Koldbrann

Gesprächspartner: Fordervelse (Schlagzeug)
Fragen von: Twilightheart
& Claudia
 20. August 2008

Fordervelse aus Koldbrann vor dem Auftritt beim "Storm of destruction" 2008:

Der erste Versuch, ein Interview mit Koldbrann zu machen, fand während der Koldbrann-Tour mit Taake in 2007 statt. Claudia und Twilightheart befragten damals Schlagzeuger Tom. Leider waren die Aufnahmen unbrauchbar. Somit bekam er die Fragen nun noch einmal per E-Mail zugeschickt (aktualisiert natürlich). Nachdem Tom eine fast doppelt so lange Version mit seinen Antworten eingeschickt hatte, hat er seine eigenen Ergüsse später noch’mal selbst gekürzt, um es nicht langweilig werden zu lassen. „Artist’s cut“ also. ;-)

Für 2008 waren nur zwei Festivalauftritte angesetzt. Warum so wenige? Kommt da noch was nach?

Ich habe keine Ahnung. Eigentlich versuchen wir, so viele Festivals wie möglich zu spielen. Aber es sieht so aus, dass einige Festivals nicht so erpicht darauf sind, uns auftreten zu lassen. Der Grund ist mir ein Rätsel. Unsere Plattenfirma versucht wirklich, uns bei vielen Festivals unterzubringen, es liegt also nur an den Festivals selbst.
Es wird wohl aber nicht bei zwei Festivalauftritten dieses Jahr bleiben. Da ist noch ein Festival in Notodden, Norwegen, und eine Tour mit Kampfar Ende des Jahres. Und hoffentlich sporadisch auch der ein oder andere Gig.

Euer letzter Auftritt war beim Party San Festival. Gab’s irgendwas Besonderes, zum Beispiel in der Setliste?

Nun, wir hatten die selbe “Überraschung” wie beim “UFTG”-Festival vor 2 Jahren. Iblis von „Endstille“ kam beim Song „Bestial Swarm“ als Gastsänger auf die Bühne, da er auch auf dem Album bei diesem Song mitsingt.
Außerdem haben wir einen Track gespielt, den wir seit der 2004er Tour mit Endstille nicht mehr gespielt haben, nämlich unseren eigenbenannten Song „Koldbrann“, außerdem einen ganz neuen Song von der gerade erschienenen EP. Die Setliste war auch anders als bei den letzten 4 Touren, die wir gemacht haben, um „Moribund“ zu promoten.

Wir hatten 40 Minuten Bühnenzeit beim Party San und die anderen denken, dass das genug war, aber ich will jedes Mal länger spielen. Wenn der Gig vorbei ist, bin ich jedes Mal total aufgedreht und will noch länger trommeln. Ich würde am liebsten immer noch Songs spielen, für die wir dann aber keine Zeit mehr haben. Für mich wäre die perfekte Bühnenzeit eine Stunde und länger. Dann hätten wir auch Zeit für unsere guten alten Songs, die live so richtig was hermachen, und ein paar Tracks, die wir bei verschiedenen Shows beliebig auswechseln könnten. Ich habe die Ausdauer dafür, da ich mich in sehr guter körperlicher Verfassung befinde, was Stärke und Ausdauer betrifft. Ich denke mal, es hält mich fit, dass ich auf dem Land lebe, umgeben von Wald, wo es immer schwere Arbeiten zu verrichten gibt.

Moribund” ist seit einer Weile veröffentlicht. Wie sind die Reaktionen der BM-Szene auf das Album?

Die Reviews, die wir erhalten haben, sind größtenteils sehr gut, natürlich bis auf einige Ausnahmen. Vor allem wurde die stimmliche Leistung gelobt, wie immer...
Für mein Schlagzeugspiel bekomme ich einiges an positivem Feedback, vor allem für die Wechsel zwischen den verschiedenen Teilen und Tempi. Man sagt, die Art, wie ich die Lücken zwischen den Stücken fülle, ist so, dass man gar nicht merkt, dass das Tempo gerade gewechselt hat. So was hört man gerne. Auch sagt man mir oftmals, dass mein Schlagzeug-Stil unverwechselbar ist und anders als bei anderen BM-Bands. Wahrscheinlich ist das so, weil ich in meinen 30 Jahren als Schlagzeuger schon alles gespielt habe, von Marschmusik über Jazz, Big Bands, Rock, Heavy Metal und Prog.
Was die Black-Metal-Fans betrifft, weiß ich es nicht. Einige, die mehr auf den alten Stil mit roher Produktion stehen, sagen, dass „Nekrotisk Inkvisition” geil ist und „Moribund” Scheiße ist. Andere wieder sagen das Gegenteil. Es ist also schwierig einzuschätzen. Ich persönlich würde eine Produktion bevorzugen, die eine Symbiose beider Alben darstellt. 

