Burning Rage Benefizfestival – CD-Kaserne/Celle – 26.11.05
Irgendwie
stimmt die auf der Homepage der CD-Kaserne angegebene Uhrzeit nicht ganz mit der
tatsächlichen überein. Denn als ich ankomme, ist die erste Band schon auf der
Bühne im vollen Gange.
Aber ich habe Glück und kann mir Drone
aus Celle noch eine halbe Stunde ansehen, was mir voll und ganz reicht, da ich
persönlich nicht der größte Fan dieser Art von Musik bin. Das soll die
Leistung der Band aber keinesfalls schmälern, denn der – ich sage mal
pauschal – Metalcore Bastard trifft den Nerv einiger Besucher, die fleißig
die Haare schütteln.
Und auch die Musiker sind so gut wie ununterbrochen in Bewegung. Gitarrist und Bassist moshen unentwegt und Sänger/Gitarrist Moritz hüpft auch gerne mal in bester David Lee Roth – Manier vom Drumpodest. Geschriene Passagen wechseln sich mit klarem Gesang ab, so daß ich mich ein bißchen an Machine Head erinnert fühle, zumal der Gesang zeitweise auch ein bisschen schief klingt.
Ein ganz neuer Song, dessen Titel ich leider nicht verstanden habe, weil er arg ins Mikro genuschelt wurde, feiert Livepremiere. Zu guter Letzt wird noch ein bisschen Werbung in eigener Sache gemacht, ehe der letzte Song mit verdammt viel Schnelligkeit ins Publikum gerotzt wird.
Das Outfit der Musiker, die nun die Bühne betreten und ihre Instrumente stimmen, lässt leider keine Schlüsse zu, was nun von Soleil Noir zu erwarten ist. Also heißt es noch ein wenig abzuwarten. Ein verheißungsvolles Intro erklingt, und die Musiker betreten die Bühne gefolgt vom Sänger, der aus dem Nebel auftaucht.
Die Musik lässt sich sehr schwer kategorisieren. Die ersten Songs, die ineinander übergehen, sind fast schon ein wenig doomig: wabernde Soundwälle aus schweren Gitarren und schleppenden Rhythmen. Aber sie spielen auch Songs, die etwas eingängiger und bisweilen sogar tanzbar sind. Und über allem thront die Stimme des Sängers, der komplett aus sich herausgeht und die Emotionen auf der Bühne lebt. In seinem Gesicht scheint sich ein kompletter Film abzuspielen. Die sich darin spiegelnde Wut wird schon im nächsten Moment von Hingabe abgelöst, je nach Stimmung des Songs, was darin gipfelt, dass er sich irgendwann auf die Bühne schmeißt und auf dem Rücken liegend weiter singt.
Und
um zum Schluß doch noch in das Kategorisierungsschema zurück zu verfallen, die
Musik erinnert mich von der Atmosphäre und Schwerverdaulichkeit teilweise sehr
an Tool, während der Sänger stimmliche Ähnlichkeit mit Jonathan Davis von
Korn besitzt.
Setlist:
Intro – Intruder – Twentythree – Resistance – Intro – Offal –
Epitaph – Life on a thread – Nucleus – Interlude – Intro – Nurutrus
– Dust
Als nächstes sind Treibhaus an der Reihe. Zum technoiden Intro stapfen die Musiker auf die Bühne, um eine gute Stunde lang Electro Metal - Salven ins Publikum zu schießen. Zeitweise wird doch sehr Rammstein und Pain zitiert, was die meisten aber nicht zu stören scheint, denn man lässt sich vom Sänger anstecken und geht gut mit. Zwischendurch wandert man auch in EBM – Gefilde ab, so dass es rhythmusorientiert vorwärts geht. Allerdings ist es ein bisschen schade, dass die weibliche Stimme vom Band kommt.
