Rapture, Over Your Threshold, Atomwinter, Skrotum

München, 16. Juni 2012

(Bericht: Surtr)

Dass Deutschland ein Land der Macher ist, wenn es um den Support der Metal-Szene geht, ist ja nun allgemein bekannt. Nicht umsonst findet im Sommer jedes Wochenende irgendwo in Deutschland ein Festival statt und sei es auch noch so klein, den Organisatoren ist es egal ob sie ein neues Wacken züchten oder nicht, es findet schlichtweg statt. Ebenso verhält es sich mit den kleinen Konzerten, die den Underground stützen. Verdienen tut im kommerziellen Sinne niemand wirklich viel. Aber darum geht es letzten Endes sowieso nicht. Im Endeffekt bleibt sowieso nur übrig worum es immer schon ging und weshalb die Metal-Szene trotz stilbedingter Endstationen immer noch lebt: Weil es einzig und allein darum geht Musik zu machen und das mit anderen Menschen zu teilen!

Stellvertretend für diesen edlen Grundgedanken diente am 16. Juni 2012 das Konzert „Giesing Rocks (Gentlemen... Destroy!)“ im gemütlichen 103er FZT Obergiesing in München für eine friedliche und gelaunte Schar Death-Metal-Fans zum Feiern und Abgehen zu qualitativ hochwertiger Musik. Das Billing bildeten vier herausragende Underground-Krachmacher-Kapellen: Rapture, Over Your Threshold, Atomwinter und Skrotum.

Trotz sommerlichen Juni-Temperaturen finden sich pünktlich zu Beginn schon mal genug Leute ein, um der ersten Band Skrotum Tribut zu zollen. Diese machen mit ihrer brutalen Zerstörung den perfekten Einstieg in den Abend. Nicht zuletzt Meshuggah lassen bei einem Brett, das irgendwo zwischen Grindcore und Deathcore umherwandert, grüßen. So vollführt der Vierer bei seiner arschtighten Performance den Geniestreich vertrackte Gitarren-Rhythmen mit lässigem Schlagzeug-Groove und Mörder-Blastbeats zu kombinieren. Dazu das brachiale Organ von Sänger David, der durch charmant-schüchterne Ansagen dem einen oder anderen Besucher ein Schmunzeln aufs Gesicht zaubert. Perfekt eingeblastet sind somit die ersten Zuschauer schon mal befriedigt. 

Nach und nach mehrt sich der Kreis der Zuschauer und so findet sich dann bei Atomwinter aus Göttingen eine beachtliche Zahl an Gästen ein. Insofern beachtlich, da die Halle voll wirkt, was bei den sommerlichen Temperaturen, die sowohl innen als auch außen herrschen nicht selbstverständlich ist.
Die in München ja nun doch eher unbekannten Atomwinter haben durch ihren „potenten“ Bandnamen viele Interessierte auf den Plan gerufen und wissen die Menge von Beginn an für sich zu packen. Kein Wunder, denn der straighte Death Metal der alten Schule knattert so unvergleichlich schön, dem kann man sich nur schwer entziehen. Songs der Demo sowie des neuen Albums mit dem pikanten Namen „Atomic Death Metal“ fetzen sowohl im Mid- als auch im Blastbeat-Tempo und bieten eine Melange aus niederländischer Todesmetall-Kunst, dem Feeling von Grave und Dismember, sowie dem Groove von Bolt Thrower. 
Schwere Geschütze sind hierbei die Songs „In Remembrance of Death“, „Entering the Gates“ sowie eine lautstark geforderte Zugabe in Form von „Burning Hate“. Was übrig bleibt nach diesem Konzert sind nicht nur glückliche Fans der alten Schule, sondern auch beeindruckte Gesichter, die mit der alten Schule doch eher wenig anfangen können!

Dass aus Bayern professionelle, etablierte Bands wie etwa Equilibrium, Dark Fortress oder Obscura kommen ist ja keine Neuigkeit mehr, gerade aber wenn es um letztere geht, haben sich Nacheiferer gefunden, die ihren Job mehr als gut machen. Diese Jünger des gepflegten Frickeltods nennen sich Over Your Threshold und haben nach einer fast anderthalbjährigen Bühnenabstinenz nun eine prall gefüllte Halle vor sich. In neuer Besetzung mit unter anderem Lukke von Age of Carnage am Gesang vollführt die Truppe Geniestreiche wie „Desolation Row“ oder „Cortical Blindness“. Dass die Band kurz zuvor bei Metal Blade gesigned wurde erscheint nachvollziehbar, denn schließlich beweisen die Herren Perfektion an ihren Instrumenten und haben Songs im Gepäck, die von vorne bis hinten krachen wie der Himmel an Silvester. Schwer fällt es eines der Instrumente hervorzuheben, da sowohl die blastend-vertrackte Drummaschine Jules, als auch die fliegenden Finger von Basser Chris und nicht zuletzt die massgebende Headless-Gitarrenfront um die Gitarristen Kille und Luke ihren Job mehr als gut machen. Dazu der keifende Gesang und alles scheint perfekt bei der Mixtur aus Cynic, Obscura und Death. Zu guter Letzt gibt es noch einen Gastauftritt von Ex-Sänger Leo, der mit seinem Zitat „Joah, meine Ansagen sind immer noch nicht besser geworden!“ den Hammer zwar voll auf den Nagel schmettert, trotzdem aber durch diese „Unbeholfenheit“ und nicht zuletzt durch sein Bad-Ass-Outfit das Publikum bei all der musikalischen Machtdemonstration doch noch auch zum Schmunzeln bringt. 
Höhepunkte gibt es eigentlich keine. Der gesamte Auftritt ist ein einziger Höhepunkt. Melodisch, rasant, episch und technisch hochwertig schnürt „Obscure Mind Stasis“ den Sack dann aber doch am engsten zu. Trotz nicht ganz so gutem Sound machen Over Your Threshold alles richtig! Perfekt! Welcome back on stage!

Den Abschluss macht dann Rapture. Man kann sagen was man will, aber die Herren wissen wie's geht! Sänger Chris geht ab wie ein von der Tarantel gestochen und röchelt sich die Seele schier aus dem Leib. Daneben ist die Instrumentalistenfront ordentlich am Schädeln! Mit ihrem Sound-Monster aus Death 'n' Roll und Grindcore zelebrieren sie musikalisch zwar Zerstörung lassen aber an allen Ecken auch Humor durchstrahlen, der vor allem durch den Dialog zwischen Gitarrist Eric und Sänger Chris zustande kommt. Aber auch durch hier und da eingestreute bewusste Stilbrüche mit Karibik-Atmosphäre im Wechsel zu brachialem Old-School-Grind. Der vage Vergleich zu Macabre drängt sich auf. Schade nur, dass die meisten aus dem Publikum mittlerweile arg erschöpft sind. Denn mittlerweile verweilen viele Besucher doch eher an der milden Abendluft vor der Halle. Doch die wackeren Fans von Rapture gehen natürlich trotzdem ab zu Songs wie dem großartig vielschichtigen „Brain Buster“. 

Um Mitternacht ist dann Schluss und damit endet auch dieser großartige Konzertabend. Großartig aufgrund von toller Musik, einer entspannten Atmosphäre und nicht zuletzt wegen den Fans die in der gemütlichen Location 103er gefeiert haben. So kann man mit Fug und Recht behaupten, dass der Abend ein voller Erfolg war!

 

 

 

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