Desaster,
Nocte Obducta, Delirium Tremens, Gorilla Monsoon
Live Club, Bamberg, 21.
April 2006
(Bericht: Wiebke)
Gerade bei einer guten Freundin in Franken zu Besuch, bietet sich die Chance auf ein Konzert mit einem verheißungsvollen Line Up. Warum nicht, ein Ortswechsel ist mal ganz interessant. Und so machen wir uns am frühen Freitagabend auf in die wirklich schöne Stadt an der Regnitz. Vor dem Club heißt es allerdings erstmal Warten, da der Einlass etwas nach hinten verschoben wurde. Das ist aber nicht so schlimm, denn die Sonne scheint, und es stehen schon ein paar Leute dort herum, so dass es nicht langweilig wird. Und auch ein paar Musiker lassen sich blicken, die den einen oder anderen Plausch wagen.
Kurz vor halb neun geht es dann los, als die die vier Dresdener die Bühne betreten, die vorher komplett zugenebelt wurde. Von dieser Band wusste ich im Vorfeld eigentlich nur, dass sie den Wacken Metal Battle 2005 gewonnen haben, von daher bin ich sehr neugierig, da man diesmal vom Aussehen der Musiker nicht unbedingt auf den Musikstil schließen kann.
Das Geheimnis wird aber schnell gelüftet.
Gorilla Monsoon spielen amtlichen Doom mit
Stoner Rock-Einschlag. Nach ein oder zwei Songs Eingewöhnungszeit wagen
sich auch mehr Leute noch näher an die Bühne heran und gehen ordentlich mit.
Das hat das Quartett aber auch verdient, denn die Jungs geben sich wirklich Mühe,
sind mit dem Herzen dabei und beherrschen ihre Instrumente. Der Sänger hat eine
angenehm dreckige Stimme und eine Ausstrahlung, der man sich schlecht entziehen
kann, dabei schafft er es auch noch, eine Menge Grimassen zu ziehen, die aber
ganz aus der Stimmung des Songs heraus kommen und das eine oder andere filigrane
Gitarrensolo zu spielen. In Punkto Posing steht ihm der andere Gitarrist in
nichts nach. Der Gute steht breitbeinig wie Zakk Wlyde in seinen besten Tagen
auf den Brettern und bearbeitet das Griffbrett seiner Klampfe als würde sie ihm
arg Böses wollen. Die Rhythmusmannschaft derweil tut ihr Übriges zum Sound
bei: da wabern fette Grooves durch den Saal – mal langsam, mal leidend, mal
ultralangsam und dann wieder aggressiv.
Und schwuppdiwupp sind gut 40 Minuten vergangen, und der Frontmann stellt die
Frage an das Publikum, ob man noch den letzten, den man hat, hören will. Und
ja, man will! Jedenfalls ernten Gorilla
Monsoon mit dieser Darbietung eindeutig mehr als Höflichkeitsapplaus und
auch ein paar Sympathiebekundungsrufe. Bravo – mehr!
Setlist: Declaration Of Damnation (Intro) – Down Song – Night Of The Wolverine – Damage King – Death Revolution – New Song without title – Codeine Commander
In der Umbaupause füllt sich der Raum vor der Bühne schlagartig. Und jede Bewegung, jeder Ton beim Gitarre stimmen, jede Geste der Musiker wird schon von vorneherein bejubelt. Dann wird es dunkel, die Bühne zugenebelt und als Intro erklingt „The Boys Are Back In Town“ von Thin Lizzy. Und so ist es auch, denn Delirium Tremens genießen den absoluten Lokalmatadoren-Status hier: jeder wird bejubelt wie ein ganz Großer! Aber auch die Musiker haben sich für diesen Abend einiges ausgedacht. So stellen zwei mit Henkers-Masken bekleidete Roadies Stative mit angeundenen Schweinsköpfen auf, was für mich eine sehr eigenwillige Deko darstellt, Frontmann Rowdy Mütze Piper kommt im Black Metal Outfit auf die Bühne gestapft, und Gitarrist Rowdy Rocket schwitzt heftig unter seiner Sado-Maso-Maske. Ab dem ersten Takt ist die Party in vollem Gange, und nach ein paar Songs füllt sich Bühne mit beinharten Fans (die teilweise auch schon ordentlich einen im Tee haben), die wie die Verrückten Luftgitarre spielen und nach Leibeskräften moshen.
Die Band hat an dem ganzen sichtlichen Spaß. Dem Sänger steht ständig ein fettes Grinsen im Gesicht, wenn er gerade keine Gesangparts zu absolvieren hat. Aber auch die Saitenfraktion ist nicht bewegungsuntätig: Bassist Rowdy Roll rockt in Lemmy-Manier und auch Gitarrist Rowdy Bad Bone schüttelt ständig sein Haupthaar. Bei den ruhigeren Songs, die wirklich Ähnlichkeiten zu schon erwähnten Thin Lizzy aufweisen, bleibt einem kurz Zeit, um einfach ein bisschen Luft zu holen, obwohl das in der Hitze zugegebenermaßen ziemlich schwierig ist. Zu den Thrash-Granaten wird dann aber sofort wieder alles gegeben, da man durch die Keif-/Schrei-Vocals des Sängers ordentlich angefeuert wird.