Welcher Song auf dem Album ist am schwierigsten zu trommeln, und warum?

Also ich finde keinen der Tracks schwierig. Ich habe das Schlagzeug selbst eingespielt, also kann ich jeden Koldbrann-Track ohne Probleme spielen, vor allem die, die wir jemals live gespielt haben. Die, die wir nie live gespielt haben, würde ich wahrscheinlich noch’mal neu lernen müssen, vor allem von „Nekrotisk Inkvisition“. Aber die Songs von „Moribund“ sind leicht für mich zu spielen, wie oben bereits erklärt.
Obwohl... da gibt es einen Song, der wohl schwierig zu spielen wäre, nämlich „Fortapelse i Svovel og Helvetesild“, der erste Track auf NI... und zwar einfach, weil er so extrem schnell ist und ich ihn lange nicht gespielt habe. Wenn ich ihn mir heute anhöre, denke ich „Wow, ich habe damals verdammt schnell getrommelt“. Aber an die Abfolge des Drummings erinnere ich mich genau. Ich müsste nur das schnelle Spielen noch’mal trainieren, denn ich spiele mit beiden Drumsticks gleichzeitig schnell, und das ist viel schwieriger als die normalen Blastbeats. Ich werde wohl daran arbeiten müssen, denn es könnte sein, dass wir den Song doch mal wieder live spielen werden demnächst. Das würde zumindest viele Fans glücklich machen, denn für viele ist es der ultimative Koldbrann-Track bzw. sogar der ultimative BM-Track.

Du suchst immer nach Session-Work. Aber es sieht so aus, dass du was gefunden hast. Warum füllt dich Koldbrann zeitlich nicht aus? Würdest du auch fest in anderen Bands spielen? Dachte, du wärst mit Koldbrann am meisten verbunden.

Ja, der Hauptgrund, warum ich nach weiteren Schlagzeug-Jobs suche, ist der, dass die anderen Koldbrann-Mitglieder nicht so viel touren wollen wie ich. Als Mannevond sagte, dass wir nicht mehr touren, bis das nächste Album draußen ist, habe ich sofort ein paar Anzeigen geschaltet und mich als Schlagzeug-Hure zur Verfügung gestellt. Die anderen Koldbrannler haben andere Prioritäten, wie ihre Jobs usw. Das ist natürlich deren Entscheidung. Klar, du musst für eine Tour freinehmen, auf Einkommen verzichten usw. Aber wenn du wirklich touren willst, ist es eine Frage der Prioritäten und du musst dich entscheiden, was du wirklich willst.
Ich würde touren und live spielen so oft ich könnte, auch wenn ich einen festen Job hätte. Wenn mich der Arbeitgeber das nicht machen lassen würde, würde ich kündigen und mir einen Job suchen, wo ich mir die Arbeitszeiten selbst einteilen kann. Auf Tour gehen und Black Metal spielen ist, was ich machen möchte, und das gibt mir tausendmal mehr, als mir irgend ein anderer Job geben könnte. Und es macht mein Leben viel lebenswerter, als wenn ich von 8 bis 17 Uhr einen normalen Job hätte, dann in Rente gehe und eine goldene Uhr als Dankeschön bekomme. Das wäre das Letzte. Koldbrann wird immer meine Haupt-Priorität sein. Ich bin gefühlsmäßig sehr mit Koldbrann verbunden. Koldbrann war und ist eins der wichtigsten Dinge in meinem Leben.
Ja, ich war erfolgreich, was Session-Work angeht. Das Ironische dabei , und auch Frustrierende für mich, ist die Tatsache, dass Norwegen unglaublich viele etablierte Bands und auch unbekanntere Bands hat, und ich hätte eigentlich alle Zeit der Welt, mit denen auf Tour zu gehen, aber ich muss im Ausland nach Session-Jobs suchen. Das ist echt frustrierend.
Mit Ausnahme von Koldbrann scheint es, dass ich mit einem Fluch belegt bin, was die Norwegische Szene betrifft. Da gibt es 2 oder 3 Schlagzeuger, die das Monopol auf alle Jobs in bekannteren Bands zu haben scheinen. Natürlich ist an diesen Schlagzeugern alles in Ordnung, aber es ist echt langweilig, wenn so viele Bands immer wieder die selben bekannten Schlagzeuger buchen und mit ihnen den schrecklichen Trigger-Sound, hehe. Es gibt so viele andere Schlagzeuger in Norwegen, die mindestens genauso gut sind.
Was nun den Aushilfsjob betrifft, so habe ich Kontakt zu einer Band aus Nord Dakota, die sich „Høst” nennt. Ich mochte das, was ich von ihnen gehört habe, denn sie sind etwas anders als die herkömmlichen BM-Bands, die man ständig hört. Sie verarbeiten auch Einflüsse von anderen Stilrichtungen als BM, genau wie bei meinem Schlagzeugspiel. Also entschieden wir, dass ich rüberfliege und mit ihnen auf Tour gehe. Ich blieb über einen Monat in den USA. Zwei Wochen lang haben wir in Nord Dakota geprobt und dann haben wir eine US-Tour mit 16 Gigs gemacht. Natürlich würde ich gerne weiter mit der Band arbeiten, live und im Studio, aber es liegt natürlich nicht nur an mir und wir haben noch nicht näher darüber gesprochen, also weiß ich es noch nicht. 

