durfte man von Mark Grewe noch eine sehr erfreuliche Nachricht zu hören bekommen, nämlich, dass Morgoth auf dem besten Wege sind ein Reunionalbum aufzunehmen! Na wenn das keine Riesenpäckchen unter dem Weihnachtsbaum sind?

Den Abschluss des Abends machten die diesjährigen Steckdosentouristen Sodom. Nach der Urgewalt von Morgoth ein, wie ich finde, recht langweiliges unspektakuläres Ereignis. Denn Sodom prügeln, obgleich sie sich in all den Jahren immer noch erfreulicherweise weiterentwickeln konnten, allabendlich gleich und abgeklärt. So auch an diesem Abend. Trotzdem war das Ruhrpotttrio in der Lage klarzumachen, dass sie dem Headliner-Status gerecht werden können ohne mit der Wimper zu zucken, denn eine Vielzahl an Hits wurden dem Teutonen-Thrash-Liebhaber vor den Latz geknallt. Davon haben die Mannen um Herrn Angelripper aber auch wirklich zur Genüge.
Mit dem aktuellen „War and Pieces“ wurde hier losgelegt. Gefolgt von dem räudigen „Sodomy and Lust“. Der Ansatz war gemacht und dem mittlerweile mehr als trunkenen Publikum wurden stimmungsentsprechend die richtigen Bissen serviert. Tom Angelripper brauchte nicht viele seiner charismatischen Ansagen um die Meute in seinen Bann zu ziehen. Leider boten sich nach dem infernalen Einstieg in die Show nicht allzu viele Überraschungen bei der Setlist. Der aufgebaute Druck wich in der Mitte des Sets stark einem eintönigen Runterrotzen und so wurden scharfe Geschosse wie „City of God“ und „Blasphemer“ sinnlos ins Nichts verpulvert. Schade, aber dem Fan war es offensichtlich auch egal, denn „Sodom ist nun mal Sodom“ wie sich bei Diskussionen mit Fans nach dem Gig und am Tag darauf herausstellt. Zum Glück konnte die Show aber gegen Ende doch noch mit einer eindeutigen Steigerung punkten. Spaß machte dabei die „Gassenhauer-Parade“ die jeder Panzerfahrer im Gepäck haben sollte: „Ausgebombt“, „Remember the Fallen“ und das bestechende „Bombenhagel“. Alles in allem ein routinierter Sodom-Gig, der nichts falsch gemacht hat aber auch nichts neues bieten konnte. Da war der spritzige The Darkness-Gig ehrlich gesagt viel aufregender. 

So endete dann der erste richtige Festivaltag mit einer durchwegs positiven Stimmung. Quer durch die Prärie kamen hier alle erdenklichen Subkategorien des Death und Thrash Metal zum Zug mit vielen Hochkarätern und einigen ernstzunehmenden Neuentdeckungen. Fazit des ersten Tages: Ein voller Erfolg!

Wer, wie ich, von Glück reden konnte einen teuren Luxusschlafsack zu besitzen, der übersteht die eisig kalte Nacht unbeschadet. Allen anderen Campern wurde die Nacht nicht wirklich warm und die Festivalbesucher, die in der Schlafhalle oder im Hotel übernachten konnten schienen am Tag drauf glücklich zu sein, die Nacht innerhalb von vier geschlossenen Wänden verbracht zu haben. 

Der zweite Tag begann bei mir mit einem Blick auf die Uhr die mir mitteilte, dass ich die erste Band Abscent/Minded verpasst hatte und dass die wummernden Bassgeräusche aus der Halle zur Band Soul Demise gehörten. Noch halb verschlafen kriegte ich somit nur noch die letzten beiden Songs der deutschen Combo mit, welche aber auch zu wenig waren um mir einen ausreichenden Eindruck zu verschaffen.

