Creature

Gesprächspartner: Marco Praher (Gitarre)
Fragen von: Twilightheart
 12. Juni 2009

"Creature" haben mit ihrem letzten Album "Feindtbild" ein kleines Meisterwerk des Black Metal geschaffen. Gitarrist Marco stand Rede und Antwort und gab noch einige Zusatzinfos.

Ihr wurdet von relativ bekannten Printmags (deren Namen ich hier natürlich nicht nennen möchte) nach Erscheinen von „Feindtbild“ in den höchsten Tönen gelobt und gehypt. Steigt einem so was nicht ein wenig zu Kopf? Was glaubst du, warum die Magazine von eurem neuen Album so begeistert sind? Die alten waren ja auch nicht schlecht. Oder ist es rückblickend vielleicht sogar etwas frustrierend, dass eure Arbeit früher nicht so anerkannt wurde (ich meine damit wirklich nur die grossen Printmags, die Online-Mags haben euch ja schon bei den Vorgängeralben unterstützt)?

Im Gegenteil, es ist eher etwas beängstigend, dass plötzlich auch die großen Magazine etwas mit uns anfangen können. Wir sehen uns eher im Underground-Genre und halten diesem auch die Treue, egal wo das noch hinführt. Ich denke, dass im allgemeinen unser neuer professioneller Sound sowie unser Labelwechsel damit zu tun haben, das wir nun auch von den größeren Magazinen beachtet werden. Rückblickend betrachtet finde ich die Vorgänger-Alben genauso stark wie das neue „Feindtbild“, doch war hier die Aufnahme lange nicht so druckvoll und mit Christhunt kann man halt in der breiten Öffentlichkeit nicht viel reißen, was aber auch nie unser Ziel war. Dennoch sind wir natürlichen zufrieden mit den Reaktionen und können mit Stolz behaupten, dies alleine ohne Fremdeinwirkung geschafft zu haben. Damit meine ich, dass keine Gelder von Seiten des Labels geflossen sind, keine Werbung geschaltet wurde oder dergleichen, die ja bekanntlich zur Bewertung in manchen Magazinen maßgeblich beitragen. Somit sind wir keineswegs frustriert, da unsere ersten Alben genauso die Anerkennung fanden wie auch „Feindtbild“, nur eben in etwas kleinerem Kreise.

Habt ihr schon etwas bemerkt, ob die positiven Kritiken einen Einfluss haben, z.B. mehr Anfragen/Zusagen für Festivals etc.?

Definitiv. Seit der Veröffentlichung von „Feindtbild“, unserer Tour mit Taake usw., werden wir mit ganz anderen Augen wahrgenommen. Durch die guten Kritiken in den Magazinen haben sich uns plötzlich Türen geöffnet, die noch vor kurzem undenkbar waren. Mittlerweile können wir uns fast aussuchen, auf welchen Konzerten wir spielen wollen und welche den Aufwand einfach nicht wert sind. Dies ist natürlich für uns eine positive Entwicklung, da wir uns schon immer als Live-Band sahen und dies zu einem unserer Hauptgründe gehört, warum es Creature noch heute gibt. Wir bevorzugen dennoch nicht unbedingt die größeren Bühnen der Republik, es gibt viele Gründe, warum auch ein kleines Konzert das Festival-Event toppen kann. 

Steht ihr jetzt nicht enorm unter Druck, was das kommende Album angeht? 

NEIN. Wir haben unsere Musik stets für uns selbst geschrieben, um unserem Anspruch gerecht zu werden. Daher sollte es auch logisch sein, dass das nächste Album definitiv nicht schlechter wird, sondern weiter mit unseren Fähigkeiten wächst. Wenn den Kritikern bzw. Hörern unsere Alben gefallen, ist dies natürlich ein positiver Nebeneffekt. Wir haben keinen Masterplan, wie ein Album bzw. Stück von uns zu klingen hat, meist entstehen die Stücke aus einer Laune und Stimmung heraus. Somit ist bei uns nichts kalkuliert, um den Ansprüchen der Hörer gerecht zu werden. Bisher haben wir uns zu jeder neuen Veröffentlichung steigern können und so wird es auch mit dem kommenden Album sein. Wir gehen die Sache meist auch sehr entspannt an und beginnen das Songwriting wenn wir das Richtige empfinden und den nötigen Ansporn haben. 

