Walpurgis Metal Days XII - 2012

Hauzenberg, 27./28. April 2012

(Bericht: Surtr)

Die Walpurgisnacht, welch einen schöneren Termin kann es geben um ein Metalfestival abzuhalten? Zum zwölften Mal bereits findet in niederbayerischen Gefilden das Walpurgis Metal Days rund um die Nacht der Hexen statt. Garant für Gemütlichkeit, ausgelassenes Feiern und gut ausgewählte Underground-Acts vorzugsweise aus Bayern, Tschechien und Österreich und etablierte Bands aus der extremen Ecke.

Nun, aber wie kann ein Festival am besten beginnen? In meinem Fall ironischerweise mit einer Verletzung am Vortag! Ohne viel Brimborium möchte ich nur festhalten, dass ich aufgrund einer Prellung am Fuß dieses Festival nicht rechtzeitig erreichen konnte, da ich kurzfristig vom Auto auf den Zug umsatteln musste, was einen enormen Zeitverlust zur Folge hatte. Deshalb konnte ich leider dem Auftritt von Low Down nicht beiwohnen. Tut mir leid, Jungs!

Gerade noch rechtzeitig, kurz nach dem Beginn des Konzerts von Kelheims Söhnen Necrotic Flesh (die die Tschechen von Martyrium Christii kurzfristig ersetzt haben), erreicht der „Invalide“ mit Krücken nun aber das Zelt und findet sich wieder vor einer feierwütigen Meute. Death-Metal-Fanatiker kommen auf ihre Kosten bei diesem bayerischen Schmankerl in Sachen alter Schule. In feinster Grave-meets-Carcass-Manier vollführen die drei Mannen einen Kracher nach dem anderen. Der Sound ist erstklassig. Was dem brutalen rauen Ungetüm stark entgegenkommt. Denn die Gitarren brutzeln als würde eine Sunlight-Studio-Produktion aus den Boxen tönen. Die Anwesenden sind am Bangen und Pogen. Sprich: Die Stimmung ist durchgehend großartig. Und so bleibt nichts anderes übrig als sich kurz zu fassen und zu sagen: Alles richtig gemacht, alles hat gestimmt! Perfekt! Setliste: Prenatal Decomposed - Buried in Excrements - Twisting the Knife - Breeding Ground for Parasites - Walk of the Dead - Searching for Brain Liquor - Resently Deceased - Gore Gourmet -Bestiality

Perfekt eingestimmt durch diese köstliche Mahlzeit Todesmetall nimmt der geneigte Hörer gerne den Sound der Tschechen von Fleshless auf, die nun die Bühne entern. Der ansprechende Brutal Death der fünf Herren weiß durch Anreicherung mehrerer Details im Songwriting zu überzeugen. Für die altgedienten Veteranen findet sich zwar gar nicht so viel Publikum ein, jedoch gehen die Anwesenden dafür umso mehr ab. Fleshless machen, bei zwar nicht allzu druckvollem, aber trotzdem ausreichend gutem Sound klar, wie ansprechender Brutal Death mit Nachhaltigkeit live zu klingen hat. Nach einer guten dreiviertel Stunde ist der Spuk allerdings dann auch schon wieder vorbei. Hätte gerne noch länger dauern dürfen. Setliste: Truth In The Flesh - D-Flesh - Sanguinica - Muscle Memory - To Watch Them Slain - Screaming Of Decapitated - Industrial Abuse - Sins Reversed - To Kill For Skin - Final Cut - Lifetime Mayhem - Nice To Eat You.

