Hellflame Festival 2006
Georgsmarienhütte/ 2. September 2006
Bericht: Twilightheart
Oh man, worauf hab ich mich da nur eingelassen!? Da hatte ich gerade 4 mehrtägige Sommerfestivals hinter mir und hatte eigentlich die Nase voll, und trotzdem ließ ich mich zu einer weiteren teuren Reise zu einem weiteren Festival breitschlagen... und das nur, weil ich eine Zusage für ein Interview mit 1349 hatte... und zwar mit Ravn (normalerweise gibt er die Interviews eher selten selbst, er lässt Bandmitglied Seidemann normalerweise die „Drecksarbeit“ erledigen). Und so fuhren Sheol-Gast-Interviewerin Claudia und ich ca. 700 km weit (inclusive mehrmaligem Verfahren und ungewollten Abstechern über Dörfer und Feldwege) nach Georgsmarienhütte, um uns ein letztes Mal diesen Sommer den Festivalstress zu geben. Da es nur einen Tag dauern sollte, dachten wir, es wäre machbar. Dummerweise war ich der Müdigkeit nicht wirklich gewachsen. Nur 3 Stunden Schlaf vor Aufbruch und auf der Rückfahrt direkt nachts fahren... glücklicherweise ist Claudia die ganze Strecke gefahren und ich konnte pennen... denn ich hätte uns hundert pro vor den Baum gekarrt. Im Nachhinein war es eine dumme Idee, denn außer Spesen (und Müdigkeit) nix gewesen. Aber zumindest das 1349 Interview haben wir. :-)
Nun will ich aber zuerst mal das
„Eventcenter B51“ loben. Es eignet sich hervorragend für Veranstaltungen
dieser Art. Denn wenn man der Wegbeschreibung der Festival Homepage folgt, biegt
man wirklich nur von der Autobahn ab und ist direkt da... super-einfach. Sind
auch genügend Parkplätze für alle da (und zwar so angeordnet, dass hinterher
fast jeder ohne Stau bequem rausfahren kann). Die Halle selbst ist auch günstig
gebaut, denn man kommt seitlich rein, so dass man an der rechten Seite der Bühne
ist, wenn man ein paar Schritte geht... man muss sich also nicht von hinten
durch eine Halle voller Leute kämpfen. Außerdem ist der Eingang so
konstruiert, dass man die ganze Halle überblicken kann, man sieht also, wo noch
Platz ist zwischen den Besuchern. Einfach sehr viel besser als manch andere
Festival-Location.
Auch will ich das Preis-Leistungs-Verhältnis des Festivals loben (nicht in
unserem Fall natürlich, wegen den Fahrtkosten... aber für die einheimischen
Fans), denn 20,90 Euro für so ein Haufen geiler Black Metal Bands an einem
Abend lohnen sich wirklich.
Aufgrund des mehrmaligen Falschfahrens (jaaa jaaa, 2 Frauen hinter`m Steuer...
ich weiß) verpassten wir die erste Band „Adversus“. Aber dies war nicht
weiter schlimm für uns, denn das letzte, was wir sahen, als wir in die Halle
kamen, waren die knapp gekleideten Frauen der Band, die sich wie bei`ner
Modenschau verhielten, nicht wie bei `nem Gig. Die Sängerin legte es direkt
drauf an, dass man ihr unter den Rock schaut... nun ja, den Männern im Publikum
mag´s gefallen haben, uns Frauen freilich nicht.