Ich liebe es, die Schlagzeugsounds zu Riffs und Songs hinzuzufügen, aber meistens wissen die Leute, die die Songs komponiert haben, schon, wie sie das Schlagzeug haben wollen. Aber wenn man mir freie Hand lassen würde, könnte ich ein verdammt unglaubliches Drumming für die Riffs und Songs erarbeiten. Leider bekomme ich nur selten die Chance dazu. Selbst in Koldbrann wissen andere schon, wie die Basis des Schlagzeugspiels im Großen und Ganzen sein soll. Allerdings füge ich trotzdem meinen eigenen Stil und eigene Zwischenstücke hinzu. 

Ich suche trotzdem weiter nach Gelegenheits-Jobs, da ich viel spielen will und das auch brauche. Perfekt wäre es natürlich, Schlagzeuger in einer Band zu sein, die so viel touren will wie ich und wo ich mein Ding machen könnte. Zu reisen wäre auch kein Problem. In Norwegen kann man bei vielen Behörden Zuschüsse beantragen, mit denen Künstler und Musiker finanziell unterstützt werden. 

Eine andere Band, der ich aushelfen werde, ist “Frostwork” aus England. Das ist ein Seitenprojekt von Dagon von Heathen Deity. Auch ein engagierter Künstler. Es ist zwar noch nichts passiert, aber ich werde sein nächstes Demo einspielen und hoffentlich auch das folgende komplette Album. Das Schlagzeug wird dann höchstwahrscheinlich hier auf meinem Landsitz aufgenommen werden. Falls er mit Frostwork auch live was machen will, bin ich gerne dabei. 

Arbeiten Koldbrann gerade an neuem Material?

Ja, es wurden 3 neue Songs komponiert und aufgenommen. Sie wurden am 15. August als EP veröffentlicht. Die EP heisst „Stigma“ und enthält unter anderem ein Bathory-Cover, ausserdem eine Neuaufnahme unseres alten Songs "Fredløs", der bisher nur auf Vinyl erschienen war, auf der Split mit Ljå. Wir waren nie wirklich zufrieden mit der alten Aufnahme dieses Songs, und ausserdem hat das Presswerk den Sound total verhunzt. Ich bin echt froh, dass wir den Song neu aufgenommen haben, denn das ist einer meiner Allzeit-Lieblingstracks von Koldbrann. Sowohl, was das anhören des Songs als auch das selbst spielen betrifft. Das ist Kvass in seiner besten Form. Er schreibt die komplexeren, melodischeren Stücke, und der letzte Teil von Fredløs ist mit das Beste von Kvass. Er zaubert ein paar Riffs aus dem Hut, dass es mir Schauer über den Rücken jagt, wenn ich die höre.
Zwei der neuen Tracks sind thrashiger als alles, was wir bisher gemacht haben, aber es hat trotzdem noch etwas von der typischen Kvass-Komplexität beim Songwriting. Der dritte neue Song ist ein typisches Mannevond-Stück. Sehr geradlinig, einfach und experimentell.
Diese Aufnahme ist in guter alter Koldbrann-Manier entstanden. Wir haben es selbst mit geliehenem Aufnahme-Equipment aufgenommen, mit der Hilfe von Freunden, die als Sound-Ingenieure arbeiten und die schon “Nekrotisk Invisition“ mit uns gemacht haben.
Das Schlagzeug für die EP wurde in meiner Scheune auf dem Land inmitten der tiefen Wälder Ost-Norwegens aufgenommen. Und zwar am letzten Wochenende bevor ich in die USA flog, um mit Høst zu touren. 

Wir haben das ganze Koldbrann-Zeug selbst aufgenommen, außer Moribund, und in der Zukunft werden wir sicher wieder mehr selbst aufnehmen und die Luxus-Studios meiden. Außerdem baue ich ja gerade ein kleines Aufnahmestudio in meiner Scheune, deshalb denke ich, dass viel zukünftiges Koldbrann-Material dort aufgenommen werden wird. Es hat zudem eine gewisse Atmosphäre, denn es ist eine alte Scheune und man sieht nichts als Wald ringsum. 

