Fireblade Force Festival 2007

Lichtenstein (Sachsen)/ 12./13. Oktober 2007

Bericht: Twilightheart

Es war das Festival des Feuers und des Blutes. Ein Black-Metal-Festival wie in alten Tagen!
Leider sollte das Ganze verdammt weit weg stattfinden, in Lichtenstein, einem Ort in Sachsen, wo man (wäre man nicht Metaller) eigentlich nie im Leben hingekommen wäre. Beinahe hätte die Deutsche Bahn mir auch noch die Tour vermasselt, denn es war mal wieder Totalstreik an diesem Tag. Doch dank Claudia’s spontanem Abholservice im Sportwagen direkt in meinem öden Kuhkaff konnte ich doch noch mit, und so wagten Claudia und ich uns in’s Land der Sachsen. Was ich beinahe seit meinem letzten Besuch in Sachsen vergessen hatte: es ist wahrlich das Land der Greifvögel, überall sieht man Falken und andere Greifvögel fliegen.
Natürlich habe ich mich vom Namen der Festival-Location („Uni“) irreführen lassen und dachte, es handelt sich vielleicht um ein altes, universitätsähnliches Gebäude. Aber es stellte sich am Ende als ganz normaler Club heraus. Allerdings ein sehr grosser und schöner. Dieser hatte an den Seiten so an die 20 Couches mit je 7 Sitzplätzen, und von fast jedem davon konnte man gut auf die Bühne schauen.
Nachdem wir in unserer Unterkunft eingecheckt hatten (eine Art Gartenhäuschen neben einer Pension... tja, die letzten beißen die Hunde) und das sehr irritierte ältere Ehepaar begrüßt hatten, welches mit Sicherheit NICHT wusste, warum plötzlich alle, die eincheckten, schwarz gekleidet waren (schliesslich fand das Fireblade Force zum ersten Mal statt), war es auch schon 19 Uhr und wir suchten uns den Weg zum Club. Im übrigen befand sich die Pension inmitten von Wald und Tieren, die uns aus ihren Gehegen anschauten.

                             

Warum das Festival so spät startete (es sollten schliesslich 7 Bands an diesem Tag spielen) und die Umpausen so kurz angesetzt waren, wird mir ein Rätsel bleiben. Das konnte natürlich nicht gut gehen. Und so startete die erste Band, Genocide, auch schon mit 20 min. Verspätung (wobei mir auch hier nicht klar ist, warum nicht wenigstens die erste Band rechtzeitig beginnt, Soundcheck zu machen).  Diese wirkten dann auch erstmal ziemlich verloren auf der Bühne. Man war zu dritt auf der Bühne, Schlagzeug, Gitarre, Bass. Und Bassist und Gitarrist sangen abwechselnd. Es handelte sich um eher einfach gehaltenen Black Metal mit Kreisch-Gesang. Leider war auch der Sound anfangs grottenschlecht, bei jedem Drumsound vibrierten die Boxen mit rauschenden Geräuschen nach. Die Songs klangen eher eintönig, was vielleicht auch daran lag, dass die Band nicht wirklich etwas ausstrahlte. So wunderte es nicht, dass genau 3 von bisher ca. 140 anwesenden Leuten nach dem ersten Song applaudierten. Naja, der Job des Openers ist aber auch ein undankbarer, das steht fest.

Danach kam die Überraschung des Tages: die Black-Metal-Band Thorngoth aus Bayern. Eine Band, die innovativen Black Metal spielt, der nicht nur aus Krach besteht, sondern hinter dem echtes Songwriting steht. Die Songs enthalten auch viele Midtempo-Passagen, die dieses Tiefe, Dunkle haben, was den Hörer in eine schwarze tief-emotionale Stimmung versetzen kann.
Claudia meinte auch noch, der Bandname klingt ein wenig wie „Gorgoroth“, und siehe da, als die Band auf die Bühne kam, war das erste, was sich mir in’s Gedächtnis brannte, die Erscheinung ihres Sängers Akhorahil, der von seiner Art her, auf der Bühne zu agieren, locker mit Gaahl mithalten kann. Er bestach sofort durch extrem selbstbewusstes Auftreten und eine starke Aura.
Das Publikum war natürlich anfangs skeptisch. Zwar sah ich im Publikum auch zwei Pärchen aus Bayern, aber die meisten Besucher werden wohl sicher aus Sachsen gewesen sein, insofern sollte es für sie, genau wie für mich, das erste Mal gewesen sein, dass sie Thorngoth live erleben können. Doch sobald die Band anfing, zu spielen, zogen sie recht viel Aufmerksamkeit auf sich. Der Sound war wesentlich besser als bei der Band zuvor (na ja, nach einer weiteren Verspätung durch den langen Soundcheck sollte das auch echt so sein) und vor allem das mitteltiefe Growling von Akhorahil kam echt grim.