Apropos Feuer: Vor einem Song werden alle Nicht-Musiker von der Bühne gebeten, da der nächste Showeffekt eine Feuerspuckeinlage bietet und man niemanden gefährden möchte. Irgendwann erscheint auch wieder der Henker, diesmal mit einem 5-Liter Bierfässchen, das dann auch sehr schnell angestochen wird und dessen Inhalt sich in das eh schon nass geschwitzte Publikum ergießt.
Und leider vergeht auch hier die Zeit viel zu schnell. Doch die Bamberger lassen „ihre Jungs“ nicht so ohne weiteres gehen und brüllen mit Leib und Seele nach mehr. Also gibt es noch zwei Songs oben drauf, und ich stelle fest, dass sich der Abend schon jetzt absolut gelohnt hat, obwohl gerade erst Halbzeit ist. Danach findet man die Vier beim fröhlichen Anstoßen mit den Fans, und ein ganz unentwegter Fan lässt sich sogar einen der Schweinsköpfe geben…
Setlist: Seed Of Violence – Worship Satan – Balls Of Fire – Fucked Up – Violent Mosh Ground – Twisted Mind – Get Out Of MY Way – Night Of Terror – Hellfighters – Fuck Posers II Baby – Beer Patrol
Danach werden es Nocte
Obducta wohl wahnsinnig schwer haben. Und ich habe die Befürchtung, dass
sie vielleicht sogar ignoriert werden, da sie ja musikalisch sehr aus dem Rahmen
fallen. Der Raum vor der Bühne leert sich in der Umbaupause auch erstmal, die
meisten zieht es zum Getränkestand. Doch zu den ersten Takten des Intros kommen
sie wieder zurück, wenn auch zunächst etwas spärlich. Aber die Mainzer werden
freundlich begrüßt, und die Musik wird wohlwollend aufgenommen, so dass sich
meine Befürchtungen zum Glück nicht bestätigen.
Bei „Glückliche Kinder“ – angekündigt als „Song von einem Album, das
wir irgendwann mal aufnehmen“ – schreit sich Frontmann Torsten förmlich
einiges von der Seele, während Mastermind Marcel voll konzentriert seine
Gitarrenparts runterzockt. Weiter geht es mit „Taverne“ und „Operation:
Traumreise“, letzteres ebenfalls von besagtem Album, das noch aufzunehmen ist.
Bei dem Song merkt man schon, dass irgendwas nicht stimmt. Denn nach und nach
wird Marcels Gesichtsausdruck immer ärgerlicher. Auf das Problem wird schnell
aufmerksam gemacht, es sind die Monitore, die leider alle paar Minuten komplett
ausfallen, so dass die Band auf der Bühne von sich so gut wie nichts hört und
sich das Zusammenspiel ziemlich schwierig gestaltet. Das Ganze gipfelt dann
irgendwann in Torstens Ansage, dass es nicht an den Bieren, die man vorher
getrunken hat, liegt, wenn sich die Songs schief anhören, sondern daran, dass
man auf der Bühne nichts hört. Vor „Aschefrühling“ darf dann ein Fan
raten, welcher Song als nächstes kommt, als Hinweis sagt man nur, dass das Lied
bisher nur auf Platte erschienen ist. Und nach ein paar Versuchen hat er dann
auch die richtige Lösung, die er laut ins vorgehaltene Mikro brüllen darf. Da
herrscht dann auch sehr gute Stimmung und viele Fans moshen, als gehe es um ihr
Leben.
Bei einigen Songs verlässt Flange seinen angestammten Platz hinter den Keyboards, um Torsten am Gesang zu unterstützen. Seine Vocals bilden einen angenehmen Kontrast und bringen noch mehr Abwechslung in das Set. Etwas aus dem Rahmen fällt „Sequenzen einer Wanderung“. In diesem Stück lebt sich die Instrumentenfraktion total aus. Zum Ende hin wird es sogar richtig psychedelisch, und das grüne Licht tut das Übrige, um eine merkwürdige Atmosphäre zu erzeugen. Der Applaus wird danach mit den Worten kommentiert, dass die Fans ja nur froh seien, dass es vorbei sei, womit der leicht fiese Humor mal wieder durchkommt. Danach gibt es noch mal einen Kracher auf die Ohren, und danach ist Schluss. Das beruht aber auf Fehlkommunikation zwischen Band und Soundmann, da man eigentlich noch Zeit für einen weiteren Song gehabt hätte. Aber der Soundmann hat schon die Pausenmusik angeschmissen, und so fügt sich das Sextett in sein Schicksal und beginnt übel gelaunt mit dem Abbau, während das Publikum aber noch eine Zugabe fordert.
