Der Weg einer Freiheit, Waldgeflüster, Farewell to arms

München, 24. September 2012

(Bericht: Twilightheart)

Am 24. September 2012 fand im „Backstage“-Club in München wie fast jede Woche ein kleiner Underground- Metal-Gig statt.  Am Anfang sah es leider schwer danach aus, dass es weitgehend leer bleiben würde, wie man an folgendem Foto nachvollziehen kann:

Die Band auf dem Foto heißt „Farewell to arms“ und wie man am „Publikum“ sieht, hatten sie es besonders schwer. Lag vielleicht daran, dass sie im Lineup mit ihrem Metalcore mit Death-Einflüssen doch etwas fehl am Platze waren. 

Gegen 20 Uhr legten die Jungspunde los und sprangen und fetzten von der ersten Sekunde an energiegeladen über die Bühne. Ihr Schlagzeuger schien dabei besonders agil zu sein, zumindest konnte er während des Spiels die Drumsticks in der Luft herumwirbeln. Da blieb nur die Frage, warum besonders am Anfang doch so vieles aus dem Takt war, so dass der einzige Typ im Publikum, der gewillt war, mit dem Kopf im Takt mitzunicken, sich nicht entscheiden konnte, ob dem Takt des Schlagzeugs oder dem der anderen folgen soll. Nun gut, nach dem etwas missglückten, wenn auch actiongeladenen Start stellte sich die Band als aus Landsberg stammend vor und legte mit „Und sicher sind wir nicht ganz die Band, die ihr euch als Opener vorgestellt habt“ nach. Das machte sie zwar irgendwie schon wieder sympathisch, zumal sie sich ja auch so mächtig ins Zeug legten und teilweise wie die Berserker auf der Bühne wüteten. Aber leider blieben sie die einzigen, die headbangten und sprangen, obwohl die Mucke ansonsten doch schon recht moshtauglich war. Vor allem einzelne Passagen kamen soundtechnisch wirklich stark rüber und Bass und Drums wummerten gehörig. Auch hat der Sänger der Band eine einigermaßen tiefe, angenehme Röhre. Wenn man nur seine Stimme auf Band hören würde, würde man im Geiste dazu sicher einen massiven, brasilianischen Death-Grunzer visualisieren, aber mit Sicherheit keinen blutjungen, schmächtigen Kerl, der auch als Hip-Hopper durchgehen könnte. Nun ja, so trügt der Schein eben immer mal wieder. Ein ganz klein wenig Achtungsapplaus bekam die Band schon, aber so richtig sprang der Funke einfach nicht über. Vielleicht doch mal versuchen, eher als Support einer Grunge- oder Hardcore-Band unterzukommen...

Danach wärmten sich die heimlichen Headliner des Abends, Waldgeflüster, auf. Sänger Winterherz schien schon beim Linecheck locker und gut drauf zu sein. Man konnte also ahnen, dass auch der Gig ungezwungen, aber mit Hingabe vonstatten gehen würde. Der Linecheck dauerte auch überhaupt nicht lange. Wahrscheinlich wusste man, dass man im Backstage-Club eh keinen brillianten Sound hinbekommt, egal, wie viel Zeit man beim Soundcheck ver(sch)wendet. Aber stilecht verließ die Band noch mal die Bühne bzw. den Club, um direkt danach für den Gig wieder hereinzukommen.

Nach kurzem Intro legten sie mit „Seenland“ los und gewaltig fegte der Waldgeflüster-Sound durch den Club und zog sofort die Leute vor die Bühne. Willig ließ man sich von der Musik leiten und die Fans in den vorderen Reihen headbangten den gesamten Gig durch, von der ersten bis zur letzten Note. Es war, als hätte die Stimme von Sänger Jan eine im wahrsten Sinne des Wortes durchschlagende Wirkung, denn danach fiel dem Bassisten erst mal sein Instrument aus der Hand, weil es die Gurthalterung zerlegt hatte. Man musste also erst mal das Schräubchen einsammeln und wieder anbringen, aber sofort im Anschluss ging es mitreißend weiter mit „Herbst befiel das Land“. 

Da die Stimmung bei Band und Publikum so schön am Kochen war, ging es danach gleich passend mit „Wotan sang“ weiter, der nicht weniger mächtig aus den Boxen dröhnte, wenngleich Jan den Schrei am Liedanfang vergeigt hat. Der Rest des Songs wurde allerdings mit soviel Hingabe dargeboten, dass er den verdienten satten Applaus erntete. 
Als nächstes war angedacht, mit sanften Klängen von nur einer E-Gitarre den nächsten Song einzustimmen, aber leider endete das in einer Ansammlung von schiefen Tönchen, die den Gesamtzauber dann doch erheblich störten. Dazu kam noch böses, knisterartiges Rauschen aus den Boxen (wofür die Band zwar nichts kann, aber es war einfach nicht zu überhören), doch danach setze mit voller Wucht „Nacht“ ein und Jan rettete, was zu retten war, indem er sich wie ein Besessener durch den Song schrie und keine Zurückhaltung kannte, auch wenn es stimmlich etwas zu kehlig war. Das war zwar nicht die beste Darbietung des Songs, die ich je gehört habe, aber es freut mich trotzdem, dass das Stück es immer wieder in die Setliste schafft. Als ich das Album seinerzeit das erste Mal gehört habe, war ich mir sicher gewesen, dass Waldgeflüster „Nacht“ niemals live umsetzen können. Es ist doch schön, wenn man bezüglich solcher Vorurteile immer mal wieder eines Besseren belehrt wird.