Alles in allem war diese Band einfach ein ganz anderes Kaliber als der Opener und der Raum vor der Bühne füllte sich merklich. Der Bühnennebel gab der BM-Atmosphäre dann noch den letzten Kick und es wurde nun auch schon hier und da geheadbängt. Die Band spielte Songs quer durch ihr Repertoire, „Deity of mailce“ (vom letzten Album „Thelema of destruction“), dann der Song „Salvation in silence“ von kommenden Album (dies ist nur ein Arbeitstitel, eigentlich ist der Song noch titellos), „Eternal downfall“, „Kill for paradise“ (ebenfalls vom kommenden Album) und „Son of damnation“ vom letzten Album. Die Songs haben stellenweise ein paar geile, innovative Drum-Linien, das sollte man mal gehört haben. Es lag übrigens extrem viel Hall unter (über?) dem Mikro, was allerdings für die Stimmung in gewissen Sequenzen der Songs unbedingt notwendig war. Zu dumm nur, dass man durch den Hall nicht ein einziges Wort der zahlreichen Ansagen des Sängers zwischen den Songs verstanden hat. Aber das nur nebenbei.
Wie ich anfangs schon sagte, war es das Festival des Feuers und des Blutes. Da in der Halle das Feuerspucken erlaubt war, machten Thorngoth den Anfang, und der Gitarrist der Band war der erste, der an diesem Abend sein Können diesbezüglich unter Beweis stellte.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich begeistert von der Band war, denn es stimmten Musik UND die visuelle Wirkung auf der Bühne.

Währenddessen ereignete sich draußen 200 m von der Halle entfernt ein schwerer Verkehrsunfall auf der Hauptstrasse. Alle umliegenden Strassen wurden gesperrt und irgendwie hing ich dann dort eine Weile fest, denn es kamen gerade einige Fans per Auto an, die nun da nicht weiterkamen. Da ich inzwischen aber den Weg kannte und auch ungefähr wusste, wo der Campingplatz war (Leute, bei dieser Kälte möchte ich dort nicht gezeltet haben an diesen 2 Tagen... das war wirklich nur was für die ganz Harten), und so verbrachte ich einige Zeit damit, Festivalbesuchern einen anderen Weg zum Zeltplatz zu zeigen (da ich nun auch die einzige im Metal-Shirt war, die da stand, wurde natürlich gleich immer direkt ich gefragt). Ich riss mich dann aber los und ging zur Halle zurück, schließlich wollte ich nicht allzu viele Bands verpassen. Eine hatte ich inzwischen mit Sicherheit schon verpasst.
Zur Halle möchte ich noch etwas anmerken: eigentlich war diese voll auf Disco konzipiert (Dicso-Kugel an der Decke, grüne Lämpchen an sämtlichen Treppenstufen usw.). Aber am meisten haben die Treppenstufen vor der Bühne gestört. Direkt zwischen Zuschauern und der Hauptbühne gab es nämlich ein paar breite Treppenstufen, die dann allerdings so abgesperrt waren, dass die Besucher diese nicht betreten konnten. Man hatte davor einen der Lichtbalken von der Decke (der wohl als Ersatz o.a. diente) als Absperrung zweckentfremdet. Es gab also durch die Stufen einen meiner Meinung nach zu breiten Abstand zwischen Fans und der eigentlichen Bühne. Echt schade, denn dadurch ging dieses Clubfeeling verloren, dass man direkt vor der Band steht und in der ersten Reihe manchmal beinahe den Gitarrenhals in’s Gesicht kriegt. Das ist wirklich einer der Punkte, warum ich den Club nicht gewählt hätte. Ich sage euch, was Iblis von Endstille als erstes auf dieser Bühne gemacht hätte: er wäre die Stufen runtergekommen und wäre die ganze Zeit direkt vor den Fans geblieben, um ihnen direkt in’s Gesicht zu schreien.
Ganz besonders witzig fand ich es, dass die Crew Plastikbahnen auf der Bühne auslegte, um das Blut aufzufangen, welches einige Bands reichlich verspritzen würden. Das hätte ich euch vorher sagen können, dass das spätestens bei Darkened Nocturn Slaughtercult sinnlos ist, denn dann hätte man auch unter’s Publikum Folienbahnen legen müssen, und auf die gesamte Treppe vor der Bühne usw.

