Earthshaker Festival – Samstag/ Teil 2
(Bericht von Wiebke)
Der Samstag beginnt wieder mit strahlendem Sonnenschein, der zumindest bis Opeth anhalten wird. Wettertechnisch kann man sich an diesem Wochenende wirklich nicht beklagen. Und der beliebteste Mensch der Festivalbesucher ist wahrscheinlich der Feuerwehrmann mit dem Wasserschlauch, der die Leute in den Pausen zwischen den Bands abkühlt. Bevor man in den Genuss der Berieselung oder der neben der Bühne installierten Gartendusche kommt, gilt es allerdings die Hürde des Einlasses zu überwinden. Eigentlich gibt es zwei Eingänge. Nur irgendwie ändert sich die Öffnung derselben ständig. Waren am Vortag noch beide Eingänge zumindest teilweise parallel geöffnet und auch als Ausgänge benutzbar, ist heute der hintere (bühnenfern) als Eingang und der vordere (bühnennah) als Ausgang zu nutzen. Das stiftet anfangs doch ganz schön Verwirrung. Außerdem ließe sich das Problem mit ein bisschen Improvisation ganz einfach lösen, in dem man einfach ein zweites Absperrgitter neben den Eingang stellte, so dass ein gesonderter Ausgang entstehe. Mehr Personal bräuchte man jedenfalls nicht, und es gäbe auch keine „Menschenknäuel“ wie am Vortag, die sich aneinander vorbeidrängelten.
Scar Symmetry beginnen mit 10 Minuten Verspätung, da der Soundcheck nicht planmäßig verläuft. Geholfen hat das alles aber nicht so richtig, denn der Sound der Schweden lässt doch sehr zu wünschen übrig. Es werden vornehmlich Songs vom aktuellen Album „Pitch black Progress“ gespielt zum Beispiel „Mind Machine“. Teilweise haben es die Songs gesanglich ganz schön in sich, denn es gibt ziemlich heftige Wechsel zwischen Grunzvocals und klarem Gesang, die Frontmann Christian Älvestam aber sehr gut meistert. Dennoch fehlt dem ganzen irgendwie die Spritzigkeit, so dass der letzte Song „The Illiusionist“ auch am besten rüberkommt, da er mit den griffigem Grooves und den harschen Vocals zum Moshen einlädt, während man bei den klaren Passagen in den Melodien schwelgen kann.
Mit Mendeed scheint nun auch schwäbisches Metallabel auf den Metal Core-Zug aufgesprungen zu sein. Wie dem auch sei, das Flöten-Intro zu Beginn des 45 minütigen Auftritts des Fünfers aus Glasgow lässt auf andere Musik schließen, und so staune wahrscheinlich nicht nur ich nicht schlecht, als die Schotten loslegen. Wirklich hängen geblieben ist bei mir dann aber auch nicht viel, da die Songs alle ziemlich schnell und ähnlich klingend mit viel zu monotonen Vocals sind. Lediglich die langsameren Passagen und die Gitarrensoli, die wirklich filigran vorgetragen werden, sind interessant und bringen etwas Abwechslung ins Set.
Etwas Verwirrung herrscht im Folgenden als das Brainstorm- Banner gehisst wird, obwohl doch eigentlich Ensiferum an der Reihe wären. Frontmann Andi kommentiert den Tausch mit folgenden Worten: „Ist doch nicht schlecht, dann sind wir rechtzeitig zum Tigerentenclub wieder zu Hause.“ Und auch während des Auftritts stellte er ein ums andere Mal sein forsches Mundwerk unter Beweis z.B. mit „okay, die ersten Reihen haben uns reich gemacht, die anderen haben´s downgeloadet“.
Musikalisch gibt es eine energiegeladene Power Metal Show mit guten Songs geboten. Die Gesangsleistung geht in Ordnung, nur bei den kraftvollen Passagen erscheint mit der Frontmann ein bisschen stimmschwach. Von der neuen Platte wird „Inside The Monster“ vorgestellt, ansonsten herrscht die beste Stimmung bei Tracks von „Metus Mortis“. Zwischendurch hat die Security auch einiges zu tun, denn Andi sucht regen Kontakt zum Publikum und geht auch diven, so dass den Sicherheitsleuten die ehrenvolle Aufgabe zuteil wird, ihn wieder auf die Bühne zu befördern.