Die Halle selber war um diese Uhrzeit nur spärlich gefüllt, was sich aber innerhalb weniger Minuten schlagartig ändern sollte. Denn nun waren Avulsed an der Reihe. Die spanischen Avulsed grunzten geschmackvoll zum Frühstückskriegstanz für erlesene Kenner! Anstatt Flamenco tönte allerdings kratziger Brutal Death Metal mit lässigen Grindsalven aus den Boxen. Und Avulsed ließen es sich trotz der frühen und kurzen Spielzeit nicht nehmen dem Publikum ein Set um die Ohren zu klatschen, das sich ordentlich gewaschen hatte. Mit heißen Eisen a la „Goresplattered Suicide“ oder dem genialen „Stabwound Orgasm“ wurde die abgekühlte Morgenmeute beworfen und angeheizt und die Nackenmuskulatur renkte sich augenblicklich in Rotorstellung ein. Schöner Gig, der trotz der frühen Stunde Spaß gemacht hat und die Messlatte für den Tag bereits in Deckennähe heben konnte. 

Die Halle war nach dieser Glanzleistung bereits gut gefüllt. Und so bot sich dem niederländischen Allstar-Team Thanatos ein vorgewärmter Haufen, der darauf wartete richtig zum Garen gebracht zu werden. Thanatos vereint Asphyx- und Hail of Bullets-Musiker unter einem Hut, meine Erwartungen waren allerdings nicht wirklich groß, denn neben Größen wie Sinister, Houwitser und bereits erwähnten Hail of Bullets schienen Thanatos nur ein kleines Funkeln am Sternenhimmel zu sein. Leider (so muss erwähnt werden) ging ich mit dieser Einstellung an die Sache heran, denn Thanatos sollten mir für dieses Wagnis deftigst den Hintern versohlen. Geballte Death Metal-Gitarrenläufe schoben sich neben epischen Delay-Leads durch den Saal, unterstützt von wuchtig modernen Drumparts, klar abgemischt und tight bis in die Spitzen. Dazu röchelnder Gesang der Extraklasse. Thanatos boten so astreines Songwriting in brutaler Manier, dass ich auch heute beim Gedanken an diesen denkwürdigen Auftritt aus dem Staunen nicht mehr heraus komme. Wie konnte eine so geniale Band an mir vorbeigehen? Definitiv der Überraschungsgig des Tages! 

Die größte Schande der heutigen Bandreihenfolge bot sich mir in Form des unglaublich frühen Einsatzes von Disbelief. Wer in Teufels Namen hat entschieden dieses innovative deutsche Gespann, das bisher neben Hits, nun ja, eigentlich nur weitere Hits auf den Markt geworfen hat, mit einer Spielzeit von 30 Minuten um die Mittagszeit herum spielen zu lassen? Unverständlich, aber damit musste der Fan eben leben. Die Entscheidung welch elitäre Setlist aufgetischt werden sollte hätte ich nicht gerne getroffen, trotzdem hatten die Mannen um Jaggar, die deutsche Antwort auf  Martin van Drunen, dieses Problem für meinen Teil perfekt gelöst. „A Place to Hide“ eröffnete und der gut gefüllten Halle wurde ein Meisterstück von Spagat zwischen Brachialität und Melancholie vorgeführt, gefolgt von dem grandiosen Reißer „Six Six Sick“, der das Tempo radikal hochschraubte. Sänger Jaggar mimte den tollwütigen Bären und bestach durch seine Ausstrahlung, die irgendwo zwischen mentaler Ruhe und einem brodelndem Vulkan umhergeisterte und mir persönlich mehr als Spucke von der Zunge wehte. Das Schöne und das Böse konnte sich in dem absoluten Höhepunkt paaren: „Hate/Aggression Schedule“. Atmosphärische Gitarrenläufe, die dem Death Metal von Disbelief den besonderen Schliff durch ihren einzigartigen Sound verpassen, schmiegten sich an die wütende Reibeisenstimme, die, allein durch ihren Klang, unendliche Verzweiflung und unmenschlichen Hass predigte und dem Publikum dadurch das Letzte nahm. Großartig! Doch viel zu schnell ging dieser Gig vorbei, hinterließ bei mir aber ein wunderbares Bild von einer großartigen Liveband! So gehört's gemacht, Disbelief! Das war weltmeisterlich!

Gut gelaunt durch so ein Zugpferd freute ich mich bereits auf den nächsten Schieber in Form von Severe Torture. Doch muss ich feststellen, dass die Herren im Gegensatz zu ihren mörderischen Glanzleistungen auf Silberling live alles andere als druckvoll agieren. Die rumpelnde Trigger- Bassdrum schlingerte irgendwo zwischen laid-back und Punch hin und her und vermochte keinen passenden Takt liefern zu können. Schön getriggert, aber warum bitteschön, wenn die mangelnde Tightness alles zerstört? Die Darbietung der Saitenfront war zwar authentisch und wirkte stilgerecht, aber durch den recht laschen Gitarrensound sprang der Funke nicht wirklich über und alles in allem lieferten Severe Torture eine eher mäßige Show. 