Nun ja, aber zumindest bei nachfolgender Schweinerei von Caedes hielt die Folie wenigstens noch ein bisschen von den Innereien ab, die gleich umherfliegen würden.
Caedes, die meiner Meinung nach die menschenverachtendste Band des Abends waren, erklommen nun also die Bühne und schindeten gleich mächtig Eindruck durch ihre rohe Kälte. Es muss wohl eine Line-Up-Verschiebung in der Band gegeben haben, seit ich sie das letzte Mal live gesehen hatte, denn einer der früheren Musiker hatte nun das Mikro übernommen. Doch irgendwie passt genau er wie die Faust auf’s Auge an’s Mikro. Zuerst im langen Mantel mit Axt fauchte er seine hasserfüllten (deutschsprachigen) Texte in Richtung Publikum. Dies hatte zur Folge, dass spätestens nach dem 3. Song die Fans richtig mitgingen und die Fäuste flogen. Er zog dann auch den Mantel aus, und nun folgte eine blutige Schweinerei, wie man sie selten auf der Bühne sieht. Da stand ein Eimer auf der Bühne; nein, nicht nur einfach voller Blut, sondern es befanden sich die Herzen von Tieren darin, ziemlich große, so dass ich nur raten kann, dass es evtl. Rinder- oder Ochsen-Herzen waren. Und so holte der Front-Growler von Caedes im Laufe der Show eines nach dem anderen aus dem Eimer und zerquetschte es genüsslich. Dabei bespritzte er sich natürlich nicht nur selbst mit Blut, sondern auch die ersten Reihen. Die blutleeren, zerquetschten Herzen lagen dann natürlich bis Gig-Ende überall auf der Bühne herum. Als er dann gegen Ende noch einmal in den Eimer griff, und da aber kein Herz mehr drin war, sondern nur noch ein rohes Stück Fleisch, warf er dies mal eben in die erste Reihe der Fans, einem Typen in’s Gesicht.
Er war wirklich völlig in seinem Element. Man vergaß dabei fast die Musik, wäre diese nicht ebenso intensiv gewesen. Bei „Die Krieger des Blutes“ konnten etliche Besucher mitgrölen.

Nun ja, wie gesagt, das Fireblade Force... das Festival des Feuers und des Blutes. Caedes boten beides. Nachdem des Blutes genügend geflossen war, kam ein Bekannter der Band zum feuerspucken auf die Bühne. Nur merkte er beim Trinken aus der Spiritus-Flasche nicht, dass ihm ein paar Tropfen davon an Mund und Hals hinunterliefen. Somit fing sein Gesicht gleich beim ersten Versuch Feuer. Es war unglaublich, wie schnell sich das über’s Gesicht ausbreitete. Orientierungslos lief er dann Richtung Bühnenrand. Die Crew versuchte nach den ersten Sekunden des Realisierens, das Feuer mit einer Jacke bzw. später mit einem Bier zu löschen, was dann auch irgendwie funktionierte. Er taumelte dann von der Bühne. Ich schaute nach, ob man noch irgendwas tun kann (Krankenwagen per Handy rufen o.a.), aber er wollte niemanden um sich herum haben, er deutete allen hinter der Bühne an, dass sie ihn allein lassen sollen. Später ließ er sich dann doch noch von einem Securitie wegbringen und helfen. Nach relativ kurzer Zeit kam er dann auch wieder, mit dick eingecremtem Gesicht. Dafür, dass er gerade gebrannt hatte, schien er total gefasst und man muss schon zugeben, dass er das alles ohne ein einziges Mal zu jammern hinter sich gebracht hat. Er verzog nicht’mal das Gesicht vor Schmerz. Es gibt eben doch noch Männer, die absolut hart im Nehmen sind. Alle Achtung. (Ich habe zwar zufällig in dem Moment, wo das Feuer übersprang, ein Foto gemacht, aber dieses wird natürlich nicht veröffentlicht. Der einzige, der es bei mir anfordern kann und bekommen würde, ist der Brennende selbst, falls er es aus irgend einem Grund sehen will.)