Pünktlich zu „Fichtenhain“ ging erneut der Bass-Gurt kaputt (auch später noch einmal mitten im Song, so dass Philipp keine Wahl hatte, als sich zum weiterspielen auf den Boden zu knien.... das war ein ganz tolles Fotomotiv, ehrlich, aber für ihn sicher unangenehm). Die fast gekreischten Schreie, die das Ende von „Fichtenhain“ markieren, gelangen grandios, genau wie zuvor der restliche Gesangsteil, zu dem die anwesenden Besucher auch noch ein letztes Mal ordentlich abgingen. 
Doch danach war es dann auch gut, dass es vorbei war. Die Gitarristen hatten echte Probleme bei diesem Gig (vielleicht dann doch auch mal nach Sponsoring bei einem Qualitäts-Gitarrenhersteller fragen!? ;-)), eine Zugabe wäre schön gewesen, aber sicher auch eine Zumutung für die Musiker. Na ja, sie haben ja vor heimischem Publikum performt (würde mich nicht wundern, wenn die Protagonisten mit jedem im Club schon mal privat ein paar Worte gewechselt hätten), so dass man das ganze etwas lockerer sehen konnte. Als Münchner genießt man das dann einfach mal, wenn unsere Besten von Waldgeflüster mal wieder „nur für uns“ spielen (ich erinnere an den Medien-Hype nach dem Ragnarök-Auftritt... der Gig dort war definitiv fantastisch gewesen, aber beinahe hätte man nach der Berichterstattung Angst bekommen können, dass die Band nun nur noch große Events bespielen möchte). 

Der offizielle Headliner waren „Der Weg einer Freiheit“ aus Würzburg. Auch sie hielten sich nicht lange mit Linecheck auf. Nach kurzem, melodischem Intro legten sie direkt mit „Ruhe“ los. Natürlich ist der Song alles andere als ruhig und so, wie er durch die Location donnerte, war es kein Wunder, dass es vor der Bühne voll blieb und die Anwesenden die Chance nutzen, mal ordentlich die Nackenmuskeln zu trainieren. Man muss schon sagen, dass „Der Weg einer Freiheit“ wirklich einen ansteckenden Heanbang-Takt in jedem ihrer Songs haben. Dazu kommt dann noch das brutale Getöse aller Instrumente übereinander, so dass man nichts mehr hört als Gemörtel. Erklärt vielleicht auch, warum die Band keine Angst vor schlechtem Sound haben muss: irgendwelches Rauschen aus den Boxen wird um ein so Vielfaches übertönt, dass es wahrlich keine Chance hat, gehört zu werden. „Lichtmensch“ und „Der stille Fluss“ folgten. 
Dass Meinungen (gerade bei solchen Bands) oftmals auseinandergehen, weiß man ja. Ich persönlich finde die Jungs auf CD nicht so wirklich berauschend, aber live liefern sie einfach so dermaßen die geballte Ladung ab, dass man schlicht nicht weghören kann. Die Musiker spielen zudem tight und präzise und Sänger T.J. ist nicht nur stimmlich eine Urgewalt, sondern auch eine charismatische Erscheinung, wenn er leibhaftig vor einem steht. Bei jedem einzelnen Growl wird sein ganzes Gesicht rot, aber das nenne ich einfach mal vollen Einsatz. Da malträtiert jemand ordentlich seine Stimmbänder, um für den Gig das Beste rauszuholen. 

Der nun folgende Track „Frei“ wurde ganz besonders heftig bejubelt, da er wohl sehr lange nicht mehr live gespielt worden war. Doch auch mit „Vergängnis“, „Zum Abschied“ und „Zerfall“ spielte sich die Band weiter in die Herzen ihres Publikums, bevor es mit „Neubeginn“ dann dem Ende zuging. Und nach der Zugabe „Ewigkeit“ verließen etliche Fans nassgeschwitzt aber zufrieden den Club, der am Ende doch noch gut voll war. 

Zusammenfassend kann man sagen, dass es ein angenehmer, kurzweiliger Underground-Abend war. Dass nur 3 Bands spielten (welche dann auch lange vor 23 Uhr fertig waren) war angenehm, schließlich war Montag und die meisten mussten wohl am Folgetag früh raus. So kann man das ertragen und einen Montagabend ausklingen lassen! Gerne mehr davon!

 

 

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