Nun folgt der Auftritt von Houwitser, dem old schooligen Brutal Death Metal-Schlachtschiff aus Holland. Lang habe ich auf die Gelegenheit gewartet dieses Monstrum einmal live zu erleben. Aber die Wartezeit hat sich bezahlt gemacht, denn wer bei diesem Gig anwesend war, hat eine Old-School-Show höchster Güte erleben dürfen. Nicht nur die Sturmmütze des Sängers saß an diesem Tag perfekt, nein, wahrlich alles passte bei dem Auftritt der Formation. Gespielt wurden erlesene Perlen wie „Feel the Consequence“ oder der brachiale Opener „Bestial Atrocity“. Schade, dass gerade bei diesem Glanzstück viel zu wenig Publikum auflief, denn Houwitser sieht man doch nicht alle Tage. Die Anwesenden jedoch gingen ab wie Schnitzel und feierten ihre Helden gebührlich. Als dann noch Sinisters Sänger ebenfalls im Sturmhaubenoutfit die Bühne betrat um alte Songs mit zu performen, wurde der Sack komplett zugeschnürt. Das Feeling, das die Combo auf der Bühne ausstrahlte, wurde bis jetzt bloß von Avulsed getoppt. Trotzdem ein eindeutiges Tageshighlight. 

Perfekt „eingeblastet“ freut sich der Fan härterer Vollbedienung nun nur umso mehr auf das Frickelmassaker der Pyrenäen-Grinder Benighted. War der diesjährige Summerbreeze-Auftritt ein absolutes Klangbrei-Desaster gewesen, war die FOH-Mischer-Fraktion der überaus beweglichen Formation heute mehr als gewogen und die feurigen Salven (die leider hauptsächlich vom neuen Album stammten) klatschten ungebremst auf grindgieriges Pogovolk. „Collapse“ und „Prey“ ebneten den beinharten Kreuzzug der sicken Truppe, die den Tod im Stillstand zu sehen schien und während der Show fleißig Kilometergeld sammelte. „Slut“ bildete den Höhepunkt einer technisch präzisen Aufführung. Hervorzuheben hierbei: die Arbeit an der Gitarrenfront. Wer so filigrane Läufe bei einem Höllentempo sauber und schweinetight über die Bühne bringt, und dabei noch Sprintübungen am laufenden Band vollführt dem gebührt ewiger Respekt! Da blieb am Ende nach einem viel zu kurzweiligen Auftritt nur die Lust auf mehr!

Cephalic Carnage gaben sich nun die Ehre. Ewig her ist es gewesen seit ich die Brutal „Rocker“ das letzte Mal erleben konnte. Die Amerikaner gaben sich mehr als lässig bei ihrem Auftritt und der Verdacht auf das ein oder andere Kraut in der Lunge liegt nahe. Das tut dem originellen Mix aus Brutal Death Metal und Rock 'n' Roll aber keinenerlei Abbruch. Mit ordentlich viel Witz und Charisma zockte die Band ihren Stoff durch. Da durfte natürlich auch der obligatorische Billig-Plastikmasken-Part nicht fehlen. Schön, wieder einmal eine Band zu sehen die Brachialität mit viel Gefühl für andere Musikstile zusammenbringt und dabei trotzdem räudig bis in die Nieren bleibt. Neben Macabre schafft das wirklich nur Cephalic Carnage! 

