Setherial, Amphitrium, My Own Grave, Timor, Vemoth

München  - 12. Dezember 2006

(Bericht: Twilightheart)

In letzter Zeit ist es wie verhext in München. Wenn gute Untergrund-Bands kommen, passiert irgendwas, was die Besucher fernhält. Dieses mal war es so, dass Motörhead am selben Abend in München spielten, so dass es den „normalen“ Fan natürlich dort hin gezogen hat.
Doch die härtesten der Untergrund-Black-Metaller zog es dennoch zum Gig der „Death triumphant“- Tour von Setherial, so auch mich, denn die Band hat mich bereits beim Party San Festival dieses Jahr vollends begeistert mit ihrem neuen Sänger. Doch zu Setherial später mehr.

Nachdem Claudia und ich uns im Tourbus bei einem Setherial Interview aufgewärmt hatten, war es auch schon Showtime und Vemoth eröffneten den Abend. Die Band stammt aus Schweden (aus der selben Stadt wie Setherial übrigens) und spielt Black Metal. Natürlich nicht so ausgefeilten wie Setherial, aber als Support reicht es allemal. Ausserdem sind die Jungs ja noch verdammt jung, da kann ja noch einiges nachkommen. Hier im Titanic City jedenfalls gab’s eine gehörige Portion rohen Hau-drauf-BM der alten Schule. 

    

Der Sänger growlte und kreischte sich die Kehle wund, der Bassist war am posen, als gäb’s kein Morgen, und immer wieder versuchte die Band, die anwesenden Fans zum Mitmachen zu bewegen. Das ist immer witzig, wenn das eine neue Band versucht... denn natürlich können die nicht wissen, dass das Münchner Publikum (wenn es denn nicht vollends überzeugt ist) starr wie die Steine von Stonehenge stehen bleiben können. So auch hier. Der Sänger fuhr an Animationsübungen (Gesten per Hand, gutgemeinte Zwischenrufe) alles auf, was ging. Doch es kann nun mal nur die Musik überzeugen, keine noch so nett gemeinte Gestik. Die Band leistete sich viele kleine Verspieler, zwar kaum merklich... aber es macht auf Dauer eben doch einen Unterschied. Was mir gut gefiel, waren die Einspielungen von CD zwischen den Songs. Da hörte man auf schwedisch eine fortlaufende Story (passend zu den Lyrics der jeweils folgenden Songs), und das ganze in der grimmen Version.

Im übrigen leistete die Crew (bzw. die Musiker der anderen Support-Bands) kräftig Unterstützung. Denn als sie merkten, dass das Publikum noch nicht warm war, kamen sie alle, stellten sich vor die Bühne und headbängten kräftig los, um die Stimmung mal anzuheizen. Einige hatten zwar noch die Biergläser in der Hand, aber egal. Es zeigte insofern Wirkung, dass sich beim allerletzten Song des 20-minütigen Gigs doch 3 der zahlenden Gäste zum Headbängen hinreissen liessen. Nun gut, aber zumindest muss man zugeben, dass trotz fehlender Action die Besucher doch zumindest immer anständig applaudiert hatten nach jedem Song. Und im Nachhinein muss man sagen, dass dies von der Intention her immer noch die beste der 4 Vorbands war.

4 Vorbands sind einfach zu viel, da kann man sagen, was man will. Ich war schon nach der zweiten nur noch auf Setherial gespannt. Zumal die folgenden Vorbands alle an die 45 Minuten spielten, zog sich der Abend verdammt in die Länge. Ausserdem verstehe ich nicht, wieso man immer meint, Death- und Black- Metal Bands mischen zu müssen. Der Abwechslung zuliebe, ich weiss schon. Aber ich bin trotzdem der Überzeugung, dass ein reines Gespann aus z.B. 3 Black Metal Bands dem Abend gut getan hätte & es trotzdem nicht zu kurz gewesen wäre. Nun ja.