Weiter geht es nun mit einem All-Star-Team par excellence: Zombie Inc. geben sich die Ehre um mit ihrem Todesmetall einzuheizen. Allen voran mit an Bord: Wolfgang Rothbauer (unter anderem Disbelief) und Martin Schirenc (ex-Pungent Stench und Hollenthon). Es ist so ergreifend, Schirenc wieder im Death Metal zu wissen, auch wenn sich seine Stimme im Vergleich zu den alten Pungent-Stench-Zeiten stark gewandelt hat. Das macht aber auch gar nichts, denn um genau zu sein, hat die Stimme umso mehr Charakter als früher und das ist auch gut so. Der Fünfer legt nach kurzem Intro auch sofort mit „The Chaosbreed“ los und bestreitet das Set mit Songs vom Album „A Dreadful Decease“.
Die Band, gekleidet in blutbefleckte weiße Shirts und Horrormasken, unterstreicht den Ansatz, der einem auch schon auf CD aufgefallen ist: Das Machwerk ist ein Tribut an den Death Metal im allgemeinen und beinhaltet, nicht zuletzt dadurch, arg viele Parallelen zu Bloodbath. Auch musikalisch finden sich viele Ähnlichkeiten zum „Nightmares made Flesh“-Album der Schweden.
Songs wie „Challenge of the Undead“ und „We must eat“ hauen jedenfalls voll auf die zwölf und bestechen durch herrlichen Groove und brilliant röhrenden Sound. Live wirkt alles flüssiger als auf Platte wo mir die einzelnen Komponenten zu seperiert voneinander gesetzt wurden. Schirenc wirkt im Gegensatz zu Akerfeldt ohne Instrument in der Hand relativ agil und lässt sich stolzes Posen nicht nehmen. 
Dem Abschluss „Deadtribe Sinister“ folgt dann nach mehreren Zugaberufen eine Cover-Version von - es zergeht einem auf der Zunge - Pungent Stench: „Shrunken and Mummified Bitch“. Brilliant!

Was Menschen wie Tom Angelripper für Thrash Metal bedeuten, das mag man von Paul Speckmann für Death Metal behaupten. Der gebürtige Amerikaner zerstört mit seiner Band Master (mittlerweile in Tschechien neu formiert) seit 1983 die Boxen dieser Welt und man mag nun ruhig ehrfürchtig vor der Bühne stehen, denn solch eine Ikone live spielen zu sehen ist ein Moment, den man insgeheim übermäßig glorifiziert. Muss aber nicht sein, zumindest wenn es nach der Band geht. Von diesem Pathos will diese nämlich gar nichts wissen. Ungeheuer viel Basisnähe kommt bei dem Auftritt durch. Die enorme Bedeutung, die Master auf die harte Musik haben, scheint die Band nicht zu kratzen. Unbeirrt und rotzig zockt das Trio, vom Opener „Master“ an, lässig wie Motörhead das Set und spielt sich dabei quer durch die Bandhistorie, wobei gerade Songs vom Klassiker „On the Seventh Day God created... Master“-Album Anklang finden. Hervorzuheben sind die hochtechnischen Gitarrensoli von Gitarrist Alex Nejezchleba, die im Death Metal der alten Schule in der Form ja doch eher selten vorkommen. 

Speckmann heimst einige Sympathiepunkte ein durch seinen freundlichen Charakter und die unkomplizierte Kommunikation mit dem Publikum, die die Distanz arg mindern und Master zu dem machen was sie tatsächlich sind. Menschen wie wir, die Freude an der harten Musik haben. Das Highlight an diesem Abend: „Cut through the Filth“, welches am besten umfasst wie schön dieser Auftritt ist. Ich freue mich auf viele weitere Auftritte mit Master.

Danach folgt der für mich beste Auftritt des Festivals: Necrophobic entern die Bühne. Heute nur zu viert und mit Tobias Sidegård an der Gitarre. Ein Wermutstropfen, denn gerne hätte ich ex-Dismember-Gitarristen Robert Sennebäck live gesehen. Aber das macht nicht wirklich viel aus. Denn Necrophobic zocken heute so hingebungsvoll und grandios, dass es einen nur sprachlos machen kann. Und das trotz eher minderwertigem Sound.

Das Ein-Stunden-Set bestreitet das Quartett mit einem Querschnitt aus allen Schaffensphasen. Allen voran mit dem Opener „Blinded by Light, Enlightened by Darkness“. Besser kann ein Konzert nicht beginnen. Songs wie „Dreams shall Flesh“ dürfen da ebenso wenig fehlen wie die ultimativ besten sechs Minuten dieses Festivals: „Revelation 666“, das zwar lyrisch stellvertretend für den jugendlich-rebellischen Anticharme der Schweden ist, aber durch seine perfekt ausgearbeitete Gradwanderung zwischen traditionellem schwedischen Black und Death Metal brilliert. Allein das Outro welches unverkennbar eine Hommage an „Left Hand Path“ von Entombed darstellt kommt so episch an, dass es für mich, den Schreiber, kein Halten gibt und er sich von nun an vollkommen in der Musik verliert. Man merkt der Band an, wie viel Spaß sie an diesem Auftritt hat und wie hingebungsvoll sie ihre Musik der Meute offenbart. Als Paul Speckmann im Fotograben auftaucht und ebenso den Gig genießt, kann Sidegård es sich nicht verkneifen den „Brother in Metal“ zu grüßen: „It's good to have you here!“