Ensiferum machen ihren Linecheck selbst, und so gibt es schon lautes Gejohle als Markus, Petri und Sami irgendwelche Geschichtchen auf Finnisch in ihre Mikros brüllen. Dann geht es endlich mit „Hero In A Dream“ los, und die Stimmung unter den Fans erreicht sofort den Siedepunkt. Haare kreisen, Fäuste strecken sich in die Luft, es wird der Text mit geschrieen. Die Band präsentiert sich locker aber konzentriert und macht einen sehr guten Eindruck. „Tale Of Revenge“, „Dragonheads“ und „Windrider“ mobilisieren weitere Reserven, so dass „Into Battle“ zu einem ersten Höhepunkt wird. Bei „Old Man“ kühlen die Gemüter wieder etwas ab, ehe „Token Of Time“ gnadenlos abgefeiert wird. Danach ist ziemlich rigoros Schluss, da der Band einfach der Saft abgedreht wird. Da finden die Fans natürlich gar nicht gut, und auch die Band scheint ziemlich ratlos. Deswegen verstehe ich auch nicht so wirklich, warum man die ollen Schuhplattler schon wieder auf die Bühne lässt, anstatt die Ensiferum noch einen Song spielen zu lassen und dann etwas schneller umzubauen. Denn gerade heute läuft es für die Finnen wirklich perfekt, da die Backingvocals von Sami und Markus einwandfrei kommen, Meiju hinter ihrem Keyboard wie einer Berserkerin mosht und auch Petri topmotiviert ist.
Da ich mit den Songs von Kataklysm überhaupt nicht vertraut bin, kann ich zur Show der Kanadier nicht allzu viel sagen. Allerdings schaffen es die Kanadier, die Leute vor der Bühne sofort auf ihre Seite zu ziehen, zum einen weil sie verdammt sympathisch und authentisch rüber kommen, zum anderen weil ihre Songs unglaublich brutal aber gleichzeitig super rhythmisch sind, dass man einfach sofort seine Haare schütteln muss! Das geht gar nicht anders. Frontmann Mauricio macht einen coolen Eindruck und gewinnt die Sympathien durch seine Ansagen, so dass es für das Quartett ein zufrieden stellender Auftritt gewesen sein dürfte.
Danach ist es Zeit zum Hüpfen. Ektomorf übernehmen das Zepter, um eine ordentliche Portion Energie loszulassen. Wer die Band auf den Open Airs im letzten Jahr schon gesehen hat, weiß, was jetzt kommt. Nämlich das Übliche. Frontmann Zoltán schmeißt mit dem Wörtchen „fuck“ um sich und hat alle furchtbar lieb. Ach ja, Musik gibt es natürlich auch. Unter anderem „I Know Them“, „Show Your Fist“ und „Fuck You All“. Meiner Meinung nach nicht weltbewegend, aber den meisten gefällt diese New Ethno Metal-Mixtur, und so findet ein wildes Herumgehüpfe in den ersten Reihen statt. Ein bisschen was Neues gibt es dann noch in Form von „Outcast“, dem Titelstück der neuen CD, die im Januar erscheinen wird.
Auf die nächste Band freue ich mich seit Tagen, denn bisher hat sich leider nie die Gelegenheit ergeben. Und jetzt stehen sie endlich auf der Bühne: Arch Enemy! Als erstes stellt sich mir die Frage, wo die zierliche Frontfrau diese Stimmkraft hernimmt, denn Angela growlt wirklich derbst. Eröffnet wird mit „Dead Angels See No Future“ und „Nemesis“, wobei letzteres schon einige Dämme brechen lässt. „Running Angel“ wird den Mädchen gewidmet. Sehr angenehm bei den Ansagen ist, dass Angela sie mit ihrer normalen Stimme macht und zudem auf Deutsch, da ihre Mitmusiker ja Schweden sind. Tausendsassa-Gitarrist Michael Amott unterhält mit seinem Mienenspiel während er seine Gitarrensoli locker aus dem Handgelenk spielt. Und auch Bassist Sharlee D´Angelo setzt sich gekonnt in Szene. Krönung dieser absolut coolen Show ist das geniale „We Will Rise“, bei dem die Band alles gibt. Killerriffs, tolle Melodien und eine klasse Gesangslinie laden zum wilden Headbangen ein. Ein schweißtreibender Gig, der allen Beteiligten offensichtlich Spaß macht. Die „Angie-Sprechchöre“ sind total berechtigt, denn Angela ist gut bei Stimme und stellt ihre Frontfrauqualitäten eindrucksvoll unter Beweis.
Die Polizei scheint auch nichts Wichtiges zu tun zu haben, denn zwischenzeitlich kreist auch mal ein Hubschrauber über dem Festivalgelände. Sie dürften sich jedoch schnell davon überzeugt haben, dass Metaller gewöhnlich ein friedliches Völkchen sind.
Das Kontrastprogramm gibt es dann bei Jon Oliva´s Pain, denn nun wird melodischer Hardrock geboten. Im ersten Teil steht der Montain King am Mikro und überzeugt mit einer krassen Rockröhre. Im Publikum befinden sich viel Fans, die ihn gesanglich unterstützen, was Stimmung aufkommen lässt. Dann wird das Keyboard auf die Bühne gebracht, und der Meister nimmt Platz. Die ruhigeren Songs sind sehr atmosphärisch und wissen durch Intensität zu gefallen. Zwischendurch gibt es für einen Musiker spontan ein „Happy Birthday“-Ständchen von den Fans, da einer der Musiker Geburtstag hat.