Morrigan waren wie immer nur zu zweit, was natürlich nicht viel Action auf der Bühne zulässt, da der Sänger zugleich Gitarre spielen musste. Insofern hieß es, sich auf die Musik zu konzentrieren. Es ist unglaublich, dass jemand live so extrem kreischen kann wie dieser Vokalist es hier tat. Glücklicherweise enthält die Musik aber auch ein paar kurze Passagen, in denen mit klarer Stimme gesungen wird, so dass seine Stimmbänder wenigstens kurze Pausen hatten. Der Sound war nicht optimal, es gab hier und da Pfeiftöne. Aber zumindest die Vocals kamen klanglich gut rüber. Außerdem konnte er mit den Zwischenspielen auf der Gitarre, in die er sich jeweils sehr vertiefte, zusätzlich noch mehr rausholen. Der Schlagzeuger, der fast komplett im Dunkeln trommelte, zeigte ebenfalls vollen Einsatz und war wie immer eine Urgewalt.

Der Überraschungsgast waren Nachtfalke, eine sächsische Black-Metal-Band, die wir hier in Bayern so gut wie nie live zu sehen kriegen. Insofern war es interessant, die Band einmal live erleben zu können. Nach dem Intro legten sie mit „Windlords“ und „War in asgard“ los und schafften es, trotz anfänglich schlechtem Sound die Stimmung anzuheizen. Das war mit Sicherheit der Verdienst des Frontmannes, welcher sehr eigenwillig rüberkam. Mit sehr skurrilen und eckigen Bewegungen in ständig wechselnde Posen war er einer der aktivsten des Abends. Auch die anderen Bandmitglieder gingen völlig in der Musik auf, der Keyboarder stellte sich, solange er nicht spielen musste, neben die Tasten und headbängte sich die Halsmuskeln weich. Teilweise kam er auch direkt vorne mit auf die Bühne, um dies zu tun. Das Publikum ließ sich davon anstecken und ich möchte meinen, dass das abwechselnde Gegrowle und Gekreische von Sänger und Bassist sowie die heftigen Drumlinien ein übriges taten. So wurden noch „Berserker“, „Call of the gjallarhorn“, „As a falcon through the night“ und “Halls of hel” gespielt. Vor letzterem entschärfte es doch glatt den Gurt vom Bass und das gute Instrument fiel zu Boden. Autsch. Leider mussten auch während der Show die Monitore immer wieder nachreguliert werden. Dies gab dem Gig ab und zu einen Dämpfer. Im übrigen hatten schon etliche Fans auf den vielen Sofas im Club genüsslich geschlafen, denn durch die ganzen Verzögerungen war es bereits weit nach Mitternacht. Doch nicht wenige hatten sich extra vor dem Gig wieder wecken lassen. Die wuchtigeren der Nachtfalke-Songs folgten nun gegen Ende des Gigs, nämlich „My skin is bark“, „Einherjer“, „Beyond the fire“ und „Hail Teutonia“. Und auch hier sorgte der Sänger für reichlich Feuer. Er beherrschte es hervorragend und so gab es eine ganze Feuerspuck-Session. Er war wirklich ein Poser der gehobeneren Klasse und konnte sich mit jedem Song zu immer krasseren Kreischleistungen durchringen. So wunderte es nicht, dass die Band einigermaßen ordentlichen Applaus bekam (obwohl es im allgemeinen während des Festivals nie viel Applaus gab... ist ja im BM auch nicht der Indikator für eine gute Show, sondern vielmehr scheinen die immer grimmer werdenden Gesichter zu zeigen, dass der Black Metal gut ist).

