Chaos Blast Meeting
Disbelief, Zombie Inc., Pequod, Saeculum Obscurum, Misanthrop
29. September 2012 - "Feierwerk München"
(Bericht: Surtr)
Eine der wichtigsten Instanzen in der Münchner Metal-Szene ist das Chaos-Squad-Team, welches München seit jeher mit qualitativ hochwertigen und einzigartigen Konzerten versorgt. Bevorzugt die härtere Death- und Grind-Schiene sowie Sludge- und Stoner-Rock werden gut abgedeckt mit in sich stimmigen Billings, die etablierte Acts und den lokalen sowie überregionalen Underground auf den Bühnen des "Feierwerk" München vereinen. Das Logo des Chaos Squad ist ein Prädikat für gut ausgewählte Billings und bleibende Konzerteindrücke. Im September 2012 beschert man München ein lukratives Bandangebot durch die Melancholie-Death- Metal-Walze "Disbelief", die Old-School-Tributzollung "Zombie Inc", supportet von den Münchner Größen "Pequod", "Saeculum Obscurum" und "Misanthrop". Zwar wird die Halle im Laufe des Abends nicht übervoll, erreicht aber die ansprechende Menge an Leuten, die das Konzertfeeling ansprechend machen. Den regnerischen Abend beginnen Misanthrop, die mit ihrem schwer verdaulichem, progressivem, deutschsprachigem Death/Black-Metal antreten, das Publikum einzustimmen. Dem Slot entsprechend setzt man auf ein straightes Set, und so macht die Dismember-Walze „Lepra“ den Opener. Der Sound ist fett, das Schlagzeug knallt mit derber Wucht aus den Boxen. Die Gitarren-Nuancen sind sauber herauszuhören, vor allem die von Mastermind Haris, der Bass wummert intelligent an das Soundgefüge angepasst. Einzig der Gesang dringt nur mühevoll aus dem extremen Geprügel hervor. Trotzdem weiß schon der Opener zu überzeugen und die erste Reihe in durchgehende Headbang-Freude zu versetzen. Dem folgen Brocken wie der Titeltrack des Albums „Unkaputtbar“ und neue Stücke wie „Epilog“ und „Mord ohne Reue“, die episch und straighter als die aktuellen Werke rüberkommen. Schwierig wird es mit dem Stück „Leiche im Dreck“, welches mit seinen zuckersüßen Melodien eher verstört als entzückt. Dafür gibt es die Entschädigung in Form eines alten Klassikers, der Entombed-Hommage „In deinem Reich“. Den Abschluss macht schließlich der rasante Totschläger „Madenfraß“. Die Band zockt tight und professionell, allerdings weiß sie die Wucht der Songs nicht in ihre Performance einzubauen. Die Band spielt die Songs zwar nicht statisch aber eben auch nicht mit Hingabe runter. Trotzdem hat das komplizierte Werk von Misanthrop einen mehr als nur passablen Eindruck hinterlassen. Saeculum Obscurum stechen nicht nur musikalisch sondern auch optisch hervor (ja, selbst vor Zombie Inc.). Ohne auffällige Lichtshow, dafür mit Schwarzlicht und fluoreszierendem „Corpse Paint“ vollführen sie die perfekte visuelle Umsetzung ihres düsteren Soundtracks, der an Perfektion sogar die Headliner Disbelief übertrifft. Leider spielt gleich beim ersten Song „The Whore“ die Technik nicht mit, so dass die ersten Passagen mit nur einer Gitarre zu hören sind. In Erwartung, die technischen Probleme bald überwunden zu haben, jammt die Band weiter, doch zieht sich die Wartezeit quälend in die Länge. Als die Band wieder komplett ist, ist der Überraschungsmoment im Nichts verpufft und die Band spielt ihre Songs nun auch eher runter, scheinbar um nur schnell fertig zu werden. Trotzdem liefern Saeculum Obscurum akustische Orgasmen wie im Solo von „Transcending“, welches zwar nicht komplett tight vorgetragen wird, vom Feeling her aber überwältigende Masstäbe setzt. Dazu die wütenden Growls, der virtuose Bass, sowie das passionierte Schlagzeug, das der melodischen Melange aus Celtic Frost und Secrets of the Moon einen außerordentlich gefühlsbetonten Stempel aufdrückt. Hier darf das Schlagzeug ruhig als eigenständiges Instrument bezeichnet werden und nicht nur als Rhythmusmaschine. Großartig. Schade nur, dass die Technik die Stimmung versaut hat. Trotzdem, diese Band ist einer der Bands, die gekonnt die Grenzen von Metal