Vreid, Kampfar, Secrets of the moon, Krakow

München, 5. Juni 2011

(Bericht: Twilightheart)

Am 5. Juni machte die Tour von Vreid – Kampfar – Secrets of the moon Station in München. Da gerade ein paar große Festivals vorbei waren, fürchtete ich schon, dass keiner mehr Kohle übrig hat, um sich diesen Gig noch zu geben. Aber zum Glück waren es am Ende doch so um die 200 Besucher, die den Weg in die „Backstage“-Halle fanden. Das kann man gerade noch so unter „annehmbar“ verbuchen.

Da mir Kampfar schon vor dem Gig erzählten, dass alle Bandmitglieder von Kampfar große Fans des Support-Acts „Krakow“ sind, achtete ich natürlich darauf, pünktlich zu sein, um Krakow aus Norwegen nicht zu verpassen. Allerdings konnte man die Stilbeschreibung, die im Web steht, mal wieder in die Tonne kloppen, wo „Krakow“ mangels anderer Beschreibungsmöglichkeiten unter „Stoner Metal“ laufen. Allerdings kann man sich als Metal-Fan sicher mehr darunter vorstellen, wenn man hört, dass Krakows Musik eher dem Stil von Sólstafir gleicht: sehr atmosphärisch, in den langsamen Passagen extrem gefühlvoll, während die schnellen Stücke einen gewissen Drive haben. In jedem Fall aber sind die Songs von Krakow sehr ambitioniert und leidenschaftlich. Auf CD gibt die Musik sicher einiges zu entdecken her. 
Hier am 5.6. in München ließen Krakow sich auch nicht lumpen. Obwohl anfangs noch recht wenige Zuschauer anwesend waren, boten sie spielerisch hochwertigen Metal und man hatte schon jetzt die leise Ahnung, dass dieser Konzertabend mal wieder einer jener werden könnte, an dem man von der ersten bis zur letzten Band einfach qualitativ Hochwertiges geboten bekommt. 

Bei einem der wuchtigsten Midtempostücke des Sets kam plötzlich Dolk von Kampfar auf die Bühne geschossen und grölte kurzerhand den Refrain mit ins Mikro. Aufgrund von Textsicherheit und bedingungsloser Hingabe war klar, dass er wirklich verschossen ist in die Musik dieser Band. Ich möchte jetzt zwar nicht sagen, dass der Refrain von Dolk gesungen viel besser klang als von Krakows Frontmann.... obwohl...  doch... das war wohl so. ;-) 
Vor allem in den schnelleren Tracks mit viel temporeichem Growling sagt mir persönlich die eher kratzige Stimme von Krakows Sänger nicht wirklich zu. Nichtsdestotrotz war wie gesagt die Musik Güteklasse 1A und ich werde mir den Bandnamen sicher gut merken, um sie nicht zu verpassen, sollten sie mal wieder live in der Nähe spielen.

Krakow + Dolk:

Während ich beim letzten Gig von Secrets of the moon, den ich besucht hatte, nur Soundbrei gehört hatte, war die Soundqualität heute viel besser (was bei dem Equipment im „Backstage“ nicht unbedingt die leichteste Mission ist). Ich möchte sogar meinen, dies war der erste Gig der Band, bei dem ich die Musik einmal in ihrer ganzen Pracht zu hören bekam. Alles war stimmig und klang harmonisch, die Gitarrenwände bauten sich auf, kraftvoll wurden uns die komplexen Werke der Band um die Ohren gehauen, so dass es alles in allem ein Hochgenuss war. Zwar knackte und knisterte es trotzdem in den Boxen und einiges vom ursprünglich sauberen Klang ging sicher trotzdem verloren, aber die präzise Spielweise der Band haute es einfach wieder raus. Auch waren die Bandmitglieder offensichtlich motiviert und schufteten beinhart, vor allem der Schlagzeuger, der beim „arbeiten“ einfach eine Augenweise ist (man muss dazu sagen, dass es an diesem Tag draußen schwül-heiß war, was in der Halle kaum besser war... alle Bands, die an diesem Abend auftraten, waren definitiv nach dem ersten Song nassgeschwitzt). 
Das Publikum ließ sich von der Emotionalität der Band anstecken und es waren nicht nur weitaus mehr Fans in der Halle als bei der Vorband, auch kreisten nun schon mal öfter die Matten und Secrets of the moon ernteten nach jedem Song den verdienten Applaus.

