Dornenreich, Ahab, Fjoergyn 

München, 18. Sept. 2009

(Bericht: Twilightheart)

Ich muss gestehen, dass ich als Nicht-Doom-Fan keine Ahnung hatte, wer Ahab sind. Am 18.09. konnte ich im „Metropolis“ in München einiges hierzu nachholen. Doch hauptsächlich war ich wegen Dornenreich da, die ja nun endlich wieder einen Metal-Gig spielen sollten.

Doch um 19:45 Uhr eröffneten erst’mal Fjoergyn, die Epic-Folk-Metaller aus dem schönen Thüringen, den Abend. Während die ersten Zuschauer schon die Augen verdrehten, weil der Sound so schlecht war, schien auch die Band erst’mal den roten Faden finden zu müssen. Man konzentrierte sich gebannt auf die Instrumente, wahrscheinlich hörten sich die Musiker genauso schlecht wie es auch aus den Boxen kam. Beim zweiten Song platzte dann endlich der Knoten und von nun an hatte man das Gefühl, Routine kehrt ein und die Band kann sich wirklich in die Musik vertiefen (die Synthies kamen von Band). Die Songs wurden wuchtiger und unter den bisher erst ca. 150 Anwesenden waren auch schon einige Fjoergyn-Fans, die schon’mal anfingen, für etwas Stimmung zu sorgen. Die Band schaffte es, sich im Laufe des Auftritts derart zu steigern und legte so viel Einsatz an den Tag, dass ich am Ende des Gigs das Gefühl hatte, dass dies der beste Gig war, den ich bisher von der Band gesehen habe. 

Ahab sind wohl für jeden Doom-Fan ein Begriff, und wenn ich das richtig verstanden habe, sind sie wohl mit das Beste, was der Doom-Markt aus Bayern (und vielleicht sogar Deutschland) momentan zu bieten hat. An jenem Abend war es auch ein Leichtes für die Band, dies zu beweisen. Denn gleich mit den ersten langsamen, kriechenden Tönen, mit denen der Gig eröffnet wurden, wiegten etliche Zuschauer vertieft die Köpfe und schienen jeden einzelnen Ton in sich aufzusaugen. Ich glaube, seit Candlemass 2005 in Wacken habe ich keine Doom-Band mehr auf der Bühne gesehen (und was vorher war... auch da legt sich der Schleier des Vergessens über mein Haupt), was natürlich darauf hinweist, dass ich’s mit dieser Musikrichtung nicht so habe. Aber man ist natürlich immer offen für „Neues“ und so nahm ich mir vor, mich mal von der Musik tragen zu lassen. 
Voller Inbrunst wurde jede einzelne Liedzeile von Ahab in stimmliche Energie umgewandelt, und jeder einzelne Akkord schien von unglaublicher Bedeutung zu sein. Die Band hat ihre Musik regelrecht gelebt, und die Fans mit ihnen. Man hatte das Gefühl, dass einige Zuschauer in ihren eigenen Gefühlen völlig aufgehen. Aber natürlich gab es auch etliche, die das Ganze mit etwas Abstand fasziniert beobachteten. Einig waren sich aber wahrscheinlich alle, dass es spielerisch und klangtechnisch auf höchstem Niveau war. Während der Drummer bei jedem Song Schwerstarbeit leisten musste (und das obwohl der Grundtenor der meisten Stücke eigentlich immer eher ein langsamerer war), hatten die Gitarristen abwechselnd hin und wieder Pause und standen in sich versunken auf der Bühne, auf ihren Einsatz wartend. Nachdem der relativ lange Gig, bei dem die Doom-Fans sicher auf ihre Kosten gekommen sind, sein Ende fand, applaudierten die Besucher noch lange und ausgiebig. Die Band schien ebenfalls mit sich zufrieden gewesen zu sein. Überhaupt hatte man das Gefühl, dass Ahab gut gewählt waren, um diese Tour zu ergänzen und zu etwas Besonderem zu machen.

