TÝR
Interview
Partner: Heri (Gesang, Gitarre), |
Beim Ragnarök Festival ergriffen OhLi und ich spontan die Chance, Týr von den Färöer-Inseln nach einem Interview zu fragen. Die Band war wider Erwarten unglaublich nett, wir wurden im Tourbus mit allem versorgt, was man sich vorstellen kann (CDs, Getränke, ...), was natürlich nicht selbstverständlich ist für eine schon relativ bekannte Band, die einem Online-Mag ein Interview gibt. Zum Scherzen war die Band auch aufgelegt, man kann also sagen, es war ein Heidenspaß.
((Kommentare in Doppelklammern sind nachträgliche Erläuterungen von Twilightheart))
Twilightheart > Bei eurem heutigen Gig habt ihr genau die selben Songs gespielt wie auf der Tour mit Amon Amarth. Oder täusche ich mich?
Týr > Oh ja, es waren so ziemlich die selben Songs. Wenn wir der Haupt-Act sind, spielen wir anderthalb Stunden, aber hier spielen wir ja nur 30 Minuten. Und so wollten wir die Songs spielen, von denen wir wissen, dass das Publikum positiv darauf reagiert.
Twilightheart > Wie geht es eigentlich bei Konzerten in eurer Heimat ab?
Týr > Die Besucher dort können ziemlich wild werden. Sie sind nicht an häufige Konzertbesuche gewöhnt. Aber sie können gut abgehen. Es gibt da ja nicht diese Metal-Gemeinde wie in Deutschland. Bei uns kommen alle möglichen Leute zu den Metal-Gigs. Manche kommen in Heavy-Metal-Kleidung, aber die meisten kommen in ganz gewöhnlichen Sachen, weil wie gesagt nicht so eine Metal-Gemeinschaft existiert.
Twilightheart > Wieviele Leute kommen denn zu euren Gigs in eurer Heimat?
Týr > Kommt drauf an. Bei den Sommerfestivals sind es schon’mal 1000 oder 1200. Normale einzelne Gigs spielen wir zuhause nicht so oft. Da kommen zwischen 100 oder 400 Fans, hängt vom Veranstaltungsort ab.
Twilightheart > Zählt ihr bei euch zuhause als Metal-Band? Wir sehen euch mehr als Folk/Pagan.
Týr > Die nennen uns eine „gemäßigte Metal-Band“. Also sehen sie uns anders als ihr uns seht.
OhLi > Die Resonanz auf euer neues Album war sehr positiv. Hat euch das überrascht?
Týr (Heri) > Nein, diesmal nicht. Beim ersten Album haben uns die positiven Meinungen schon überrascht, auch beim zweiten Album, welches extrem erfolgreich war, waren wir wieder überrascht. Aber inzwischen haben wir uns wohl eher daran gewöhnt.
Twilightheart > Die neue Scheibe ist ja weniger folkig als die vorherigen. Wollt ihr euch in diese Richtung weiterentwickeln?
Týr > Ich denke, das wird erst mal für eine Weile unser fortschrittlichstes Album bleiben. Wir werden sicherlich wieder einen Schritt zurück gehen und uns in der Zukunft wieder mehr auf die Volksmusik-Melodien konzentrieren und auf die eher eingängigen Songstukturen.
Twilightheart > Seid ihr in eurer Heimat eigentlich die einzige etwas extremere Band?
Týr (Heri) > Es gibt tatsächlich eine Band, die etwas härter ist als wir.
Twilightheart > Welche ist das?
Týr (Heri) > „SIC“. Ich unterstütze die Band. Hier habt ihr deren CD, schreibt bitte ein Review darüber.
Twilightheart > Okay. Seid ihr denn schon mal mit der Band getourt?
Týr (Heri) > Ich glaube, die waren noch nie auf Tour.
Týr (Kári) > Aber wir haben mal auf dem selben Festival wie sie gespielt.
OhLi > Mit welcher Band würdet ihr denn gerne touren und warum?
Týr (Kári) > Metallica. Und warum? Weil die eine Menge Leute ziehen.
Týr (Heri) > Ich würde natürlich gerne mit Iron Maiden oder Metallica spielen, weil die so viele Fans haben. Aber es ist natürlich realistischer für uns, mit Moonsorrow oder Ensiferum zu touren, oder eben mit einer Band, die stilistisch mehr in unsere Richtung geht. Lumsk aus Norwegen zum Beispiel.
Twilightheart > Nur mit Folk-Band also? Warum nicht eine BM-Band dazupacken, für die Abwechslung?