Echter BM muss satanisch oder zumindest anti-christlich/anti-religiös sein, was eurer ja ist. Da man auch nicht BM spielt, um reich zu werden, wird wohl eine ernste Absicht hinter der Bandgründung gestanden haben. Was hat euch in Satan’s Arme getrieben? Wie wichtig ist es, thematisch hinter dem Konzept eines Albums zu stehen, um überhaupt so gute Musik abliefern zu können?

Wir begannen 1997 mit einer Mischung aus Death/Thrash-Black Metal, da wir uns nicht wirklich auf eine Richtung festlegen konnten und wollten. Im Laufe der Jahre entwickelte sich unser Stil immer mehr in Richtung Black Metal, da dies auch unser privat favorisierter Musikgeschmack ist. Wie Du schon schreibst, muss BM satanisch oder zumindest anti-christlich sein, dem stimme ich auch voll und ganz zu. Dennoch kann und sollte man uns nicht mit z.B. Watain vergleichen, da diese Ihren BM gänzlich dem Teufel verschrieben haben, unsere Texte beinhalten den Teufel als Symbol des Bösen nur wenig bis gar nicht. Wir sind eine anti-christliche Band und genau davon handeln unsere Texte. Unsere Texte dienen dazu, dem Christentum ständig vor Augen zu halten, wie schwach und dumm es doch ist, sich an etwas zu klammern, das nicht greifbar ist und sehr viele Rätsel aufgibt über die Existenz ihres Messias. Jeder in der Band steht zu 100% Prozent hinter unserem Konzept, auch wenn die Texte ausschließlich von Barth verfasst werden. Dies ist auch wichtig, um die Glaubwürdigkeit der Band nicht in Frage zu stellen und gemeinsam den passenden Klangteppich zu den jeweiligen Stücken zu erschaffen. 

Inwiefern hat die Kirche heute überhaupt noch Einfluss auf dein persönliches Leben, so dass du dich am Kampf gegen sie beteiligen musst? Bzw. wieso ist der Hass nach so vielen Jahren immer noch am Leben? Ist die Politik in der heutigen Zeit nicht das viel größere Übel? 

Seit Jahren gehöre ich auf dem Papier keiner Religion mehr an, wurde aber katholisch bzw. christlich erzogen. Dennoch hatte ich genug Freiraum, mir meine eigene Meinung über die Kirche zu bilden, und mir wurde relativ früh bewusst, dass ich mit diesem ganzen Scheiß einfach nichts anfangen kann. Sicherlich war es zu Anfang einfach eine Rebellion gegen das familiäre Umfeld, doch meine Meinung festigte sich und so beschloss ich, dies auch in meine Musik einfließen zu lassen. Klar, heute schockiert man nur noch die Wenigsten damit, aber wir machen das aus Überzeugung und werden dies auch, solange es Creature gibt, tun. Letzten Endes ist Politik nichts anderes wie Religion. Es wird einem eine Meinung vorgegeben, nach der man zu handeln hat, und ist somit wieder nur ein dummes Herdentier. Aber dieses Thema hat in unserer Musik nichts verloren, dies überlassen wir gerne anderen Bands außerhalb der Black Metal Szene und somit möchte ich mich auch nicht weiter mit dem Thema Politik auseinandersetzen.

Wer kam auf die Idee des Intros auf „Feindtbild“? Klingt ja nun gar nicht nach BM. Wie passt das zum Album? Oder wollte man einfach nur kreativ sein und was ganz anderes machen als alle anderen Bands?

Das Intro wurde von Morgoth/Runenblut für uns geschrieben und realisiert. Wir sind schon seit längerem in Kontakt und so kam ich auf die Idee, ihn damit zu beauftragen, uns ein stimmiges Intro zu erschaffen. Ich schickte ihm das erste Stück vom Album, damit er einen fließenden Übergang zu beiden schafft, und dies hat er auch wirklich treffend umgesetzt. Meiner Meinung nach passt das Intro perfekt zum Album und wirkt keinesfalls als Fremdkörper, nur weil keine Gewitter oder Wolfheulen o.ä. enthalten sind, ist es doch nicht weniger Black Metal als andere Intros. Die meisten Bands klauen doch ihre Intros oder machen irgend einen Klangbrei, Hauptsache man hat ein Intro. Wir hingegen wollten auch dem Intro die nötige Aufmerksamkeit zuteil werden lassen, da der Einstieg in eine Scheibe mit zum Wichtigsten gehört. Damit haben wir nichts anderes gemacht, vielleicht nur einen Tick besser.