Setlist: Intro – Traumwelt – Erlösung – Erzengel – Licht – Treibhaus – Bekenntnis – Herz – Wahnsinn – Jetzt – Maschinen – Wer weiß
Das Duo Occulture fällt nicht nur optisch sondern auch musikalisch aus dem Rahmen. Die beiden Frankfurter haben sich dem Darkelectro verschrieben. So kommen Melodien und Rhythmen aus dem Keyboard von Daniel Roos, was dem Ganzen eine gewisse Sterilität und auch Statik verleiht, die Sängerin Lena aber auszugleichen vermag, da sie den kompletten Platz zum Tanzen und Hüpfen nutzt. Außerdem besitzt ihre Stimme das gewisse Etwas, da sie über eine immense Variabilität verfügt. Klingt sie in einem Moment zart und zerbrechlich, faucht sie im nächsten wie eine Wildkatze. Aber auch soulige Nuancen fließen mit ein.
Von der Musik her erinnert es mich an alte Songs der Electrogrößen The Eternal Afflict, sphärische Klänge werden mit Maschinensounds kombiniert. Aggression trifft auf Melodie, was besonders bei „Face of death“ hervorragend umgesetzt wird.
Leider
scheint ein Großteil des Publikums nur auf „handgemachte“, rockige Klänge
zu stehen, so dass sich der Saal leider merklich leert. Ganz unverschämt ist
das Verhalten einiger Jungs, die sich mit dem Rücken zur Bühne stellen und
intolerante Phrasen daherschwafeln. Zum Glück steht die Band professionell über
diesen Bemerkungen und lässt sich nicht aus dem Konzept bringen.
Setlist:
Intro/Und das Wort ist Klang geworden – Killing fields – Violation – Scars
– Wasting time – Face of death – Haunted – Mare tranquillitas –
Xenophobia
Riefenstahl sind gleichzeitig auch die Veranstalter des Festivals. Nach dem Intro geht es dann auch gleich richtig zur Sache. Die Gitarren peitschen, der Bass wummert und der Schlagzeuger treibt seine Vordermänner unermüdlich voran. Sänger Jens flitzt wie ein Derwisch über die Bühne und zieht irre Grimassen. Aber zum Glück vergisst er das Singen auch nicht. Und das kann er! Klare Gesangspassagen unterbrechen aggressive Vocals, so dass es nicht langweilig wird.
Auch in der Musik werden verschiedene Einflüsse verarbeitet. Tanzbare Parts entdeckt man ebenso wie das volle Metalbrett. Zeitweise fühle ich mich ein wenig an Oomph erinnert, obwohl diese Mucke in keine Schublade passt.
Mittendrin wird das Set unterbrochen, und man bittet den Repräsentanten von Kronos e.V. auf die Bühne, da der Erlös der Arbeit des Vereins zu Gute kommt, der sich um Kinder kümmert, die Opfer von jeglicher Art von Gewalt kümmert, aber auch präventive Kampagnen betreibt. Er bedankt sich und erläutert kurz die nächsten Veranstaltungen von Kronos e.V., ehe es wieder musikalisch weitergeht.
Die
Ballade „Ich halt Dich fest“ erzeugt eine unglaubliche Atmosphäre, wobei
die Freundin des Sängers vom selbigen Liebesbekundungen von der Bühne herab
bekommt. Das anschließende „Mit brennender Wut“ ist ein cooles Rockstück
mit einem intelligenten Text. Danach herrscht ein bisschen Verwirrung auf der Bühne,
da Jens schon den übernächsten Song ankündigt, aber das DAT-Band für das
Sample noch nicht eingestellt ist. Mit einem Scherz wird die kleine Panne überbrückt,
ehe man dann regulär weiterspielt. Damit es dem Publikum nicht langweilig wird
– obwohl der Applaus nach den Songs eh dagegen spricht – darf es beim
abschließenden „Was wäre wenn“ den Refrain mitsingen, was aber auch nicht
schwierig ist.
Zum Schluß bleibt nur ein Fazit übrig: klasse Liveband, die ordentlich rockt.
Daumen hoch!
Setlist (Riefenstahl): Intro – Es ist vorbei – Ist es? – Fremdes Land – 1001 Nacht – Ich halt dich fest – Mit brennender Wut – Dunkle Zeit – Augen auf – Lass mich nicht… - Dein Weg – Kalter Traum – Was wäre wenn – Venusschrei
Die letzte Umbaupause gerät ziemlich lang, da irgendwas mit dem Mikrophon nicht stimmt und der Roadie mit dem Soundmann einen leichten Disput zu haben scheint. Jedenfalls scheinen die finnischen Worte, die er beim Mikrophoncheck vor sich hin brummelt nicht sehr freundlich zu sein, da Hittavainen, der gerade seine Geige stimmt, ordentlich die Augen verdreht. Da aber das meiste, was lange währt, gut wird, kann ich schon mal vorwegnehmen, dass die folgenden knappen zwei Stunden mit Korpiklaani zu einem absoluten Erlebnis werden sollten.
