Helion Festival 2009

München, 24. Oktober 2009

(Bericht: Tanja + Twilightheart)

Am 24. Oktober 2009 fand in München zum zweiten Mal das „Helion-Festival“ statt, welches von den Inhabern des gleichnamigen „Helion“ Studios veranstaltet wird. Genau wie im letzten Jahr wurde  Wert darauf gelegt, das Angebot der Musikstile möglichst breit zu fächern. 

Im Vorfeld hatte es ein Voting gegeben, bei dem man abstimmen konnte, welche Band man als Opener sehen möchte. Zur Teilnahme bekamen alle bayrischen sogenannten „Newcomer“-Bands die Chance. Gegen „Bleeding Red“ hatte keine weitere Band eine Chance, da wohl alle Klassenkameraden und Kumpels der Jungs fleißig mitgevotet haben. Eben diese ganze Freundesschar wollte extra mit einem Bus zum Festival kommen, um Bleeding Red zu unterstützen, wie die Band mitteilte. Gerne hätte ich mir diese kleine Party als Zuschauer gegeben, doch leider war es gleich beiden Schreiberinnen dieses Berichts nicht möglich, pünktlich durch die Einlässe zu kommen. Da sich die Fotografen, Gäste etc. den Eingang mit den Käufern eines Abendkasse-Tickets teilten, stand natürlich eine lange Schlange an, als wir kamen. Wir waren später froh, noch das Ende von Atargatis sehen zu können. 
Doch am Haupteingang war es auch nicht besser. Auch dort zog sich der Einlass hin, was bei 1200 zahlenden Gästen natürlich zu erwarten war. Dies ist natürlich ein Kritikpunkt, der den Veranstaltern sicher bewusst war, aber das „Backstage Werk“ hat nun’mal ein zu großes Fassungsvermögen, als dass man mal eben schnell so viele Leute durch den einen Eingang (mit nur einem Kontrolleur) bringt (das selbe Problem hat man leider regelmäßig bei allen gutbesuchten Metal-Gigs in diesem Venue). Sicherlich waren die meisten Besucher nicht traurig, „nur“ Bleeding Red verpasst zu haben, da die Band den meisten sicher unbekannt ist, aber die Jungs liefern trotz ihres jungen Alters eigentlich ganz vernünftigen Death ab, insofern wissen die meisten gar nicht, dass sie tatsächlich etwas verpasst haben. 

Im übrigen wurden zwei Bühnen bespielt (in verschiedenen Hallen/Clubs auf dem Gelände), so dass es keine Überschneidungen und keine Wartezeiten bei den Auftritten gab. Wobei es schade war, dass der kleine Club als 2. Location herhalten musste. Es sollte eigentlich die etwas größere Halle dazugemietet werden, doch diese war durch ein Hip-Hop-Event belegt gewesen (bei dem am Ende ca. 70 Leute waren... also die Locations an diesem Abend einvernehmlich zu tauschen, hätte es voll gebracht... ). 

Wie gesagt bekamen wir von der nächsten Band, Atargatis, nur noch das Ende mit. Die Gothic-Metaller spielte auf der Hauptbühne. Ich hatte die Band kurz zuvor das erste Mal live gesehen (damals mit miserablem Sound und dementsprechendem Gesang, der nicht gerade als „Weltklasse“ bezeichnet werden konnte, um es mal nett auszudrücken). Hier beim Helion Festival hatten die Regensburger einen wesentlich besseren Sound als damals, und so kam die Musik gleich viel angenehmer rüber. Frontfrau Stephanie war ein Energiebündel auf der Bühne und zog natürlich alle Blicke auf sich. Wie gesagt bekamen wir nur noch das Ende des Gigs mit, allzu viel bleibt also nicht mitzuteilen. (Twi.)

