Endstille, Hollenthon, God Dethroned

14. November 2009, München "Backstage"

(Bericht: Twilightheart)

Am 14.11. gab es (zumindest für die Münchner) die Premiere von Endstille ohne Iblis. Einige meiner Bekannten hatten sich das Ticket hierfür lange vor dem Wechsel des Sängers gekauft und kamen im Prinzip mit der Begründung: „Wenn ich das Ticket schon habe, kann ich auch hingehen“. Hätten also keins gekauft, wenn schon festgestanden hätte, dass Iblis nicht singt (zumindest nicht für 20,- EUR). Bei manchen Bands ist man natürlich voreingenommen, wenn sie sich trennen, weil man diesen oder jenen Typen z.B. backstage bei Festivals schon als arrogantes Arschloch erlebt hat o.a. Aber bei Endstille war ich doch fest entschlossen, mir beide Seiten (sprich, Iblis mit Haradwaith, und Endstille mit Lugubrem) anzuschauen und mir ganz objektiv ein Urteil zu bilden. Das einzige, was nicht hätte sein müssen, wäre Endstille mit Koldbrann-Sänger-Ersatz gewesen. 

Wie immer bekam ich nur die Hälfte mit, denn als ich in der Halle des „Backstage“ ankam, spielten „God Dethroned“. Dass die bei einigen Gigs dieser Tour dabei sind, ist mal wieder völlig an mir vorbeigegangen. Dass bereits der letzte Song lief, als ich ankam, war natürlich schade, aber ich glaube, diese Band spielt einfach versiert und exakt ihr Set runter, von besonderen Vorkommnissen bei den Niederländern auf der Bühne (außer satt Geholze) habe ich noch nie gehört, insofern denke ich nicht, dass ich allzu viel verpasst habe. Die weibliche Gitarristin Susan war natürlich ein Blickfang für die Männer, aber auch ohne ihr Zutun hätte es die agilen Headbanger unter den Fans in den ersten Reihen gegeben. Ich persönlich steh zwar nicht so auf den Sound der Band, aber beim Münchner Publikum sind God Dethroned schon immer relativ gut angekommen.

Nun gehörte die Bühne den Wienern von „Hollenthon“.
Zu „Ars Moriendi“ besetzten sie die Bühne, um alsdann mit ihrem sinfonisch angehauchten, melodischen Death die Halle zu rocken. Da die Band, die es schon seit 1994 gibt (und von der zwei Mitglieder übrigens mal bei „Pungent Stench“ gespielt haben), zwischendurch einmal unglaublich lange pausiert hatte, ist es erfrischend, sie jetzt ab und zu mal wieder live zu sehen. Sie waren Profi wie eh und je, beinahe ist mir deren Musik schon zu glatt. Die Gitarristen und der Bassist sind zwar absolute Tiere auf der Bühne, spielen sich die Fingerkuppen wund und ziehen eine irre Poser-Show ab, aber etwas, was wirklich dauerhaft hängenbleibt von der Musik, fehlt mir hier leider. „Woe to the Defeated”, “Tyrants and Wraiths” und “Homage” folgten und Sänger Martin gab alles. Eigentlich schade, dass er durch’s zusätzliche Spielen der Gitarre an’s Mikro „gefesselt“ ist. Wenn er ohne dies auf der Bühne stehen dürfte/wöllte, wäre er sicher einer jener, die durch gefühlsintensive Mimik und Gestik Eindruck hinterlassen. „Once we were Kings“, „Deathly Dirges“, „Fire upon the Blade“... es ging Schlag auf Schlag. Trotzdem gab es schon Gigs mit besserer Stimmung unter den Zuschauern. Frontmann Martin fasste diesen Eindruck dann auch in Worte, indem er meinte, dass es nicht sein kann, dass „bei dem Mainstream-Gig in der Halle nebenan mehr Stimmung ist als hier“. Nütze auch nichts mehr, aber die Band spielte trotzdem weiterhin so, als wäre dies für lange Zeit die letzte Gelegenheit, live aufzutreten. Nun, zumindest war es für sie der letzte Gig dieser Tour. Es folgten noch „On the Wings of a Dove“ und „Conspirator“ und man bedankte sich bei den anderen Bands der Tour und dann war es das auch schon.