Jedenfalls ging es nun also mit Timor aus der schönen Schweiz weiter, einer Death/Thrash- Metal- Band. Allerdings überwog hier eindeutig der Thrash Metal. Der erste, der einen positiven Eindruck hinterliess, war der Sänger der Band, der sich von der ersten Sekunde an voll in’s Zeug legte und noch headbängte, während er spielte und sang. Ausserdem hat er eine gute Stimme, nämlich etwas tiefer als der Durchschnitt der Growler, so dass diese Band rein stimmlich eine Abwechslung zum sonstigen Einheits-Thrash anderer Bands bieten kann. Der Sound in der Halle war an diesem Abend übrigens bei allen Bands relativ gut, nur die Bässe waren mir alle nicht wuchtig genug, d.h. nicht tief und grummelnd genug (bei allen vier Vorbands). Aber vielleicht stand ich auch nur wieder in der falschen Ecke. Der Gitarrist war übrigens der erste, der an diesem Abend einfach in’s Publikum ging und dort weiterspielte (weitere Musiker sollten folgen). Er war sehr motiviert und spielte sich die Seele aus dem Leib. Ob es das war, oder die Headbäng- Qualität der Refrain-Parts der Songs, kann ich nicht sagen, doch zumindest waren es nun schon an die 6 Leute, die mitbängten. Und obwohl der Applaus noch verhalten war, kam er zumindest auch aus den hintersten Reihen. Auch der Vokalist dieser Band fühlte sich immer wieder animiert, die Leute dazu aufzufordern (O-Ton), ihre Ärsche nach vorne zu bewegen, mit dem Zusatz: „Das war keine Frage, sondern eine Aufforderung“. Ein einzelner Fan (ein Freund des Gitarristen) versuchte daraufhin, im Alleingang einen Moshpit aus dem Boden zu stampfen, mit anrempeln und anspringen und was so dazugehört. Nachdem keiner mitmachte, gab er es auf. Nachdem der Sänger erneut rief: „Kommt doch’n bisschen nach vorne, ich beiße euch nur, wenn ihr das wollt“, rief einer aus dem Publikum „München ist langweilig“. Stimmt wohl. Tja, wenn Motörhead um die Ecke spielen... Nun ja, nachdem die Band bereits schon 2 mal einen Song als den letzten angekündigt hatte, kam dann tatsächlich der letzte, bevor die Band gefrustet das Weite suchte.

                            

Nach längerer Pause ging’s weiter mit Schweden-Death von den Jungs von „My own grave“. Die haben gleich erst mal richtig Eindruck geschunden, als der Sänger auf die Bühne kam. Ohne weiteres kann er mit seinem grimmen Blick noch einigen das Fürchten lehren. Das erste, was er mit eben jenem furchteinflößenden Blick von sich gab, war der Befehl, dass gefälligst alle ihre Biere zur Bühne hintragen sollen, und sich selbst auch gleich mitbringen sollen. (Schwedischer Humor, sehr geil.) Dann brüllte er einmal ordentlich in’s Mikro und los ging’s. 

         

Mit Songs wie „Where carnage reigns“ vom Album „Unleash“ wurde der Untergang heraufbeschworen. Obwohl auf dem Werbeplakat für den Gig bei My Own Grave was von melodic Death Metal stand, kann ich dem nicht zustimmen. Für meine Ohren war das eher Thrash-Metal, und zwar von der alten Sorte (ordentlich Krach). Nun ja, vielleicht ist das neue Album „Unholy“ tatsächlich melodischer. Das werde ich euch bald mitteilen können, denn die Band hat mir eine Demo CD angedreht. Hier beim Gig jedenfalls dominierten die Gröhl-Lyrics des Sängers (growlen oder kreischen war es leider nicht... wenn man ehrlich ist, muss man es einfach Gröhlen bezeichnen). Natürlich wurden auch gleich Songs vom neuen Album vorgestellt, unter anderem „Beneath dark waves“. Die anderen Bandmitglieder spielten sehr präzise und schnittig, doch auch das reichte nicht, um das Publikum in Ekstase zu versetzen. Und so mühte sich ein weiterer Sänger mit Aufforderungen a la „I expect some really massive headbanging“ ab, um wenigstens den harten Kern zum bängen zu bringen, was er schlussendlich zum Glück auch erreichte.

                      

Zwischenzeitlich geschah folgendes (Achtung, Schenkelklopfer!): Ich sah den Drummer von Setherial aus der Damen-Toilette kommen, meinte also zu Claudia: „Schau, der kommt aus’m Damenklo.“ Darauf Claudia sofort spontan: „Ja, logisch. Steht ja auch’n D draussen an der Tür... D  wie Drummer!“
(Nein, zu seiner Ehre muss freilich gesagt werden, dass sicher die Spiegel im anderen Raum von den anderen Bandmitgliedern belegt waren zum Corpsepaint-Auftragen.)
.......
Nun hiess es nur noch EINE Vorband überstehen, bevor Setherial kommen sollten. Aber zum Glück war diese verdammt unterhaltsam, so dass die Zeit schnell vorbeiging. Es handelt sich um Amphitrium (ebenfalls aus der bezaubernden Schweiz), die ziemlich rotzigen Thrash Metal spielen, mit ein paar BM-Anleihen. Das nenne ich mal Entertainment, was der Sänger da abgeliefert hat. Er war fast die meiste Zeit im Publikum unten und hat dort gesungen... immer schön direkt vor Kar und Mo aus unserem Sheol-Forum... die beiden hatten quasi den Sänger direkt vor sich, als wäre er für die beiden als Alleinunterhalter engagiert gewesen. ;-) Er hat sich dort total verausgabt, gebängt, gesungen, sich auf die Knie geworfen (und beim Hin- und Herrobben mit Haaren und Hose gleich noch den Bühnenboden gewischt). 

