Shining, Sarkom, Svarttjern

München, 11. März 2010

(Bericht: Twilightheart)

An einem verschneiten Donnerstag führte der Tourtross Shining-Sarkom-Svarttjern durch München. Touren Shining zu oft? Jedenfalls kamen nicht wirklich allzu viele Leute, die meisten hatten die Band ja eh erst vor kurzem mit Satyricon gesehen. Ich persönlich bin allerdings froh, da gewesen zu sein, denn ersten war es in Kombination mit den zwei anderen norwegischen Black-Metal-Bands ein Gig mit echtem Underground-Feeling, zweitens war es einer der besten Shining-Gigs, die ich seit 2008 gesehen habe.

Doch vor vorne. Svarttjern, deren Frontmann HansFyrste inzwischen bereits als neuer Sänger von Ragnarok bekannt sein sollte, hatten den Posten des Openers inne. Ich frage mich, ob das Sarkom während der Tour aufgefallen ist, dass Svarttjern sie lässig an die Wand spielen und Sarkom besser daran getan hätten, vor ihnen auf die Bühne zu gehen. Alle Musiker von Svarttjern waren hochprofessionell und boten einen „true Norwegian Black metal“- Gig vom Feinsten. Gitarrenwände, typisches BM-Drumming und dazu das tiefe, rotzige Growling von HansFyrste. Dieser war komplett motiviert und man sah es auch an seiner Mimik, dass er vollkommen in seinem Element war. Die wenigen Fans in den ersten Reihen wurden direkt von ihm angesungen oder mit einbezogen. Noch dazu waren Svarttjern auch visuell die diabolischste Band des Abends, zwar ist das möglichst "böse" Auftreten nichts Außergewöhnliches mehr, aber die alteingesessenen Black-Metaller werden es sicher begrüßen. Die Jungs spielten vor allem Songs ihres letzten Albums „Misanthropic path of madness“ und ich denke, man kann sagen, dass sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.

Sarkom hatten es danach, wie bereits angedeutet, sichtlich schwer, die Begeisterung des Publikums aufrecht zu erhalten. Zwar spielten alle möglichst akkurat, aber die Musik kam einfach belanglos rüber, trotz des guten Sounds und entsprechend stimmgewaltigen Growlings. Sehr enttäuschend, wenn man das letzte Album der Band kennt. Davon kommt live leider kaum was rüber, was die Atmosphäre betrifft. Lediglich die typische  Coolness der Norweger, die diese Band ausstrahlte, kann als Pluspunkt verbucht werden. Sie waren allesamt kleine Poser, die für ganz großes Kino sorgten. Nett fand ich, dass sie (genau wie später auch Shining) erwähnten, dass sich Dark Fortress im Publikum befanden. Noch schöner wäre gewesen, die Jungs für eine Überraschungs-Jamsession auf die Bühne zu holen. ;-)
Das Highlight des Sarkom-Gigs war der Song „In the shadow of the horns“ von Darkthrone, zu dem auch Niklas von Shining und HansFyrste von Svarttjern mit auf die Bühne kamen. So sang man zu dritt und es war allerhand los auf der Bühne. Stimmlich machte dabei Niklas die beste Figur, und vom Engagement her war es wieder einmal HansFyrste, der rastlos über die Bühne wuselte.

Vor dem Shining-Gig wird sich der ein oder andere gefragt haben, warum vor dem Schlagzeug altar-ähnlich ein Foto stand, vor dem Kerzen brannten. Die Erklärung folgte nach kurzer Zeit von Niklas Kvarforth selbst, der den Anwesenden erzählte, dass seine Mutter vor 3 Wochen gestorben ist (wo bei er eine weitere Kerze für sie anzündete). Vielleicht erklärt das, warum er bei diesem Gig (oder bei der ganzen Tour – ich weiß es nicht) so unglaublich emotional war. Jeder einzelne Song, der an diesem Abend gespielt wurde, wurde von ihm voller Inbrunst vorgetragen. Im Gegensatz zu seinen Auftritten bei den letztjährigen Sommerfestivals war es nun wieder so, dass er jede einzelne Liedzeile zu fühlen und zu leben schien. Sein Gesicht hatte auch die ganze Zeit so einen Ausdruck, der suggerierte, dass es versucht, Leid zu überspielen, wodurch es natürlich erst recht zum Ausdruck kam.

