Obscura, Dark Fortress, Illegimitation, Hokum

15.Dezember 2012 - Landshut

(Bericht: Surtr)

Dieses Konzert ist ein besonderes Ereignis. Es ist zum einen das letzte Konzert unter dem Banner des Albums „Omnivium“ von Obscura. Dann eine Zeitreise und Werkschau des ansehnlichen Bandkomplexes um Obscura. Und schließlich auch ein Familientreffen der bayerischen Metal-Szene. Nicht zuletzt feiern Obscura ihr Zehnjähriges. 10 Jahre, die gezeigt haben, dass harte Arbeit nicht unbelohnt bleibt. Hiermit schon mal ein offizielles „Alles Gute“ an Obscura.
Austragungsort dieses Events ist die „Alte Kaserne“ in Landshut, die zwar an diesem Abend mit ca. 400 Zuschauern nicht prall gefüllt ist, aber dennoch mit ihrer Größe sofort auf eines aufmerksam macht (für die, denen es noch immer nicht aufgefallen ist), nämlich dass Obscura tatsächlich Karriere gemacht haben. Und einen Namen haben, und diesen auch ohne Zweifel zurecht tragen.

Den Auftakt machen die Moosburger Hokum, die Band um Ex-Obscura-Bassisten Jonas Fischer, die mit ihrem progressiven Death/Thrash die Meute einstimmen dürfen. Geballt geht es auch mit dem Opener und Titeltrack des Albums „Creation of Pain“ los, der sofort klarmacht was Hokum können. Denn dieser arschtighte Fünfer lässt trotz der progressiven Elemente ein zackiges Brett auf die Zuhörerschaft los. Die Songs wissen zu überzeugen, durch enorm viel Abwechslung im Songwriting, sprich Wechsel von Hart zu Weich und im Tempo, und durch beeindruckenden Gesang, der sowohl clean, als auch growlend/shoutend glänzt und eigentlich mit „Sie“ angesprochen werden sollte. Aber es sind vor allem die Gitarrensoli, die sich durch virtuose Genialität auszeichnen, sowie die hyperaktiven, chaotisch-bildhübschen Schlagzeugspielereien, die die großartigsten Momente während der halben Stunde Spielzeit ins Gedächtnis zeichnen. Während die Gitarrenfront an den Flanken eher statisch auf ihr Spiel konzentriert verharrt, reißen der tigernde Mikrofonschwinger André Epperlein, sowie der völlig ausflippende tapping-verliebte Basser Jonas Fischer die Blicke an sich durch ihre energetische Performance.

Der krönende Abschluss findet sich in dem treibenden Reißer „Eroded“. Alles in allem ein kurzweiliger Auftritt, der gerne noch länger hätte dauern dürfen.  

Danach folgt eine exklusive Geschichtsstunde. Die Urbesetzung von Obscura findet sich unter dem Namen „Illegimitation“ zusammen, um das gleichnamige Demo durchzuspielen (nebst einigen Schmankerln). Mit Martin Ketzer an Bass und Gesang, Armin Seitz an der Gitarre, sowie den Obscura-Gründungsmitgliedern Steffen Kummerer und Jonas Baumgartl an Gitarre und Drums. 
Tatsächlich wird bei diesem Set in derselben Reihenfolge die Demo durchgespielt. Wer die alten Songs nicht kennt, mag überrascht sein, ob des Gesangs, der eher schwarzmetallische Anleihen in sich trägt, und der krassen Dissection-Einfärbung, die mit amerikanischem Death Metal kokettiert.

Das Konzert hat trotz der absehbaren Nummern seine großartigen Momente, nicht zuletzt durch den oben einleitend erwähnten historischen Moment, aber auch durch die atmosphärische Dichte der Gitarrenlinien, sowie dem Drumming, welches zwar nicht allzu tight daherkommt, aber „kraftvollstens“ vorgetragen wird. Punkte, die eher fahl ausfallen sind die Basspassagen, die ohne Begleitung (krass ausgedrückt) arg überflüssig erscheinen. 

Andächtig mag man aber bei dem von Drummer Baumgartl original vorgetragenen Cello-Zwischenspiel bei „Immanent Desaster“ zuhören und lauschen. Der großartige an „Sentiment“ erinnernde Leadgitarrenverlauf, der diese Stille dann schlagartig aufs Epischste beendet, rundet das Konzert fürs Erste ab und wird dann aber doch noch durch die letzten beiden Stücke getoppt. Zwei Songs der ersten Obscura-Scheibe „Retribution“, die in der damaligen Besetzung entstanden sind, dienen als Rausschmeißer für diesen gelungenen Zeitsprung: „Nothing“ und „Exit Life“ machen Nostalgiker mehr als nur glücklich und lassen den Gedanken aufscheinen, dass der Konzertabend bereits jetzt als lohnenswert einzustufen ist. Zugaberufe werden aber eiskalt humorvoll von Steffen Kummerer abgewürgt, der „Zu-ga-be“ in „Dark-For-tress“ ummünzt. Die Botschaft scheint zu sein: „Scheißt doch auf uns, Dark Fortress sind viel besser.“ Man mag es bodenständig oder auch niedlich selbstabwertend nennen. 