       

Zeitweilig sass er sogar auf der Treppe, während die anderen Bandmitglieder sich die Finger wundspielten (alles sehr versierte Musiker übrigens, die leben für ihre Musik, das merkt man). Doch all dies gehörte zum Gig, auch dass er mal eben nach hinten in den Raum schaute, was da so abgeht (mitten im Song natürlich) und dass er nebenbei noch eine rauchte (jawohl, beim Gig). Leider habe ich durch all die Action nicht viel von der Musik mitbekommen, ausser dass alles wie gesagt recht thrashig ist und die Musiker sehr präzise und engagiert gespielt haben. Bei „Warriors of...“ brüllte der Sänger seinem Gitarristen die Lyrics in’s Gesicht, man könnte es fast beschimpfen nennen, bevor er noch „Black Suns“ als den „maybe next song“ ankündigte. 

Warum sprechen die Schweizer eigentlich englisch mit uns? Dachte, die können zumindest alle 2, 3 Worte deutsch. Bzw. verstehen wir sicher auch 2, 3 Worte Schweizerdeutsch. Egal. Am kultigsten war es, als der Sänger dann direkt mal im Backstage-Raum verschwandt... natürlich während des Gigs, mitten im Song. Echtes Entertainment! ;-) Danach entdeckte er die Freuden, die ein Mikroständer zu bieten hat und probierte mit diesem alle Rocker-Posen durch, die man damit machen kann. Kein Wunder, dass der Gute dann irgendwann völlig erschöpft auf dem Boden lag (und von dort weitersang). 

Nachdem  sich „Cold silence“ausgebreitet hatte, folgte „Silence is mine“. Silence war nicht sein. Noise war sein. Und zwar nicht zu knapp. Von soviel Hingabe liessen sich die Münchner (und der extra eingereiste Fan aus Österreich) sogar mitreissen und der Gig endete mit heftigem Applaus.

Und nun gab es kein Halten mehr. Setherial enterten die Bühne mit korrektem BM Corpsepaint und nahmen das Publikum im Sturm. Nach dem Intro wurde mit „The Limbo of insanity“ eröffnet. Black Metal Inferno im Titanic City! Für die, die die Band seit dem Ausstieg von Kris Olivius noch nicht live gesehen haben mit dem neuen Sänger, sollte bereits nach dem ersten Song klar gewesen sein, dass Infaustus der absolut beste Mann für den Job ist. Mit hasserfüllter Mimik schmetterte er uns einen Track nach dem anderen um die Ohren... „With veins wide open“, „I Nattens famn“, „From the ancient ruins“, „Death triumphant“ (der Titel-Track des neuen Albums) usw. 

Bei “Aeons of bloodlust” fiel kurz sein Mikro aus, aber er kreischte natürlich trotzdem weiter, als wäre das Mikro sowieso nicht nötig. Und leider wurde der Song danach noch einmal brutal unterbrochen, denn am Schlagzeug war etwas kaputtgegangen. Es dauerte relativ lange, das zu beheben, aber die anderen Musiker warteten geduldig. Das Schlagzeug klang danach etwas eigenartig, wahrscheinlich konnte doch nicht alles hundertprozentig gerichtet werden. Dafür legten sich alle danach umso mehr in’s Zeug, um dies zu übertönen. Im übrigen ist Mysteriis einer der präzisesten Drummer, die ich kenne. Da ist nicht ein einziges mal ein Ton um eine Zehntelsekunde versetzt. Und auch den anderen in der Band merkt man natürlich die Erfahrung an, diese Mischung aus Professionalität und trotzdem rohem, schwerem Black Metal ist unvergleichlich. Die Schweden waren gnadenlos und prügelten einen Hammertrack nach dem anderen runter... „Underworld“, „Inhale the embers“, „Curse of the manifest“, „Summon the lord with horns“. 

Und nun wurde im Club tatsächlich geheadbängt, bis nix mehr ging. Erneut versuchte der eine Typ, einen Rempel-Pit zu bilden, und fand diesmal tatsächlich jemanden, der mitmachte (nämlich seinen Kumpel, der in der Vorband gespielt hatte). Obwohl es eigentlich nicht nötig gewesen wäre, das Publikum noch mehr zum kochen zu bringen, lies sich Infaustus zu einem „I want to see some fucking violence“ hinreissen, bevor es noch die letzten beiden Zugaben „För dem Mitt blod“ und „Endtime divine“ gab. Damit ging ein echt geiler Gig zuende. Setherial sind einfach ein Hochgenuss für jeden Black Metal Fan. Da sag ich nur: auf ein Neues bei der nächstbesten Gelegenheit.

Doch der Abend war noch nicht zuende. Die Band unterhielt sich noch mit den anwesenden Besuchern, schrieb Autogramme und liess sich bereitwillig mit den Fans ablichten.

Gerne wäre ich länger geblieben, aber da noch eine lange Heimfahrt wartete (und frühs 5 Uhr aufstehen) machte ich mich schweren Herzens auf den Heimweg. Fakt ist, dass ich froh bin, mich richtig entschieden zu haben... Motörhead wären sicher auch Kult gewesen, aber die  Atmosphäre eines Untergrund-BM-Gigs ist mir am Ende doch lieber. In diesem Sinne... Skål!

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