Der Gig dauerte entsprechend lange, es gab Songs quer durch den Gemüsegarten, inklusive eines Songs vom 7. Shining-Album. Ansonsten waren auf jeden Fall folgende Songs mit dabei: „Ytterligare ett steg närmare total jävla utfrysning“, „Vilseledda barnasjälars hemvist“, „Besvikelsens dystra monotoni“, „Låt oss ta allt från varandra“, „Plågoande o'helga plågoande“ (welchen er seiner Mutter widmete), „Ohm - sommar med siv“ und gegen Ende des Gigs „Submit to Self Destruction”.

Zu einem der Songs erfüllten sich einige Musiker von Shining einen kleinen Traum, indem sie 2 Mädels mit auf die Bühne kommen ließen, die dort tanzen und die Musiker umgarnen sollten (die beiden waren aus der Gegend und hatten erst kurz vor dem Gig erfahren, dass sie das machen sollen, sie waren von Gitarrist Gråby einfach angesprochen worden deswegen). Sie sorgten dann auch gekonnt dafür, dass das männliche Publikum die Augen nicht abwenden konnte (bzw. wollte) und knutschten ausgiebig mit Gitarrist und Bassist.

Niklas ließen sie glücklicherweise in Ruhe, das wäre sicher nicht gut gekommen in seiner Trauerphase. Ich weiß nicht, ob es diese Trauer war, die ihn dazu bewog, sich im letzten Drittel der Show massiv die Arme aufzuschneiden (und das OHNE sich vorher endlos mit Alkohol zu betäuben, wie es bei den Gigs der Vorjahre der Fall gewesen war), jedenfalls wollte ich das aus Pietätsgründen dieses Mal nicht fotografieren, aber ich bin mir sicher, dass ihr in anderen Magazinen ein paar blutige Schüsse davon sehen könnt. Der Schmerz, den Niklas bei diesem Gig ausstrahlte, kam mir einfach so echt und tief vor, dass ich mich schlecht dabei gefühlt hätte, sensationsgierig die blutige Orgie auch noch abzulichten. Sorry. Beim nächsten Mal wieder...
Ein Fan in der ersten Reihe, der sehr vertieft jeden einzelnen Shining-Song mit durchlebt hatte, durfte öfter mal sein Gesicht im Blut an Niklas’ Arm reiben. Ansonsten blieb das Publikum dieses Mal vor einem Blutregen verschont. Lediglich der neue Bassist sollte auf Anweisung von Niklas einen Mund voll Alkohol ins  Publikum spucken.

Bei etlichen der letzten Shining-Gigs, die ich gesehen hatte, hat Niklas sich für seine schlechte stimmliche Kondition entschuldigt und versprochen, beim nächsten Mal bessere Qualität abzuliefern. Dieser „nächste Gig“ war an jenem Tag gekommen. Niklas war stimmlich in Topform und konnte singen, growlen, röcheln, flüstern, brüllen, kreischen... alles, was nötig war, um die Songs perfekt rüberzubringen. Leidenschaftlich bot er die ganze Palette an Gefühlen, die Shinings Musik zu bieten hat: von Wut über Verzweiflung bis hin zur Ekstase.
Wie gesagt war dieser Gig sehr intensiv, was die Atmosphäre betrifft, die Niklas schuf. Und je mehr der Gig dem Ende zuging, umso mehr Fans gingen aus sich raus, so dass es am Ende eigentlich eine fantastische Stimmung war, auch wenn die Zugaberufe nicht ausreichten, um die Band noch einmal auf die Bühne zu locken.

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