Nun ja, ich möchte lieber keine Einschätzung abgeben, wie viel Besucher noch vor Sear Bliss die Halle verliessen. Es war schliesslich längst nach 3 Uhr morgens. Und als die Band soundcheckte und lautstark die Posaune testete, wachten mit Sicherheit einige der Schlafenden auf und fragten sich, ob sie beim Volksmusik-Konzert sind. ;-)
Die Band ahnte wohl schon, dass die meisten jetzt abwandern würden, und so machten sie nicht lange rum und begannen den Gig, obwohl der Sound noch immer grottenschlecht war. Die letzten Verbliebenen zeigten Anstand und applaudierten der Band trotzdem und füllten die Fläche vor der Bühne annähernd. Die Band stellte sich dann auch noch vor (extra aus Ungarn angereist) und gleich beim 1.Song kam auch die Posaune zum Einsatz, und alle Musiker zusammen headbängten selbst exzessiv. Leider forderte die Müdigkeit auch bei uns ihren Tribut und so begaben sich Claudia und ich uns ebenfalls in Morpheus’ Arme.

Der Festivalsamstag war organisationstechnisch eine Katastrophe. Schon wieder sollte erst 16:30 Uhr begonnen werden, obwohl 10 Bands spielen sollten. Wir hätten uns gut und gerne noch 2 oder 3 Stunden länger Zeit lassen können. Denn 19 Uhr hatten die Bands immer noch nicht angefangen zu spielen. Man muss allerdings dazusagen, dass die Veranstalter nicht viel dafür konnten. Inquisition konnten nicht kommen, weil die Agentur den Flug für den falschen Tag gebucht hatte (wann kapieren die Menschen endlich, dass es eine große Zeitverschiebung von den States zu Europa gibt und der 13. Oktober in Europa eben nicht immer gleichbedeutend ist mit dem 13. Oktober in den USA, je nach Bundesstaat)!? Das war das größte Ärgernis des Festivaltages, denn Inquisition waren zumindest für Claudia einer der Hauptgründe gewesen, dort hin zu fahren. Als dann gegen 18 Uhr vom Veranstalter  die Durchsage gemacht wurde, dass Inquisition ausfallen, hörte man es also aus allen Ecken des Clubs gehörig fluchen. Dazu kam noch, dass der ganze Tourtross Setherial – Corpus Christii – Ravencult gerade erst angekommen war. Und Ravencult, die 16:30 Uhr das Festival hätten eröffnen sollen, mangelte es ehrlichgesagt an der Professionalität, dann schnellstmöglich auf die Bühne zu kommen. Nein, man wollte erst etwas essen. Ich finde, es war dann nur richtig vom Veranstalter, die Band vor die Wahl zu stellen, entweder gar nicht zu spielen, oder ganz am Ende. Die Band spielte letztendlich also gar nicht. Gegen 19 Uhr wurde dann kurzerhand beschlossen, dass „Reign in Blood“ nun auf die Bühne sollen, denn die Band war anwesend und bereit zu spielen.

Gesagt, getan. Reign in blood, die Band mit dem wahrscheinlich längsten Intro der Welt (der Sänger rauchte tatsächlich während des Intros eine Zigarette vollständig aus) lieferte ziemlich aggressiven Black Metal mit mittelhohen Gröhl-Vocals und hatten das Glück, dass die Besucher, die ja nun froh waren, dass überhaupt endlich mal eine Band spielt, die Gelegenheit nutzen, trotz schlechtem Sound und zeitweise aus dem Takt geratenem Spielen schon’mal etwas zu bängen. Die Bühne war mit brennenden Fackeln dekoriert, man durfte also davon ausgehen, dass es auch an diesem Tag mit Blut und vor allem Feuer weitergehen sollte. Und tatsächlich, es wurde direkt mal Feuer gespuckt. An diesem Festivaltag waren mindestens 500 Leute da, würde ich schätzen, so dass auch „Reign of blood“ schon ordentlich viel Publikum hatten. 