Ein Streich der Spitzenklasse den Necrophobic hier abziehen. Viel zu schnell geht der Gig mit „For those who stayed Satanic“ und „The Nocturnal Silence“ zuende und man kann nur als Fazit nennen, dass die Setliste nichts offen gelassen hat, was in einer Stunde Spielzeit hätte gebracht werden können. Kein einziger Fehltritt. Ebenso gibt es außer den oben angesprochenen Kleinigkeiten nichts was dieses Konzert gestört hätte. Genial. Setliste: Blinded By Light, Enlightened By Darkness - Dreams Shall Flesh - Revelation 666 - Celebration Of The Goat - Black Moon Rising - The Third Of Arrivals - Taste Of Black - For Those Who Stayed Satanic - The Nocturnal Silence.

Auf diesen Zug können, mitunter auch durch den Publikumswechsel, Holy Moses nicht aufspringen. Die Musik fetzt und alle Instrumente kommen dank filigranem Sound voll zur Geltung, jedoch stören mich an diesem Abend zwei wesentliche Aspekte, die mir den Headliner-Auftritt versauen. Zum einen, die zu arg dahingerotzte Stimme Sabina Classens, die im Gegensatz zu ihrer Band eher störend zum perfekten Bild wirkt. Songs wie „Master of Disaster“ (und verdammt noch mal „Reborn Dogs“) zünden zwar gut, aber da kommen wir zum zweiten Punkt: Holy Moses verzetteln sich durch eine zu abgebrühte Performance. Obgleich der Auftritt das dreißigjährige Bandjubiläum markiert, wirkt die furztrockene Routine so langweilig wie ein Amon-Amarth-Gig.
Es fällt mir schwer mich auf den Auftritt wohlwollend zu konzentrieren, aber eventuell steht es mir auch nicht zu, so abwertend von dieser Show zu reden, denn das Publikum geht ab wie Schnitzel, was immer am Ende die Hauptsache ist.

Am zweiten Tag beginnen die Jungs aus dem Bayerischen Wald Urinal Tribunal um zehn Uhr früh vor relativ gut gefülltem Zelt. Ich weiß nicht warum die Jungs soviel Zulauf bekommen, und warum sich der Name scheinbar so weitläufig herumgesprochen hat, aber das Trio hat es  definitiv verdient. Urinal Tribunal spielen, wie der Name vermuten lässt, nicht den seriösesten Metal, im Gegenteil: Urkomischer Grindcore, der durch das Charisma und den Humor des Trios lebt und wahnsinnig gut funktioniert. Die Meute feiert die persönliche Überraschung des Tages stilgerecht mit ordentlich viel Chaos vor der Bühne. Die in Frauendessous und Prinzessinenkrönchen gekleidete Truppe setzt dem Publikum Songs wie „Ejakulat-Attentat“ oder „Tittentornado“ vor den Latz und wärmt die Boxen schon mal gehörig blastend-crustend auf Betriebstemperatur auf. Hervorzuheben ist der „schnellste Song der Welt“, der so schnell ist, dass man ihn gar nicht mitbekommt, sowie der Gastauftritt eines Freundes der Band, der fast nur mit Gasmaske bekleidet viel nackte Haut zeigt. Notwendig? Sicher nicht, aber stimmig. Großes Kino, tolle Mukke!

