Dark Easter Metal Meeting 2012

Secrets Of The Moon, The Vision Bleak, Imperium Dekadenz, 
Der Weg einer Freiheit, Haradwaith, Dagnir En Gwann

8. April 2012

(Bericht: Surtr/ Twi.)

Der Ostersonntag ist dieses Jahr nicht nur den Kirchgängern vorbehalten. Im „Backstage Werk“ München finden sich an eben diesem Sonntag sechs Bands zusammen, um München zu zeigen was wahre Dunkelheit und vor allem Black Metal während der Feiertage ist.

Wie kann man einen Abend voller Black Metal und Düsternis am besten beginnen und gleichzeitig verhindern vor leerer Halle ob desinteressierten Publikums zu spielen? Die Frage mögen sich „Dagnir En Gwann“ aus München gestellt haben. Tatsächlich beginnen sie meines Erachtens nach in den ersten Momenten einzig und allein so, wie es die noch recht leere aber immerhin schon von einigen Schwarzheimern besuchte Werkshalle zulässt. Mit kalter, grimmer Riff-Attacke und einem einfachen schnöden „Uuh!“, welches den folgenden Vier-Viertel-Takt anführt. Soweit so taktisch klug, leistet sich der Opener aber auch schon alsbald Schnitzer, die  Dagnir En Gwann nicht sagen lassen, was sie zu sagen hätten. Denn die fünf Mannen machen an sich anständigen midtempo-lastigen, frostigen Schwarzmetall, ausgearbeitet mit Ideen und interessanten Arrangements. Jedoch gleich zu Beginn leistet sich der Sänger den Fauxpas, der mir als Genosse des Mikrofonschlächters arg in die Magengrube fährt: Wenn man schon darauf besteht das Mikrofon am Korb zu halten (weil das alle anderen auch so machen? Wer weiß?), dann sollte man sich doch bitteschön von den Monitorboxen fern halten, da die veränderte Richtcharakteristik durch die falsche Haltung die Feedback-Gefahr ordentlich in die Höhe schnellen lässt. Tatsächlich kommt es zu einem Pfeifen, wie ich es selten erlebt habe. „Bravo“. Die Sympathie geht scheinbar nicht nur bei mir schnell flöten, denn nach dem ersten Song bringen es gerade drei bis vier Zuschauer übers Herz zu klatschen. Zwar normalisieren sich die Reaktionen über den Gig hinweg, jedoch helfen all die beeindruckend authentische Gestik seitens des Sängers, sowie seine brachiale Stimmgewalt nicht über den Punkt hinweg, dass auch an anderen Ecken geschlafen wird. Wofür die Band nichts kann ist der arg wacklige Live-Sound, der unter anderem eine Stein-auf-Stein-klopf-Bass-Drum und eine breiige Gitarrenmasse zu verschulden hat. Wo aber definitiv Eigenverschuldung im Spiel ist, sind arg wackelige, schiefe Gitarrensoli, die die Atmosphäre zerstören und den Anschein der Professionalität pulverisieren. Dass Soli in Black Metal funktionieren, sollte heute aber noch mehrmals bei anderen Combos eindrucksvoll bewiesen werden. (Surtr)

Zweitmeinung von Twilightheart: Die oben genannten Sound-Makel (die man als Nicht-Musiker natürlich nicht so schön umschreiben und in Worte fassen kann) haben sicherlich auf gewisse Weise den Gig vermiest (wie man später hörte, war die eine Gitarre komplett ausgefallen bzw. nicht zu hören), aber trotz allem muss man die unglaublich Vocal-Performance von Sänger Arvagr hervorheben, denn diese hat am Ende den Gig gerettet. Es war eine Genugtuung zu sehen, wie inbrünstig er sich dem Gesang hingegeben hat, welches beinahe jede stimmliche Facette während des Gigs durchlief. Von Raunen zu Kreischen, zu hingebungsvollem, kraftvollem Growlen, aber immer mit exzessiver, emotionaler Hingabe... einfach atemberaubend!