erweiterten. Nicht aus dem Auge verlieren! Die Lokalmatadoren Pequod wüten nun eher weniger monumental, dafür aber umso mehr ordentlich in die Fresse. Ganz nebenbei zocken sie ihren besten Auftritt und versetzen das Münchner Publikum in gnadenlose Headbang-Wut. Pequods Death/Thrash, irgendwo zwischen Dew-Scented und The Crown, profitiert ebenso wie bei Misanthrop von allerfeinstem Sound, der alle, aber auch wirklich alle Facetten der Songs ins rechte Licht rückt und nach vorne schiebt wie ein Flächenbrand mit Rückenwind. Der Setlist fehlt es zwar leider an neuem Material, aber Nummern wie das geniale „Sickness“ metzeln mit Leidenschaft. Der Redakteur selber schüttelt seine Rübe ohne Unterlass, den diesem massiven Highlight des Abends kann man sich aber auch nicht entziehen. Heute zieht auch „Forgotten“ trotz „ewigem“ Intro die Stimmung nicht runter, sondern dient vielmehr als angebrachte Verschnaufpause. Sänger Roland macht wieder'mal Anschauungsuntericht in Sachen Performance und deklariert sich automatisch zur Definition des Begriffes „Frontsau“. So gehört es gemacht: Jeder Muskel transferiert hier die Energie der messerscharfen Riffs, sowie des fiesen Drummings. Am Bass wird ebenso gepost was das Zeug hält. So passioniert ist mir Basser Kris nie aufgefallen. Das wäre am heutigen Tage dann die Personifizierung von wummerndem Donnergrollen. Wie bereits gesagt (und eigentlich reicht das ja auch) ist das der wohl beste Pequod-Auftritt aller Zeiten! Zombie Inc. hingegen liefern im Gegensatz zum großartigen Auftritt bei den "Walpurgis Metal Days" eine eher schmächtige Show. Natürlich sind die Horror-Masken-Zombie-Outfits optische Feinkost, doch zockt die deutsch-österreichische Brigade um Wolfgang Rothbauer von Disbelief und Martin Schirenc (ex-Pungent Stench) heute zu routiniert und langweilig ihr Set durch. Martin Schirenc weiß dennoch zwar als einziger die Meute anzuheizen, durch gezielte Mimik und Gestik. Wenn auch Tendenzen zu Arroganz aufblitzen. Definitiv verpufft die Macht von „We must Eat“ (nebst roher Schnitzel-Kostproben) und „Deadtribe Sinister“ trotzdem eher als dass sie das Publikum bezirzt. Das kann zum einen am zwar rumpelnden aber toten Sound liegen, zum anderen aber auch am statischen Songkonstrukt welches nach dem Temporausch von Pequod arg zäh und sperrig wirkt. Definitiv haben Zombie Inc. mehr zu bieten. Das haben sie bereits bewiesen und so bleibt ein trotz allem kurzweiliger aber unspektakulärer Gig zurück. Disbelief allerdings berufen sich auf ihre Stärken, die zum einen im perfekt ausgearbeiteten Soundbild der Gitarren liegt, zum anderen in der einzigartigen Stimme von Sänger Jagger. Dazu das Songwriting, was in all den Jahren Bandgeschichte unsterbliche Hymnen hervorgebracht hat. Davon präsentieren Disbelief nur das Beste. Angefangen bei starken Nummern wie „Hate Agression Schedule“ oder dem absoluten Highlight des Sets „Rewind it All“. Jagger, der ähnlich guttural wie ein Martin van Drunen röhrt, versteht es die Melancholie, die den Songs obliegen, perfekt durch seine Vocals und die verzweifelten Posen auszudrücken. Allein der Anfangsschrei von „Rewind it all“ klappt so perfekt, man ist versucht an diesen vier Sekunden den gesamten Auftritt aufzuziehen, doch wäre das bei all den Höhepunkten wie in „Navigator“ nur ein winziger Teilaspekt. Der Druck bleibt während des kompletten Sets am Limit. Anders als bei Pequod liegt der Genuss hier eher darin, in den Songs ekstatisch aufzugehen, was sich als geringes Problem darstellt. Mag es daran liegen, dass nach fast ausschließlich großartigen Auftritten die Luft raus ist, oder dass der Moment aufzuhören (der wo es am Schönsten ist) verpasst wurde, am Ende zieht sich Disbelief zu sehr in die Länge, zumal die Band mit „The Last Force Attack“ und „To the Sky“ keine nennenswerten Nummern mehr bringt. Trotzdem phänomenal. Pequod bleiben dennoch um Längen Tagessieger.
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