Die wohl gerade am frischesten wirkende Metal-Band aus den Niederlanden hört auf den Namen Hail of Bullets. Ein Allstar-Team par excellence, mit Mitgliedern von Asphyx, Gorefest und Thanatos. Angeführt von Martin van Drunen, der wohl rauesten Raspelstimme auf der ganzen Welt. Für mich immer noch der Lemmy des Death Metal und ein Talent des seinesgleichen sucht. Musikalisch ist Hail of Bullets natürlich „niederländisch“ rau, simpel und böse. Die Songs die hauptsächlich Szenarien an Ostfront des Zweiten Weltkriegs behandeln wirken sowohl auf Scheibe als auch live wie ein Schneesturm der dem Soldaten im Schützengraben über die Haut reibt. Mit „Operation Z“ und „Red Wolves of Stalin“ legten die Herren dann auch sogleich los und wahrlich: Der Krieg tobte nun förmlich in Lichtenfels! Nicht nur Spielfreude und Beweglichkeit zeichneten den Gig aus, sondern auch der wahnsinnig schneidig peitschende Sound aus den Boxen. Ed Warby, der sich ja früher mehr als negativ zu getriggerten Drums geäußert hatte, durfte sich auch tatsächlich rühmen, mit dem herkömmlich abgenommenen Klang seines Schlagwerks, eine fetter klingende Rhythmusarbeit abgeben zu dürfen als manch anderer Trommler auf diesem Festival. Das Publikum ging bei diesem grandiosen Gig ab wie Feuer in einem Benzintank und das auch völlig zu Recht, denn Schlachtschiffe wie „Full Scale War“ oder „Guadalcanal“ zerstörten blutrünstig nach Regelwerk! Das mächtige „Ordered Eastward“ setzte dann das Ausrufezeichen hinter die Performance und mit epischem Sirenengeheul verließ die Gruppe dann triumphierend eine weitere siegreiche Schlacht. Anzumerken wäre noch, dass es Hail of Bullets hoch anzurechnen ist, dass sie, egal wo sie spielen, immer wieder dem Fan etwas neues zu bieten haben. Die Setlisten dieses Jahres waren sehr unterschiedlich und dadurch kann die Mannschaft punkten, denn langweilig wird es dadurch niemandem werden auch in Zukunft diese Band anzusehen. Großer Pluspunkt!

Danach machten die Protectors die Halle unsicher. Ich muss gestehen, dass diese Band bisher vollkommen unbemerkt an mir vorübergezogen war. Ein Fehler wie sich herausstellte, denn dieses oldschoolige Thrashgewitter mit Death Metal Vocals fetzte so dermaßen gnadenlos, dass es eine Freude war. Alte Megadeth ließen an allen Ecken und Kanten grüßen, ebenso wie ein Hauch von groovigem Cannibal Corpse-Feeling. Diese scharf gewürzte Suppe entlud sich im Gaumen wie ein Höllenfeuer im Hochsommer und wurde zusätzlich durch die markant klingenden Vocals hochgepusht zur absoluten Apokalypse. Schade, dass ich auf diese Band nicht vorbereitet war, denn sie gefällt mir sehr gut, bloß leider kann ich nicht viel zur Setlist sagen. Mein persönlicher Favorit ist trotzdem das geradlinige „Golem“ welches mich ein wenig an alte The Crown-Zeiten erinnert hat. Für mich bleibt am Ende nur ein Haken auf der „auschecken“-Liste stehen. 

Es lag nun Partylaune in der Luft! Die Goretruppe von Exhumed spielte auf! Wie schon dieses Jahr mehrmals bewiesen ist diese Bay Area-Truppe mit ihrem Goregrind der alten Schule live sehr thrashig zu betrachten. Wäre nicht die Musik, könnte man tatsächlich meinen, dass Exodus sich die Ehre geben, denn Posing, Solo-Zelebrierung und Stage-Acting haben den Charme einer Thrash-Metal-Darbietung aus den 80er Jahren. Gewohnt großartig spielten die Mannen um Matt Harvey ihren schnellen Metal und ballerten sich durch eine mehr als grandiose Setlist, gemischt mit neuen Werken vom All Guts – No Glory-Album und altem Stoff, der den Motor zum Glühen brachte. Mit dabei waren Hits wie „Limb from Limb“, oder der Rausschmeißer „Necromaniac“. Natürlich durfte auch der Gassenhauer „Matter of Splatter“ nicht fehlen. Ebenso wenig wie die virtuose Solo- Einlage von Leadgitarrist Caley. Alles in allem stieg Exhumed bei mir nach ihrer dreiviertelstündigen Machtdemonstration zu einem noch größeren Bollwerk im live dargebotenen Grind auf. Kaum eine andere Band konnte mich dieses Jahr so gut begeistern, auch wenn man die Band immer wieder und wieder live gesehen hat. Langweilig wird es wohl auch nie werden, denn die Mannen haben immer Spaß sowohl auf, als auch abseits der Bühne, und das ist auch gut so, denn Exhumed steht für Gore und Party. Punkt.