Setlist: Warriors – Sirens – Gutter Ballet – Jesus Saves – Hounds – The Dark – Believe – Hall Of The Montain King
Nun folgt wieder eine Änderung in der Spielfolge. Da Nevermore wohl irgendwo im Stau stecken, wird der Auftritt der Deathstars vorgezogen. Die Schweden machen über ihre frühe Spielzeit so allerhand Witzchen, finden sich schlussendlich aber doch damit ab, bei Tageslicht zu spielen. Zum Einstand spielen sie mit „Syndrome“, bei dem Frontmann Whiplasher gleich mal seine Sonnenbrille beim Haareschütteln verliert. Weiter geht es mit „Blitzkrieg“, einer ziemlich schnellen Nummer, vor der Whiplasher sich seiner Militärjacke entledigt, da das Teil bei schätzungsweise knapp 40°C wohl doch ziemlich warm ist. „Synthethic Generation“ vom Debüt wird vor allem von den weiblichen Fans gut aufgenommen. Live fehlt die Verzerrung der Stimme ein bisschen, so dass der Song durch Whiplashers normal-tiefe Stimme nicht ganz so steril klingt. Gleichzeitig ist seine Show ziemlich egozentrisch, erinnert ganz schön an die von Marylin Manson, zumal auch der Mikroständer gleich mal in den Graben fliegt. „Little Angel“ wird mit „okay boys, this is for all your girlfriends“ angekündigt. Die Backingvocals gehen leider ein bisschen unter, ansonsten ist es meiner Meinung nach eines der besten Stücke des Sets der Industrial Goth Rocker.
Grinsend betreten Mikael Åkerfeldt und seine Mannen von Opeth die Bühne und legen mir „The Grand Conjuration“ vom aktuellen Output „Ghost Reveries“ los. Dieser Song zeigt sofort das, was Opeth ausmacht: Rhythmik, wahnwitzige Breaks, melodische Parts, der Wechsel von Death Metal Grunts und klarem Gesang und Überlänge des Songs. Einigen Zuhörern wird das schnell zu langweilig, und sie verlassen ihren Platz vor der Bühne. Der Rest bekommt eine eindrucksvolle Demonstration des Könnens der Schweden geboten. Außerdem lässt Mikael wieder den Entertainer aus sich heraus: Da heißt es beispielsweise „we are the Scorpions from Sweden“ oder Songs werden nicht mit ihrem Richtigen Titel angekündigt sondern beispielsweise mit „Killer“ oder „Dynamite“. Als eine Klorolle auf die Bühne fliegt, sammelt der Frontmann das Ding mit schelmischem Grinsen auf und meint, dass dies ein sehr sinnvoller Gegenstand wäre, weil Bassist Martin Mendez Durchfall habe. Noch breiter grinsend hält er dem armen Bassisten dann die Rolle vor die Nase, was auch für einige Lacher vor der Bühne sorgt. Zwischendurch bleibt auch Zeit für einen ruhigen Song, der wahrlich zum Träumen einlädt. Als letztes gibt es dann noch einen Kracher auf die Ohren, bei dem Mikael bestätigt, dass Headbangen jetzt ausdrücklich erwünscht ist. Bei „Deliverance“ wird dann auch tatsächlich gut gemosht. Und da mittlerweile die ersten Blitze über den Himmel zucken, veranlasst dies den Frontmann zu folgenden Abschiedsworten: „You see, that´s because we are evil!“
Und während der Himmel immer schwärzer wird, entert der Engel der Apokalypse Götz Kühnemund die Bühne und verkündet eine Unwetterwarnung. Es wird vor schweren Gewittern und Hagelschauern gewarnt, und darauf hingewiesen, dass das Festival eventuell abgebrochen werden muss. Kurze Zeit später öffnet der Himmel seine Schleusen, und es fängt ordentlich an zu krachen. Das Gelände wird vorsichtshalber evakuiert, und die Besucher finden in der Ostbayernhalle Unterschlupf, die kurzerhand geöffnet wird. Durch die halleneigene PA dröhnt wenig später Heavy Metal und die Party findet drinnen ihren Anschluss. Es gibt einen riesigen Moshpit, es werden Menschenpyramiden gebaut, und ein paar Freaks rennen nackt durch die Gegend. Ein Tollhaus. Nach einer Stunde Unterbrechung hat sich das Gewitter dann soweit verzogen, so dass es draußen weitergehen kann, und es obliegt Wetterfee Götz, das Festival erneut zu eröffnen und die Fans ausgiebig zu loben, weil alles unproblematisch und friedlich von statten gegangen ist.