Danach leert sich die Halle schlagartig, was die Mannen von Imperious zu spüren bekommen. Ganze 20-30 Nasen finden ihren Weg vor die Bühne. Schade, denn Imperious spielen grandiosen hymnischen Black Metal irgendwo zwischen Imperium Dekadenz, Helrunar und Primordial. Erstere sicherlich auch wegen des Konzepts, welches sich inmitten der Konkurrenz von Römern und Germanen ansiedelt. Songs wie „Publius Quinctilius Varus“ unterstreichen das Ganze. Die Band versucht dem offensichtlichen Desinteresse des Festivalpublikums, beziehungsweise dem arg frühen Slot entgegenzugehen, und zwar mit Selbstsicherheit und Ironie: „Danke, dass ihr so zahlreich erschienen seid!“ Aber letzten Endes ist es auch ein wenig irritierend diese „Probe“ auf großer Bühne mitzuverfolgen. Und man ist versucht in Mitleid zu verfallen, was bei derartig großartiger Musik nicht sinnvoll wäre, denn diese steht für sich. Beinharte Epik, gemischt mit viel geschredderter Melodie und ächzendem Gesang, der einen in seinen Bann ziehen kann. Vormerken werde ich mir diese Band definitiv, und hoffe jedenfalls schon jetzt auf eine bessere Gelegenheit, die Musik live auskosten zu können. 

Nun geht es weiter mit den Münchnern Saeculum Obscurum, die ihren vollzogenen Stilwechsel dem Walpurgis-Publikum präsentieren wollen, aber ebenso wie ihre Vorgänger am angehend leeren Zelt scheitern. Zwar ist es „voller“ als bei Imperious, aber von Stimmung mag man nicht reden. 
Professionell genug zieht der Fünfer aber trotzdem sein Ding von Beginn bis Ende durch, ohne mit der Wimper zu zucken. Vom "Keep of Kalessin"-lastigen Opener „The Whore“ an, der alsbald in einen Shining-artigen Clean-Part übergeht wird das sonnendurchflutete Zelt für ein paar Minuten pechschwarz eingehüllt. An der technischen Raffinesse, welche hinter dem instrumentalen Konzept liegt, lässt sich während der 40 Minuten musikalischen Wahnsinns nicht zweifeln. Wer die alten Melo-Death-Songs der Band kennt, mag überrascht sein, wie viel Black Metal und Doom nun die Musik beeinflussen. Definitiv werden hier aber Perlen vor die Säue geworfen, denn eine "Dark Fortress"/"Celtic Frost"-Harmonie wie „Transcending“ vor 40 Zuschauern wirkt nicht so erhaben, wie es dem Song eigentlich zustehen würde. Zudem macht sich auch die Hitze stark bemerkbar, die das Zelt vereinnahmt wie ein tropisches Gewächshaus im Sommer. Erträglich ist es definitiv nur mit viel Ausdauer. Was übrig bleibt: eine knappe Dreiviertelstunde glorreicher Darbietung intelligenter Musik. Setliste:
The Whore  - Holy Murderers - The Lord Of Hosts - Transcending - Ecce Homo - Judas Iscariot.

Im Anschluss geht es weiter mit absolutem Genre-Wechsel: Von beinharter Düsternis zu spaßigem Nu-Metal/Metalcore. TuXedo beherrschen nun das Bühnenbild, welches die bayerischen Klischees bedient wie Rammstein die deutschen. Mit viel weiß-blauer Romantik und viel Liebe zum Detail, war es das dann auch, denn musikalisch betrachtet machen TuXedo aus dem anfänglichen Hinguckereffekt nicht viel. Ihr Nu-Metal mit viel Percussion a la Slipknot macht zwar auf den ersten Blick ordentlich was her, denn sekündlich wechselt Stil und Tempo, auf Dauer nimmt man aber nicht viel mit aus den Songs. Schade, da kann zwar etwas daraus werden, aber die Eingängigkeit leidet doch noch ein wenig arg. Aber: Im Hinterkopf abgespeichert, vor allem die Baywatch-Theme-Cover-Version, hehe. Setliste: Anger - Rethink Your Choice - Deambula - Baywatch-Theme - World Of Deadhearted - Self Absorbed Folk - Never Forget - Fight.