„Cold rush“ – nicht zu verwechseln mit „The Cold Rush“ – hatten einen vermutet eher undankbaren Slot auf der Club-Stage vor Dark Fortress um 16 Uhr bekommen. Allerdings wurde meine Befürchtung, dass die Besucherzahl bei Ihrem Gig dank der noch frühen Stunde  eher mäßig sein wird, nicht wahr und so war der Club schon sehr gut gefüllt, ja eigentlich sogar voll. Das gibt den Musikern natürlich auch ein gutes Gefühl und so war der Grundstein für einen gelungenen Auftritt schon gelegt. Volles Haus, motivierte Musiker – was will man mehr. Als die 5 auf die Bühne kamen ging es nach dem Intro auch sofort los mit „Mental Penitentiary“ gefolgt von „Fields of Glass“ und „Trust no one“.  Den Metalheads gefiel, was sie da zu hören bekamen. Elektronische Beats treffen harte Gitarren, gepaart mit eingängigen, rhythmischen Hardcore - Vocals. Eine Ähnlichkeit zu Größen wie „Ministry“ ist nicht von der Hand zu weisen und auch gewollt. Die Stimmung im Publikum war genial, was nicht zuletzt an der tollen Bühnenarbeit der „Cold rush“er lag. Sänger Basti hätte wohl ein Fußballfeld zur Verfügung haben können und hätte dieses auch genutzt – sehr bewegungsfreudig!!! Später war es an der Zeit für das Rammstein-Cover „Ich will“. Spätestens nach diesem war jeder im Club gefangen. Nun folgten noch „Warstomp“, „Karmageddon“ und „Daily Crime“, allesamt vom aktuellen Album „The Illness“. Was bleibt noch zu sagen? Klasse Auftritt, gute Musik – das kommende Album „Disclosing the vicious seeds“ wird von mir mit Spannung erwartet. (Tanja)

Die Melodic-Black-Metaller von „Dark Fortress“ hatten eine eher unpassende Spielzeit um 16:50 Uhr bekommen. Doch die Befürchtungen der Band, sie würden vor Publikum spielen, was noch nicht „in Stimmung“ ist, sollte sich nicht bewahrheiten. Gleich bei den ersten Tönen von „Poltergeist“ gingen zumindest die Fanaten in den vorderen Reihen gut mit. Zwar war Sänger Morean nicht ganz so agil wie bei manch anderem Gig, aber trotzdem gab er zumindest stimmlich alles, und zusammen mit dem recht gutem Sound schafften er und seine Bandkollegen es trotzdem, die besondere „Dark Fortress“-Aura zu erzeugen. „The Silver Gate“ war wohl eher Pflicht, doch dann kam die Kür mit einem Reißer nach dem anderen: „Catawomb“, „To harvest the artefacts of mockery“, „No longer human“ (was mir persönlich am besten gefällt) und „When 1000 crypts awake“. Schon während all dieser Songs riefen viele Fans immer wieder nach „Baphomet“. Die Band rechnete wohl aus der Erfahrung heraus schon damit, dass dieser Song die größte Resonanz hervorruft, insofern platzierten sie ihn gekonnt am Ende des Gigs als brachiales Finale, was von vielen noch’mal ausgiebig zum headbangen genutzt wurde, bevor Morean die Band mit einem urbayrischen „Servus“ verabschiedete. (Twi.)

Danach gab es im kleinen Club gegenüber mit „Crystallion“ eine Abwechslung. Da mir die Band unbekannt war, musste ich mich von einem Fan in der ersten Reihe erst’mal aufklären lassen, dass es sich um Powermetal a la „Hammerfall“ handelt. Na ja, ganz so schlimm wie Hammerfall war es dann zum Glück doch nicht. Nein, Spaß beiseite! Was zuerst auffiel, war ein Frontmann, der sich auf der Minibühne trotz allem bewegt, als spielt er auf der riesigen Party-San-Bühne. Mit vollem Körpereinsatz regierte er die Bretter des Clubs. Auch stimmlich zauberte er viele schwierige Töne hervor, die sich zu einem melodischen Ganzen fügten. Seinen Bandkollegen merkte man an ihrem hingebungsvollen, zum Teil kniffligen Spiel die Routine und Spielfreude an. Insofern hinterließen die bayrischen Powermetaller einen guten Eindruck bei all jenen, die eine Affinität zu dieser Stilrichtung haben und sich den Gig angeschaut haben. (Twi.)

„Suidakra“ – die Herren um Arkadius Antonik hatten das „Backstage Werk“ sehr gut gefüllt und gegen 18:30 Uhr ging es mit einer kurzen Verspätung auch schon los. Auch hier war die Stimmung von Anfang an am Kochen und das Publikum wurde immer wieder mit Erfolg motiviert. Singen, bangen – eben alles was dazu gehört. Wie leider schon des öfteren auf  Suidakra-Konzerten erlebt,  gab es hier zu meiner riesigen Freude keine Soundprobleme. Überhaupt gehörte dieser Auftritt zu einem meiner Highlights in der Suidakra-Live-Geschichte. Das lag wohl nicht zuletzt daran, dass einer meiner Lieblingssongs vom aktuellen Album „Crógacht“ gespielt wurde: „Isle of Skye”. Aber auch ältere Titel wie „Darkane times“ kamen nicht zu kurz. Dann war es nach gut 40 Minuten auch schon wieder viel zu schnell vorbei. (Tanja)