Diesen Herbst werden wir verstärkt an neuem Material arbeiten, es wird also hoffentlich ein komplettes Album im nächsten Jahr geben. Aber man weiß ja nie. Wir veröffentlichen nicht so oft ganze Alben. Ich denke, das hat auch was Gutes, denn mit so vielen Bands und neuen Alben können viele Leute auch gar nicht mithalten, wenn Bands jedes Jahr ein neues Album veröffentlichen. 

Zwei oder drei Jahre zwischen 2 Studioalben ist meiner Meinung nach eine perfekte Zeitspanne, sowohl für Koldbrann als auch für andere Bands, die ich mag. Dann können die Alben gedeihen und die Leute haben Zeit, sich in das Album zu vertiefen und es zu genießen, bevor es ein neues gibt. Kleinere Veröffentlichungen zwischen den Alben sind okay, Splits, Live-Aufnahmen und EPs zum Beispiel.

Warum hatte sich die Veröffentlichung der Split mit Faustcoven eigentlich immer wieder verzögert?

Nun, das Label verschob das ganze immer und immer wieder. Aber am Ende ist es doch erschienen. Allerdings habe ich nicht mitbekommen, dass viele es erwähnen, ich gehe also davon aus, dass nicht viele eine Ausgabe davon bekommen haben. Was mich bei dieser Veröffentlichung am meisten ärgert, ist, dass der Song „Pogrom Pestilent“ darauf vertreten ist. Einer meiner Lieblingstracks von Koldbrann. Er hätte lieber auf einem Album statt auf einer limitierten Vinyl, die nicht viele hören werden, sein sollen. Es ist außerdem einer der wenigen unserer Songs, die englische Texte haben. Wir haben ihn bei den letzten Gigs live gespielt und auch manchmal während der Moribund-Promotion-Touren. 

Koldbrann wurde 2001 gegründet. Das ist 10 Jahre später als all die anderen norwegischen BM-Bands. Was hast du davor gemacht? Auch in anderen BM-Bands gespielt?

Ja, nach der zweiten großen Welle, sozusagen. Aber ich gebe persönlich wenig auf die erste, zweite Welle oder die Geschichte des BM oder der Musik im allgemeinen. Ich weiß, was mir gefällt, ohne dass ich die Geschichte dahinter kennen muss. Mannevond hat Koldbrann gegründet, weil er Black Metal spielen wollte und ich habe mitgemacht, weil es genau die Art von Band war, nach der ich gesucht hatte. 

Wenn die Leute die wenigen großartigen norwegischen BM-Alben anbeten wollen, die in den früher 90er Jahren veröffentlicht wurden, und nichts anderes, dann ist das deren Verlust. Mit ein paar Ausnahmen denke ich, dass nach der Mitte der 90er genauso viele gute Alben veröffentlicht wurden als zu Beginn.

Was ich gespielt habe bevor ich Metal spielte, habe ich ja oben schon erwähnt. Aber um es kurz zu machen, ist meine Story genauso gewöhnlich wie die vieler anderer in meiner Altersklasse: ich begann mich in den späten 70er Jahren für Metal zu interessieren, mit Kiss, dann Maiden, Dio, Ozzy etc., und meine Mutter hat mir Venom’s „7Gates of hell“-Video zu Weihnachten geschenkt, 1985 oder so. Da hatte ich den ersten Kontakt mit extremeren Sachen, und ich war total angetan davon, obwohl ich zugeben muss, dass ich mich auch sehr für die LA-Szene in den Mitt80ern interessiert habe, und in den späten 80ern für Bay Area Thrash.

Mein erstes Schlagzeug bekam ich 1985. Ich spielte in verschiedenen Garagen- Metal-Bands bis in die frühen 90er und war 1992 kurze Zeit in einer Black Metal Band. Später wurde ich der Musik überdrüssig, da es mich nirgends hinführte, außerdem sah ich den Sinn nicht, nur für den Spass an der Freude zu spielen. Also nahm ich eine Auszeit vom Schlagzeug-Spielen und versuchte mich am „wahren Leben“ mit einem regulären Job. Was für eine dämliche Verschwendung! Ich hatte es bald satt und begann 1998 wieder Schlagzeug zu spielen. Und obwohl ich in den 90ern schon extremen Metal gehört habe, habe ich als Drummer die Zeit verpennt, in der BM die Medien-Sensation war. Aber es ist mir egal. Ich habe in den 90ern in verschiedenen Bands gespielt, wollte aber Black Metal spielen, und letztendlich kam es zu dem Kontakt mit diesem jungen, hingebungsvollen Typen namens Mannevond in 2002. Und den Rest kennt man. 