Nach kurzer Umbaupause (bei welcher neuerdings im „Backstage“ dekadenterweise immer der rote Bühnenvorhang zugezogen wird), kam Schlagzeuger Ask als erster auf die Bühne, um den Gig von Kampfar zu eröffnen. Gefolgt von dem neuen Gitarristen und einem Aushilfsbassisten (der zwar visuell was hermacht und sich auf der Bühne echt abrackert, aber mir persönlich fehlt trotzdem Urbassist Jon und ich hoffe, er ist bei der nächsten Tour wieder dabei). Wie ein Derwisch kam dann auch Frontmann Dolk auf die Bühne und schien vor lauter überschüssiger Energie beinahe zu platzen. Zum Opener des neuen Albums „Mare“ wurde der Kampfar-Gig eröffnet und immer noch muss ich mich daran gewöhnen, dass Dolk nicht mehr wie der Naturbursche direkt aus Norwegens Wäldern auf die Bühne kommt, sondern im Stil des neuen Albums jetzt schwarz gekleidet ist und schwarz umrandete Augen hat. Mir persönlich wäre es lieber, wenn Kampfar auf diesen Zug nicht aufgesprungen wären, aber ich ließ mir sagen, dies passt eben zum neuen Album, welches einfach dunkler und ernsthafter/bedrohlicher ist als die Vorgänger. 

Doch zur Musik. Obwohl die Tour schon eine Weile lief, waren alle Musiker in Hochform. Bassist und Gitarrist konnten trotz kurzer Vorlaufzeit ihre Parts blind im Schlaf spielen und Schlagzeuger Ask ist sowieso ein Perfektionist, der sich keine Verspieler erlaubt (er steuert bei einem Song des neuen Albums übrigens Vocals bei, auch live, was ziemlich klasse klingt). Auch Dolks Stimme war noch top in Schuss. Er growlte, als hätte er seine Stimme gerade frisch geölt und tagelang geschont. Mit der gewohnten dolkschen Mischung aus Aggressivität und unbändiger Leidenschaft growlte und sang er sich durch Tracks von wirklich allen Alben (wenngleich auch einige Favoriten der Fans weichen mussten, z.B. Hymne) , nämlich nach „Mare“ noch „Inferno“, „Troll. Død og trolldom“, Norse“, „Huldreland“, „Vettekult“ und „Altergang“. Seine Energie schien dabei grenzenlos zu sein. Er konnte überhaupt nicht mehr aufhören damit, mit seinen Armen wild zu gestikulieren, zumeist in Richtung Fans, um diese zu animieren. Auch seine Mimik war entsprechend. Vom Zunge-rausstrecken bis Augen-verdrehen war alles dabei. Mir persönlich würde es nicht fehlen, wenn er das Gepose demnächst weglässt, aber natürlich muss er sich auf der Bühne ausleben dürfen. Und es entspricht nun mal seinem Naturell, wild und unbändig zu sein. 
Gegen Ende des Gigs sprach er zu den Fans und bedankte sich für den Zuspruch. Er meinte, das klinge zwar wie eine Phrase, aber er meine es wirklich ernst, wenn er sagt, dass er sich zusammen mit allen Anwesenden wie in einer kleinen Familie fühlt. Natürlich durfte zumindest von den Lieblingsliedern der Fans „Ravenheart“ nicht fehlen, welches den Abschluss des Gigs bildete. Kampfar schafften es tatsächlich, dass die Anwesenden sich zu vehementen „Zugabe“-Rufen hinreißen ließen, was die Band stolz gemacht hat, hörten sie den Sprechchor doch backstage laut und deutlich.  

Ich hätte jetzt gut und gerne nach hause gehen können/wollen. Nach einem gelungenen Kampfar-Gig brauche ich nichts anderes mehr, zumal alle Bands hinter Kampfar nur zurückstehen können. Ganz besonders Vreid, die zwar musikalisch ebenfalls Perfektion abliefern, aber mich persönlich konnten sie noch nie auf der emotionalen Ebene berühren, wenngleich auch ihr musikalisches Können zeitweise sogar mich zu begeistern weiß (lieber ein Gig von Vreid, als einer von der hundertsten Möchtegern-BM-Band, sagen wir es mal so). Sie spielen alles perfekt und man könnte nichts nennen, was nicht genre-cool oder spielerisch auf hohem Niveau und abwechslungsreich ist, aber ich höre in ihrer Musik einfach nicht das, was andere offensichtlich rein auf der Gefühlsebene hören. Offensichtlich geht es einigen wenigen anderen genauso, denn es verließen doch ein paar Leute die Halle vor Vreids Auftritt und kamen auch nur vereinzelt später wieder rein. Insofern möchte ich den Gig jetzt so beschreiben, dass die verbliebenen Fans eine augenscheinlich sehr gute Zeit hatten, zumindest wurde geheadbangt, was das Zeug hielt und die Band wurde heiß umjubelt. Sie brauchten sich nicht sonderlich anstrengen, was Stage-Action betrifft, das aalglatte Spiel schien zu reichen, um die Anwesenden zufrieden zu stellen. Der Gig wurde mit dem obligatorischen „Pitch Black“ beendet und ich denke, es gab mit Sicherheit niemanden, der das Gefühl hatte, dass der Gig das Eintrittsgeld vielleicht nicht wert war. 


Fotos von den Bands findet ihr in den "Concert photos"!

<<<zurück zu den Konzertberichten

 

besucherzählerXStat.de