Der Abend begann für uns also mit
1349, die mit einiger Verzögerung auf die Bühne kamen, da es erhebliche Probleme beim Soundcheck gab, den die Rowdies absolvierten. Manche Kabel wollten einfach nicht mehr, und sogar ein Mikro musste erst mal ausgetauscht werden. Derweil spielte die Hintergrundmusik in der Halle weiter, immer begleitet von einem Zahnschmerz-verursachenden Pfeifton. Nachdem man diesen zwar nicht stoppen, aber zumindest zu einem nicht ganz so störenden Brummen transformieren konnte, ging es mit 20 Minuten Verspätung endlich los.Während bei der ersten Band vielleicht 10 Leute in der Nähe der Bühne gestanden hatten, war es bei
1349 sofort schlagartig voll. War ein gutes Gefühl, denn es war erst nachmittags nach 14 Uhr... das hieß, es waren doch hauptsächlich Black Metal Fans gekommen (ich hatte schon befürchtet, dass keine Stimmung aufkommt, wenn man eine Band wie 1349 gleich mit zu Anfang spielen lässt, aber dem war nicht so). Die Menge war sofort von Null auf Hundert als es mit "Hellfire" losging, und es waren etliche Fans in den vorderen Reihen, die die ganzen Lyrics mitgrölten. Der guten (was in diesem Fall bedeutet: eiskalten, brutalen) Stimmung tat es auch keinen Abbruch, dass es ständig technische Probleme gab. Die Band hatte wirklich mit einigen Gemeinheiten zu kämpfen. Der Bass ist zwischendurch ganz ausgefallen, es wurde vom Techniker ständig an irgend welchen Kabeln gedreht, um irgend welche Wackelkontakte auszugleichen, dann hörte sich Ravn auf dem Monitor zu laut und gab Zeichen, man möge die Monitore leiser machen, aber es wurde gleich auch sein Mikro mit leiser gemacht, so dass er wirklich ganz schön extrem kreischen musste, um das auszugleichen (was im Black Metal natürlich nicht schadet, denn dann klingt es zuweilen noch besser). Außerdem war mit der Gitarre des neuen Session-Gitarristen (der Tjalve ersetzt, welcher die Band verlassen hat) etwas nicht in Ordnung und es wurden Stör-Töne hörbar. Vom Sound her war der Gig also wirklich eine Katastrophe, aber 1349 standen da zum Glück lässig drüber und schmetterten einen diabolischen Song nach dem anderen in die Halle, immer umgeben von dichtem Bühnennebel (man konnte die Band nur selten gut sehen, denn es schien echt so, dass sie auf undurchdringbarem Nebel bestanden, was die Atmosphäre insgesamt natürlich noch kälter machte). Im Laufe des Gigs wurden noch "Riders of the apocalypse", "Nathicana", "Necronatalenheten", "Chasing dragons" und "Satanic propaganda" gespielt. Dann war es soweit: Ravn kam an den Bühnenrand, sagte in´s Mikro: „I am“ und die ganze Halle brüllte „Abomination“... und das ganze 4 mal. Somit war klar, welches der Nummer 1 Song der 1349 Fans ist. Und wie erwartet brach eine Headbäng-Orgie sonder gleichen aus zu diesem Song. Auch nach einem Bathory-Cover und „Manifest“ gelüstete es den zahlenden Gästen, nach dem zu urteilen, welche Song-Wünsche am lautesten durch die Halle gebrüllt wurden. Es folgten "Sculptor of flesh" und dann tatsächlich wunschgemäß "Manifest". Leider rief auch ein Besoffener in einer kurzen Pause zwischen 2 Songs „What`s up with Frost?“. Echt peinlich! Kurzer Blick in`s Internet hätte gereicht, um zu wissen, dass Frost zeitgleich mit Satyricon tourt und deshalb ein Ersatzdrummer bei 1349 spielt. Außerdem sollte man 1349 nicht nur wegen des Drummers live sehen wollen... die Band hat auch ohne Frost (der NATÜRLICH Kult ist) astreinen Black Metal der alten Schule zu bieten.
Nach einer weiteren hektischen Umbaupause (in welcher vergeblich versucht wurde, die Verspätung zu verkürzen) war es an der Zeit für
Necrophobic aus Schweden. Die Anti-Christen eröffneten den Gig sehr theatralisch: das Intro des neuen „Hrimthursum“- Albums „The Slaughter of baby Jesus“ setzte ein, dann kamen zuerst die Musiker auf die Bühne und verharrten reglos bei ihren Instrumenten, und als letztes kam Sänger Tobias und wartete vor seinem Mikro auf das Ende des Intros, allerdings nicht, ohne imaginär mit den Fäusten in der Luft mitzutrommeln. Zur Erklärung für die, die es nicht kennen: es ist ein Song mit fast woodoo-ähnlichen, düsteren Konga- Klängen, die das Stück dominieren... sehr mitreißend! Währenddessen konnte man bereits das Glühen in den Augen des Vokalisten beobachten, denn er konnte es kaum erwarten, mit dem Spielen anzufangen.Nachdem das Intro also verklungen war, erhob sich das erste mal brandender Applaus und es ging sofort über in „Blinded by light, enlightened by darkness“ und endlich konnten sich Sebastain, Johan und Joakim an ihren Instrumenten austoben und Sänger Tobias konnte mit seiner Stimme sein anti-christliches Statement in die Gehörgänge der Fans trichtern. Diese wussten eine Band wie Necrophobic sehr zu schätzen, denn die extrem gute Stimmung im Publikum blieb erhalten. Man bängte sich die Rübe weg, bis nix mehr ging. Weiter ging es mit „Awakening...“, und dann wurde „Act of rebellion“ (nachdem Tobias das Publikum begrüßt hatte) als Song angekündigt, den die Band noch nie vorher live gespielt hat. Gleich danach folgten das zutiefst eingängige „The crossing“ und „Sitra Ahra“. Und ich muß wirklich zugeben, dass dies der bisher beste Gig war, den ich je von der Band gesehen habe. Überhaupt kein Vergleich zu ihrem Auftritt beim Party San vor einem Jahr. Hier in Georgsmarienhütte kam das bestialische Feeling der Necrophobic- Songs erst so richtig gut rüber... trotz nicht ganz astreinem Sound (die Gitarre klang total wie playback, keine Ahnung, ob dies nur eine Folge technischer Tücken war, denn normalerweise hat die Band so was nicht nötig). Es folgten „Spawned by evil“ und „Dreams shall flesh“, und obwohl es vor der Bühne genauso voll war wie bei 1349, schienen die ersten Reihen doch “ausgewechselt” worden zu sein, denn nun standen überall um uns herum die-hard Necrophobic Fans, die jede Zeile mitgrölten, es waren sogar aus Schweden angereiste dabei!!