Was die anderen Bandmitglieder betrifft, also Mannevond hatte eine Band namens Carnifex vor Koldbrann, zusammen mit dem ersten originalen Koldbrann-Gitarrist, Dragev (der den Song „Koldbrann“ geschrieben hat). Kvass hat nie in anderen Bands gespielt. Antonzen... nichts besonderes, denke ich. Stian „Goremeister“ Johnskareng war vorher ein Death-Metal-Sänger und hat einige Aufnahmen mit anderen Bands hinter sich. Er spielt neben Koldbrann auch in einer Rock’n’roll-Band und es scheint mir, dieser Stil liegt ihm mehr.

Gibt es die Anti-Trigger-Aktion noch? Was denkst du, warum andere Musiker Trigger benutzen und warum hasst du sie selbst so sehr? Wie sieht es mit Drums aus dem Computer aus? Noch mehr Abneigung?

Unbedingt. Ich mag Drums, die auch wirklich wie ein Schlagzeug klingen. Ich denke einfach, der Klang von getriggerten Schlagzeugen, Casio-Sound, wie ich es nenne, ist nervig und es vermittelt keinerlei Dynamik oder Gefühl, deshalb mag ich es nicht. Besonders die Bassdrum (grosse Trommel). Nichts klingt besser als eine akustische Bassdrum, die man nicht nur hören sondern auch fühlen kann. Viel besser als das „klack klack klack“ Geräusch vom Trigger. Das schlimmste Beispiel für ein getriggertes Schlagzeug sind für mich die Bassdrum-Geräusche auf Immortals „Battles in the North“ und Mayhems „Live in Marseille“ CD/DVD. Der Schlagzeug-Klang auf diesen Veröffentlichungen ist der Horror. 
Ohne damit all die großartigen Drummer angreifen zu wollen, die Trigger benutzen ... aber ich kann den Klang einfach nicht ausstehen. Ist wahrscheinlich Geschmackssache. Hört euch mal Gorgoroths ”Antichrist” und ”Incipit Satan”, Emperors ”Nightside” oder das erste Satyricon-Album an, DAS ist echter Schlagzeug-Sound! Aber jetzt werden die alten genialen Gorgoroth-Tracks leider ruiniert, von beiden existierenden Versionen der Band, denn beide haben jetzt Schlagzeuger, die Trigger benutzen.

Warum benutzt man sie? Nun, es ist leichter zu spielen. Viel leichter. Trigger sind ja eine Art Sensoren, die ein Signal weiterleiten, man muss sich also keine Gedanken machen, wie stark man dagegenkommt, es wird immer die selbe Lautstärke erzeugt dadurch, und der Sound kommt nicht vom Schlagzeug, sondern von einem künstlichen Schlagzeugklang, der durch das Trigger-Modul erzeugt wird. 
Die ersten Alben mit getriggerten Bassdrums waren Metallicas  „... and justice for all“, und das erste Pantera-Album, soweit ich mich erinnere. Trigger passen besser zu Death Metal, wobei ich persönlich keinen Death höre (außer Morbid Angel und Death), das dazu!

Ich mag auch kein Schlagzeug vom Computer oder künstliche Samples. Auch nichts, was im Studio nachbearbeitet wurde, wie es ja so viele Bands tun. Einer der Gründe, warum es mir Black Metal angetan hat, ist der, dass es wahrhaftig ist. Ich bevorzuge also Instrumente, die wirklich von Musikern gespielt werden.  

Seit wann spielst du Schlagzeug? Wie oft probst du?

Ich habe 1978 oder 1979 angefangen, Schlagzeug zu spielen. In einer Marschkapelle, um genau zu sein. Dort blieb ich 10 Jahre. Das würde ich auch nie bereuen, denn dort habe ich die richtige Trommeltechnik gelernt. Auch Theorie usw., und das seit meiner Jugend. Zum Beispiel, dass man hauptsächlich die Finger benutzen muss, wenn man schnell auf der SnareDrum (=kleine Trommel) spielt, und nicht den ganzen Arm, und all so was. Wenn Leute mich bitten, ihnen das richtig beizubringen, ist es gar nicht so einfach, da ich nicht weiß, wie man es am besten erklärt. Ich musste von Anfang an so spielen und es liegt mir im Blut. 
Ich habe auch viel Musiktheorie in der Marschkapelle gelernt. Ich kann Schlagzeugnoten schreiben und Schlagzeug nach Noten spielen. Beides, einzelne Trommeln und das gesamte Schlagzeug. Ich fange auch gerade an, die kompletten Noten für komplette Stücke unserer Koldbrann-Songs aufzuschreiben. Einfach nur zum Spaß, denn natürlich wird ansonsten nie jemand dafür Verwendung haben. Was noch witzig ist, ist, dass kurz bevor ich bei der Marschkapelle gekündigt habe, die Chefs dort mich für die Marschkapelle der königlichen norwegischen Garde empfohlen haben und die mich auch nehmen wollten. Aber zu dieser Zeit stellte es keine Option für mich dar, mir die Haare abzuschneiden und Metal für 2 Jahre aufzugeben. Das war 1988 oder 1989, denke ich.

