Gorgoroth

Gesprächspartner: Infernus (Gitarre)
Fragen von: Twilightheart
18. März 2009
Per E-Mail

Erst kürzlich wurde bekannt gegeben, dass die Namensrecht für "Gorgoroth" nun endgültig geklärt sind. Das Gericht entschied zugunsten von Infernus. Natürlich konnte ich nicht widerstehen, gleich mal ein paar neue Interviewfragen rüberzumailen, und siehe da, die Antworten kamen postwendend:

Endlich sind die Namensrechte für Gorgoroth entschieden. Wie fühlt sich das an?

Es ist eine große Erleichterung, und so fühlt es sich auch an. Endlich kann ich mich wieder mehr auf die konstruktiven und kreativen Aspekte meines Lebens konzentrieren, mehr Zeit im Studio und mit Proben verbringen und die letzten anderthalb Jahre mit dem Gesetzeskram und Stress hinter mir lassen. Ich bin jetzt verdammt scharf auf richtigen Metal. Es fühlt sich natürlich großartig an.

Haben dich Regain bei den rechtlichen Angelegenheiten unterstützt? Oder hast du das allein mit deinen Anwälten durchgezogen?

Ich habe mir selbst Unterstützung geholt, aber Regain haben mir den Rücken so gut es ging freigehalten. Ohne sie hätte ich sicher nicht die Zeit und die Energie gehabt, all das zu tun, was ich parallel zu den Rechtsstreitigkeiten getan habe, zum Beispiel die Basslinien auszutauschen und die Arbeit am "True Norwegian Black Metal - live in Grieghallen studio"- Album fertigzustellen, oder natürlich die neue Band zusammenzustellen, proben und die Arbeit am neuen Album zu beginnen.

Die neue Bandzusammensetzung von Gorgoroth wurde ja vor einiger Zeit bekannt gegeben. Wie bist du mit Tomas Asklund zusammengekommen? Von ihm habe ich seit Dissection nichts mehr gehört. Bist du auf ihn zugegangen? Oder er auf dich?

Ich hatte ihn seit Jahren im Visier, glaub mir. Ich kam auf ihn zu. Ich habe mir Zeit für die Entscheidung genommen – eine Woche oder so – und habe dann aus den Musikern gewählt, die für mich die Besten darstellen und die mir persönlich am angenehmsten wären. Ich habe sofort ein „Ja“ bekommen, sowohl von ihm als auch von den anderen Musikern. Wir haben alle mehr oder weniger die selben Ziele, und mit ihnen zusammen sollte es nicht schwer sein, das zu erreichen, was wir uns vorgenommen haben. Wir legen den Fokus jetzt darauf, etwas Außergewöhnliches zu erschaffen, einen Klassiker unter den Studio-Alben. Das hat jetzt 100%ige Priorität für uns, und da werden wir überhaupt keine Kompromisse eingehen, für nichts und niemanden!

Was den Bassisten betrifft: warum musste es jemand aus den Staaten sein? Natürlich ist Frank Watkins ein großartiger Musiker, aber ist es somit nicht schwieriger zu proben und live aufzutreten? Er müsste ja jedes Mal eingeflogen werden...

Es musste einfach Frank sein, weil ich wirklich mit ihm zusammenarbeiten wollte. So einfach ist das. Natürlich, das Logistische ist ein Problem, das wir beachten müssen, aber wir sind ja alle erwachsen und professionell. Somit können wir zeitlich alles genau im Voraus planen und uns dann daran halten. Und dank moderner Zeiten ist alles einfacher wegen der Technologie und billigen Flugtickets usw. Das sollte alles bestens hinhauen. Ich habe den Bassisten nicht aus praktischen Gründen gewählt, sondern weil ich mit genau diesem arbeiten wollte.

Pest wird die Vocals übernehmen. Wie hast du ihn denn zurückbekommen? Freut er sich auf seine Rückkehr? Was war denn in der Vergangenheit los? Vielleicht denken einige sogar, du hast ihn damals gefeuert? 

Ich habe ihn niemals gefeuert! Er musste die Band verlassen, weil er sich anderen Dingen in seinem Leben widmen musste, aber wir waren sporadisch immer in Kontakt. Er ist jetzt Feuer und Flamme und wird demnächst im Studio sein. Ich bin sehr aufgeregt wegen all dem, obwohl ich das sicher nicht dazusagen müsste. 

