Todtgelichter, Thorngoth, Nebelkrähe

26. Juni 2010

(Bericht: Twilightheart)

Am 26.Juni 2010 fanden zum letzten mal Black-Metal-Gigs im „Titanic City“ in München statt. Der Kult-Club wurde mittlerweile geschlossen, denn der Pachtvertrag wurde nicht verlängert. Man munkelt, dass der Club in der Schickimicki-Gegend nicht auf allzu viel Verständnis stieß. Somit gibt es nun in München keinen einzigen Club mehr, der eine echte, anheimelnde Metal-Atmosphäre hat. Schade. Wenn man bedenkt, wer im „Titanic City“ alles gespielt hatte (Mayhem, Dissection, Korpiklaani, Lord Belial usw.), könnte man schon ein wenig wehmütig werden.
Und so machte ich mich auf den Weg, um ein letztes Mal die berüchtigte schlechte, heiße Luft in dem Club zu „genießen“, was bei an die 30 Grad Außentemperatur auch sehr gut funktionierte.
Aber nun ernsthaft: Leider schaffte ich es nicht mehr, „Before Christ“ zu sehen, die den Abend eröffneten. Als ich ankam, spielten sie bereits den letzten Song. Insofern begnügte ich mich hier mit ein paar Fotos und freute mich auf die folgenden Bands, die ein geniales Underground-Trio bildeten.

Die erste davon waren „Nebelkrähe“, die sich erneut zum Ziel gesetzt hatten, das Münchner Publikum intellektuell herauszufordern. Die Musik von Nebelkrähe ist (besonders wenn man die CD nicht kennt) nicht leicht zu verstehen. Auch entspricht sie nicht dem gängigen Black-Metal-Stil und headbängen kann man dazu auch größtenteils nicht. Nebelkrähe stellen also immer ein wenig eine künstlerische Herausforderung dar für jene, die eigentlich gekommen waren, um Old-School-BM zu hören. Noch dazu spielten Nebelkrähe neben ihren 2009er Songs „Über den Fluss hinweg“ und „Et in Arcadia Ego“ nur neue Stücke, von denen einige relativ lange Passagen enthalten, die auf Stimmung und Emotionen setzen, manchmal nur durch leicht monotone oder auf wenige Instrumente reduzierte Tonfolgen ausgedrückt. Diese neuen Songs haben bisher alle nur provisorische Arbeitstitel, die da sind: „Flamme & Fluss", „Fenster", „Klippe" und „Ebenbürdig". Der Sound im „Titanic City“ war ja von haus aus nie der beste gewesen, und zusammen mit dem ein oder anderen Ton, der noch nicht ganz sauber aus den Saiten kam (was bei neuen und nicht allzu leicht zu spielenden Stücken allerdings verziehen sei), konnte die Band dieses Mal bei nicht allzu vielen Zuschauern punkten (es sei denn, die Mehrheit genoss still). Mir persönlich gefallen die Sphären, die Nebelkrähe live aufzubauen wissen, vor allem der Gesang von Frontmann umbrA haut mich jedes Mal wieder aus den Socken. Er weiß alle Facetten des Gesangs, vom Flüstern bis zum Growlen, mitreißend und perfekt abzudecken. Und so genieße ich momentan jeden Gig der Band, der sich mir bietet.

"Thorngoth" aus Bad Tölz beehrten uns als nächstes. Offensichtlich hat es Besetzungswechsel gegeben, seit ich die Band in 2007 das letzte Mal live gesehen hatte. Allerdings tat das dem, was die Band auf der Bühne bot, keinen Abbruch. Im Gegenteil. Ich war begeistert von der brachialen Musik, dem hingebungsvollen Growling des Frontmanns und der Aura, die die Band, insbesondere natürlich den sehr selbstbewussten und stolzen Sänger, umgibt. Die Hälfte der Band konzentrierte sich mit abweisender Kälte stur auf ihre Instrumente (wie es manch Norweger nicht besser gekonnt hätte), die andere Hälfte bot grimme Mimik und Gestik und hielt Kontakt zum Publikum, welches nun dicht gedrängt vor der kleinen Bühne stand (ich denke mal, da diese auch so niedrig ist, hat man als Künstler beinahe das Gefühl, mitten IM Publikum zu stehen, was sicher die gewisse oben erwähnte typische Titanic-City-Atmosphäre ausmachte). Die Band machte also das Beste aus dem Gig (auch hier konnte man sich über den Sound streiten, vor allem zu Beginn des Gigs musste noch während des Auftritts öfter am Mischpult nachgeregelt werden). Offensichtlich hat die Band gerade ein neues Album herausgebracht. Der Titel dürfte „Leere“ sein, hießen doch die gespielten Songs „Leere I“, „Leere II“, „Leere III“, „Leere IV“, „Leere VI“ und „Leere VIII“. Von den älteren Songs schafften es lediglich „Der Wanderer“ und „Schiachperchten“ auf die Setliste. Doch ich muss sagen, dass die neuen Songs live hervorragend ankamen, wenn auch nicht geheadbängt wurde wie verrückt, so konnten Thorngoth doch erheblich mehr Applaus als die Vorgängerbands einstreichen.