Weiter ging es mit Haradwaith, bei denen ich mich schon etwas ärgere, dass ich die Ära mit Iblis an den Vocals verpasst habe. Aber vielleicht war es auch gut so, denn so habe ich nicht das Gefühl, den neuen Sänger Skoll irgendwie mit Iblis vergleichen zu müssen, sondern kann mir ganz unvoreingenommen den Gig der Sachsen anschauen. Apropos Sachsen. Beim „Aufmarsch“ auf die Bühne kommt man (zumindest als Frau) nicht umhin, festzustellen, dass jetzt hier mal richtige Männer auf der Bühne stehen, mit richtigen Muskeln und auch sonst eine Augenweide. (Jaaaa, ich weiß, es geht um die Musik, nicht ums Aussehen.... ich bin ja schon still. Aber liebe männliche Metaller: glaubt nicht, dass eure Freundinnen nicht auch ab und zu ein Auge darauf werfen!) Ich gebe zu, die Musik Haradwaiths nicht von CD zu kennen (und gebe sowieso zu, auf den Bandnamen damals nur durch Iblis’ Beteiligung aufmerksam geworden zu sein), aber an diesem Abend im Backstage empfand ich den Gig als Bereicherung. Zumindest war die Musik wuchtig, brachial und hatte hervorragende Headbang-Qualitäten. Auch bilde ich mir ein, dass es vor der Bühne nun schon ein paar Headbanger gab, die die Chance auf gutes Nackenmuskeltraining nutzten. Stimmlich war Sänger Skoll gut drauf, es klang, wie BM klingen muss, roh und brutal. Auch beim Rest der Band war eine gewisse Professionalität an den Instrumenten zu spüren, und zusammen mit der ein oder anderen rotzigen Geste (a la Bier ins Publikum spucken) kann man es als absolut soliden BM-Gig der alten Schule bezeichnen. (Twi.)

„Der Weg einer Freiheit“ sind genau das, was man meint, wenn man Geheimtipp sagt. Eine Band mit Fähigkeiten, die nicht im Vergleich zur Größe ihrer Hörerschaft stehen. Beinhalten tut es aber auch, dass die, die die Band kennen, umso enthusiastischer und gieriger alles das aufzehren, was die Formation einem serviert.

Das Beeindruckende an „Der Weg einer Freiheit“ ist, dass sie durch ihre Performance und ihr Songwriting schwer polarisieren. Ihr Äußeres und ihre Performance erinnert eher an eine Metalcore-Band... also wieder mal ein Fall, in dem die Toleranz des Metallers auf die Probe gestellt wird. Auch hier finden sich Stimmen, die mit den Äußerlichkeiten nichts anfangen können und sich deswegen auf das Eigentliche, die Musik nicht einlassen. War ja zu erwarten. Schade trotzdem, denn auch wenn die fünf Herren auf das übliche Tamtam und die traditionelle Aufmachung verzichten, musikalisch gesehen ist das ganze als lupenreiner Black Metal zu betrachten. Keine Crossover-Veranstaltung, nein, tatsächlich von vorne bis hinten schwarz. Und das ganze auch noch so richtig tight wie ein Uhrwerk. Glücklicherweise fassen das dann auch die meisten Anwesenden so auf, und so füllt es sich vor der Bühne recht anständig. Und selbst die „ach-so-truen“ Schwarzmetaller, denen Gorgoroth wahrscheinlich schon zu Mainstream wären, schütteln die Haare. Das spricht für das knallhart genial komponierte Werk von „Der Weg einer Freiheit“.

