PaganFest 

Ensiferum, Korpiklaani, moonsorrow, Týr, Eluveitie, Equilibrium

München, 19. April 2008, "Backstage Werk"

(Bericht: Twilightheart)

Während der Black Metal in München ausstirbt, geht beim Pagan und Folk in letzter Zeit immer was. Zumindest wenn es hochkommerzielle Bands betrifft, die für Stimmung & Spass haben stehen, denn tiefgründige, wahre Pagan-Musik a la Menhir findet in München beschämenderweise kein Publikum. Es muss eben heute Musik sein, zu der man die Trinkhörner heben und mitgrölen kann, dann geht was. Doch dies hat nicht wirklich etwas mit der Stilrichtung zu tun (denn dies ist ein verübergehender Trend), sondern mit dem Wunsch, Party zu machen. Welche Bands wurden schon seit Jahren für Uni-Abschlussfeiern etc. immer wieder gebucht? Die, zu denen man springen und mitgrölen kann. Subway to Sally und dergleichen. Ob es dabei in den Texten um Ernstes geht, war da schon immer egal. Hauptsache, die Musik haut rein. Und was in Bayern für den Opa die bayrische Blaskapelle, ist für den Enkel Korpiklaani. Die Wirkung ist die gleiche, man feiert und trinkt dazu. Jeder eben mit seiner Generation.
Und so war es nicht verwunderlich, dass wirklich Massen von Jugendlichen, wahrscheinlich der gesamte Pagan-Metal-Nachwuchs der Region, am 19.4. zum „Backstage Werk“ strömten, als die schier unendlich lange PaganFest- Tour durch München kam. Noch dazu sollten Equilibrium spielen, der Münchner Jugend liebste Band. Ich glaube, Equilibrium und Korpiklaani allein hätten schon gereicht, um die Halle voll zu kriegen, schliesslich waren schon 2005 bei Korpiklaani an die 1000 Leute. Das „Backstage Werk“ war mit 1600 zahlenden Gästen wirklich gut gefüllt. Ich ließ mir sagen, dass wohl auch Kromlek vorher noch als lokaler Support gespielt haben, doch da ich ein immerwährendes Zeitproblem habe, war ich schon froh, noch den Rest von Equilibrium mitbekommen zu haben. Wie nicht anders zu erwarten, hatten sie schon mächtig für Stimmung gesorgt. Die Fans waren am Toben, das hörte man schon von weitem, wenn man sich der Halle näherte. Es war eine Herausforderung, sich einen Weg zum Fotograben zu bahnen. Vorne in der ersten Reihe waren schon die ersten kurz vor’m Umkippen, die Sicherheitsleute verteilten verzweifelt Wasserflaschen aus ihren eigenen Vorräten (was ich jetzt mal echt als besonders ehrenwerte Tat loben will), was allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein war. Ich verstehe leider auch gar nicht, warum man nicht kurz die Türen an der Seite aufmacht, wenigstens 1 Meter (ich denke nicht, dass sofort hunderte Fans von draußen versucht hätten, noch reinzukommen), um etwas frische Luft reinzulassen. Man ließ lieber die Besucher in ihrem eigenen Saft schmoren.  Hallenvorschriften, schätze ich. Trotzdem unglücklich gelöst. 
Leider waren die ersten 3 Songs von Equilibrium gerade vorbei, als ich 1 Minute im Fotograben gewesen war. Die Fotografen haben ja im Normalfall nur 2 oder 3 Songs Zeit zum fotografieren, wenn es einen Fotograben gibt. Also hieß es schon wieder „hinaus“. In diesem Fall aber berechtigt, denn die Security brauchte den Platz, um hin- und wieder Jugendliche rauszuziehen, die keine Luft mehr bekamen. Insofern ist mir von Equilibrium nicht mehr allzu viel in Erinnerung geblieben, außer der Tatsache, dass sie die selben Songs gesungen haben wie früher auch immer (mit Ausnahme von „Blut im Auge“, einem neuen Song). „Met“ hätte dann eigentlich das Finale bilden sollen, aber Sänger Helge stellte fest, dass niemand kommt, um die Band von der Bühne zu schmeißen, also wurde kurzerhand noch ein Song angestimmt, bevor die Band unter dem unglaublichem Jubel ihrer Fans die Bühne verließ. 