Schon bei dem lebhaften Fidel-Intro juckt es einem in den Füßen, man möchte unweigerlich loshüpfen und –tanzen. Dann betreten die Musiker unter großem Applaus die Bühne, nur Sänger/Gitarrist Jonne nicht, der rast hinauf. Er ist von Anfang an glänzend aufgelegt, lächelt viel und flirtet mit dem Publikum und macht Späße, während die anderen Herren noch ein wenig schüchtern wirken.
Los geht’s mit „Journey Man“, einem lebhaften Song mit rasanten Fideln und kraftvollem Gesang. Vor der Bühne entsteht sofort ein Pulk aus hüpfenden und tanzenden Fans. Die meisten sind wohl extra wegen Korpiklaani gekommen, denn sie erweisen sich schon jetzt als erstaunlich textsicher. Als nächstes wird ein neuer Song vorgestellt. „Happy little Boozer“ weist alle typischen Eigenschaften eines Korpiklaanisongs auf und wird begeistert aufgenommen. „Before the morning sun“ ist ein straighter Rocker, bei dem Jonne beweist, dass er sich als Gitarrist von AC/DC auch nicht schlecht anstellen würde, da er wie Angus Young über die Bühne hüpft. Bei dem Stück „Korpiklaani“ kommt ein wenig die schwermütige Seite Korpiklaanis zum Vorschein, ehe man sich von zarten Melodien des Instrumentals „Pellonpekko“ verzaubern lassen kann.
Ohne Ansage stimmt Jonne den traditionellen Gesang der Samen an, und Jubel brandet auf. Der eingefleischte Korpiklaani-Fan erkennt sofort, dass nun „Spirit of the forest“ an der Reihe ist. Die langsamen, schleppenden Strophen zwingen einen förmlich, sich im Takt zu wiegen, um dann während der schnelleren Teile munter abzurocken. Beim folgenden „Cottages and Saunas“ gerät man dann vollends ins Schwitzen.
Ab Mitte des Sets überwinden dann eigentlich alle Musiker ihre Scheu und tauen etwas auf und flitzen von einer Bühnenseite zur anderen. Das dürfte für den Akkordeonspieler ein ganz schöner Kraftakt sein, kann ich mir vorstellen. Lediglich Bassist Jarko bewegt sich kaum von der Stille und bildet den ruhenden Pol der Band. Der Gesang von Akkordeonspieler Juho, der in einem Lied die Hauptstimme übernimmt, geht leider im Soundmatsch unter, so dass man ihn kaum hören kann. Das ist aber auch das einzige kleine Manko, denn trotz der Probleme während des Soundchecks ist der Sound okay.
Korpiklaani verstehen es bestens, durch das Wechselspiel von lebhaften und ruhigen Songs die Stimmung immer kurz vor dem Siedepunkt zu halten. Da ist es kein Wunder, dass die Band nach der ausgelassenen Toberei bei dem Sauflied „Beer, Beer“ nicht so ohne weiteres die Bühne verlassen darf. Stürmischer Applaus brandet auf und Zugaberufe ertönen aus sämtlichen Kehlen, worauf die Jungs noch einmal für zwei Songs auf die Bühne zurückkommen, ehe nach dem letzten Ton dann endgültig das Licht angeht.
Setlist
Korpiklaani:
- Journey
Man
- Happy
Little Boozer
- Before The Morning Sun
- Korpiklaani
- Pellonpekko
- Spirit Of The Forest
- Cottages And Saunas
- Springdance
- Wooden
Pints
- Tulikokko
- Fields In Flames
- Juokse Sinä Humma
- Hunting
Song
- Beer
Beer
- Pine
Woods
- Il Lea Voibimi
Bericht und Fotos von Wiebke
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