Týr (Heri) > Ich steh persönlich überhaupt nicht auf Black Metal. Aber wenn uns eine echt bekannte BM-Band in’s Schlepptau nehmen würde, würde ich die Chance doch ergreifen.
Twilightheart > Konzentriert ihr euch im Moment eigentlich erfolgsmäßig nur auf Deutschland, oder haben Napalm Records schon weltweite Pläne mit euch?
Týr > Napalm konzentrieren sich auf die gesamte Metal-Landschaft weltweit. Bisher haben wir die meisten Gigs in Deutschland gespielt, auch auch oft in Polen. Wir sind auch ansonsten weit herumgekommen, Ungarn, England, Frankreich.... überall. Ich denke, Napalm Records benutzen Europa als Sprungbrett für weltweiten Erfolg.
Twilightheart > Kennst Du denn eure Verkauszahlen?
Týr (Heri) > Klar kenne ich die. Aber ich weiß nicht, ob unser Napalm-Typ erfreut wäre, wenn ich sie ausplaudern würde. Aber Fakt ist, dass wir deren Erwartungen, was die Verkaufszahlen betrifft, weit übertroffen haben. Jeder ist mit unserem CD-Absatz sehr zufrieden.
Twilightheart > Habt ihr die Leute in Skandinavien ebenfalls begeistern können?
Týr > Ja, ziemlich. Ich denke, unser bestes Konzert war unsere CD-Release-Party in Dänemark.
OhLi > Was macht ihr außer Týr? Arbeiten, studieren, ...?
Týr (Heri) > Ich wurde gefeuert, als die Tour losging. Ich habe als Gitarrenlehrer in einer Schule auf den Färöer-Inseln gearbeitet. Als ich meinem Chef gesagt habe, dass ich auf Tour muss und ihm die Tourdaten gezeigt habe, habe ich meinen Job verloren. Also bin ich nun quasi hauptberuflich auf Tour.
Twilightheart > Na ja, vielleicht zahlt sich das ja eines Tages aus für Dich. Ihr habt ja gerade begonnen, in Deutschland etliche Aufmerksamkeit auf euch zu ziehen.
Heri > Ich bin so froh, dass Du das sagst.
Týr (jemand versucht, in gebrochenem Deutsch zu reden) > Gunnar ist ein Wasserkasten-Schweißer.
Týr (Gunnar) > Ja, ich kümmere mich um die Scheiße anderer Leute.
Týr (Kári) > Und ich arbeite in einer Fischfabrik. Außerdem habe ich mit ein paar Kumpels ein Cafe in unserer Heimatstadt aufgemacht. Nun versuchen wir, das zum laufen zu bringen. Ich habe also jede Menge Arbeit.
Týr > Und Terji, unser anderer Gitarrist, bedient in der Firma seines Vater schwere Maschinen.
Twilightheart > Denkt ihr, mehrere von euch werden ihren Job noch wegen des Tourens verlieren?
Týr > Wahrscheinlich. Gunnar wurde schon so oft gefeuert wegen den Konzerten.
Twilightheart > Euch gibt’s ja nun schon ein Weilchen. Ich habe mal gehört, ihr wart und seit die einzige Band der Färöer-Inseln, die überhaupt die Chance auf einen Plattenvertrag hatten. Warum haben die anderen Bands keine Chance?
Týr > Die versuchen es nicht energisch genug. Außerdem gibt es keine andere Band, die wie wir die traditionelle Musik der Färöer-Inseln benutzen. Und wer braucht schon eine Band, die zwar von den Färöer-Inseln kommt, aber genauso wie eine Band aus England klingt!? Und daran scheitern die anderen. Wenn Du von einem exotischen Ort stammst, solltest Du auch exotische Musik anbieten. Und unser Stil ist eben außergewöhnlich.
Twilightheart > Kann es sein, dass auf eurer kleinen Insel eh nur ein Plattenlabel existiert?
Týr > Ich glaube, es gibt sogar drei. Aber nur eins davon ist relativ groß. Aber die veröffentlichen ziemlich schlechten Pop.
OhLi > Mit welchen Bands habt ihr als Kids angefangen Metal zu hören?
Týr > Mötley Crew, Iron Maiden, Dio.
OhLi > Wie würdet ihr eure Musik eigentlich einem Außerirdischen beschreiben?
Týr > Es ist die beste Musik auf der ganzen weiten Welt.