In „Keines Herren Knecht!“ wird gesungen: „Ich bin nicht eins mit euren Werten“. Klar, es geht im Text wahrscheinlich nicht um euch persönlich (höchstens als Teil einer rebellierenden Gruppe). Trotzdem würde mich interessieren, was du selbst als die wichtigsten Werte des Menschen erachtest und ob es deiner Meinung nach in der heutigen Gesellschaft überhaupt noch machbar ist, nach diesen zu leben? Verfallen wir nicht alle einfach nur dem Konsum (sei es Alkohol, Veranstaltungen der Unterhaltungsindustrie, unnütze materielle Dinge etc.) oder dem ständigen Streben, mehr Geld zu verdienen?

Da Barth den Text verfasst hat, kann ich zu seiner persönliche Auslegung des Satzes nicht allzu viel sagen. Für mich bedeutet dies einfach, nicht nach den Werten der christlichen Gesellschaft zu leben. So ein Mist wie z.B. Nächstenliebe oder das Wort Sünde, das einem schon im Ansatz verbietet, was man zu tun und zu lassen hat, sind für mich Fremdwörter oder zumindest verstehe ich sie anders als es die Kirche vorzugeben versucht. Für mich zählen Werte und Tugenden wie beispielsweise Treue, Stolz, Ehre und Willenstärke. Dies mag jetzt dem ein oder anderen wieder zu NS-lastig klingen, doch damit haben diese Worte nichts zu tun. Doch habe ich auch nichts gegen den Konsum im allgemeinen oder das Streben nach mehr Geld, dies ist es schließlich, was das Leben ungemein erleichtert, und so kommt man einen Schritt weiter, um seine Wünsche und Träume zu erfüllen. 

Ihr hattet ja seinerzeit große Probleme mit Black Attakk. Ist es da noch zu einem Ergebnis gekommen? Hattet ihr nicht irgendwo ein Statement abgegeben, dass der damalige Inhaber nur 20 km von euch weg gewohnt hat und ihr deshalb einen Vorteil zu haben glaubtet? Warum habt ihr den Vorteil am Ende nicht genutzt und ihn mal besucht?

Es kam zu keiner Zusammenarbeit mehr, worüber wir aber nicht gerade unglücklich sind. Es fing eigentlich recht viel versprechend an, indem er Patches von uns herstellen lies, doch nachdem es um den Vorschuss zum Album ging, war er nicht mehr zu erreichen. Wir hatten versucht, ihn an’s Telefon zu bekommen, schickten Mails und Faxe, aber es kam einfach keine Reaktion. Nach Wochen waren wir es einfach leid, noch mehr Energie für dieses Arschloch aufzuwenden, somit kündigten wir per Einschreiben. Das Ding ist aber für mich persönlich noch nicht erledigt und ich lass mich selbst überraschen, was passiert, wenn wir ihm mal wieder gegenüber stehen. Sicherlich hätten wir auch direkt bei ihm vorbeischauen können, doch er hätte mit Sicherheit nicht geöffnet und somit wäre auch dieser Versuch kläglich gescheitert. Doch hat diese Geschichte auch sein Positives, indem man nun bei Eichenthron unter Vertrag steht, die wirklich alles für die Band tun und sich den Arsch aufreißen. Wir sind zufrieden und haben zumindest auf Bandebene mit Black Attakk abgeschlossen.

Bei eurem Gig in München letztens kam es mir so vor, als wäre euer Frontmann nicht mehr so extrem motiviert wie beim Gig beim Fireblade Force vor 2 Jahren. Oder täuscht das, weil er zu dem Zeitpunkt vom touren ausgelaugt war?

Dem kann ich eigentlich nicht zustimmen. München war eines unserer Highlights auf der Tour und damit spreche ich auch für Barth. Klar, wenn man schon drei Tage zuvor gespielt und gesoffen hat, die Nächte eigentlich nicht vorhanden waren, kann es schon mal sein, dass man etwas ausgelaugt wirkt. Aber Barth geht stets mit der selben Energie auf die Bühne und gibt alles, indem er sich die Seele aus dem Leib schreit und dies war auch definitiv in München so. Das Fireblade war eines seiner ersten Gigs mit uns und ich denke, dass man da sicherlich noch etwas mehr Power auf die Bühne bringt, um das Publikum von sich zu überzeugen, da ja die Meinungen damals sehr geteilt waren zum Ausstieg unseres alten Sängers. Mittlerweile dürfte er aber jeden Zweifler das Fürchten gelehrt haben, da er einfach der bessere Fronter mit einer aggressiveren Stimme ist. Zudem besitzt er einfach mehr Verständnis für unsere Musik und weiß dieses auch perfekt auf der Bühne umzusetzen. 