Dann war es an der Zeit für die Modern-Deather von „Emergency Gate“. Im Vorfeld hab ich natürlich ein wenig bei MySpace reingehört und mir die Page angeschaut. Das alles sieht ja ganz vielversprechend und positiv aus. Leider war der Gig alles andere als das. Der Funke wollte nicht so recht auf’s Publikum überspringen, die Jungs hatten null Platz auf der Bühne, wirkten irgendwie verunsichert – als ständen sie das erste mal auf einer Bühne. Die Keyboardparts wirkten nicht so recht und waren schlecht zu hören und überhaupt wirkte alles etwas unkoordiniert. Einzig und allein Ex-Suidakra-Mitglied Matthias Kupka relativierte diesen Eindruck. Seine teilweise cleanen Vocals waren auffallend sauber und klar. Von vielen hochgelobt – aber am besten macht sich jeder sein eigenes Bild! (Tanja)

Als ich einige Tage vor’m Festival die Running Order las, konnte ich es nicht fassen, dass gerade die Deather von „Debauchery“ die beste Spielzeit auf der Hauptbühne bekommen haben. Ich habe die Band vor einigen Jahren (und einigen Besetzungswechseln) das letzte Mal live gesehen und war damals nicht unbedingt begeistert. Mir war wohl nicht bewusst, wie beliebt die Band mit der Zeit  augenscheinlich geworden ist. Denn gleich bei den ersten Takten war die Stimmung in der Haupthalle am kochen. Blutverschmiert kamen die Stuttgarter auf die Bühne und eroberten mit ihren Splatter-Texten die metallischen Fanherzen im Sturm. Der Sound war grandios und vor allem die tiefen Bass-Töne kamen voll zur Geltung, man hatte manchmal das Gefühl, dass die Halle bebt. Ein brutales Death-Brett nach dem anderen überrollte die Fans und machte alle einen symbolischen Kopf kürzer. Debauchery haben den Anwesenden gehörig gezeigt, wo der Hammer wirklich hängt... 

Nachdem „Riger“ im vergangen Jahr aus widrigen Gründen nicht auf dem Helion spielen konnten, wurde der Gig dieses Jahr nachgeholt. Als Band mit dem längsten Anfahrtsweg blieben einige Hindernisse nicht aus. So stellte man irgendwann fest, dass das Tape mit dem Intro bei dem Stress vergessen wurde. Es musste also improvisiert werden. Noch dazu mussten sich Riger auf die kleine Bühne des Clubs quetschen. Da auch viele Besucher die Band sehen wollten (sie spielen ja nun nicht gerade oft in München), gab es ein unglaubliches Gedränge in dem kleinen Club. Soweit ich weiß, kamen einige Fans am Ende gar nicht mehr rein. Schade. 
Der Gig begann mit „Wenn das Licht uns nimmt“ und „Brandschiff“. Während die Fans in den ersten Reihen sofort ordentlich abgingen, gab es auch viele, die interessanterweise einfach nur wie gebannt auf die Bühne schauten, als gäbe es Exoten zu bestaunen. 
Die Musiker beherrschten ihre Parts natürlich aus dem FF und die Gitarrenriffs klangen dementsprechend sauber und brachial. Vielleicht lag es an der kleinen Bühne und der damit verbundenen Einschränkung der Bewegungsfreiheit, dass das "Sturm-und-Drang"-Verhalten der Band dieses mal visuell nicht so richtig durchkam. Aber rein stimmlich war Frontmann Ingo in guter Form und so präsentierte er auch die schwierigeren der neuen Songs mit Präzision. Intensives, aggressives Kreischen und Growlen sorgten für den ultimativen Kick. Ingo würgte uns die Lyrics mit viel Biss und Schmackes rein. 
Es folgte „Hinter Mauern aus Stein“, einer der besten Songs vom neuen Album „Streyf“. Das unvermeidliche, aber immer wieder gute „Auf die Ahnen“ gab’s direkt im Anschluss und lauthals wurde der Refrain mitgegrölt. Bei „Wjerewulf“ und „Des Blutes Stimme“ wurde es natürlich auch nicht ruhiger. Dann folgte noch der Song, den meines Erachtens  speziell Männer favourisiren:  „Ehr’ im Sieg, Ehr’ im Fallen“ und es war kaum zu fassen, dass der Gig beinahe schon wieder zuende war. Doch es folgte noch ein längeres Stück, in das man sich beim zuhören schön vertiefen kann: der Titelsong des neuen Albums „Streyf“. Unter verdientem Applaus verließen Riger die wahrscheinlich kleinste Bühne, auf  der sie je gespielt haben. (Twi.)