Zodiac Ass spielen nun im Anschluss. Und die grenzübergreifende Combo aus Passau (sprich: Österreich und Bayern) fetzen von Anfang an so gnadenlos, dass mir nichts anderes übrig bleibt als zu staunen. Mit ausgefuchstem Songwriting können die Herren sofort überzeugen und bringen für die Uhrzeit auch relativ viel Publikum vor der Bühne zusammen. Die Band pusht nach vorne mit der gnadenlosen Gewalt einer Dampfwalze. Stilmäßig ausgeklügelt im Songwriting und gerade deswegen auch furchtbar straight. Wow, da zieht man gerne seinen Hut. Hier stehen Musiker, die wissen wie es geht.
Das Publikum reagiert standesgemäß und lässt zu diesen Thrash-Salven die Sau raus. Was die Spielfreude des Quartetts nur noch mehr anheizt. Ein Freudenfeuer der schnellen Musik. Gerne wieder! Setliste: A Monument of Human Ignorance - 5 2 12- Dirty Love- Bavaustrian Metalbrothers - Under Angel Eyes- Hypocritic Politics - Sub Zero.

Mosfet stehen ihren Vorgängern in nichts nach und zocken ums Überleben fett und hart. Thrashig und groovend von vorne bis hinten bestreitet der Fünfer sein Set. Anfangs entsteht bei mir der Eindruck vor einer belanglosen Band zu stehen. Jedoch ertappe ich mich selber dabei, dass es mir schwer fällt, mich der geballten Ladung zu entziehen. Obwohl die Songs wenig Details bieten, ballern die Riffs so zielgenau, dass ein Entkommen sprichwörtlich unmöglich ist. Irgendwo zwischen Pro-Pain, One Man Army & The Undead Quartett und Dew-Scented walzen die Herren daher und am Ende stehe ich tatsächlich da und muss gestehen, dass das trotz der angehenden Monotonie gerne noch eine dreiviertel Stunde hätte weitergehen können. Spitze! Setliste: Shots for Free (Intro) - Thrash Assassination - Sativaville - Angel´s Piss & Devil´s Jism - Interfred (Interlude) - Pigheaded Bitch - Rockaholic - Wolfintro (Interlude) - Tales of a Diarrhoea - Werewolf - Stillbirth - Sickness of Memory.

Sycronomica, die alten Münchner Haudegen, heizen dem ohnehin schon heißen Zelt richtig ein mit ihrem Schwarzheimer-Sound. Zwar mit üblicher altbekannter Setlist, aber dafür gewohnt routiniert und professionell. Angeführt von Schreihals Olli, der trotz Hitze eine gute Figur macht und die überschaubare Zahl Anwesender antreibt abzugehen. Auf der Bühne stehen auch Gitarrist Marcelo und Drummer Uli von Saeculum Obscurum, welche heute bei Sycronomica ihr letztes Konzert spielen. Erneut sind auch am heutigen Tag die Songs „Neverest“ und „To the Rivers End“ die Höhepunkte des Sets, beinhalten diese Lieder doch den höchsten Prozentsatz an Epik welchen Sycronomica mit ihrer Musik ständig versuchen zu erreichen.
Trotz, oder gerade wegen des routinierten Auftritts vermag ich nicht mehr aus diesem Auftritt herauszuziehen. Der Sechser zieht sein Ding von vorne bis hinten ungebremst durch. Was bleibt, ist ein mehr als guter Eindruck und die Frage im Hinterkopf wie das neue Billing sich machen wird. Setliste:
Kaleidoscope - Realm Of Dust And Ashes - Beyond The Gate Of Light - Neverest - The Call - To The Rivers End. 

Schwarz bleibt es im hellen Zelt auch weiterhin. Die Steirer von Hellsaw entern die Bühne. Verstanden habe ich den Hype, der in letzter Zeit um diese Band entsteht/entstanden ist, noch nie so wirklich. Nun, Hellsaw spielen ganz klar authentischen Black Metal. Aber live ist Hellsaw so aufregend wie Tom Cruise in „Rainman“, sprich der Inbegriff einer langweiligen überflüssigen Rolle!
Die Songs von Trist und Cold wirken auf der Bühne lasch und ausgelutscht. Die Kälte dieser in Eis gehauenen Monumente taut von der ersten Note an in Sekundenschnelle weg. Übrig bleibt ein schroffes Schwarzmetall-Brimborium ohne Eier. Schade. Würde sich diese Band live rar machen, wäre die Faszination eventuell eine größere. Auf CD mag ja alles stimmen, nur auf der Bühne von vorne bis hinten nicht. Schade.

