Unleashed, Grave, Entombed, Dismember

Hannover, "Faust" - 18.November 2006

(Bericht: Wiebke)

Seit August freue ich mich auf diesen Abend, quasi seitdem ich die ersten Ankündigungen gelesen habe. Und eigentlich kann ich es immer noch kaum glauben, dass diese vier Bands wirklich zusammen auf Tour gehen, da jede absoluten Headlinerstatus inne und Death Metal-Geschichte geschrieben hat. Das scheinen auch zahlreiche andere Leute so zu sehen, denn schon knapp zwei Stunden vor Einlass stehen zahlreiche Nasen vor dem Eingang und genehmigen sich die ersten mitgebrachten Biere. Hier und da wird schon spekuliert, in welcher Reihenfolge wohl gespielt werden wird. Endlich ist es 19 Uhr, und sofort herrscht ein Gedrängel, dass einem angst und bange werden kann. Die Ordner müssen ihre gesamte Kraft aufwenden, um nicht einfach umgerissen zu werden. Anscheinend haben viele im Vorfeld keine Karte mehr ergattern können, so dass sie nun auf die letzten Abendkassentickets spekulieren. Heile im Inneren angekommen, schaue ich erstmal am Merchandisestand vorbei, wo sich die T-Shirt Preise teilweise als ziemlich gesalzen erweisen. Schade ist auch, dass es keine Tour-Shirts mit allen Bands drauf gibt, die sicherlich eine coole Erinnerung an diesen Abend wären.

Überpünktlich beginnen die Musiker von Exterminator, die wohl vielen unbekannt sein dürften, obwohl die Band bereits seit 1991 aktiv ist. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn das hannoversche Publikum zeigt sich heute Abend von seiner offenen Seite und bereitet den Belgiern einen warmen Empfang. Obwohl noch kaum Bewegung herrscht und die ersten Reihen nur locker gefüllt sind, gehen die Fans von Beginn an gut mit. 

Das Quartett bietet einen Mix aus Death und Thrash Metal, die sich ziemlich Old School-mäßig anhört und ordentlich knallt. Daran haben die Riffs, die mal wuchtig mal wie Maschinengewehrsalven aus den Boxen dröhnen, einen nicht unwesentlichen Anteil. Frontmann Jacky gröhlt sich die Seele aus dem Leib und klingt beizeiten ein bisschen wie Tom Araya. Aber auch sonst ist auszumachen, dass Slayer deutlichen Einfluss auf die Musik gehabt haben. Das kommt an, und so können Exterminator schon ordentlich Applaus verbuchen, die teilweise auf Deutsch gemachten Ansagen erhöhen den Sympathiewert noch weiter, so dass beide Seiten mit dem Auftritt zufrieden sein dürfen.

Setlist: …Liberty…Death – The Kill – Hysteron Proton – Road Crash Rebellion – Fragments… – Opaque Ordeal – Church Of Chaos – World Witihin – Tragedy…Rejoice

   

Schon in der Umbaupause herrscht ein leichtes Gedrängel, da jetzt irgendwie alle weiter nach vorne wollen. Lauthals werden die beiden Gitarristen von Unleashed begrüßt, die auf die Bühne kommen und ihre Instrumente stimmen. Kurze Zeit nimmt auch Anders hinter seinem Drumkit Platz, und als Johnny zu seinem Platz am Mikroständer kommt, gibt es kein Halten mehr. Der Moshpit wird  sowohl vor als auch auf der Bühne eröffnet, es hagelt die ersten Stagediver, und Sympathiebolzen Johnny spornt die Massen zusätzlich an. Seine Ansage vor „To Asgard We Fly“ geht vollkommen im Gejohle unter. Überall um mich herum fliegen Haare, was ein imposanter Anblick ist. „The Immortals“ wird ebenfalls gnadenlos abgefeiert, dieser Song lädt mit seinem etwas langsameren Tempo aber auch wunderbar dazu ein. Fredrik und Tomas tauschen von Zeit zu Zeit die Seiten, ziehen Grimassen, feuern die Fans vor ihnen an und klatschen zwischendurch unzählige Hände ab.  Aber auch neue Songs wie zum Beispiel „In Victory Or Defeat“ kommen gut an, auch wenn der Bewegungsdrang nicht ganz so immens ist. Ganz zum Schluss wird dann aber auch endlich der Song gespielt, nach dem es viele Unleashed-Jünger schon lange dürstet: „Death Metal Victory“. Johnny fordert alle auf, indem er „scream for me“ brüllt, die ersten Versuche klingen allerdings etwas schwachbrüstig, so dass das noch ein paar Mal wiederholt wird, bis der „Chor“ der Band zusagt. Danach prostet Johnny allen mit seinem gewaltigen Trinkhorn zu, ehe man sich nach 45 Minuten Spielzeit unter Zugabe- und Unleashed-Rufen verabschiedet.

