Lost Life, Stormnatt, Nebelkrähe

München/ Deutschland, 21. Feb. 2010

(Bericht: Twilightheart)

Vor all den Mega-Festivals und großen Tourblöcken, die demnächst anstehen, tat es ganz gut, am 21. Februar noch einmal ein kleines Black-Metal-Event in Münchens Mini-Club „Titanic City“ (der allerdings Kult ist, fast jede geile Band inklusive Dissection hat dort schon gespielt) mitzunehmen, allein des Underground-Gefühls wegen, welches ich sicherlich für den Rest des Sommers vermissen werde. 
Headliner sollte die österreichische Band Stormnatt sein, aber kurzfristig wurde deren Spielzeit getauscht, was dem Gelingen des Abends allerdings keinen Abbruch tat.

Doch zuerst eröffnete eine Newcomer-Band aus München. Zwar widerstrebt es mir beinahe „Nebelkrähe“ als Newcomer zu bezeichnen, da sie bereits heute viel professioneller sind als manch andere Band, die es schon seit Jahren gibt (was natürlich nicht zuletzt an ihrem erfahrenen Sänger umbrA liegt), doch da das Anliegen dieser Band ist, sich von ganz unten nach oben zu spielen, müssen sie wohl die Bürde "Neulinge" zu sein erst mal annehmen und eben auch (wie an diesem Abend) in den ganz kleinen Clubs vor kleinerem Publikum spielen.
Sie wagten viel, denn gleich der erste Song „Fenster“ war ein brandneuer, den auch die Anwesenden, die die erste CD „Entfremdet“ vielleicht doch zuhause haben, noch nicht kannten. Und er war nicht unbedingt leicht verdaulich. Viele langsame Stellen, in denen alles auf eine besondere Stimmung hinauslief, und auch ein sehr anspruchsvoller Text (was natürlich immer willkommen ist im sonstigen Einheitsbrei der BM-Avantgarde-Welt). Zum Headbangen schon mal gar nicht geeignet. Umso mehr überraschte es mich, dass die Besucher den Song annahmen und Applaus spendeten, der echtes Gefallen signalisierte. 
Zum Sound muss man leider sagen, dass die Gitarre von Morg eigenartig klang, irgendwie sperrig und etwas aufdringlich, irgend etwas passte einfach nicht (später war zu erfahren, dass sein Gitarrenamp kaputt war, so dass er den eines Kollegen ausleihen musste). Auch hatte man an einigen wenigen Stellen das Gefühl, dass nicht alle Instrumente immer synchron waren. Doch dies alles wurde dadurch wettgemacht, dass Sänger umbrA durch seine unglaubliche Aura glänzte und sich bei jeder gesungenen Zeile reinsteigerte, als sänge er gerade um sein Leben. Von verhaltenem, fast flüsternd-krächzendem Gesang bis hin zu leidenschaftlichem Growling war alles dabei. Auch ist umbrA einer der wenigen, bei denen die Gestik zu bestimmten Songs nicht aufgesetzt wirkt, sondern wirklich ganz natürlich durch das Ausleben der Songs zustande zu kommen scheint. Auch Latrodectus am Schlagzeug und Morg an der Gitarre waren (soweit es die kleine Bühne zuließ) sehr engagiert bei der Sache. Leider ruinierte Morg einen der andächtigen Momente eines Songs, indem er während einer ruhigen Passage seine Trinkflasche laut auf den Bühneboden knallen ließ. Das hätte nicht unbedingt sein müssen...
Es folgten etliche Songs vom letzten Album, wie zum Beispiel „Mein ungleich' Ebenbild“. Aufgrund besonderer Vorkommnisse am Vortag gingen mir hier die Lyrics diesmal besonders nahe: „Denn das Leben will pulsieren, Adern schwellen, Stricke reißen. Mein Entschluss ist schnell gefasst, doch Abschied nehmen fällt nicht leicht. Unter Schmerzen reiß ich mir herab was mich gefangen hält. Mein wahres Antlitz: Einzigartig, doch verletzlich ohne Maske – neugeboren, blutverschmiert“. 
Es folgten die Songs „Als meine Augen ich aufschlug...“, „Flamme & Fluss“, „Klippe“ (letztere beide ebenfalls neu) und „Et in Arcadia Ego“. Schneller als gewünscht war der Gig also vorbei. Doch gerade diese Band geht uns hoffentlich so bald nicht verloren, so dass die Hoffnung auf weitere Gigs bleibt.

       

Als Stormnatt aus Österreich stolz erhobenen Hauptes zum heroischen Intro die Bühne betraten, war es nicht zu übersehen, dass die Bandmitglieder große Watain-Fans sind. Überall Watain-Aufnäher oder Symboliken, die der Watains ähneln. Aber gut, im Prinzip ließ das natürlich auf geilen BM hoffen. Witzigerweise stellte sich Vokalist Mord auch auf die gleiche Weise ans Mikro wie Erik von Watain und behielt dies auch bis Gig-Ende bei. Auch was die Mimik anging, ließ er sich nicht lumpen. „True grim Austrian Black Metal“ könnte man sagen. Sogar die Ansage der einzelnen Songs (wenn vorhanden) wurde gegrowlt. Musikalisch allerdings kein Vergleich mit Watain. Die Musik Stormnatts ist einfacher gehalten, in das BM-Geschredder mischen sich oftmals hymnische Melodien, die ähnlich einem Volkslied sofort hätten mitgesungen werden können.
Der Sound war gut, die Musiker spielten präzise, und selbst wenn man auf die Musik nicht unbedingt stehen sollte, so macht die Band visuell echt einen auf rotzcool, man kann irgendwie nicht wegschauen. Diese Distanz, die sie schafften, erinnerte sehr an die BM-Gigs von vor 20 Jahren, als Kontakt zum Publikum absolut verpönt war, die BM-Band stattdessen kam, böse schauend den Gig absolvierte und die Black-Metaller mit ebenfalls grimmen Minen regungslos zuschauten, bevor alle wieder wortlos auseinander gingen. Wenn überhaupt jemals wieder so ein Gig, dann mit dem Line-Up Stormnatt, Caedes, Watain!

Der letzte Gig, den ich von Lost Life sah, war ein Desaster. Dagegen war dieser doch wesentlich besser. Alle Musiker hielten bis zum Schluss professionell durch und lieferten dieses Mal einen passablen Gig ab. Vor allem der Schlagzeuger war bei diesem Gig gut drauf und lieferte beste Arbeit ab. Die Stimme von Sänger Nephesus gefällt mir persönlich zwar nicht, aber dafür macht er auf der Bühne einen sympathischen Eindruck (wobei, kurz nach Stormnatt macht dies wahrscheinlich jeder) und hing sich richtig rein in seine Vocalperformance. Es ist eigentlich etwas schade, dass er durch das gleichzeitige Gitarrespielen dazu gezwungen ist, auf einer Stelle der Bühne stehen zu bleiben. Wenn er „freie Hand“ hätte, wäre er wahrscheinlich noch viel leidenschaftlicher. 
Fakt ist, trotz gutem Sound und einem soliden Gig fand die Band nicht so viel Zuspruch wie die beiden Acts davor. Da es aber auch schon lange nach Mitternacht war, will ich dem allerdings nicht allzu viel Bedeutung beimessen. Ich persönlich muss mich erst noch etwas an die Gigs der Band gewöhnen, ein wenig Glückssache ist es ja schon, ob die Bad Tölzer nun gerade mal gut in Form sind oder nicht. Aber so bleibt es wenigstens weiterhin spannend. ;-)

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