Twilightheart > Klar. Genauso würden alle Bands ihre Musik beschreiben! ;-)
Týr > Okay, dann würde ich sagen: es ist Musik, die aus Vibrationen entsteht und durch die Induktoren in ein elektisches Signal umgewandelt werden und…. so etwa? ;-)
Twilightheart > Gibt’s eigentlich etwas, was speziell für eure Band typisch ist?
Týr > Nö. Wir würden nur gerne mal unser Backdrop aufhängen, aber die Bühnen sind nirgends groß genug dafür. Aber wir haben da eine spezielle Anforderung außerhalb der Bühne. Und zwar: absolutes Rauchverbot! Aber es ist fast unmöglich, das durchzusetzen.
Twilightheart > Seid ihr Gesundheitsfanatiker?
Týr > Nein, sind wir nicht. Wir sind nur alle Nichtraucher.
Twilightheart (an Kári gerichtet) > Darf ich mal neugierig sein, was die Runen-Tätowierung auf Deinem Arm betrifft?
Kári > Das heißt "Streymoy" und ist mein Familienname. So heißt auch eine der Färöer-Inseln, und es ist meines Vaters Name.
Twilightheart > Das sieht echt schön aus. Eine der Runen auf Deinem Arm ist übrigens in Deutschland verboten.
Kári > Das sind alles färöeische Runen. Welche Runen sind denn in Deutschland verboten?
((Twilightheart erläutert der Band die Details…))
Kári > Das ist echt Mist! Und was passiert, wenn ihr sie trotzdem eintätowiert habt?
OhLi > Man wird erst mal verhaftet.
Twilightheart > Man wird verwarnt oder muss eine Geldstrafe bezahlen.
Kári > Aber die Wikinger haben all diese Runen und Zeichen auch schon benutzt. Und zwar lange vor allen anderen…
OhLi + Twi > Wir wissen das…
((Es entwickelt sich eine heiße Diskussion über das Thema, aber die erspare ich euch jetzt.))
Twilightheart > Gibt es einen Konflikt zwischen Christentum und Heidentum in eurer Heimat?
Týr > Nein, kann man nicht so sagen. Manche Leute sind extreme Christen, aber nicht viele. Zirka 80 Prozent sind modernere Christen, die uns nicht negativ gegenübertreten. Auch wenn wir keine Christen sind. Wir sind Heiden. Aber wir tolerieren uns alle gegenseitig. Es gibt zwar ein paar extreme christliche Gruppierungen, die ganz schön aufdringlich werden können, aber eine Bedrohung sind die nicht. Wir interessieren uns für Geschichte, kombiniert mit den Auswirkungen auf die heutige Zeit. Und es wurden ja viele heidnische Bräuche ins Christentum übernommen. Nicht alles ist mit der Christianisierung verschwunden. Auch in Deutschland gibt es noch heute Bräuche, von denen die Menschen denken, sie seien bestimmt christlich, dabei stammen sie ursprünglich aus dem heidnischen Brauchtum.
Twilightheart > Was habt ihr eigentlich für einen Eindruck von Deutschland, jetzt, wo ihr schon relativ weit rumgekommen seid?
Týr > Es ist ein schönes Land, besonders die bayrische Region. Du kannst die Berge sehen, es gibt viele Seen, und die Deutschen sind nett.
Twilightheart > Das sagst Du doch jetzt nur, weil Deutsche anwesend sind! ;-)
Týr > Nee, echt. In Deutschland passt alles. Wenn Du z.B. nach Polen fährst (ich mag die Polen echt, versteh mich nicht falsch), dann haben die schlechte Straßen, schlechte Instrumente usw. Aber in Deutschland funktioniert alles, alles ist sehr professionell und alles passiert pünktlich.
Twilightheart > Auf der Bühne singen ja oftmals drei oder vier von euch gleichzeitig und mehrstimmig. Übt ihr so was in professionellen Musikstunden oder so?
Týr > Nein. Und wir haben herausgefunden, dass wenn 3 oder 4 gleichzeitig singen, die Stimme eh egal ist. Für einen Frontsänger ist es natürlich äußerst wichtig, eine kraftvolle und spezielle Stimme zu haben. Aber für Hintergrund- und Chorgesang spielt es keine Rolle, es klingt immer gut, wenn Du nicht gerade total falsch singst. Dazu braucht man keine wunderschöne Stimme.
Twilightheart > Haha, das sollten wir als Aufmacher für das Interview nehmen: “Man braucht keine wunderschöne Stimme…”! ;-)
Nun ja, wir haben uns letztendlich gegen diese Überschrift entschieden! :-) Jedenfalls Danke an Týr für ihre Zeit und den Spaß! Twi.