Aber nun warteten natürlich noch die Headliner und auch mein Favoriten, Dornenreich.
Vor Gigbeginn sorgte ein Hocker, der auf die Bühne gestellt wurde, für einige Späßchen, weil man rätselte, wofür dieser gut sein könnte. Dass sich der kleinste der Musiker draufstellen sollte, schied dann doch als eher unwahrscheinlich aus, und so kamen erste Befürchtungen auf, dass es vielleicht doch nur ein Gerücht war, dass wir heute einen Metal-Gig geboten bekommen, und dass es doch wieder „nur“ ein Akustikgig werden würde (der Hocker für den Akustikgitarristen).

Die Befürchtungen schienen sich nun zu bewahrheiten, als Eviga und Inve vorne Platz nahmen, Inve mit Geige und Eviga nur mit der Akustikgitarre. Als nach dem Intro also „Drang“ mit der Akustikgitarre gespielt wurde, schien die Sache klar und ich versuchte schon, mich nun damit abzufinden. Doch dann stand Eviga auf und nahm die E-Gitarre und wir kamen doch noch in den Genuss des angekündigten Metal-Gigs. Wenn auch nur mit den drei Instrumenten – Schlagzeug, Gitarre, Geige. „Jagd“, „Der Hexe flammend' Blick“ und „Leben lechzend Herzgeflüster“ wurde in einem Zug duchgespielt. Und obwohl die Band natürlich ihr Bestes gab, klang alles etwas ungewohnt. Natürlich, es ist unmöglich, die Stücke wie auf CD nachzuspielen und dass die Live-Versionen ihren eigenen Charme haben, macht ja den Flair eines Live-Gigs aus, aber trotzdem musste man sich erst’mal dran gewöhnen. Mir war auch irgendwie so, als müsste Eviga mit seiner Stimme gegen sein eigenes Gitarrenspiel ankämpfen. Oder vielleicht ist beides zusammen live auch einfach zu kräftezehrend, denn die ein- oder andere Stelle kam mir einfach etwas zu unspektakulär vor. Dies aber natürlich auch wieder im Vergleich zu den Album-Versionen, die aber wie gesagt immer nur unerreicht bleiben können. 

Der Gig war insgesamt trotzdem große Klasse und jeder einzelne Song bekam viel Applaus. Inve war erhaben wie immer und spielte die Geige, als wäre sie ein Teil seines Körpers, voller Inbrunst und Gefühl. Hätte ich wirklich nicht gedacht, dass es in München überhaupt Dornenreich-Fans gibt, aber das „Metropolis“ war beim Gig des Headliners tatsächlich gut voll. Qualität siegt am Ende eben doch.
Nach „Flammentriebe II“ und  einem Zwischenspiel kam Gastsänger Thomas Helm (The Vision Bleak) mit auf die Bühne, der die sehr tragenden, klingenden Gesangspassagen beitragen sollte. Dies war wohl eine einmalige Sache (und somit für manchen sicherlich ein Highlight der Tour), denn bei den anderen Gigs der Tour war er nicht dabei. Nach anfänglich großen Schwierigkeiten mit dem Sound klappte das mit seinem Input auch ganz gut und so steuerte er neben ausgelassenem Treiben und Headbanging zusätzlichen Gesang bei zu „Eigenwach“, „Grell und dunkel strömt das Leben“, „Schwarz schaut tiefsten Lichterglanz“ und dem Rest des Gigs, der glücklicherweise auch meine Favoriten beinhaltete: „Trauerbrandung“ (allein die Wortkreation adelt Dornenreich m.E. auf ewig) und „Wer hat Angst vor Einsamkeit?“. Mit unbändiger Kraft schmetterte Eviga sein „Befreie dich!“ heraus und ich frage mich immer wieder, wie er es schafft, sich so dermaßen vor seinem Publikum zu öffnen. Das Teilen seiner Emotionen wurde dankbar angenommen und so verließen Dornenreich unter verdient viel Applaus die Bühne.

 

 

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