Krater waren die nächsten. Sie lieferten einwandfreien Black Metal mit Kreisch-Vocals ab, wenn auch etwas emotionslos, was aber zweifelsohne an dem schlechten Sound lag. Es schien nichts auf der Bühne zu stimmen, denn die Musiker mussten sich ständig aneinander orientieren. Somit schauten beiden Gitarristen (deren Instrumente mir total übersteuert vorkamen) fast die ganze Zeit zum Drummer, man bekam kaum ihr schönes Corpsepaint zu Gesicht oder auf’s Foto. Der Sänger spielte gleichzeitig Bass und versuchte, durch stimmliche Hingabe bei Songs wie „Verewigt in Stein“ und „Bastion“ noch einiges wettzumachen. Aber es war schwer. Dadurch hinterliessen sie sicher bei denen, die die Band bisher noch nie gehört oder gesehen haben (so wie ich) einen eher faden Eindruck. Aber ich bin natürlich gerne bereit, mir die Band unter besseren Umständen ein zweites Mal anzuschauen und mich umstimmen zu lassen. Ein schlechter Sound kann mit Sicherheit vieles zunichte machen. Schade.

                    

Creature waren die erste Band dieses Festivaltages, die so richtig was hergemacht haben. Nachdem anfangs x-mal die Lautstärke der Monitore des Schlagzeugers nachkorrigiert wurde, wurden noch 2 Fackeln an’s Schlagzeug gesteckt (etwa für späteres Feuerspucken?) und es konnte losgehen. Der kleine, aber sehr charismatische und agile Frontmann, der von seiner Art her unweigerlich an Nattefrost erinnerte, setzte total auf Mimik und Gestik und einige Fans der inzwischen sehr gut gefüllten Halle sangen bei jeder Zeile der deutschen Texte mit. Dieser Frontmann war nun auch der erste, der sich die Mühe machte, trotz Treppenstufen richtig nah an die Fans ranzukommen, um ihnen mit seiner kreischigen Mörderstimme direkt in’s Gesicht zu schreien. Und es tat auch gut, dass es nun wieder mal eine Band gab, die die Bühne füllen konnte. Nicht nur durch die Anzahl der Musiker (Gesang, Drums, Bass, 2 Gitarren, wie sich das gehört... ), sondern auch durch die Aktionen auf der Bühne. Unter den Songs der Band waren ja auch einige Kracher, zu denen man so richtig runterholzen konnte, wodurch die Stimmung im Club rasant anstieg. Creature hatten eigentlich die beste Spielzeit und wussten diese auch wirklich zu nutzen. Sie waren im übrigen auch die ersten, die die Plastikfolien, die neu ausgelegt waren, einfach wegstießen.
Die Veranstalter, für die die Verspätung von mehreren Stunden inzwischen ein echtes Problem war, versuchten, den Gig der Band nach einer halben Stunde zu cutten. Aber die Band ignorierte die Gesten der Crew permanent und so spielten Creature die anfangs angesetzte dreiviertel Stunde vollständig durch.

Im übrigen stellte sich heraus, dass auch Fans aus Stuttgart und Bamberg angereist waren. Es war wirklich erstaunlich, wie viele Metaller für dieses Festival richtig weite Wege zurückgelegt haben.

Die Mannen um Asmodeus sollten nun den Sachsen einmal zeigen, dass auch die Österreicher einige sehr gute Black-Metal-Bands haben, zu denen Asmodeus definitiv gehören. Mir ist so, als wäre die Band früher zu viert gewesen. Hier standen sie nun allerdings nur zu dritt auf der Bühne, der Sänger spielte Bass, ein Gitarrist und der Schlagzeuger. Trotz der wenigen Musiker bot die Band einen grimmen Auftritt a la carte, der Preis für bestes BM-Outfit wäre ebenfalls an sie gegangen. Das Growling war gnadenlos, die Musik war kalt und böse, BM der besten Sorte. Sie haben die Halle in Schutt und Asche gelegt und können leicht mit den skandinavischen BM-Bands mithalten, das steht fest. Spätestens bei dieser Band wurde mir bewusst, wie geil es ist, mal auf einem (fast) reinen Black-Metal-Festival zu sein. Das war echt mal überfällig gewesen.
Nachdem schon der als letzter Song angekündigte Track gespielt war, hieß es plötzlich „Etwas mehr Gitarren auf den Schlagzeug-Monitor!“. Das Geholze ging also weiter. Geile Sache.