Dem Frickelfan wurden mit Obscura und Benighted bereits zwei leckere Happen auf den Tisch gestellt. Aber nun traten die ungekrönten Könige der technischen Death Metal-Spielart an: und zwar Dying Fetus! Es ist schwierig diesen Gig in Worte zu fassen. Denn nach diesem Statement das Dying Fetus setzten war ich drauf und dran dem Trio die Krone für den Festivalsieger zuzuschreiben, obgleich noch deftige Hochkaräter auf der Liste standen. Ich war nie ein großer Fan von Live-Gefrickel in der Form die die Amerikaner darbieten, jedoch machte mich die präzise hochkomplexe Spielweise richtig sprachlos. Als Musiker ist das der Moment wo man an seiner Existenz zweifelt und am liebsten sein eigenes Schaffen begraben möchte. Kompakt, sauber und nicht zuletzt tight wie ein Uhrwerk stellten John Gallagher und Sean Basly ihre Spielfertigkeiten bei bestem Sound zur Schau, von Anfang bis Ende statisch zwar, aber bei so einer Darbietung wirkt „Rumgehopse“ sowieso fehl am Platz. Dazu perfektes Schlagzeugtiming von Trey Williams. Was mich bei all der Technik noch mehr faszinieren konnte war, dass Dying Fetus es auch noch schaffen mit ihrem Songwriting eine durchaus potente Atmosphäre zu schaffen, was sonst in meinem Ermessen bei einer Geschwindigkeit nach Grave aufhört. Wahnsinn, das war Überraschungsgig Nummer zwei!

Ein wunderschönes (sofern man bei Thrash Metal von wunderschön reden kann) in rot gehaltenes Bühnenbild erwartete nun die Thrashgemeinde bei der einheimischen Legende Destruction aus Baden-Württemberg. Das Trio um Sänger Schmier betrat komplett in Nebel gehüllt die Bühne und lieferte ein Feuerwerk von Krachern ab. Angefangen mit „Curse the Gods“ dem obligatorischen zweiten Song des Sets „Mad Butcher“ und ultraheftigen Nummern wie „Thrash till Death“ und „Nailed to the Cross“. Der oft klinisch tote Livesound der Band war heute zum Glück recht körnig und grob, was dem ganzen den nötigen atmosphärischen Anstrich verlieh. Selten war auch beim Publikum dieses Festivals so eine Ergebenheit zu spüren. Schmier hatte es nicht schwer seine Meute bei Laune zu halten, denn diese frassen ihm völlig ohne Argwohn aus der Hand und nahmen jeden Song auf, als wäre es der letzte ihres Lebens. Schön wenn das Publikum so abgeht. Das ist man in Deutschland nun doch nicht mehr gewohnt. Als dann „Bestial Invasion“ schließlich noch aus den Boxen dröhnte war die Sache sowieso besiegelt. Für mich fällt die Show trotz stimmigem Bühnenbild und guter Stimmung seitens Publikum und Band letzten Endes trotzdem eher mittelmäßig aus, von Destruction habe ich schon bessere Shows erleben dürfen. Es ist aber auch  zugegebenermaßen schwer, wenn eine Band ihre hohe Messlatte von Show zu Show mit herumträgt und dann auch noch an einem Abend gegen viele andere kompetente Acts antreten muss. Falsch gemacht hat dieses deutsche Urgestein nichts, ein jeder Fan dürfte zufrieden gewesen sein mit dieser Show.