Bei manchen Gigs der PaganFest-Tour wurde es so geregelt, dass die Bands in einer anderen Reihenfolge spielten, nämlich Týr als erstes, dann Eluveitie. In München war es umgekehrt. Nachdem Equilibrium angeheizt hatten, wurden Eluveitie auf die Bretter geschickt und konnten somit die Stimmung ohne Unterbrechung am Kochen halten. Sie begannen mit „Inis Mona“ und „Grey Sublime Archon“ und da die Bühne groß genug ist, konnten sie sich mit ihren 8 Mann so richtig austoben. Zwar gab es hier und da Soundprobleme, aber bei all den Instrumenten verwäscht sich dies. Die Mädels an Fidel und den Volksinstrumenten gingen richtig ab, genau wie die Zwillinge an Flöte, Dudelsack, Bass oder was auch immer gerade benötigt wurde an Instrumenten, der Schlagzeuger headbängte wild beim spielen, und Chrigel sorgte allein durch seine markante Art dafür, dass ihm jeder Aufmerksamkeit schenkte. „Of Fire, Wind & Wisdom”, “Bloodstained Ground” und ”The Somber Lay” wurden performt und in der Hallenmitte bildeten sich riesige Moshpits. Man sprang und tanzte zeitweilig Arm in Arm und es war wie auf einem Volksfest. Hierbei muss man sagen, dass Eluveitie eine der Bands ist, denen man (Kommerz und Abzocke hin oder her) den Erfolg einfach nur gönnen muss. Denn schon vor Jahren und somit lange bevor die größeren Labels und Magazine auf sie aufmerksam wurden, las ich immer wieder im Web, dass irgendwelche Fans Eluveitie live gesehen hatten und restlos begeistert waren. Diese Band hat sich einfach von der Basis an hochgespielt, direkt in die Herzen der Fans. Die Schweizer sorgen wirklich schon sehr lange immer wieder für beste Stimmung bei Live-Gigs und Festivals. Hut ab!
Das extrem tanzbare „Your gaulish war“ folgte und es war witzig zu sehen, dass die Zwillinge manche Bewegungen wirklich synchron machten, egal ob einstudiert oder durch Zufall entstanden und spassenshalber irgendwann so beibehalten, in jedem Fall ist das sehr unterhaltsam, wenn sie wirklich den totalen Doppelpack bilden. Die meisten Bandmitglieder standen übrigens barfuss auf der Bühne. So intensiv, wie sie auf der Bühne rumwirbelten, ging es wohl auch nicht anders. Es folgte noch „Tegernako“ als krönender Abschluss und ein letztes Mal wurde richtig gefeiert.

Nun hatte die Fanmenge wenigstens etwas Zeit, sich auszuruhen. Die Musik von Týr eignet sich zwar hervorragend zum headbängen, aber eben nicht zum tanzen. Und die Abwechslung war natürlich willkommen. Nachdem Gitarrist Terji bei den letzten Gigs gefehlt hatte, war er nun wieder dabei, mit dunkel gefärbten Haaren und etwas vitaler als früher. Sein Gitarrenspiel hat sich auch verbessert, möchte ich meinen. Schlagzeuger Kari, der ja schwer erkrankt ist, fehlt leider bei der gesamten Tour. Ein Ersatz unterstützt momentan die Band. 
Wie ich hörte, ist es so, dass jetzt, bei der PaganFest-Tour durch die USA, Terji mit Eluveitie zusammen auf der Bühne steht. Schade, dass sie das in Europa nicht gemacht haben, wäre sicher interessant zu sehen gewesen. Und wo wir schon bei Terji sind...  der Mann hat seinen eigenen Fanclub! Die Damen standen nämlich mit den Fanclub-T-Shirts in den ersten Reihen vorne und rockten ordentlich ab, und hatten auch nur Augen für Terji, ich glaube, der Rest der Band ist denen schnuppe. Einige davon folgen auch weiten Teilen der Tour. Wow! Auf dass sie Spaß haben mögen! 
Die restlichen Bandmitglieder schienen auch hervorragend drauf zu sein. Vor allem Heri wirkt von Gig zu Gig kraftvoller und selbstbewusster. Auch leistet er sich keinen Fehler, auch nicht den kleinsten. Er spielt und singt jederzeit hochkonzentriert. Ich gehe davon aus, dass es sich bei ihm um einen Perfektionisten handelt. 
Die Band spielte überraschenderweise nur 4 oder 5 Songs, wobei zu „Hail to the hammer“ am lautesten mitgesungen wurde.  Die Fans riefen enthusiastisch nach Zugaben, aber es tat sich nichts. 