Sänger Tobias liess sich aufgrund der euphorischen Publikumsreaktionen sogar dazu hinreissen, selbst einmal mitzuklatschen beim Applaus, für die Fans natürlich. Johan für seinen Teil verschüttete bei dem Versuch, auf der Bühne einen zu heben, gutes deutsches Bier... und sofort rief einer in der Menge „Wer Bier verschüttet, wird aufgehängt“. Doch neben all dem Spass, ging eine Bemerkung doch etwas daneben, nämlich als Tobias die Besucher bezüglich des neuen Necrophobic Albums fragte: „Have you heared it? It´s good.“ Lieber Tobias, ob`s gut ist, das entscheiden ganz alleine die Hörer, nicht Du! ;-) Es folgte „Nailing the holy one“ und als Einstimmung zum selbigen brachte Tobias die ganze Halle dazu, mit ihm zusammen „Fuck you christ“ zu rufen. Auch stellte er uns noch mal die ganze Band vor und meinte, er sei gesegnet mit ihnen. Widerspruch bemerkt? Egal. Als letztes folgte noch „The norturnal silence“ und schon war auch diese geile Performance vorbei. Schade. Von mir aus hätte es noch eine ganze Stunde lang weitergehen können.
Während Wintersun spielten, hatten Claudia und ich unser 1349- Interview. Wir sprachen mit einem in sich abgeklärten, routinierten Ravn, der auf jede Frage sofort eine Antwort parat hatte, die vor innerer Überzeugung strotzte (siehe Interviews). Und so sieht der gute Mann ohne Corpse-Paint aus. Hättet ihr ihn erkannt? ;-)
Dadurch verpassten wir
Wintersun leider. Nur von weitem hörten wir den sinfonischen Death-Metal mit seinen folkigen Anleihen über´s Gelände klingen. Nachdem das Interview vorbei war, habe ich aber schnell noch vom Rand aus ein paar Wintersun-Fotos für euch gemacht in den letzten Momenten des letzten Songs.
Für uns ging der Abend also mit der nächsten Band weiter,
God Dethroned, die ich persönlich allerdings wohl schon ZU oft live gesehen habe. Ich kann den Gigs also keine Überraschungen mehr abgewinnen, möchte aber betonen, dass das Publikum (welches nun nachvollziehbar wieder gewechselt hatte, denn es standen nun völlig andere Leute in den ersten Reihen) eine gute Zeit hatte. Es bildete sich hier auch erstmals ein richtiger Mosh-Pit mit Geschiebe und Weggeschubse. Der Alkoholpegel tat ein Übriges, und so bekamen es die Mosher zum Teil gar nicht mit, dass sie sich die Rübe fast zertrümmert hätten bei dem Knallen gegen die Bühnenkante.Der Sänger der Band war total ausser Atem, ihm lief der Schweiss in Strömen, denn er musste singen und spielen gleichzeitig. Ich könnte mir beinahe vorstellen, dass es auch hier Probleme mit den Monitoren o.a. gegeben haben muss, denn trotz der guten Stimmung wiegelte der Sänger nach kritischem Blick zu seinen Bandkollegen ab und gab den Zugaberufen nicht nach, sondern verliess mit sehr genervtem Gesichtsausdruck die Bühne. Der Bassist schüttelte zwar noch die Hände der Leute, die direkt vor ihm gestanden hatten, aber sonst war von der Band nichts mehr zu holen.