Der Applaus hielt sich ja bei diesem Gig auch in Grenzen (was allerdings für München total normal ist, es sei denn es handelt sich um „Sauf-Musik“). Mich würde deshalb mal interessieren, wie es sich aus Sicht des Künstlers (in diesem Fall aus deiner speziellen Sicht) anfühlt, wenn das Publikum nicht wirklich mitgeht, obwohl man sich den Arsch aufreisst?

In erster Linie machen wir Black Metal und in unserer Szene ist es nun mal so, dass das Publikum eher verhalten reagiert. In der Regel sind aber immer ein paar Leute dabei, die richtig gut Stimmung machen, und alleine dafür lohnt es sich schon zu spielen. Für die eigene Motivation ist es natürlich immer besser, vor einem Publikum zu spielen, was richtig gut mitgeht und immer mehr von einem fordert. Damit meine ich jetzt aber nicht unbedingt irgendwelche besoffenen Prolls, die kaum noch stehen können, wobei mir das eigentlich auch völlig am Arsch vorbeigeht, soll doch jeder machen was er will. Ich muss aber zugeben, dass man mir bei Konzerten auch nicht mehr wie ein Klatschen abverlangen kann, somit habe ich vollstes Verständnis für Leute, die die Musik einfach nur im Stillen genießen wollen.

Das Album ist musikalisch unglaublich abwechslungsreich und strotzt nur so vor Hammer-Riffs und Ideen. Gerade jetzt bemerke ich bei einigen Bands, so auch bei euch, gesteigerte Kreativität im Vergleich zu früher. Was macht den Unterschied? 

Ich denke nicht, dass es mit irgendwelchen besonderen Einflüssen zu tun hat, auch unsere alten Alben waren immer sehr abwechslungsreich, worauf wir auch sehr großen Wert legen. Wir haben stets betont, unsere Musik nicht zu eintönig und langweilig gestalten zu wollen. Wir gestalten unsere Musik nach persönlichem Geschmack und achten auch darauf, das wir nicht nur auf einer Stelle treten, sondern uns stets von Album zu Album verbessern. Umso länger man in einem Bandgefüge zusammenspielt, desto besser werden die Arrangements und das gegenseitige Verständnis für einen abwechslungsreichen Songaufbau. Ich denke, dass man in der heutigen Zeit mit etwas Besonderem aus der Masse an Bands hervorstechen muss. Ewig den 90ern hinterher zu trauern bedeutet nur Stagnation und kann ja nicht Sinn einer Band sein, auch wenn es tatsächlich noch Bands gibt, die zum tausendsten mal ihre Vorbilder kopieren und damit durchkommen.

Wann/warum hast du mit dem Gitarrespielen begonnen? Wie oft übst du pro Tag oder Woche? Als wie schwierig würdest du deinen zu spielenden Part in den neuen Songs selbst einschätzen? War es eine Herausforderung oder kannst du so was aus dem Ärmel schütteln? 

Ich denke, dass ich es für mich behalten möchte, wie oft ich übe. Da ich über ein relativ gutes musikalisches Wissen verfüge und auch schon viele andere Instrumente gespielt habe, fällt es mir tatsächlich nicht allzu schwer, neue Stücke zu schreiben. Da ich den Großteil aller Lieder schreibe, klingen die Lieder auch nur so gut, wie es meine Fähigkeiten zulassen. Von daher besteht die Herausforderung für mich nur darin, das Optimum aus allem herauszuholen, was uns als Talent zur Verfügung steht.

Wie bist du eigentlich bei den Jungs gelandet? Wie wichtig ist dir die Band? Würdest du dich von einer weitaus bekannteren Band abwerben lassen? 

Die Jungs sind bei mir gelandet, da ich die Band 1997 gegründet habe. Die Band nimmt bei mir sowie bei allen anderen einen sehr hohen Stellenwert ein. Wir sehen uns nicht nur als Band, sondern als wirklich eingeschworene Truppe in der alle die selben Ziele mit größtem Einsatz verfolgen. Abwerben?? Gibt es so was im Black Metal? Da Creature mein Dämon ist, würde ich niemals die Truppe verlassen um in einer anderen mitzuwirken. Nicht für größeren Erfolg, Geld oder andere Reize. Da ich 80% der Songs sowie den Großteil aller anfallenden Arbeiten übernehme, hängt mein ganzes Herzblut an Creature und ich könnte mich daher niemals in einer anderen Band so entfalten, wie es hier der Fall ist. 

 

Marco live 2009:

 

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