Fatal Embrace, eine Thrash-Band aus Berlin, die die Thrasher unter euch mit Sicherheit zur Genüge kennen, sorgten für die Abwechslung des Tages. Mit sehr guter Laune und ihrem Thrash mit Power-Metal-artigem Gesang sorgten sie für massive Stimmung. Und Sänger Heiländer in seinem Old-school-Outfit wirkte wie eine Antiquität unter all den vielen (teils weitaus jüngeren) Black-Metallern. Auch er kam zum Publikum vor und ließ es sich nicht nehmen, quasi mit den Leuten der ersten Reihen zusammen zu headbängen.

Nun standen nur noch 3 Bands auf dem Plan, das Dreigestirn des Black Metal. Diese 3 Bands hintereinander zu erleben, war mit Sicherheit der Höhepunkt des Festivals.

Den Anfang machten Darkened Nocturn Slaughtercult, die einfach unglaublich waren. Noch vor dem Gig wurden die letzten Folien auf der Bühne zur Seite gekickt. Und natürlich wagte es niemand von der Crew, diese wieder hinzulegen. DNS lassen sich diesbezüglich sowieso nicht limitieren. Wer da meint, bei dieser Band die Reinigungskosten hinterher sparen zu können, liegt so was von falsch...
Die Band startete ihren Triumphzug der Blasphemie mit „Das All-Eine“ und „Slaughtercult“, und sowohl Onielar als auch der Bassist der Band schafften es mit Leichtigkeit, das Blut meterweit über die Treppenstufen hinweg in die ersten Reihen zu spucken. Und das in schöner Regelmäßigkeit, von Beginn bis Ende des Gigs. Wie gut, dass ich immer alte Sachen zu hause übrig habe, die ich genau für solche Gigs opfern kann. Denn die kann man dann hinterher nur noch entsorgen. Es ging weiter mit „Thanatos“ und „Bearer of blackest might“ sowie „The dead hate the living“. Dass niemand so übel kreischen kann wie Onielar, muss ich sicher nicht mehr erwähnen. Auch kommt es mir so vor, als wenn sie von Gig zu Gig hasserfüllter schaut. Zum Glück hat die Furie nicht gehört, wie der Fan hinter mir rief „Boah, so eine geile Frau, die so geilen Black Metal spielt, da geht mir echt einer ab!“, sonst wäre der Gute sicher fällig gewesen.
Traditionsgemäß trank die Band Blut aus einem bestimmten Ritual-Kelch und es wurde nicht an symbolischen blasphemischen Gesten mit dem Kreuz gespart. „Cimonar de nuit“ und „Nocturnal March“ wurden als letztes gespielt und bildeten die Krönung des Gigs, bevor die Band das Publikum im Blutrausch zurückließ.

     

Damit war die Zeit der deutschen Bands beendet und unsere portugiesischen Gäste von Corpus Christii zeigten uns, wie teuflisch auch Black Metal aus ihrem Land sein kann. Musikalisch war die Band ein Leckerbissen, ein morbider Track nach dem anderen wurde uns durch die Gehörgänge gejagt. Der Bassist der Band mit seinem kranken Corpsepaint stand wirklich keine Sekunde still, es war fast unmöglich, ihn auf’s Foto zu bekommen. Zwar hatte der Sänger die grimme Mimik nicht so gut drauf wie seine skandinavischen Kollegen, aber schon allein die Borderline-Narben auf seinem Arm zeugen davon, dass hier jemand tiefe Depressionen durchlebt hat, die er in Hass umgewandelt hat, und dies war jeder einzelnen Zeile, die der Sänger gegrowlt hat, anzumerken. Die Lyrics gingen durch Mark und Bein und waren erschütternd.
Ich hatte das Gefühl, dass die meisten Besucher extra möglichst nüchtern geblieben sind, um die letzten 3 Hauptacts noch bewusst mitzukriegen, denn man sah an diesem Tag nur wenig Schlafende oder Betrunkene in den Ecken. Die meisten starrten, wie auch hier bei Corpus Christii, gebannt zur Bühne.
Corpus Christii hielten sich tatsächlich an die auf eine halbe Stunde heruntergekürzte Spielzeit, so dass der Gig leider viel zu schnell zu Ende war. Aber sie wollten wohl ihren Tourkollegen noch die Möglichkeit geben, vor 3 Uhr morgens mit spielen zu beginnen.