Der Grund schienen Zeitprobleme zu sein, denn die nachfolgenden Moonsorrow beeilten sich sehr, auf die Bühne zu kommen und verschwendeten auch nicht viel Zeit mit Soundcheck. Nach nur kurzem Umbau legten sie sofort mit „Sankarihauta“ los, welches nahtlos in „Ukkosenjumalan Pojka“ überging. Das schöne bei Moonsorrow ist ja immer der Fotograben-Security-Effekt, wie wir ihn nennen, denn die Sicherheitsleute wissen ja nicht, dass Moonsorrow Songs haben, die 10 oder 20 Minuten lang sind. Sie zählen einfach 3 Songs ab, bevor sie die Fotografen wieder aus dem Fotograben rausscheuchen. Da kann schon mal der ganze Gig vorbei sein, wenn 3 Songs um sind, je nach Songauswahl. Die Hoffnungen waren also groß, dass es wieder klappt und dass Moonsorrow gleich zu Beginn ein paar lange Stücke aneinanderketten. Es funktionierte tatsächlich hervorragend: Die oben genannten beiden Songs gingen nahtlos ineinander über, und es folgten lange Versionen von „Pakanajuhla“ und „Kivenkantaja“, und erst danach mussten wir aus dem Fotograben raus. Nett, denn das waren 80 Prozent des Gigs gewesen. Nun folgte nur noch der Song, nach dem die Fans schon die ganze Zeit vehement gerufen hatten: „Jotunheim“.

Der Keyboarder hatte übrigens Geburtstag und die 1600 Anwesenden mussten „Happy Birthday“ für ihn singen. Auch Moonsorrow schienen sehr gut drauf zu sein, man zog sich die ganze Zeit mit kleinen Gesten gegenseitig auf. Nun ja, bei diesem gewaltigen Fan-Echo muss die Stimmung ja ansteckend gut sein.
Jonne von Korpiklaani konnte es wohl nicht erwarten, auf die Bühne zu kommen, denn er stürmte zu „Jotunheim“ mit auf die Bühne und sang einfach ein bisschen mit. Es war eine Mischung aus Yoiking und Summen. An der Reaktion der Fans konnte man absehen, dass für viele Korpiklaani der Hauptact waren. Man durfte sich also auf was gefasst machen.

Wie nicht anders zu erwarten, schien der Jubel schon grenzenlos, als Korpiklaani auf die Bühne kamen. Hittavainen’s Name wurde solange gebrüllt, bis er lächelte, und Jonne hatte sowieso sein Show-Dauerlächeln auf den Lippen, als er auf die Bühne kam. Die Band fegte direkt mit „Wooden pints“ los, einem der ansteckendsten Songs der Bands. Wie man sich vorstellen kann, war nun die Stimmung auf dem Höhepunkt. Moshpits, Trinkhörner, glückliche Gesichter, springende Körper, mitgröhlen, saufen, Spass haben. 
Was bei Korpiklaani irgendwie schade ist, ist die Tatsache, dass es sich hier um hochtalentierte Musiker handelt, die viel schwierigere Dinge spielen könnten (und privat sicher auch tun) und viel anspruchsvollere Songs schreiben könnten. Aber irgendwie waren sie nach Finntroll die ersten, die irgendwie diesen reißenden Stil hatten, und Humppa- und Folk-Songs geschrieben haben, die die Fans total vom Hocker fegen. Da dies nun gerade Trend wurde, wurden sie ja direkt in die Folk/Party-Musik-Schiene reingepresst. Einerseits schade, weil sie wie gesagt viel mehr drauf haben. Andererseits ist es auch akzeptabel, denn sie haben so lange für ihren Erfolg gekämpft und alles dafür aufgegeben. Sie wollten es unbedingt schaffen. Und wenn sie eben jetzt nur mit dieser Musik so richtig Kohle machen können, sei es ihnen auch gegönnt. Wenn der Trend vorbei ist, können sie (da es wie gesagt herausragende Musiker sind) ja jederzeit zu ihren Ursprüngen zurückkehren. Und wie könnte man der Band den Erfolg nicht gönnen!? Alle Bandmitglieder haben Jobs und/oder Familie für diesen Traum aufgegeben, nicht zu vergessen die Jahre, in denen Jonne mit der Vorgängerband „Shaman“ durch die Lande getingelt ist und auf den Strassen für ein Trinkgeld gesungen hat. Das zahlt sich nun aus. 
Zwar nervt mich der riesige Kommerz-Faktor der Band momentan total, da ich Fan der ersten Stunde war (wir haben das Korpiklaani-Forum vor 5 Jahren mit 2 Leuten gestartet, jetzt sind dort täglich mehrere hundert Leute), aber ich gehe davon aus, dass die Band nach dem Abklingen des Hypes vielleicht trotzdem weitermacht, dann vielleicht wieder mit mehr Musik über die finnischen Wälder wie auf den ersten Alben anstatt immer nur über Bier. Da verwundert es sicher nicht, dass für mich der interessanteste Teil der Show der war, als Jonne allein auf die Bühne kam, mit einer Djembe-Trommel und eine Session abgehalten hat, purer Gesang der Samen (= der finnischen Ureinwohner), langsam und eindringlich. Er steigerte sich immer mehr rein und schien an Ende wie in Trance und dieser Teil war einfach faszinierend.