Pest live 1997:

Gab es andere Bewerber für die Jobs (speziell für den Gesang), denen du absagen musstest? Wie schwierig war es, geeignete Musiker zu finden?

Wir hatten Bewerber für alle Positionen in der Band und selbst nachdem ich das neue Line-Up bekannt gegeben hatte, bedrängten mich die Leute noch. Ich bin froh darüber und interpretiere das als gutes Zeichen. Aber es ist eine Entscheidung gefallen und ich habe genau die bekommen, mit denen ich arbeiten wollte, und das sogar ohne großen Stress. 

Warum hast du nicht selbst das Mikrofon übernommen?

Weil ich Pest als Frontmann wollte. Ich habe im Studio manchmal die Vocals übernommen, und es hat Spaß gemacht, auch könnte ich Bass spielen oder anderes, aber eigentlich bin ich mit ganzem Herzen Gitarrist und Komponist. Außerdem wollen wir in nicht allzu langer Zeit auf Tour gehen, und live wäre ich nicht dazu bereit, zu singen.

War der Titel des neuen Albums "Quantos possund ad Satanitatem trahunt" Deine eigene Idee, oder kam das von Ex-Bandmitgliedern? 

Haha! Es war eigentlich die Idee von „Adam von Bremen“. Aber ich bin sofort in’s Norwegische Amt für Markenrecht gerannt und habe den Titel schützen lassen. Heimlich, natürlich. Ob das eine gute Idee war oder nicht, wird sich zeigen.

Wie hat sich dieser Verrat von King und Gaahl eigentlich angefühlt? Ich meine, was auch immer in der Vergangenheit passiert ist, hast du DAS jemals erwartet, dass sie dich aus deiner eigenen Band kicken? Selbst die Fans, die mit Gaahl und King sympathisieren, würden sicher zustimmen, dass es besser für ihren Ruf gewesen wäre, wenn die beiden einfach eine eigene Band unter anderem Namen gegründet hätten.

Mich aus der Band zu feuern, die ich selbst gegründet habe, meinst du? Das war eine Überraschung, muss ich zugeben. Manchmal kann ich insofern echt naiv sein, dass ich Leuten einen besseren Charakter zuspreche als sie eigentlich haben. Somit war das alles wirklich überraschend, muss ich sagen. Ich meine, wer würde solche Hintergedanken schon erwarten? Ein Namensrecht zu registrieren, das schon etabliert wurde durch den Gebrauch anderer... und dann an die Öffentlichkeit gehen auf der Argumentationsbasis, was für ein schlechter Mensch ich wäre!? Also wirklich!

King ov Hell hatte die Band doch schon mal verlassen. Warum hast du ihn zurückgenommen? Hat Gaahl dich damals überreden, ihn zurückzuholen?

Ich muss hier die volle Verantwortung dafür übernehmen, dass ich nicht wollte, dass er geht. Und auch dafür, dass ich ihn zurückwollte. Rückblickend erscheint das natürlich komisch, muss ich zugeben. Aber so ist das gewesen. Oder man könnte aus einem anderen Blickwinkel sagen: Das ist die traurige Wahrheit.

Deine Fans fragen sich, warum du überhaupt King die Musik hast schreiben lassen. Sein Stil ist nicht so roh und satanisch wie Deiner am Anfang war. War er denn der einzige, der gute Songs schreiben konnte?

Er hatte seine Qualitäten. Und das war einer der Gründe, warum ich ihn anfangs in die Band holte. Ich habe ihn immer verteidigt, und es wäre nicht angebracht, jetzt etwas anderes zu behaupten. Ich mochte die Musik, die er schrieb. Und wenn ich auf die Bandvergangenheit zurückblicke, war es so, dass ich froh war, nicht alles selbst machen zu müssen. Solange ich mit dem Ergebnis zufrieden bin und dahinterstehen kann, ist es eigentlich egal, wer die Musik schreibt. 

Was war der Grund für deine unproduktive Zeit in der Vergangenheit?

Vielleicht gab es gar keinen speziellen Grund. Und so was wie „Mangel an Inspiration“ gibt es  für mich sowieso nicht. Ich denke, als Künstler mit einer gewissen Sichtweise auf die Dinge, sollte man seine eigenen Grenzen kennen. Das bedeutet für mich: Qualität statt Quantität! Stehe immer zu dem, was du tust. Ich habe jetzt Material für anderthalb neue Alben geschrieben. Mit diesem Material bin ich vollkommen zufrieden. Aber man weiß nie, was die Zukunft bringt. Ich werde immer da sein. Also werde ich nichts halbherziges beginnen. So sollte das sein. 