Den Großteil der Anwesenden machten natürlich trotz allem die "Endstille"-Fans aus, auch wenn nicht halb so viele da waren wie beim letzten Endstille-Gig in München. Vielleicht waren es 200 Leute oder etwas mehr, ich kann es nicht sagen. Doch allen war eins gemeinsam: zumindest zu Beginn der Show schaute man einfach nur und versuchte natürlich, sich ein Bild von Neu-Frontmann Lugubrem zu machen (dass die Band auch einen neuen, zusätzlichen Gitarristen hat, ging dabei beinahe unter). Lugubrem hatte fast das gleiche Corpsepaint aufgetragen wie Iblis früher, sodass man die beiden von weitem vielleicht hätte verwechseln können. Doch schnell war klar, dass es trotz des gleichen Corpsepaints, dem ähnlichen Outfit (soweit man das beim Metal sagen kann, für Nicht-Metaller sehen die Metaller sowieso alle gleich aus) und dem vielleicht aus Kalkül ähnlichen Stage-Acting trotzdem nicht möglich ist, die beiden Bühnen-Persönlichkeiten zu vergleichen. Während Iblis einfach DAS brutal schreiende Frontschwein ist, das sofort seinen Kopf zwischen die Fans hängt und einem davon mit 5 cm Abstand direkt in’s Gesicht kreischt, geht Lugubrem viel subtiler vor. Mit seinen vielen Narben und den Piercings unter der Haut ("Implanting") hätte man ihm das draufgängerische Sofort-mit-den-Fans-eins-werden- Verhalten auch nicht abgenommen. Bei ihm ist es wohl auch so, dass man auf diese Schnitter-Typen (wie ich sie nenne) stehen muss (was bei einem Niklas Kvarforth und seinen Fans ja auch funktioniert). Wobei Lugubrem aber nicht als Emo-Typ rüberkommt, sondern (passend zu Endstille’s BM) als einer, der einfach große Lust am Schneiden hat. So nahm er doch mitten im Gig das Messer, das er schon zuvor gerne und oft in seinen Händen hatte, und schnitt sich mal eben in die Zunge, um dann mit ECHTEM Blut zu spucken. Da kann sich der ein- oder andere Möchtergern-Fiesling mal abschauen, was „echtes Blut spucken“ wirklich bedeutet. Autsch...

So unterhaltsam es auch war, Lugubrem auf der Bühne zuzuschauen... trotzdem muss man leider sagen, dass er stimmlich nicht mit Iblis mithalten kann. Er kann die Vokale nicht so schön endlos langziehen, kann nicht so furchterregend kreischen (obwohl er auch ein ganz schön übles Organ hat) und hat natürlich eine andere Stimme, an die man sich wohl erst gewöhnen muss. Bassist Cruor musste relativ viel stimmliche Unterstützung an manchen Stellen geben. Ein paar Textschwierigkeiten gab es auch (die aber wahrscheinlich nur mir aufgefallen sind... z.B. heißt der Song „Ripping angel flesh“ nicht „Ripping angel’S flesh“...) aber das ist natürlich nicht weiter schlimm. Neben eben erwähnten Song spielten Endstille auch „Dominanz“ (welches natürlich immer noch vom Drumming her der geilste Song überhaupt ist, daran ändern auch 100 Sänger-Wechsel nichts), „“Biblist Burner“, „Depressive/Abstract/Banished/Despised“, „Frühlingserwachen“, „Bastard“, „Navigator“ und „Der Hetzer“ sowie noch einen anderen Song, der mir entfallen ist. 
Der Sound war ganz okay, die Reaktionen des Publikums waren verhalten und die restlichen Musiker waren schwer am ackern, um möglichst viel aus dem Gig rauszuholen. Zusammenfassend kann man sagen (wobei ich natürlich nur für mich selbst sprechen kann), dass es schwer ist, sich bei Endstille an einen neuen Frontmann zu gewöhnen, dass ich aber trotzdem hoffe, dass Lugubrem bei der Band bleiben darf und die Chance hat, sich stimmlich noch etwas zu verbessern. Er ist total anders als Iblis, aber auch ein besonderer Typ (ich frage mich, wo die den „aufgegabelt“ haben und warum man vorher nichts von ihm gehört hat). Er könnte, sofern man ihm die Freiheit lässt, die Band in eine etwas andere Richtung führen, die aber nicht weniger „evil“ ist. Was allein die Bühnenshow betrifft, so steht schon’mal fest, dass sich bei Lugubrem die Geister scheiden werden, aber wo Fans abspringen, kommen andere. Die Band wird sich auf vielen Festivals erst’mal ganz neu beweisen müssen, denke ich. Falls jemals irgend jemand auf die Idee gekommen ist, zu überlegen, wer der Sieger wäre in einem Spiel namens „Schafft es Iblis, eine No-Name-Band nach oben zu bringen? Oder schaffen es Endstille auch ohne Iblis, für Furore in der BM-Welt zu sorgen?“ dem sei gesagt: es wird wohl beides eintreffen! Iblis wird mit welcher Band auch immer gut ankommen, und Endstille werden auch mit anderem Frontmann weiter bestehen. Tatsache ist trotzdem, dass es verdammt schade ist, dass die vorherige Bandkonstellation keinen Bestand hatte. Zusammen hätte man noch viel erreichen können. Aber gut, Endstille sind nicht die erste Band, die auf dem Zenith ihres Erfolgs getrennte Wege gehen... die Meinung der Fans interessiert da natürlich keinen. Bleibt zu hoffen, dass es beide „Parteien“ für sich selbst nicht bereuen werden.

 

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