Seit ich bei Koldbrann eingestiegen bin, habe ich nur wenig geprobt, ausser bei den Bandproben. Vor allem weil ich damals kein Schlagzeug zu hause hatte, aber jetzt lebe ich auf dem Land und baue ein schalldichtes Studio, dann werde ich versuchen, ein paar Stunden pro Tag zu üben. Da gibt es ein paar BassDrum-Techniken, die ich üben muss...
Wenn ich neue Sachen für Koldbrann lerne, höre ich mir Probeaufnahmen an, oder was die anderen Jungs zu hause mit den Gitarren aufgenommen haben. Und nach etlichen Durchläufen bleibt es in meinem Gedächtnis und ich kann es. Bei ganz komplexen Riffs schreibe ich auch manchmal die Noten auf. Das funktioniert super, so kann das Fehlende schnell hinzugefügt werden bei den nächsten Proben. Natürlich müssen die anderen Bandmitglieder meinen Ideen für’s Drumming zustimmen. Manchmal haben sie auch schon Ideen, wie sie sich das Schlagzeug zu ihren Riffs vorstellen, und dann arbeiten wir daran. Manchmal haben wir während der Proben die entscheidenden Ideen und dann schreibe ich mir die Noten auf, um mich später daran zu erinnern. 

Bevor ich in die USA reiste, um mit Høst zu touren, habe ich täglich die Alben angehört, mehrere Wochen lang, denn da habe ich das Schlagzeug ja nicht selbst eingespielt, und es gab einige komplexe Stellen, die schwieriger zu lernen waren als ich erwartet hatte, deshalb schrieb ich mir auch da einige Noten auf, nach denen ich dann bei den Proben spielte. 

Benutzt du spezielles Equipment? Ich hörte ja, dass vor allem Becken 500,- EUR oder mehr kosten können. Hast du einen Sponsor? 

Ich bevorzuge nichts spezielles, ausser dass es Markenware sein sollte. Ich hatte bisher immer TAMA Schlagzeuge. Die klingen gut und der Preis ist nicht zu hoch. Ausserdem halten sie lange. Jetzt habe ich ein „TAMA Rockstar“ Kit, das ich 2001 gekauft habe. Das war schon mit auf etlichen Touren und Flügen und es ist echt strapazierfähig. Ich habe keine spezielle Erfahrung mit anderen Marken, außer mit Pearl, welche ich nicht mag. Die Tom Toms sind komisch angebracht und etliches mehr. Ansonsten, was den Klang betrifft, können bestimmt viele Marken gut klingen, wenn alles richtig eingestellt ist. 

Bei den Becken habe ich immer Sabian’s handgehämmerte Becken benutzt. Die halten ewig. Ich schlage live ja richtig derb zu, und jetzt erst beginnen die Becken zu brechen, nach 10 Jahren. Also eigentlich Zeit, die Becken zu wechseln.

Ich benutze Evans hydraulische Schlagfelle, einfach weil ich deren Klang mag. Ich habe ein paar neue Varianten von Evans ausprobiert und werde vielleicht demnächst wechseln, denn die klangen fast besser. Ich kann mich nur gerade nicht an die genaue Bezeichnung erinnern.

Unterstützt werde ich nur von Pro-mark. Ich habe seit den 80er Jahren nur Pro-mark Drumsticks benutzt, denn das ist die einzige Marke, die Sticks aus Holz herstellen, die (von allen, die ich probiert habe) nicht so leicht brechen. Ich lernte die Leute in den 80er Jahren kennen, als ich an einer Art Sommer-Schlagzeugschule teilgenommen hatte. Ich habe das in 3 Jahren hintereinander gemacht. Die dauerten jedes Mal einen Monat lang und es war wie ein Vollzeit-Job. Das hat mir Spaß gemacht, denn ich lernte eine Menge melodische Percussion-Instrumente zu spielen, wie zum Beispiel ein Vibraphon. 

Hast du schon’mal von den unzerbrechlichen Drumsticks aus Karbon gehört?