Nun versammelten sich auf der Hauptbühne überraschenderweise die Veranstalter und Mitglieder ihres Organisatoren-Teams, um eine kurze Ansprache zu halten, die im Prinzip eine Danksagung an die Fans darstellte, die gekommen waren und das Festival zum Erfolg gemacht haben, was dann auch mit beiderseitigem Applaus gewürdigt wurde.

„Equilibrium“ ließen danach auf der Hauptbühne so richtig den Headliner raushängen. Ob das ganze Tamtam wirklich nötig gewesen wäre, weiß ich nicht. Aber ein Eyecatcher war es allemal. Und außerdem: Wer kann, der kann! Die Band stand zu Gigbeginn auf Boxen und ließ sich erst’mal feiern, bevor sie loslegten. Eine Nebelmaschine, Ventilatoren und natürlich reichlich Lichteffekte waren eine konstante visuelle Unterstützung für die pompöse Selbstinszenierung. Zwar gab es gleich zu Anfang eine Panne und der Drummer schaute etwas ratlos drein, als die Band zu spielen aufhörte, aber der Stimmung tat dies keinen Abbruch. Weder bei den Fans, die abgingen wie Schmidts Katze, noch bei der Band. Frontmann Helge lachte die ganze Zeit, als hätte ihm jemand Glückshormone in’s Bier geschüttet, und kokettierte in gewohnter Art mit seinen Fans (gleich nach dem ersten Song gab’s ein nett gemeintes „Danke, ihr Arschgeigen“ von ihm). 

Die Band ackerte sich durch ihr gesamtes Repertoire, Augenmerk natürlich auf den Lieblingssongs der Fans (Snüffel, Blut im Auge, Der Sturm, Unter der Eiche, Met, Nordheim usw.). Die Zahl der Crowdsurfer stieg und überall brüllte man die Texte mit. Vor allem bei „Met“ gab’s wie immer kein Halten mehr. Und so feierten Band und Fans gemeinsam eine gute Stunde lang, bevor sich die Musiker abermals auf die Boxen begaben, um sich zum Abschluss erneut feiern zu lassen. Obwohl der Sound am Anfang nicht immer unbedingt einwandfrei war, kann man diesen Auftritt als den erfolgreichsten des Festivals bezeichnen, was die Resonanz der Fans betrifft. Und ich mutmaße einfach mal, dass Equilibrium auch beim „Helion 3“ wieder mit von der Partie sein werden. (Twi.)

Danach mussten wir auch schon zur S-Bahn bzw. zur den letzten Zügen, die noch aus München in Richtung heimatliche Kuhdörfer fuhren, wodurch wir die letzte Band des Festivals verpassten.
Im übrigen gab es auch etliche Autogrammstunden auf dem Festival, aber durch den nahtlosen Übergang der Spielzeiten wird es keinen Fan gegeben haben, der alles mitbekommen hat oder alles mitnehmen konnte an Bands und Autogrammstunden, was vielleicht auch das Manko des Festivals darstellt. Aber im großen und ganzen ist das Festival natürlich eines, bei dem das Positive bei weitem überwiegt (für manche Ärgernisse wie z.B. die Bierpreise des „Backstage“ o.a. können die Veranstalter eh nichts). 
Die Bandauswahl, die hier jedes Jahr vorgenommen wird, richtet sich erfreulicherweise nicht nach dem üblichen langweiligen Muster „Wer tourt gerade und kann dann auch gleich beim Festival vorbeikommen?“, sondern die Veranstalter haben ihren eigenen Stil und lassen (da sie den Bands den Vorzug geben, mit denen sie befreundet sind oder die bei ihnen aufgenommen haben) eine ganz eigene Mischung die Konzerthallen rocken. Bleibt einfach zu hoffen, dass das Festival Bestand haben wird.

Der Boss (Besitzer des Helion-Studios und Hauptveranstalter des Festivals) im Publikum:

 

Hier noch'mal Links zu den Fotos der Bands:

Atargatis
Cold rush
Crystallion
Dark Fortress
Debauchery
Emergency Gate
Equilibrium
Riger
Suidakra

 

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