Inzwischen war die Nacht angebrochen, d.h. die Zeit für
Marduk war gekommen. Und nun war Schluss mit lustig!Nach ein paar
furiosen Knüppelsongs zur Eröffnung, war „Funeral Bitch“ der erste
Midtempo-Song, der sich eher durch Wuchtigkeit als durch konstante Schnelligkeit
auszeichnet. Denn die Fans brauchen ja auch mal ein paar Sekunden zum Luftholen,
bevor es danach wieder mit den ultra-schnellen Tracks weiterging, zu denen das
Headbängen in Extrem-Sport ausartet. Es traute sich übrigens kein einziger
Stage-Diver auf die Bühne rauf bei Marduk. Ich glaube, die Angst vor Mortuus
und seinen Stiefeln war doch größer, als der Reiz der Gefahr.
Zur besten Zeit des Gigs schallte Mortuus` Ruf durch die Halle, der auch den
letzten von den Bierständen weglockte, vor die Bühne: „Panzerdiiiiiiviiiiisiooooon
Maaaaarduuuuuk““““! und dann krachte es noch mal ordentlich und das
Motto „Es wurden keine Gefangenen gemacht“ nahm neue Dimensionen an. So
umstritten Marduk auch sein mögen, bei ihren Live-Auftritten nehmen sie das
Publikum wirklich im Sturm.
Die letzte Band des Festivals war für uns
Unleashed aus Schweden. Sie erwiesen sich des Platzes als einer der Headliner als absolut würdig, denn auch sie brachten die Massen auf Anhieb zum Kochen. Im Gegensatz zur eisigen nordischen Kälte Marduk`s punkteten Unleashed eher durch natürliche ungekünstelte Verbundenheit zu ihren Fans, die sie mit „Are you with us, worriors“ begrüßten. Zu Songs wie „To Asgard we fly“ genossen alle Anwesenheit die fantastische Atmosphäre des Gigs, die wirklich nur durch das motivierte Auftreten der Band im Zusammenspiel mit ihren Fans zustande kam (denn alles andere, wie zum Beispiel die eintönige Lichtshow aus abwechselnd rotem und weißem Licht, war langweilig). Ein neuer „Stand-in-drummer“ wurde vorgestellt, der für Anders eingesprungen war, der, wie uns Sänger Johnny in einem Break ausführlich erzählte, wegen seines alten Leidens erneut in`s Krankenhaus musste. Als kleinen Scherz fügte er hinzu, dass es sicher toll ist, sich in einem schwedischen Krankenhaus die hübschen Krankenschwestern anschauen zu können.Bei so guter Interaktion mit dem Publikum trauten sich auch die Stagediver wieder auf die Bühne. Aufgrund fehlender Security auf der Bühne blieben manche dreister Weise gleich mal etliche Minuten oben auf der Bühne, so wie zum Beispiel ein bestimmter Fan, der einen ganzen Song lang oben stand und headbängte, bevor er mal sprang. Und da dies so gut funktioniert hatte, folgten gleich mal 5 oder 6 weitere, die genau das selbe probieren wollten, bis sich dann doch eine Art freiwilliger Security zeigte (evtl. der Stagemanager?), der die Fans dann doch zum schnelleren Springen veranlasste. Der Song „Into glory ride“ wurde Frank, einem Freund der Band, gewidmet, weil dieser an dem Tag Geburtstag hatte. Bei gleichbleibender Stimmung fand der Gig also mit Songs wie „Never ending hate“ seinen Ausklang.
Damit fand der Abend für uns ein Ende, denn Müdigkeit und
Kopfschmerzen forderten ihr Recht, und es war mir persönlich nicht mehr möglich,
mich auf Gorefest zu konzentrieren. Sorry Leute. Nächstes Mal vielleicht.
Aber nach Bands wie 1349, Necrophobic oder Marduk hat man ja schon die volle Dröhnung
intus... man braucht danach keine weiteren Bands, um zufrieden zu sein. Insofern
verliessen wir das Gelände wieder Richtung Autobahn.
Nun ja, es war ein Experiment. Die lange Fahrt werde ich im Zweifelsfalle sicher
nicht mehr auf mich nehmen. Aber einmal in Georgsmarienhütte gewesen zu sein
(den Ort liest man ja konstant in allen Tourdaten), war schon mal interessant.
Die Metal-Fans, die dort in der Nähe wohnen, haben wirklich eine geile Location
für ihre größeren Metal- Gigs. Und damit will ich selbigen dort weiterhin
viele coole Gigs wünschen und nun endlich hier mein Gelaber beenden. ;-)
stagediver:
Mehr Fotos von den Bands gibt es in den „Festival photos“!
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