Waren die Würzburger für mich auf Platte bisher einzig und allein qualitativ hochwertig ohne allerdings besonders die Welt zu verändern, gelingt ihnen genau dieses nun auf der Bühne. Beeindruckend, wie man so verdammt noch mal präzise sein Instrument spielen kann, ohne dabei das Feeling und den Groove zu verlieren (ein paar kleine Verspieler möchte ich am liebsten ungehört lassen). Dazu kommt der aalglatte PA-Sound, der allen Instrumenten gleich viel Raum zukommen lässt. Highlights sind das markante „Zum Abschied“ und der Rausschmeißer „Neubeginn“ bei dem das Charlie-Chaplin-Sample leider viel zu leise kommt. Trotzdem bisher ein definitives Highlight des Abends. (Surtr)

Obwohl ich schon mehrmals die Gelegenheit hatte, habe ich es noch nie zu einem Auftritt von „Imperium Dekadenz“ geschafft. Heute sollte es endlich mal soweit sein. 

Dieser Gig mag erneut polarisieren, trotzdem finden sich ebenso fast alle Anwesenden ein um dem Reich der Dekadenz Tribut zu zollen. Polarisieren mag es deswegen, weil die Musik der Schwarzwälder monoton und auf den ersten Blick ereignislos wirkt. Für mich entfaltet sich im Grunde ebenso wie bei „Der Weg einer Freiheit“ erst live das volle Spektrum. Es stellt sich für mich heraus, dass „Imperium Dekadenz“ ihre Musik von vorne bis hinten akribisch und sparsam durchkalkuliert haben. Da ist kein Trommelschlag, keine Note, kein Schrei, keine Gestik, keine Pose zuviel zu hören, beziehungsweise zu sehen. Alles kommt zur rechten Zeit, dafür geballt und kraftvoll. Musikalisch ebnen sich die fünf Herren auf einem Grundgerüst aus einem Fluss von monotonen Black-Metal- Gitarren und Midtempo-Drums ihren Weg durch lyrische Verzweiflung. Was auf den ersten Blick Parallelen zum DSBM aufweist, entpuppt sich durch den geschickten Einsatz einzelner musikalischer Elemente zu einer Machtdemonstration der ersten Güte, mehr als es DSBM-Konsorten jemals auf die Reihe bringen würden. Da wird ein Solo, ein Schrei oder auch nur ein einfacher Ride-Bell-Schlag zu etwas besonderem. Wahnsinnig beeindruckend. 

Dem einen oder anderen mag die Musik zu langsam oder zu ereignislos sein, aber man muss sich bei Imperium Dekadenz auch ein wenig anstrengen, konzentrieren, um in den Genuss der Tongewalt zu kommen. Song-Höhepunkte sind „Schlafen, wo die Wölfe herrschen“ von der Split-CD mit Vargsheim (im Grunde sind ja auch 3/5 der Mitglieder auf der Bühne von Vargsheim) und die Heimatbekundung „Schwarze Wälder“. Imperium Dekadenz heimsen bei mir arg viel Lorbeeren ein. Respekt, da freu ich mich auf ein baldiges Wiedersehen! (Surtr)

The Vision Bleak gehören für mich zu den Favoriten des Abends, allerdings, so muss ich gleich zu Beginn feststellen, sind die beiden Hauptprotagonisten Ulf Theodor Schwadorf und Allen B. Konstanz heute anstatt von dreien nur von zwei Live-Mitgliedern umgeben. Der Bass wurde ausgespart, weshalb auch immer. Ob dieser dann wenigstens aus der Konserve kam, lässt sich nicht wirklich feststellen, da der Sound anfangs katastrophal ausfällt und gegen Ende auch nur ins „annehmbare Schlechte“ übergeht. Auch mag der Raum der Bühne nur mäßig ausgefüllt werden vom zwar überaus motivierten Sänger Konstanz, der sich heute aber in der Größe der Bühne verliert und scheinbar hilflos versucht den verpatzten Auftakt ob des schlechten Sounds zu retten. Die Stimmung des Publikums ist zwar enthusiastisch aber dafür ist die Werkshalle nun eindeutig leerer als davor und viele Besucher schauen sich das Schauspiel (wenn überhaupt) aus sicherer Entfernung an. 