Licht aus, Spots an und die Bühne zugenebelt. Das ist genau das richtige Ambiente für die Power Metaller Edguy, die ihre Spielzeit mit zwei Stücken vom aktuellen Output „Rocket Ride“ angehen. Danach gibt es „Babylon“ und „Lavatory Love Machine“, bei dem zahlreiche Fans lauthals den Text mitschmettern. Zwischendurch kommt man natürlich auch immer wieder in den Genuss von Frontmann Tobis Ansagen, die sich teilweise wie Kaugummi in die Länge ziehen. Sein Humor fehlt natürlich auch nicht, und so hackt er vorzugsweise auf Schlagzeuger Felix rum. Vor „Fucking With Fire“ meint er, dass er nicht lange um den heißen Brei herumreden will, beim nächsten Song geht´s ums Ficken, aber nicht mit hübschen Frauen – oder mit hübschen Männern im Fall von Felix – sondern um Feuer. Alles klar. „Vein Glory opera“ und „Superheroes“ folgen auf dem Fuße. Die Saitenfraktion präsentiert sich extrem tight und posierfreudig, so dass neben allem Heumgealbere die Musik nicht zu kurz kommt. Nach „Mysteria“ ist dann offiziell erstmal Schluss, aber die Fans brüllen das hessische Quintett für zwei Zugaben auf die Bühne zurück. Da covert Tobi sich dann mit „Avantasia“ selbst, und als allerletztes wird dann auch endlich der Hit „King Of Fools“ angestimmt. Rückblickend ist es ein netter Gig gewesen, aber auf ein paar Mitsingspiele hätte man doch gut verzichten können.
Langsam aber sicher nähert sich das Earthshaker Fest dem Ende zu, denn mit Venom steht nicht nur eine Kultband auf der Bühne sondern auch der Samstagsheadliner. Die Briten beginnen gleich mit zwei Klassikern und zwar mit „Black Metal“ und „Welcome To Hell“. Da kocht die Stimmung sofort. Welchen Einfluss diese Band hat, zeigt sich auch daran, dass sehr viele sehr junge Metalfans die Texte mitbrüllen. Zu „In The Name Of Satan“ werden die Feuerfontainen gezündet, so dass auch etwas für´s Auge geboten wird. Obwohl das Mienenspiel von Cronos an sich schon sehr interessant ist. Weiter geht es mit „Bloodlust“ und „Antichrist“, die sehr vom Gitarrenspiel des neuen Mannes an der Axt leben. Danach wird es leider ein wenig langweilig, denn Venom schaffen es nicht ganz, den Spannungsbogen zu halten. Am Ende wird es allerdings noch mal so richtig genial, denn das Schlagzeugintro kennt so gut wie jeder. Mit „In League With Satan“ in einer Extended Version verabschieden sich Venom fulminant, denn dieser Song rockt amtlich.
Danach ist dann wirklich Schluss, denn Nevermore können/dürfen an diesem Abend – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr spielen. Das ist für mich und viele andere sehr schade, aber man ergibt sich dem Schicksal und hofft auf die nächste Gelegenheit. Ich verziehe mich mit meinen Leuten nach einem Abstecher zum Cocktailstand und Whiskyzelt zurück auf den Zeltplatz, wo wir den Abend in Ruhe ausklingen lassen und uns über so essentielle Dinge wie den Faraday´schen Käfig unterhalten, ehe jeder hundemüde in sein Zelt kriecht.
Natürlich gibt es auch ein paar Punkte, die sich im nächsten Jahr noch verbessern lassen. Beispielsweise die Toilettensituation auf dem Campingplatz. Ich kann nur für den Teil sprechen, wo ich gezeltet habe, aber da standen definitiv zu wenig für die Anzahl an Campern. Weiterhin war das Angebot einiger Stände nicht wirklich appetitlich, denn am Samstag kann ich eigentlich schon erwarten, dass die Brötchen halbwegs frisch sind. Die Preise haben es teilweise auch ganz schön in sich, gerade in Punkto Getränke sollte es doch günstigere Alternativen geben. Außerdem könnte die Kommunikation zwischen Organisatoren und Ausführenden noch verbessert werden, da es wie zum Beispiel beim Einlass schon beschrieben teilweise zu einem gehörigen Kuddelmuddel gekommen ist.
Alles in allem ist das Earthshaker Fest aber ein ansprechendes Festival gewesen, das mit ca. 8000 Besuchern pro Tag sicherlich noch nicht an seine Grenzen gestoßen ist. Der Sound ist größtenteils gut gewesen und die Bandauswahl so gemischt, dass für jeden etwas dabei gewesen sein dürfte. Das Gelände ist jedenfalls festivaltauglich und die Wege nicht zu lang.