Da hab ich irgendwie schon’mal was drüber gehört, aber ich habe sie nie ausprobiert und werde es auch nicht tun. Das ist mir egal, ob sie unzerbrechlich sind. Für mich gibt’s nur Drumsticks aus amerikanischem Hickory-Holz. Außerdem bevorzuge ich schwere Sticks, und die aus Karbon sind bestimmt sehr leicht. Ich brauche schwere Drumsticks, da sie mir sonst dauernd aus der Hand fallen würden und ich nicht schnell spielen könnte. Ich brauche das Gewicht, um damit die Blast Beats zu optimieren. 

“Bestial Swarm”, das Duett mit Endstille’s Iblis… erzähl mal!

Also, wir haben “Moribund” im selben Studio wie Endstille in Kiel aufgenommen. Wir waren während der Aufnahmen die ganze Zeit mit den Jungs zusammen. Und 3 von uns wohnten bei den Endstillern während der ganzen Wochen. Eines Tages ergab es sich also fast von selbst. Wir mussten nicht’mal proben. Iblis hörte sich einfach nur die Aufnahmen an, bevor seine Vocals aufgenommen wurden. Wachtfels hat übrigens auch einen Gastauftritt auf „Moribund“. Zwar nur einen ganz kleinen, aber trotzdem cool. 

Ihr wart ja dann auch mit Endstille auf Tour. Ich denke mal, ihr wurdet gute Freunde?

Ja, das war die erste Koldbrann-Tour, die von einer Agentur gebucht und organisiert wurde anstatt von mir, wie bei den vorhergehenden. Der Veranstalter brauchte natürlich noch eine andere Band, und Endstille wollten mit uns auf Tour gehen. Oh man... so viele lustige Erinnerungen! Wir sind immer noch gute Freunde. Neben den Aufnahmen zu Moribund und Online-Kontakt, hängen wir zusammen rum, wenn wir bei Konzerten zusammen spielen, wenn Endstille in Norwegen sind oder wir in Deutschland usw. Und jetzt beim Party San hatten wir auch viel Spaß und Alkohol mit ihnen zusammen. 

Was halten die Norweger eigentlich von der Black-Metal-Szene in Deutschland? Könntest du mir überhaupt eine gute deutsche BM-Band nennen (außer Endstille)?

Ich kann natürlich nur für mich selbst sprechen, da ich nicht so viel ausgehe, außer wenn ich selbst auf Tour bin, deshalb kriege ich es nicht mit, was andere denken. Ich selbst habe nicht die Zeit, in viel Neues reinzuhören. Außerdem ist es eh schwierig, da es so viele Bands gibt, genauso viele Bands wie Musiker, könnte man fast sagen. Ich bin außerdem total wählerisch. Ich brauche echten Schlagzeugklang und keinerlei Samples. Außerdem muss das Schlagzeug-Spiel noch extrem gut sein, wenn mir eine Band gefallen soll, und das ist ziemlich selten. 
Das Internet hat den Black Metal übrigens auch irgendwie ein bisschen ruiniert. Jeder gründet eine Band und promotet sie durch MySpace usw. Internet-Bands nenne ich das. Ich mochte das früher viel mehr, als die Leute verdammt hart arbeiten mussten, um ihre Musik bekannt zu machen. Also wenn ich neue Bands entdecke, ist das meist durch Zufall. Zum Beispiel, wenn man mir CDs in die Hand drückt oder ich mit Bands spiele, die ich vorher nicht kannte, oder wenn meine Bandkameraden mich auf bestimmte Bands aufmerksam machen. Es spielt eh keine Rolle, aus welchem Land die Band ist, es zählt nur die Musik. 

Kannst du eine gute, neue Band aus Norwegen empfehlen? Oder gehörst du zu denen, die denken, dass eh nur die alten „truen“ Bands das einzig Wahre sind?

Aus Norwegen kommen heutzutage haufenweise gute Bands. Aber wie ich schon sagte, habe ich nicht die Zeit, auf dem Laufenden zu bleiben. Es ist eh viel zu viel. Aber es gibt einige gute, neuere Bands. Sarkom wäre die erste Band, die ich empfehlen kann. Mit denen sind wir 2006 getourt. Ihr erstes Album ist exzellent... obwohl, das Schlagzeug ist nicht so gut. Aber das Album enthält einige der besten Riffs, die ich seit Jahren gehört habe. Riffs, die Satan persönlich stolz machen würden. 

Aus welcher Zeit eine Band stammt, interessiert mich nicht. Und der Begriff „true“ hinkt. Wann ist eine Band „true“? Einige halten Manowar für „true“ Metal, andere „Darkthrone“. Das mit dem „true“ erschließt sich mir also nicht wirklich. Ich weiß, was mir gefällt oder nicht, und ich ordne nichts nach „true“ oder sonst wie. 