„Cottages & Saunas“, , Pellonpekko“, „ Korpiklaani“, „Kipumylly“, „Journey Man“, Tuli Kokko“ und „Paljon On Koskessa Kiviä“ wurden im Laufe des Gigs zum besten gegeben, und mal abgesehen davon, dass Jarkko böse schaute, weil er wie immer mit seinem Monitorsound nicht zufrieden war, sorgten alle anderen Bandmitglieder für Action. Vor allem Cane und Jonne sprangen auf der Bühne herum wie die jungen Rehe. Jonne spielte ab- und zu im Liegen weiter, um dann mit einem Hechtsprung wieder in den Stand zu kommen. Hinter mir standen Österreicher, die wegen Ensiferum gekommen waren und Korpiklaani noch nie live gesehen hatten, die wurden gar nicht fertig darüber, dass die Band auf der Bühne so wild ist.  
Nun folgte die ganze Rige der Sauflieder, „Happy little boozer“, Let’s drink“, „Hunting song“ und als Finale natürlich „Beer beer“, bei dem auch der letzte noch mitsingen konnte. Die Scherzchen der Band nahmen hierbei Überhand. Jonne gab seine Zigarette in’s Publikum und nachdem der Sicherheitsmann sie wegen des Rauchverbots ausgemacht hatte, ließ er die Asche seiner eigenen Zigarette auf dessen Kopf fallen. Dem Sec stand schon der Schweiß auf der Stirn, als Jonne auch noch Glasflaschen in’s Publikum gab. 
„Beer beer“ blieb trotz langer Zugabe-Rufe der letzte Song und es war kaum vorstellbar, dass die eigentlichen Headliner nun noch für bessere Stimmung sorgen können als Korpiklaani.

Es war dann auch tatsächlich so, dass Ensiferum nicht mithalten konnten. Es ist sowieso erstaunlich, dass Sänger Petri, der ja gerade noch mit Norther getourt war, nun schon wieder so eine lange Tour durchzuhalten gewillt ist. Auf jeden Fall begannen Ensiferum den Gig mit „Iron“, gefolgt von „One More Magic Potion“, aber man hatte irgendwie den Eindruck, dass Petri weniger hingebungsvoll ist als bei früheren Gigs. Manches war sogar lasch gespielt. Das Publikum hatte wahrscheinlich auch nicht mehr all zu viel Kraft zum jubeln, denn die Stimmung sackte irgendwie ab. Aber bei einer so grossen Halle fällt das vielleicht nicht so auf, bei diesem irren Publikum waren immer noch hunderte Fans da, die zu „ihrer“ Band voll abgingen. „Ahti”, “Lai Lai Hei”, “Guardians Of Fate”, “Dragonheads” und das ansteckende “Token Of Time” folgten. Die Band hatte übrigens wieder Finnland-Fahnen zu Outfits umgestylt, was ich als nette Idee ansehe. Was würde passieren, wenn eine deutsche Band mit zum Outfit umgestylten Deutschland-Fahnen auf die Bühne kommen würde? Man ahnt Böses...
Nach einem Medley folgte der „Victory Song“ und „Blood Is The Price Of Glory”, womit auch schon der Hauptteil des Gigs vorbei war. Natürlich handelt es sich bei Ensiferum um unglaublich gute Musiker und sie können mit ihrem virtuellen, ultraschnellen Gitarrenspiel bei ihren Fans unglaublich punkten, das heisst, wenn Petri nicht gut drauf ist und schlechter spielt als sonst, spielt er immer noch besser als tausende anderer Musiker. Mir fehlen bei ihm allerdings immer Emotionen. Ich kann bei ihm nicht erkennen, inwieweit er in seine Musik vertieft ist. Vielleicht spielt er einfach nur runter, was er zuhause hunderte Male geübt hat, ohne selbst emotional involviert zu sein. Ihm sieht man so was nie an, wie intensiv bei ihm gerade alles ist oder nicht ist. Da fehlt mir dann irgendwo was, denn in so einem Fall kann ich echt einfach die CD zuhause anhören. Aber das ist natürlich Geschmackssache, eh klar. 
Es folgten noch 2 Zugaben: „Treacherous Gods” und der “Battle Song”, der ja wirklich nicht fehlen darf, und dann war auch dieser Gig zuende und die Besucher verließen schweißgebadet aber mit glücklichen Gesichtern die Halle.

 

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