                             

Als nächstes sind Entombed an der Reihe. Die Herren beginnen mit „When In Sodom“ und „Carnage“ von der aktuellen Mini-CD. Die Songs rocken ordentlich und finden bei den Old School-Fans nicht den ganz großen gefallen, dementsprechend geht es zunächst auch ein bisschen gesitteter zu. Danach wird die Stimmungsschraube aber mit Songs wie „Crawl“, „Rebel In Flesh“ oder „Sinners Bleed“ mächtig angezogen. Frontmann Lars Göran wuselt leicht chaotisch über die Bühne und schwitzt schon nach kurzer Zeit so stark, dass ihm die Haare wirr vom Kopf abstehen. Seine Mimik trägt ebenfalls dazu bei, dass er bei mir ein bisschen den Eindruck eines verrückten Professors erweckt. Außerdem ist an ihm ein Animateur verloren gegangen, denn seine Hüpfeinlagen in Richtung der Leute, die an der Balustrade stehen, sind einfach klasse! Seine Mitmusiker geben den Groove vor, dem sich alle anschließen, so dass die Temperatur noch um ein paar Grad zunimmt. „Left Hand Path“ darf natürlich auch nicht fehlen. Auch wenn die Reaktionen nicht ganz so überschwänglich wie bei Unleashed ausgefallen sind, haben Entombed einen klasse Auftritt hingelegt, der von immenser Spielfreude gezeugt hat!

Kurze Umbaupause  - Zeit für eine dringend benötigte Erfrischung und dann schnell wieder vor die Bühne. Die ersten drei Takte von „Override The Overture“ sind noch ruhig, die Fans scheinen ersteinmal abzuwarten, aber dann bricht die Hölle los. So etwas habe ich in der Faust noch nicht erlebt. Ich weiß nicht wie viele Leute mir in den Rücken gesprungen sind, aber der Mob ist definitiv am Toben! Das wiederum motiviert natürlich die Instrumentenfraktion von Dismember, die ebenfalls sichtlich Spaß hat. Mal stellen sie sich Scorpions-like zu dritt nebeneinander und schwenken synchron Gitarren und Bass, dann fegen sie über die Bühne und schubsen sich fast gegenseitig um oder strecken sich die Zunge raus. Nur Matti scheint das wenig zu interessieren. Er steht mittig wie ein Fels in der Brandung, hält sich an seinem Mikroständer fest und growlt was die Stimmbänder hergeben. Und er hat einen verdammt guten Tag! Das Quintett kennt kein Erbarmen, ein Knaller folgt auf den nächsten, so dass sie sich beispielsweise mit „Casket Garden“ oder „Dreaming In Red“ zu einem wahren Triumphzug aufmachen. Mittlerweile rinnt das Kondenswasser an den Wänden herunter… Mir persönlich gefallen die etwas ruhigeren Sachen, zu denen man so richtig schön die Haare ventilieren lassen kann, am besten, aber die enthusiastischsten Reaktionen folgen auf die ultra-brutalen Stücke. So vergeht die Zeit wie im Fluge, und Matti verlässt vollkommen durchgeschwitzt die Bühne, nur um noch einmal zurückgebrüllt zu werden. Und mit „I Saw Them Die“ verabschieden sich die Herren dann endgültig, und Dismember können mit Stolz behaupten den Gig des Abends gespielt zu haben.

So langsam machen sich dann doch leichte Ermüdungserscheinungen beim Publikum bemerkbar, und auch der Alkoholpegel bei zahlreichen Anwesenden scheint so langsam astronomische Höhen zu erreichen. Dennoch halten alle bis zum Ende aus, so dass auch Grave vor vollem Haus spielen können. Diesmal wieder mit zweitem Gitarristen klingen die Songs um einiges fetter als noch auf der Tour mit Cryptopsy im Februar. Ola growlt, dass es einem eine wohlige Gänsehaut beschert. Egal ob schnell oder in gemäßigterem Tempo, auch diese Vier können restlos überzeugen. „You´ll Never See“, „Turning Black“ und „Soulless“ werden gebührend abgefeiert. Am Ende zelebrieren die Herren „Into The Grave“, bei dem fleißig mitgebrüllt wird. Death`N`Roll so wie er sein soll, womit der Abend einen würdigen Abschluss findet.

Schlussendlich bleibt eigentlich nur zu sagen, dass dieser Abend meine Erwartungen voll und ganz erfüllt hat. Vielleicht war es sogar ein bisschen zu viel des Guten. Auf jeden Fall hat jede Band alles gegeben, so dass wohl jeder zufrieden nach Hause gegangen ist.  Und somit sind die Masters Of Death ein voller Erfolg, was in Hannover leider nicht jeder Metalband beschert wird. 

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