Nun ja... aber tatsächlich! Nun soll die Landshuter Black-Metal-Front Dark Fortress zeigen, was sie kann. Konnten mich die letzten Konzerte bei weitem nicht überzeugen und warte ich doch tatsächlich bereits seit beinahe zwei Jahren auf einen ebenso grandiosen Auftritt wie auf dem Bavarian Battle 2011, so ist die Haltung gegenüber dem was da kommen soll, arg skeptisch. Aber diese soll trotz des eher schlechten Sounds von den ersten Noten an zerschmettert werden. Beinahe alles stimmt heute. Von den „old-schooligen“ Anfangsmonumenten „Iconoclasm Omega“ und „Self Mutilation“ an ist das Eis gebrochen. Es liegt weniger am Alter der Songs oder dem altbekannten „Old School“-Favorisieren. Es ist das Wissen darum, dass dieses Konzert von Dark Fortress stark beginnt. Kräftiger als mit „Iconoclasm Omega“ ist das meiner Meinung nach nicht möglich.

Katapultartig schnellt die Stimmung in die Höhe. Allzu leicht weiß der Sechser sein Publikum zu packen. Nicht zuletzt die Temposteigerung von Hokum zu Illegimitation zu Dark Fortress wirkt sich arg auf die allgemeine Stimmung aus. Schlagzeuger Seraph trommelt sich wie immer in einem so  rasanten Tempo durch die Songs, dass es auch heute ausreichend genug wäre, sich nur auf sein Spiel zu konzentrieren. Doch auch die düsteren atmosphärischen Dunkelheits-Szenarien von der Gitarrenfront und dem diabolischen Keyboard wissen ihren Charme auf die Schwarzheimer vor der Bühne auszuüben. Sänger Morean weiß sich heute so in Szene zu setzen wie ich es mir immer erwartet hatte: Stolz, zurückhaltend und doch extrovertiert in seiner Gestik. Ein großartiger Frontmann präsentiert heute die Kunstwerke namens „Poltergeist“ und selbst den belanglosen „Hit“„Baphomet“. Tatsächlich ist trotz miesem Sound dieser Auftritt ein sehr gelungener.

Obscura schließlich entfachen ein Erdbeben! Und das darf gar wörtlich genommen werden, denn das Zauberwort, das allumfassende Schlüsselwort für die kommende Stunde Tech-Death heißt: Subbässe!
Der Mischer leistet sich ein mir nicht nachvollziehbares Glanzstück, indem er die Hälfte des Publikums aus der Halle treibt, denn wahrlich, das Dröhnen welches in der Halle wütet, hält kaum einer über eine Stunde aus. Magenschmerzen resultieren gar in meinem spezifischen Fall. 

Schade, denn Obscura liefern eine durch und durch großartige Show, doch der Sound will nicht mitspielen. So verpufft die Macht des Openers „Septuagint“ von Takt 1 an. Da mag Steffen Kummerer noch so sehr die Grinsekatze raushängen lassen, außer den beinharten Verrückten, die eisern in den ersten Reihen ausharren fängt er heute kaum einen. 

Auch bei Songs der Marke „Ocean Gateways“ und „Vortex Omnivium“ wird der Sound und die Stimmung nicht besser. Nette Details entdeckt der Ausharrende in den charmanten Ansagen des Frontshouters, wie z.B. der Ausspruch: „Die hässlichste Gitarre hat heute der Gitarrist mit der hässlichsten Frisur!“, in Anlehnung auf die Steinberger Headless-Gitarre und Kummerers neuen Kurzhaarschnitt. 
Dass auf diese Ansage das Technikmonster „Universe Momentum“ folgt macht jedwegen Humor vergessen. Denn natürlich besticht bei dem furchtbaren Tongemisch trotzdem die spielerische Fähigkeit des Vierers. Ein Christian Münzner lässt die Finger flitzen, während ein Hannes Grossmann die Blasts sprechen lässt. Es findet gar ein Drumsolo seinen Weg ins Set, doch dieses weiß ausgehend von Grossmanns Skills eher weniger zu bestechen. Der großartige Obscura-Bass wird von Linus Klausenitzer detailgetreu zelebriert. Dazu die bestechende Keifstimme von Steffen Kummerer. 

Ja, es ist wahrlich schade, dass man diesen Gig nicht so genießen kann. Dennoch versucht man mutig zu Songs wie „Orbital Elements“ und „Anticosmic Overload“ zu bestehen. Aber die letzten Töne sind mehr eine Erlösung als ein Moment der Trauer. 

So endet ein nicht glanzvoller aber trotzdem faszinierender Abend. Historisch unter der Kategorie „denkwürdig“ zu verpacken, aber leider dann doch nicht als übermäßig positive Erinnerung zu verbuchen.

 

 

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