Das Finale des Festivals setzt schön langsam ein. Die letzten vier Bands stehen in den Startlöchern um dem Publikum einzuheizen. Als nächstes Schmuckstück stehen die Thrasher von Accu§er auf der Bühne. Bezüglich dieser Band wurde mir in der Vergangenheit von mehreren Menschen empfohlen sie mir niemals anzutun. „Langweilig“ und „abgedroschen“ waren die Argumente, die man mir ins Hirn pflanzte. Dementsprechend vorurteilsbehaftet stehe ich nun dem Vierer gegenüber, der mir aber von der ersten Minute an suggeriert: „Hättest du mal nicht auf diese Menschen gehört!“. Tatsächlich machen Accu§er genau das, was ich mir von einer Thrash-Metal-Show erwarte: Die Musik lieben, die Musik spielen, die Musik leben. Und damit erreichen sie bei mir, dass meine Rübe trotz unsicherem Stand ob des verletzten Fußes nicht still steht. Die Siegener schaffen es die Menge durchgehend zu packen und durchgehend Druck zu erzeugen. Dazu kommen als Pluspunkt die ungemein lockere Art der Kommunikation mit dem Publikum, die Starallüren zum Fremdwort deklarieren. Bei Accu§er hat tatsächlich alles gepasst von der ersten bis zur letzten Sekunde. Danke für die Buchung dieses Acts! Ganz große Meisterleistung. 

Es wird Abend und die Sonne geht unter über dem hügeligen Horizont des Bayerischen Walds. Ganz und gar unpassend zur romantischen Kulisse setzt nun Metzger-Soundtrack aus Spanien ein: Haemorrhage aus Madrid, die heiß erwarteten Hobby-Pathologen machen der lieblichen Atmosphäre ein sofortiges Ende mit sickem groovigen Old School-Gore- Grind der Extraklasse. 

Passend gekleidet steht die Instrumentalisten-Front in Arztkitteln und blutbeschmiert bereit um den Auftakt und die Einzugshymne für Sänger Lugubrious vorzubereiten, der alles andere als erhobenen Hauptes die Bühne betritt sondern mit nacktem Oberkörper und, mehr als alle anderen Bandmitstreiter, mit Blut eingesaut sich auf die Bühne schmeißt (!) und quer über den Boden rollt und kriecht bevor er sich aufrichtet und die ersten Schreie loslässt. Was für ein Auftakt. Sick von vorne bis hinten grooven sich die vier Herren und die Dame durch ihr Set, welches zusätzlich von den humorvollen Ansagen seitens des Sängers profitiert. Das meiste versteht zwar kein Mensch wegen dem wahnsinnig akzent-geprägten Englisch seitens Sänger Lugubrious, aber das meiste lässt sich auch so zusammenreimen, wie etwa das Unverständnis an der Daseinsberechtigung der Band Scorpions: „You Germans... Scorpions... Puta!“
Der Sound ist prächtig und die Band spielsicher und voll bei der Sache. Tatsächlich finden sich bei diesem Auftritt die meisten Feierwütigen ein. Der Moshpit glüht und als dann noch ein „Flitzer“  ebendiesen aufmischt, kriegt der Satz „Man zeigt nicht mit nacktem Finger auf angezogene Leute“ eine ganz andere Bedeutung.

Viele Leute werden mir zustimmen wenn ich behaupte, dass Haemorrhage heute der heimliche Headliner sind. Dieser Gig ist ein großartiger Machtbeweis. Neben General Surgery und Rompeprop sind die Spanier definitiv eines der heißesten Eisen in der Live-Pathologie. Highlights, wie sollte es anders sein: „Disgorging Innards“, welches meines Erachtens nach viel zu früh verbraten wird und der Kracher „I am a Pathologist“. Gerne wieder! Setliste: Splatter Nurse - Traumaggedon - Hospital Thieves - Disgorging Innards - Festerfeast - 911 - Mortuary Riot - Flesh Devouring Pandemia - Dissect Exhume Devour - Ecquisite Echatology - Torrent like Eventeration - Deranged For Loathsome - Amputation Protocol - Anatomized - Furtive Dissection - DecomPosers - Ectopic Eye - I’m A Pathologist.