Die zur Zeit erfolgreichste Metalband aus den Niederlanden heißt Legion of the Damned. Es ist erstaunlich wie schnell es die Band seit ihrer Namensänderung von Occult in Legion of the Damned geschafft hat eine enorm große Fanbasis aufzubauen und Bestandteil großartiger Touren mit unter anderen Cannibal Corpse, Celtic Frost, Kreator, Kataklysm und Amon Amarth zu sein. Das Prinzip von simplem, schnellen Death/Thrash mit keifenden Rotzvocals ging bis dato perfekt auf, auch wenn immer wieder erneut die Gefahr von Selbstkopie im Raum stand. Das Quartett um Langhaarshouter Maurice Swinkels füllte heute auf jeden Fall die Rolle des Co-Headliners perfekt aus. Mit aktuellem Langspieler im Gepäck boten die Nachbarn hinterm Deich einen Querschnitt durch ihr Schaffenswerk und kombinierten dabei aktuelle Songs und altbewährte Hits. Schade, dass nichts aus der Occult-Zeit seinen Weg ins Set fand. Ein „Slaughtering the Pigs“ hatte bisher noch nie geschadet. Nach dem Auftakt „Night of the Sabbath“ schmiss die Combo gleich einen ganzen Wintervorrat Brennholz ins Feuer und der Sing-a-long-Bandtitel „Legion of the Damned“ krachte in die feierwütige Menge. Wann immer das Tempo zu stagnieren drohte wurden die grandiosen Groovenummern ausgepackt in Form von „Diabolist“ oder „Bleed for me“. Herrlich, dass dieser fast schon bandeigene Groove auch live funktioniert. Dadurch kommt keine Langeweile auf und die Meute wird bei der Stange gehalten. Am meisten Spaß machte das gigantische „Son of the Jackal“, das seit seiner Entstehung nichts an Frische und Genialität eingebüßt hat. Maurice Swinkels machte der Gig sichtlich sehr viel Spaß, denn die ansonsten ziemlich abgeklärte Performance des Sängers war heute so richtig kraftvoll und individuell. Das tut gut bei einer Band, die man doch schon sehr oft sehen konnte und von der man eher gelangweilte Routine erwartet hat. Den  Abschluss fand das 70-Minuten-Set (wegen dem sogar einige Fans extra aus Holland angereist sind, da sie ihre Helden selbst daheim noch nie mit einer solchen Spiellänge sehen durften) mit dem Slayertribut „Undead Stillborn“ und dem ultraschnellen „Werewolf Corpse“. Oldschoolig, brutal und schnell. Tadellos gespielt und keine Wünsche offen gelassen, so gehört sich das! Ich hätte es nicht gedacht, Legion of the Damned so ambitioniert und stark spielen zu sehen. Großes Lob von einem Fan der ersten Stunde. 

Natürlich muss ich gleich zu Beginn des Berichts über den Headliner sagen, dass ich ein riesiger Entombed-Fanatiker bin und es mir schwerfällt objektiv zu bleiben bei einer solch glorreichen Band, allerdings sei auch gesagt, dass es, trotz aller Bemühung zur Neutralität, Entombed auch verdient so hochgehandelt zu werden, denn die hohen Erwartungen haben die Schweden nicht nur erfüllt, sie haben mir während diesem Gig Freudentränen geklaut. Dieser Abend wurde durch diesen Auftritt kein Festivaltag, sondern er wurde zum Pseudonym für Death Metal allgemein! Entombed sind seit jeher ihrer Zeit voraus gewesen, haben während ihrer Biografie den einen oder anderen Fan vor den Kopf gestoßen, aber trotzdem dabei immer eines gemacht: alles richtig! Dieses Jahr erleben die Fans der Stockholmer Schule eine besondere Darbietung, denn die Herren zocken nur Songs der beiden Death Metal-Scheiben Clandestine und Left Hand Path! Zusätzlich sind Entombed nach einer längeren Phase als Quartett nun wieder mit zwei Gitarren ausgerüstet (Niko wechselte vom Bass an die Gitarre und Sessionbassist Viktor Brandt ersetzte seinen Posten als festes Mitglied). Manche durften diese spezielle Show bereits auf dem diesjährigen Metalfest erleben. Da die Spielzeit für Entombed mit „open-End“ angegeben wurde, hoffte ich auf zusätzliche Schmankerl in Form von „Through the Collonades“ oder „Carnal Leftovers“. Leider wurde ich aber vorab von Lars Göran Petrov persönlich enttäuscht, der mir in einem spontanem Gespräch mitteilte, dass die Band nicht auf eine offene Spielzeit eingestellt war und nur das bereits bekannte Set durchziehen würde. Eventuell würde sich aber das eine oder andere doch noch ergeben. 
Nachdem die geniale Melodie aus dem Film „Phantasm“, die die Grundstruktur für das zeitlose „Left Hand Path“-Outro bildet, als Intro die Show einläutete betraten die Mannen mit dem brachialen Opener der Clandestine-Scheibe „Living Dead“ die Bühne um infernalisch Lichtenfels zu demolieren. Gefolgt von den Poltergeistern „Clandestine“ und „Drowned“, machten Entombed einem jeden Fan klar, dass man schon zu diesem Zeitpunkt von einem grandiosen Gig reden dürfte. Alex Hellid war wie immer voller Feuereifer bei der Sache und ließ mich anfangs sogar vergessen zu fotografieren. Viktor Brandt setzte sich gekonnt in Szene und feierte jeden Song fast mehr als die Die-Hard-Fans im Publikum. Niko allerdings blieb den ganzen Gig über lässig und kühl, bangte sich aber trotzdem schier die Seele aus dem Leib. Ole an den Drums erwischte heute einen seiner besten Tage und machte für mich Nicke Anderson zu einem Unbekannten. Hingucker Nummer Eins blieb jedoch LG Petrov, der wie von der Tarantel gestochen über die Bühne wetzte und sichtlich Spaß an diesem Abend hatte. Grüße an die alten Tourkumpanen Avulsed, an Hail of Bullets und LGs „Favoriten“ Destruction wurden ausgegeben und machten den Gig umso familiärer. „Revel in Flesh“ und das ungemein starke „Stranger Aeons“ manifestierten den Kultstatus um Band und Alben, bis das reguläre Set schließlich mit „Left Hand Path“ beendet wurde. Das Outro fasziniert mich noch immer wie am ersten Tag und wer hier nicht fassungslos vor epischer Pracht die Töne aufsaugte, hatte es nicht verdient auf diesem Festival anwesend zu sein. Nach einer kurzen Abwesenheitspause betraten Entombed erneut die Bühne um ihr Set mit „Chaos Breed“ und dem crescendo-mäßig eingeläuteten „Supposed to Rot“ „scheinbar“ zu beenden. 