Wo wir gerade über norwegische Bands sprechen: Satyr hat sich an die größte norwegische Klatsch-Zeitschrift gewandt, um über sein Label zu berichten, über welches er nur die alten Bands veröffentlichen will, da alle neuen Bands sowieso Schrott sind und nichts auf dem Kasten haben. Es ist traurig, so was zu lesen, denn Leute wie er sollten gute, junge Bands unterstützen, anstatt den Leuten die neuen Bands madig zu machen. 

Ihr habt, glaube ich, zwei Gigs mit “Darkened Nocturn Slaughtercult” als Support gespielt. Wie gefiel dir die Band mit weiblichem Kreischgesang? Wie stehst du generell zu Frauen im BM? Willst du mehr davon? Oder ist der BM eine Männerdomäne?

Es waren sogar 3 oder 4 Gigs. Sie sind auch eingesprungen, als Taake den Rest unserer Tour absagen mussten nach dem bewussten Vorfall in Deutschland. Wie auch immer, die Frontfrau von DNS hat meinen Respekt. Ich war hin und weg, als ich sie das erste Mal in Berlin beim ersten Gig der Tour sah. Eine growlende Frau, die gleichzeitig Gitarre spielt... wow! Ich denke, das ist eine großartige Band und ich würde gerne öfter mit ihnen auftreten in der Zukunft. BM eine Männerdomäne? Ach komm... wir leben im 21. Jahrhundert! Solange die Musik gut ist, ist mir das egal. 

Koldbrann verbindet ja einiges mit Taake (ein gemeinsames Bandmitglied z.B.). Wie erinnerst du dich an die Tour mit Taake? Haben die Geschehnisse euch ebenfalls negativ beeinflusst (habt ihr Fans verloren o.a.)?

Wir stehen uns als Bands nahe. Aber persönlich habe ich keine besondere Verbindung zu irgendwelchen anderen Personen, außer zu meiner Familie. Was Taake betrifft, so waren wir auf Tour zusammen, haben uns gegrüßt und zusammen rumgehangen, wenn wir uns getroffen haben. Die einzige Person, mit der ich nach den Gigs immer einen getrunken habe, war Skagg. Die Tour war klasse, wir hatten Spaß und natürlich gab es jede Menge Skandale. Aber die hatten keinen Einfluss auf uns. Die restlichen Gigs liefen gut wie bisher. Taake fuhren nach hause. Wir hatten bei einem der letzten Gigs sogar mehr Publikum als zu Beginn. Ob wir Fans verloren haben? Ich weiß es nicht und es interessiert mich nicht. Wenn Leute uns wegen etwas aburteilen, was jemand anderes getan hat (und was auch nichts mit der Musik zu tun hatte), dann können die mir eh egal sein. 

Ihr habt eine DVD veröffentlicht. Erzähl mal! Ich hörte was von Liveaufnahmen mit der Handkamera. Haben die dann nicht eine schlechte Qualität?

Ja, wir haben eine selbstgemachte DVD rausgebracht. Es ist eine totale Nekro-Bootleg-Eigenproduktion. Nichts für Leute, die uns bisher nicht kennen. Nur Fans, die mit unseren Songs vertraut sind, können dem etwas abgewinnen. Wie auf YouTube ist es nicht, denn dort ist der Sound meist grottenschlecht (weil man zu nah an der Bühne filmt). Und Handykameras und Camcorder können keinen guten Sound aufzeichnen, wenn man nah an der Bühne steht. Unsere DVD ist von weit hinten aufgenommen, also ist der Sound okay, auch wenn es mit Camcorder aufgenommen ist. Es zeigt das totale Koldbrann-Live-Gefühl auf einer großen Bühne. Es wurde beim Ragnarök-Festival letztes Jahr aufgenommen. Die Trackliste ist: 
Alt er Befengt
Steinet til Jorden
Kaosmanifest
Pogrom Pestilent
Djevelens Treskeverk
Inkvisitor Renegat
Die DVD ist recht kostengünstig, so um die 5 EUR. Man kann sie direkt auf koldbrann.net kaufen oder über booking@koldbrann.net.
Das Ragnarök-Festival hat auch eine offizielle CD/DVD rausgebracht und “Djevelens Treskeverk“ ist darauf vertreten, aber mit besseren Kameras aufgenommen. Zu schade, dass ich gerade bei einem Teil dieses speziellen Songs falsch gespielt habe. Hehe. Aber egal... ”Absolutt Nekro!!!“

 

Fordervelse aus Koldbrann live:

 

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