Nach diesem blutigen Zwischenspiel steht erneut Thrash Metal auf dem Speiseplan. Die eigens für dieses Festival angereisten Engländer von Onslaught geben sich die Ehre um Hauzenberg in einen Trümmerhaufen zu verwandeln.

Grandios, wie die Herren aus Bristol sich innerhalb der letzten fünf Jahre wieder in Szene setzen konnten. Obgleich mit Killing Peace und Sounds of Violence zwei starke Alben entstanden sind, zehren die Herren natürlich immer noch von der Thrash-Überscheibe The Force, deren Songs von der Thrash-Gemeinde aufgenommen werden, wie Brot und Wein von Kirchgängern. Allen voran, der Song „Let there be Death“ von dem man ohne mit der Wimper zu zucken behaupten kann, dass er einer der besten Thrash Metal Songs der Geschichte ist. Und verdammt noch mal, live ist er um Welten, ja gar um Galaxien besser!

Onslaught verdienen sich bereits während der ersten Songs fast alle Lorbeeren und hätten theoretisch auch schon nach drei Songs aufhören können, man hätte ihnen alles vergönnt. Einziger Makelpunkt, die recht statisch vorgetragene Performance. Schreihals Sy Keeler schafft es sogar, trotz perfekter Stimme, nicht ein einziges Mal seinen Oberkörper zu bewegen. Nun ja, aber man mag es den Herren nicht übel nehmen, denn wer so souverän Metal-Geschichte zelebriert, darf sich auch erlauben am Boden festzukleben. 

Der letzte Streich gehört mit 70 Minuten Spielzeit DER deutschen Death- Metal-Band Morgoth. Gleich zu Beginn muss gesagt werden, dass dies nun mein vierter Gig mit dieser Band ist und ich nicht sagen kann, welcher Auftritt mir am besten gefallen hat, denn wahrlich: Alle vier Auftritte waren gleichermaßen überragend. 

Morgoth stoßen zwar bei mir mit übertrieben routinierten Ansagen, seitens Mark Grewe sauer auf. Aber die Songs und die nicht mehr ganz so statische Performance entschädigen dafür voll. Songs wie „Suffer Life“, der Opener „Body Count“ oder „Resistance“ sind eben einfach unheimlich stark. Da gibt es keine Ausreden. Und live entfesseln diese Songs kreisende Haarmatten am laufenden Meter. Mark Grewe sorgt mit seiner Ausnahmestimme für den letzten Schliff und setzt den simpel gestrickten Songs die individuelle Haube auf, die Morgoth zu dem gemacht haben was sie sind: Einzigartig! Der überragende (wenn auch absehbare) Zugabenblock mit „Pits of Utumno“ und „Isolated“ gibt der Meute dann nochmal den letzten Rest. Wahnsinn. Auch wenn die Songs absehbar sind, dieser leibhaftige Beweis, dass alte Schule immer noch lebendig ist, macht mich sprachlos. Morgoth markieren den perfekten Abschluss für dieses Festival. Setliste: Body Count - Exit To Temptation - Unreal Imagination - Resistance - Suffer Life - Lies Of Distrust - Sold Baptism - Under The Surface - White Gallery - Selected Killing - Burnt Identity - Pits Of Utumno - Isolated.

Selten habe ich mich auf einem Festival so gut gefühlt wie auf dem Walpurgis Metal Days. Eine wunderschöne Location, ein wunderschöner Campground. Der Sound bei fast allen Bands hervorragend. Eine lockere, lässige und vor allem überaus freundliche Security. Ebenso eine unkomplizierte nette Crew. Fast nur gute Auftritte, ganz wenig Fehltritte. Ein gut aufgelegtes Publikum, dem man nur anhaften kann, dass es nicht zahlreich genug war. Das Festival hat einige Schmankerl verpflichtet, die erwarten ließen mindestens tausend Leute anzuziehen, doch leider fanden nur um die 700 Menschen ihren Weg nach Hauzenberg. Dementsprechend hoffe ich für die Veranstalter und vor allem für die Fans, dass dieses überaus gemütliche Festival nächstes Jahr wieder stattfindet. Denn tatsächlich fällt mir nichts ein, was man an diesem Festival kritisieren könnte. Daumen himmelhoch nach oben, liebes WMD!

 

Mehr Fotos von den Bands findet ihr in den "Festival photos"!

 

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