Tja, leider muss man diesen Auftritt wohl als ziemlich verkorkst ansehen, obwohl das nicht die Schuld der Band war, denn die gaben sich redlich Mühe, das Beste aus der Sache zu machen. Schade war es vor allem, weil die Songs, die wirklich abwechslungsreich sind, nicht richtig wirken konnten, denn die nicht immer leicht verdaulichen Kompositionen aus den verschiedensten Spielarten des dunklen Metal sind wirklich klasse. Außerdem blieben Nocte Obducta den Fans das von einigen stürmisch geforderte „Und Pan spielte die Flöte“ schuldig, vielleicht also beim nächsten Mal unter besseren Vorzeichen.
Setlist: Intro – Anis – Glückliche Kinder – Taverne – Operation: Traumreise – Es fließe Blut – Aschefrühling – Sequenzen einer Wanderung 2.1+2.2 – Solange euer Fleisch noch warm ist
Das „Sahnehäubchen“ des Abends sind dann aber eindeutig die Headliner Desaster. Ähnlich wie bei Delirium Tremens wird jede Bewegung auf der Bühne bejubelt, und die äußerst gut gelaunten Musiker lassen es sich nicht nehmen schon vor Beginn mit den Fans zu scherzen und während des Line Checks ihre Witzchen zu reißen. Dermaßen gepusht ist die Stimmung schon während des Intros, bei dem die Musiker mit dem Rücken zum Publikum stehen, kurz vor dem Siedepunkt.
Gestartet wird mit „In The Ban Of Satans Sourcery“ gefolgt von „Nighthawk“, wo schon etliche Fans lauthals mitgröhlen und ihre Matten schwingen. Frontmann Satiniac stapft wie ein Berserker über die Bühne und feuert die Meute davor noch weiter an, obwohl das eigentlich unnötig ist, denn ihm wird förmlich aus der Hand gefressen. Bassist Odin benötigt derweil eine kurze Aufwärmzeit, in der er ziemlich ruhig an seinem Platz steht und die Saiten zupft. Aber dann wird er etwas lebhafter und erinnert bisweilen ein bisschen an Gene Simmons, da er seine Zunge auch ständig rausstreckt. Absoluter Liebling der Fans ist aber Gitarrist Infernal. Überall, wo er am Bühnenrand auftaucht strecken sich ihm Hände entgegen, der er nach den Songs auch alle abklatscht. Außerdem steht ihm – wenn nicht gerade voller Konzentration und mit allen Emotionen im Gesicht Gitarrensoli zockt, ein schelmisches Dauergrinsen im Gesicht, was ihn noch sympathischer macht.
Bei „Tyrants Of The Netherworld“ wandelt sich der Raum vor der Bühne in einen imposanten Pit, auf den man von den erhöhten Seiten einen genialen Blick hat. „Divine Blasphemies“ wird auch lauthals bejubelt, aber mein persönliches Highlight ist das folgende „Teutonic Steel“. Den Titel gröhlt das Publikum, wobei Sataniac die ersten zwei Versuche viel zu leise sind, so dass man bei dritten alles gibt und ihn dann auch endlich zufrieden stellt. Das Anfangsriff lädt zum Haarepropellern ein, und der erste Schrei jagt mir wohlige Gänsehautschauer über den Rücken. Im Refrain bricht dann aber endgültig ein Sturm los, da eigentlich alle ihre Fäuste in die Luft strecken und „Died by Teutonic steel“ brüllen. Sehr feine Sache, das!
Danach gibt es drei Songs vom Debütalbum, wovon „In A Winter Battle“ den Anfang macht. Und danach ist das reguläre Set auch schon vorbei. Aber die Fans lechzen nach mehr dieses rumpelnden, streckenweise ziemlich langsamen Black/Thrash Metal-Gebräus und fordern aus voller Kehle nach Zugaben. Dem kommt man mit „Nekropolis Carthago“, dem genialen „Metalized Blood“ und als allerletztes „Troops Of Doom“ gerne nach. Danach ist dann endgültig Schluß, denn die Band ist vollkommen ausgepowert, was bei den herrschenden Temperaturen und der miefigen Luft aber auch kein Wunder ist. Abschließend bleibt mir nur noch zu erwähnen, dass Desaster eine klasse Live-Band sind, die ohne große Show-Effekte auskommen und das Publikum durch ihre Spielfreude in ihren Bann zu ziehen wissen.
Dieser Abend hat sich wirklich gelohnt! Vier interessante Bands, die im Rahmen des Möglichen ihr Bestes gegeben haben, um den Fans eine gute Zeit zu bereiten. Und die Fans wussten genauso, wie man eine gute Party feiert. Gleichzeitig ist der LiveClub ein netter Ort für Konzerte.