Was hat sich verändert, so dass du wieder produktiv geworden bist?

Das ist mir selbst ein Rätsel. Jedenfalls war es nichts Mysteriöses, was mit dem Auseinandergehen der Band zu tun hatte. Es waren wohl viele verschiedene Dinge. Inklusive einiger X-Faktoren, die auch mir nicht bekannt sind. Aber eines zum Beispiel war ein kurzer Gefängnisaufenthalt, denn durch die Isolation muss man sich auf das Wesentliche konzentrieren, und das sollte eine der treibenden Kräfte des wahren Black Metal sein. 

Hast du jetzt mehr “Wut im Bauch” als früher? Hilft dir das, ein großartiges Album abzuliefern? Ich meine, das kommende Album wird von der weltweiten Metal-Szene genauestens begutachtet werden.

Ich hatte immer unglaublich viel Wut im Bauch. Ich denke, man muss nicht Sigmund Freud sein, um das zu verstehen. Ich füttere die Feuer der Hölle heute genauso wie früher. Und mir ist klar, dass es viel Aufmerksamkeit gibt, was mir ehrlichgesagt schmeichelt. Trotzdem, ich komponiere, um mich selbst zufriedenzustellen, um mal eine sehr oft gebrauchte und missbrauchte Phrase zu verwenden, ich schreibe nicht, um andere zufriedenzustellen. Wenn andere der Musik trotzdem was abgewinnen können, dann ist das ein Bonus, ja. Aber es gibt nur meinen Weg, oder keinen Weg. 

Im vergangenen Jahr haben sich deine Ex-Bandmitglieder in der Presse öfters beschwert, wie schwierig du wärst, dass du Geschäftspartner respektlos behandeln würdest usw. (Ich persönlich kann mich jetzt zwar nicht beschweren, denn das damalige Interview mit dir war eins der entspanntesten überhaupt. )
Denkst du die haben Recht mit ihren Vorwürfen? Oder sind sie einfach nicht hart genug im Nehmen?

Hey, ich erinnere mich an das Interview, auf dem PartySan vor einiger Zeit, richtig? Das war relaxt und problemlos, ja. 
Aber was auch immer meine Ex-Bandkollegen behaupten, egal ob wahr oder nicht... es bleibt die Frage: na und? Ich gestehe freimütig, dass es schwierig sein kann, mit mir zu arbeiten, weil ich immer will, dass alles auf meine Weise geschieht. Aber andererseits wussten die das alle vorher schon. Und sie hätten sich das früher überlegen können und einfach aussteigen können, als sie nicht mehr damit umgehen konnten. Sie hätten einfach eine eigene Band gründen können, so wie ich 1992 mit Gorgoroth.

Wird es eine Gorgoroth-Tour nach Erscheinen des neuen Albums geben? Eventuell sogar eine große Tour, um die neue Band zu etablieren? Oder wird es nur ein paar ausgewählte Gigs geben?

Ich bin hauptsächlich, wie die Vergangenheit zeigt, sehr gerne auf Tour, solange rundherum alles stimmt. Ich bin echt heiß darauf, bald wieder unterwegs zu sein. Aber es steht auch fest, dass wir es 100%ig tun müssen, oder gar nicht. Es ist Zeit für das „einzig Wahre“.

Wirst du Bedingungen an deine neuen Bandmitglieder stellen,  was die Bühnenshow betrifft (Corpsepaint z.B.)? Oder müssen sie evtl. wie du Künstlernamen verwenden (Tomas nannte sich ja früher mal Alzazmon, um ein Beispiel zu nennen)?

Ich glaube, ich muss ihnen nicht großartig erklären, wie sie ihren Job tun müssen, da sie alle erwachsen und seit langem in der Szene unterwegs sind, sie alle. 

Welche Art Satanismus praktizierst du? Und wie intensiv?

Ich habe eine gnostische, satanische Sichtweise bezüglich meiner Existenz in dieser Welt. Ich bin ein religiöser, hingebungsvoller Satanist. Das heißt, ich glaube an das Konzept, dass Gott in jedem meiner Gedanken und jedem meiner Gefühle widergespiegelt wird, sowohl im täglichen Leben als auch in meiner Funktion in der sogenannten „Black Metal Szene“. Für mich bedeutet Satanismus das Streben nach Vollkommenheit und Freiheit. Einige werden das verstehen, andere nicht. 

Infernus live:

 

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