Die Band verließ abermals die Bühne, jedoch brachen die „Zugabe“-Rufe nicht ab, bis LG sich wieder kurz blicken ließ und der Menge unmissverständlich klar machte, dass es nach einer kurzen Pause tatsächlich spontan doch noch weitergehen sollte, allerdings erst nach einer kurzen Marihuana-Pause. Wahnsinn! 5 Songs zockten die Herren noch: „Eyemaster“, „I for an Eye“, „Wolverine Blues“ und das Doppel aus dem großartigen „Chief Rebel Angel“ und „Demon“. Man merkte die Spontanität genau, denn Alex Hellid war immer wieder drauf und dran sich die Gitarre abzuhängen, wurde aber wieder erneut von LG aufgefordert zu bleiben und weiter zu „zelebrieren“. Gegen Ende kam es dann zu einer kurzen Dankesrede seitens LG und zum finalen Outro „Satan is real“ und Entombed hinterließen ein seliges Publikum! Diese Show war wohl mit Abstand die beste, die ich jemals gesehen habe! Ich bin begeistert und stolz einer von vielen Fans gewesen zu sein, die Death und Thrash Metal leben und dieses Festival zu einem besonderen Erlebnis gemacht haben.

Alles in allem war dieses Festival ein voller Erfolg, die Stimmung und die Bands waren durchgehend großartig. Beim Gang durch die Händlerstände konnte gerade die Fraktion der Kuttenträger einige Delikatessen auffinden. Das Angebot war obgleich die Standanzahl nicht überriesig war, qualitativ sehr sehr gut. Der Sound der PA war überdurchschnittlich gut, hat aber bei manchen Bands doch einen Negativaspekt hinzugefügt. Schön an der Location ist natürlich auch die Sitztribüne der Stadthalle Lichtenfels, die genügend Sitzgelegenheiten bietet und so auch erschöpften Besuchern die Möglichkeit bietet die Acts zu sehen. Einziges Manko auf das hingewiesen werden muss: Das Nahrungsangebot war mehr als mangelhaft und teuer und wenn es ein Essensstand für nötig hält abends zu besten Spielzeiten, wenn fast alle Besucher auf dem Gelände sind, Pizzen nur noch komplett und nicht mehr in Stücken zu verkaufen, dann muss man sich doch mehr als wundern. Da könnt ihr noch was tun, liebe WOD-Crew. Ansonsten freue ich mich bereits auf nächstes Mal!

 

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