Blutmond, Valborg, Nebelkrähe... 

München, 21. April 2011

(Bericht: Twilightheart)

Noch pünktlich vor den Oster-Feiertagen, bevor in Bayern das allgemeine Party-Verbot griff, fand ein kleiner aber feiner Gig im „Sunny Red“ statt. Zwar kamen nur wenige (ich tippe auf höchstens 40 zahlende Gäste), aber diese konnten noch einmal etwas Black Metal genießen, bevor man in die freien Tage ging.

Den Anfang machten gegen 20:30 Uhr „Danishmendt“, eine Ambient-BM-Band aus Paris. Der Sänger hatte sein kleines Mischpult, mit welchem er auch Programmiertes einspielen konnte, direkt vor der Bühne aufgebaut und blieb dann auch gleich da, weil auf der sehr kleinen Bühne eh zu wenig Platz war. Auch der Bassist zog es vor, quasi direkt vor dem (bzw. fast im) Publikum zu bleiben und dort zu spielen. Kratzige Synthesizer-Kreationen bzw. Samples breiteten sich aus, dazu gesellten sich moderate Saiten-Takte und krächzendes Growling des Vokalisten, welches im leicht experimentellen Kontext eher deplaziert klang. Headbangen konnte man hierzu definitiv nicht. Später wurden die Songs etwas forscher, blieben aber schwer verdaulich, dafür beschäftigten sie die Gehörgänge und bei einigen, deren Gedanken dem Konzept der Songs folgen konnten, vielleicht auch das Genusszentrum. Zumindest gab es Achtungsapplaus. 

Als nächstes machten sich "Nebelkrähe" daran, dem schlechten Sound der kleinen Anlage den Kampf anzusagen. Trotz verschiedener störender Pfeiftöne und anderer kleinerer Widrigkeiten, ließ sich die Band nicht beirren und konnte eine andächtige Atmosphäre schaffen. Nach dem inzwischen bereits bekannten „Blick vom Ebenholzturm“ wurde ein neuer Song vorgestellt, der noch unbetitelt ist. Sänger umbrA zeigte vollen Einsatz. Dass das Publikum überschaubar war, schien ihm (zumindest nach außen hin) nicht die Motivation zu nehmen. Er performte mit vollem stimmlichen Einsatz genauso, als würde er vor Tausenden Zuschauern auftreten. Jedes Gefühl, was in den Nebelkrähe-Songs vertont wurde, spiegelte sich in umbrAs Mimik und Gestik wieder. Mit seiner Stimme variierte er von andächtigem Singen zu enthusiastischem Growlen. Die anderen Musiker waren eher zurückhaltend, was die Action auf der Bühne betrifft, enthalten doch manchen Stücke einige knifflige Passagen, die volle Konzentration erfordern. Lediglich Gitarrist Morg ließ es sich nicht nehmen, aus sich herauszugehen, sobald ihn die Emotionen übermannten.
Nach „Et in Arcadia Ego“ folgte ein ebenfalls neuer, noch unbetitelter Song. Ein neues Album scheint also nicht mehr allzu lange auf sich warten zu lassen. Und wer da denkt, dass Nebelkrähe sich vielleicht haben einschüchtern lassen von den Rezensionen, deren Verfassern das erste Album zu anspruchsvoll und somit zu schwierig und unbequem war, der irrt. Wie eh und je lässt die Band ihren Gefühlen beim Songwriting freien Lauf. Die künstlerischen Kreationen leben nach wie vor vom gehobenen Anspruch. Dass einige sich davon dann doch treiben und inspirieren lassen können, zeigte der angemessene Applaus nach jedem Song vom Publikum, unter dem sich sogar zwei oder drei Nebelkrähe-Shirt-Träger fanden.
“Versucher“ und „Mit Glut auf den Lippen“ rundeten den Auftritt ab. Bleibt zu dieser Band zu sagen, dass sie jeden neuen Fan durch verdammt harte Arbeit an der Basis gewinnen. 

Währenddessen gab es draußen vor einer der Nachbarhallen immer wieder Gekreische von Teenies zu hören. Natürlich gab ich mir den Spaß, nachzufragen, was die kleinen Mädchen denn so zum ausrasten und kreischen bewegt. Es stellte sich heraus, dass die Jungs von Big Time Rush aus den USA eine Autogrammstunde gaben (für die die Eltern der Kinder bis zu 100,- EUR Eintritt bezahlt hatten). Autsch. 

Da waren die Besucher des hiesigen BM-Gigs mit 7,- EUR Eintritt doch besser bedient. 
„Valborg“ machten als nächstes die Bühne unsicher. Die Progressive-Deather sorgten nun für etwas Abwechslung, indem sie mit ordentlich Krach und mit thrashig-deathigen, manchmal fast rockigen Tönen auf den Putz hauten. Zwar waren die Harmonielinien einfach gehalten, aber das energische, rauchige Gegröhle Verbindung mit geradliniger Hau-Drauf-Mucke, die zuweilen für richtig Wumms sorgte, war eine gekonnte Abwechslung zu den anderen Bands. Den Musikern sah man die Spielfreude an, so leuchtende Augen wie sie hatten sonst nur die wenigsten im Club. Zwar waren während ihres Gigs mehr Besucher vor dem Club an der frischen Luft als im Club, aber die, die geblieben waren, hatten ihren Spaß.

Das mit "Blutmond" würde ich mal grob als „dumm gelaufen“ bezeichnen. Da spielen die Schweizer nun endlich mal in München, passen aber einen wirklich ungünstigen Zeitpunkt und ungünstige Bedingungen ab. Da ihr Computer gesponnen hat (wobei da ja böse Zungen behaupten, dass ein Computer im Normalfall nur das macht, was man ihm vorgibt...) und die Samples nicht abzuspielen waren, verlor die Band nicht nur mehr als 40 Minuten Zeit bis Gigbeginn bei dem Versuch, das noch hinzubiegen, auch mussten sie natürlich punkt 24 Uhr den Gig beenden, wodurch sie wertvolle Spielzeit verloren. Wir kamen also in den Genuss eines kurzen und relativ unverfälschten Gigs der Black Metaller. Pure Musik, sonst nichts. Mit viel Energie schmetterten die Schweizer uns einen energiegeladenen Track nach dem anderen um die Ohren und schafften es trotz der Umstände (und sicherlich einiger Wut im Bauch) für interessierte Zuhörer und satten Applaus zu sorgen. Die Gitarrenwände in Verbindung mit aggressivem Gesang waren ein Genuss, intensiv und einnehmend. Mittendrin punktete man mit eingängigen, leicht psychedelischen Melodien. Die Saxophon-Einlagen taten ein übriges zu dieser nicht alltäglichen Musik. Trotzdem kann dieser Auftritt nur als Appetizer angesehen werden. Da muss demnächst mal noch ein ordentlicher Gig in München her, bei besserem Equipment und passenderer Gelegenheit!

 

 

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