Es tat wirklich gut zu sehen, dass der Club noch recht voll war, als Setherial aus Schweden die Bühne enterten. Es wäre auch wirklich mehr als peinlich gewesen, wenn der Headliner vor einer fast leeren Halle gespielt hätte. Aber die meisten wollten dann doch was sehen für ihr Eintrittsgeld, auch wenn es fast 3 Uhr morgens war. Zwar hatte ich das Gefühl, dass Sänger Infaustus gerade erst aufgestanden ist, aber sobald die Musik einsetze, war er voll da und bewies einmal mehr, wer der Growler Nummer 1 ist. Kraath und Infaustus versuchten öfters, zu den Fans an den Bühnenrand zu kommen, um besser mit ihnen interagieren zu können. Zwar war Infaustus’ „True Norwegian Black Metal“-Shirt etwas verwirrend bei einer schwedischen Band ;-) , aber wie immer kreischte er sich die Seele aus dem Leib und fuhr die böseste Gestik auf, die möglich war. Das angedeutete Kehle-Durchschneiden war da noch das harmloseste davon. Auch reichlich „Fuck you“s durften nicht fehlen. Die Schweden sind eben doch Liebenswürdigsten von allen...
Der gesamte Gig war hervorragend, wie von Setherial gewohnt. So spät es auch war, dieser Gig war trotzdem richtig geil, auch wenn Setherial nicht von den bösen Pfeifgeräuschen verschont blieben. Der Sound war hier trotzdem wesentlich besser als bei den Bands am frühen Abend. Nach „Aeons of bloodlust“ und völlig hingebungsvollen Fans ließ sich der sonst so grimme Infaustus in einem Moment der Gerührtheit sogar dazu hinreißen, einem Fan die Hand zu schütteln, nein eigentlich war es eher so, dass er dessen Faust packte und einmal kräftig durchrüttelte. Nach soviel Zärtlichkeit musste er dann natürlich wieder durch’s Gegenteil glänzen und rief das Publikum auf „Show me some fucking violence!“. Man hatte das Gefühl, Infaustus lebt mit jedem Song mehr auf. Naja, und dass Kraath und die anderen Musiker spieltechnisch sowieso über jeden Zweifel erhaben sind, brauche ich sicher nicht extra zu erwähnen. Der Gig kam mir nur viel zu kurz vor. Nach einer halben Stunde verließ die Band bereits die Bühne. Naja, da die Instrumente dagelassen wurden, wusste man natürlich, dass es weitergehen würde. Ein letztes Mal gaben sich die Anwesenden einen Ruck und riefen nach Zugaben und antworteten auf Infaustus Anmache „Do you want more?“ mit einem ordentlichen „Yeah“. Und so spielten sich Setherial, die ohne Blut und Feuer auskamen, einmal mehr in die schwarzen Herzen der Fans.

Abschließend ist zu sagen, dass ich ungern wieder in die Gegend fahren wollen würde. Aber ich traue es den Veranstaltern durchaus zu, dass sie hier bei ihrem ersten Festival einiges gelernt haben und im kommenden Jahr ein Line-Up auf die Beine stellen werden, welches es noch mehr in sich hat. Warten wir es ab....
Nur eins sollte unbedingt geändert werden: viel eher anfangen und längere Umbauzeiten mit einplanen. Sonst sieht es auch nächstes Jahr nach Mitternacht überall im Club wieder so aus:  ......       ;-) 

Mehr Fotos von den Bands gibt es in den „Festival photos“!

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