The Vision Bleak schaffen es trotz oder vielleicht gerade wegen routinierter Performance und Show nicht den Hahn zuzudrehen und scheitern am Publikums- und infolgedessen auch Stimmungswechsel. Für mich hat der Auftritt nicht viel zu bieten. Außer vielleicht der Publikumsdialog, der von den üblichen Songwünschen durchzogen wird, bis einer der Gäste ruft „Das Leben ist kein Wunschkonzert“. So ist es. Und außer den altbekannten Titeln weiß auch die vorhersehbare Setlist nicht so zu überzeugen. Trotzdem funktionieren Kracher wie „Carpathia“, „Kutulu!“ oder „Night of the Living Dead“ immer noch hervorragend gut. Songs wie die „Deathship Symphony“ als Rausschmeißer sind dafür überflüssig. Auf „Dreams of the Witchhouse“ warte ich auch heute vergebens. Schade, das war leider nicht der Auftritt den ich erwartet hatte. (Surtr)

Beim Headliner des Abends „Secrets of the Moon“ wird es wieder erwartungsgemäß voller. Die Spannung knistert vor Beginn des Konzerts. Dieses Konzert ist eines der ersten, bei dem „Secrets of the Moon“ Songs ihres neuen Albums „Seven Bells“ live performen. 

Wie kann man nicht ins Schwärmen geraten bei dieser Band, bietet sie doch seit nun bald zwanzig Jahren brisant hochwertige Klangergüsse, die schwärzer, dunkler, finsterer sind als alles andere, und dabei trotzdem noch den Anspruch findet, die Musik mit progressiven Auswüchsen zu veredeln. Alben wie Privilegivm und Antithesis gehören für mich zu einem Manifest, von dem viele Bands nur zu träumen wagen, obgleich der Charakter der Band sich durch die technische Brillanz sowieso vom größten Teil der Masse an der Dunkelheit frönenden Bands absetzt. Und das wird live zelebriert mit einer schier grenzenlosen Macht. Mit viel Kerzenschein, Symbolik, Knochenketten und Kutten beginnen Secrets of the Moon die Zeremonie. Ohne störende Ansagen breitet das musikalische Gewand seine Schwingen aus. Während Gitarrist  Ar der Stolz in Person ist, taucht Sänger/Gitarrist sG ein in eine Welt voll Schwärze und geht im Sog der Intensität komplett auf. Und er lädt ein, ihm zu folgen, was einem nicht schwer fällt trotz des im Grunde genommen recht ereignislosen Auftritts. Tatsächlich bleiben die Interpreten sehr statisch auf ihren Positionen und auch Ansagen bleiben, wie bereits erwähnt, aus. Das tut dem ganzen keinen Abbruch, denn wer so stolze, prachtvolle Musik darbieten kann, braucht keine Show zu vollführen, die das Gesamtbild ohnehin bloß stören würde. Musikalische Highlights sind ganz klar das mächtige „Lucifer Speaks“, bei dessen Refrain Ar und sG am Mikrofon noch zusätzliche Unterstützung von The Vision Bleak bekommen. Sowie der neue Song „Nyx“, welcher live zündet wie eine Bombe. 

Mit einem Fußtritt gegen die Kerzenlichter am Boden und einem „Dankeschön, München!“ endet dann nach einer Stunde Machtbeweis das Konzert und findet seinen finalen Ausklang in einer Gitarren-Feedback-Endlosschleife. Großartig!

Dieses Event hat einiges zu bieten gehabt. Für mich ein Abend mit musikalischen Höhen und Tiefen, Neuentdeckungen, Überraschungen, guter Stimmung, und vor allem der Erkenntnis: Das Leben ist kein Wunschkonzert! (Surtr)

Zum Abschluss noch ein paar Impressionen:

 

Conny:

 

 

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