Das „Titanic City“ hatte sich inzwischen richtig gut gefüllt, es war noch ein letztes Mal wie in alten Zeiten, dass man sich echt durchdrängeln musste, wenn man den Standort wechseln wollte (okay, es war lange nicht so voll wie damals bei Dissection, wo man KEINE Chance mehr hatte, einen Schritt nach rechts oder links zu machen... aber immerhin). Vielleicht hatte auch die Ankündigung des Gastmusikers noch einige zusätzliche Besucher gezogen. Aber auch Todtgelichter allein waren sicherlich Grund genug (für mich zumindest), den Gig mit Spannung zu erwarten, schließlich habe ich die Band noch nie live gesehen. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie jemals auf einem noch so großen oder kleinen Festival gespielt hätten (da sie aus dem Norden sind, haben sie vielleicht dort verstärkt gespielt, ich weiß es nicht, in Österreich und Bayern haben sie sich jedenfalls rar gemacht). Und so kamen sie zu „Segen“ auf die Bühne und während ich bei Thorngoth noch dachte, sie waren heute die beste Band des Tages, musste ich die Einschätzung bereits nach dem ersten Song Todtgelichters revidieren. Diese Band hat das gewisse Etwas nicht nur im Sinne von „Etwas“ sondern im Sinne von „Ganz viel“. Sie konnten mich live sofort in ihren Bann ziehen. Ihre Musik tut der Seele eines jeden Black Metallers einfach gut. Blutig, kompromisslos, manchmal leicht depressiv, aber in jedem Falle gut breitete sich der klangvolle, bestialische Black Metal von Todtgelichter im Titanic City aus. Auch sie haben ein neues Album fertiggestellt, welches „Angst“ heißt. „Phobos & Deimos“ war der erste Song, den sie vom neuen Album spielten, später folgten „Oblivion“ und „Bestie“. Alle 3 Stücke waren beeindruckend und kraftvoll. Von den alten Alben wurden „Hammer“, „Erinnerungen eines Wolfes“. „Larva“, „Hort des Todes“ und „Blutstern“ gespielt (ob es danach noch weiterging, kann ich nicht sagen, da ich kurz vor Mitternacht weg musste). Im zweiten Drittel des Gigs kam dann der angekündigte Gastsänger mit auf die Bühne. Ob die „Iblis-Iblis“-Rufe im Publikum lustig waren oder nicht, sei dahingestellt. Tatsächlich handelte es sich natürlich um Azathoth (Ex-Dark Fortress), der zwar einen stimmlich hervorragenden Auftritt hinlegte, aber leider einen enttäuschend kurzen Part hatte. Aber als Gimmick trotzdem ganz interessant.

Abschließend bleibt zu sagen, dass der letzte BM-Gig im „Titanic City“ ein würdiger war, was die Bandauswahl betrifft. Ob es weiterhin Underground-Gigs mit Bands dieser Art im Herzen Münchens geben wird, jetzt wo die Clubs immer rarer werden (auch das „Metropolis“ steht nicht mehr zur Verfügung), wird sich zeigen. Ich befürchte, dass solche Gigs dann ins Umland/die Vororte ausgelagert werden. Aber so bekommt man vielleicht mal Orte zu sehen, wo man unter normalen Umständen nie hingekommen wäre (wobei ich dies mit einem lachenden und einem weinenden Auge sage). Bleibt nur zu hoffen, dass es überhaupt weitergeht und die Münchner auf BM-Underground-Gigs in Zukunft nicht ganz verzichten müssen.

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