Skyforger

Gesprächspartner: Peter (Gesang/Gitarre)
Fragen von: Twilightheart
Zeit: 28. März 2008 

Die Freude war groß, als ich erfuhr, dass Andy, der Manager von Skyforger, Sheol Magazine ausgesucht hatte, um eins der ersten Interviews für 2008 mit der Band zu bekommen. Dazu konnte ich natürlich nicht "Nein" sagen, obwohl eigentlich erst noch andere Interviews in der Pipeline gestanden hätten. Und so traf ich mich auf dem Ragnarök Festival mit Skyforger-Frontmann Peter, und Nicolai (Pressebetreuung des Festivals) stellte uns einen ruhigen Raum zur Verfügung (Dank an Dich!), damit wir ungestört reden konnten. Peter war mir auf Anhieb sympathisch, denn er scheint von Grund auf ehrlich und ein herzensguter Kerl zu sein. Außerdem lässt er sich nicht den Mund verbieten. Insofern war es die reine Freude, mit ihm ein Interview machen zu können. 

Twi > Ich glaube, das war das zweite Mal, dass Skyforger auf dem Ragnarök Festival gespielt haben. Welcher Gig war denn besser?

Peter > Die Fans waren gleichermaßen gut drauf, aber die Show heute war nicht so gut. Die Klangqualität auf der Bühne war nicht berauschend. Wir können eigentlich doppelt so gut spielen, als wir es heute getan haben. Aber die Fans waren heute trotzdem klasse.

Twi > Ihr habt heute nur Metal-Songs gespielt. Warum habt ihr nicht ein paar eurer reinen Folk-Songs gespielt?

Peter > Es bedarf soundtechnisch anderer Voraussetzungen, um die Folk-Songs zu spielen. Bei solchen Festivals weiß man vorher nie, wie die Soundvoraussetzungen sind. Es ist echt schwer, einen guten Sound hinzukriegen, besonders für denjenigen, der die ganzen Folk-Instrumente spielt. Also spielen wir bei einem Auftritt entweder nur die Metal-Songs, oder nur die Folk-Songs. 

Twi > Ich dachte einfach, ihr würdet ein paar reine Folk-Songs spielen, weil ihr ja jetzt das Album “Zobena Dziesma” wiederveröffentlicht, welches ja ein reines Folk-Album ist. Warum bringt ihr das jetzt eigentlich neu raus? 

Peter > Das Album ist seit langem ausverkauft und wir wollten, dass es wieder für jedermann erhältlich ist. Wir haben auch 2 neue Songs dafür aufgenommen. Ausserdem wird es auch auf LP erscheinen, da die Leute LPs lieben. 

Twi > Zwei neue Songs?

Peter > Einer ist komplett neu, der andere ist ein Remake. 

Twi > Aber der ganz neue Song ist eigentlich auch ein lettischer Folk-Song?

Peter > Ja, es ist ein Folk-Song. 

 Twi > Bei welchem Label seid ihr gerade?

Peter > Folter Records.

Twi > Ich hoffe, dass ihr extra noch an einem total neuen Album arbeitet. 

Peter > Ja, wir sind da dran. Uns beschämt das sehr, denn wir touren seit 5 Jahren oder länger, ohne dass ein neues Album rausgekommen ist. Es ist deshalb auch total unglaublich für mich, dass die Leute trotzdem zu unseren Shows kommen, obwohl das letzte Album irgendwann nach der Jahrtausendwende rauskam. Echt unglaublich, dass die Leute noch kommen!

Twi > Warum habt ihr denn nichts veröffentlicht in den letzten Jahren?

Peter > Wir arbeiten an den Songs und wollen, dass jeder Song der beste ist, den wir je aufgenommen haben. Und wir hatten auch wenig Zeit in den letzten Jahren, denn jeder arbeitet und hat eigene Probleme im Leben. Es geht also zu langsam voran. Denn wenn wir einen Song machen, machen wir es auf die beste Art, die uns möglich ist. 

Twi > Wenn ihr alle Jobs habt, könnt ihr also nicht von der Musik leben. Und ich dachte eigentlich, ihr seid die berühmteste Band Lettlands.

Peter >  Oh nein. In Lettland kann man nur von der Musik leben, wenn man Schlager spielt. Oder bei Hochzeiten und Beerdigungen und so was. Dann geht das schon. Aber für alle Arten von Rockmusik ist das nicht möglich. Wir kriegen für unsere Gigs keinesfalls so viel, dass wir davon leben könnten. 

Twi > Und seid ihr nun die berühmteste Band innerhalb Lettlands? Oder nur die einzige, die man außerhalb kennt?

Peter > Das ist schwer zu sagen, denn in Lettland spielt sonst niemand die selbe Musik wie wir. Viele schrecken davor zurück, das zu tun, weil sie Angst davor haben, dass sie nur als eine Kopie von Skyforger angesehen werden. Was die Gigs innerhalb Lettlands betrifft, so... ja.. dann sind wir schon die bekannteste Metal Band. Aber es gibt natürlich auch die Kehrseite der Medaille, denn viele halten uns für Angeber. 

Twi > Wieviele Leute kommen zu den Gigs in eurem Land?

Peter > Zwischen 500 und 1000.

Twi > Sind eure lettischen Fans so leidenschaftlich wie die deutschen und österreichischen?

Peter >  Ja, fast. Einen gravierenden Unterschied gibt es: in unserem Land sind viel zu viele Besucher viel zu schnell betrunken.

Twi > Wenn Du runter in die Fanmenge schaust, erkennst Du da einzelne Gesichter? Oder ist alles nur eine grosse Masse?

Peter > Das ist schwer, in die Menge zu schauen, denn das Licht blendet eigentlich immer. Man sieht also keine einzelnen Personen dadurch. Aber wenn Du es schaffst, hinter das Licht zu schauen, dann siehst Du, dass da einzelne Gesichter sind. Und ich weiß, dass die anderen Bandmitglieder öfters mal sagen: „Den oder den habe ich wiedererkannt.“

Twi > Im Dezember habt ihr zum aller ersten Mal in Frankreich gespielt. Kannten die Leute euch in Frankreich schon?

Peter > Ja. Das war unglaublich. Wir kamen auf die Bühne und die Fans riefen sowas wie “Yeahhh, Peter!” und ich darauf: „Oh, ihr kennt mich“. Außerdem spielen wir bald in Spanien und ich weiß jetzt schon, dass wir dort so richtig viele Fans haben, denn die sind gerade so verrückt und schreiben uns ständig „Wir warten auf euch“ und so was. 

Twi > Ihr habt auch ein Festival in Russland gespielt. Ist es nicht eigenartig, dass ihr in einem Land spielt, das Lettland so viele Probleme bereitet hat?

Peter > Ja, ich weiß schon, was Du meinst. Aber das greift in die Politik, und damit wollen wir unsere Musik nicht verbinden. Dieses Festival war eigentlich angenehm und für ganz Europa offen. Die Fans waren sehr begeistert. Vielleicht, wenn wir in Moskau spielen würden, gäbe es vielleicht andere Reaktionen. Aber wir haben trotzdem einige Einladungen dorthin. 

Twi > Menhir haben letztes Jahr auch in Russland gespielt. 

Peter > Ja, sie haben in Moskau gespielt.

Twi > Sie spielen morgen auch hier. Könnt ihr euch deren Auftritt anschauen?

Peter >  Nein, wir haben morgen wieder einen Gig woanders.

Twi > Naja, ich dachte nur… schliesslich ward ihr ja mal auf Tour mit Menhir. 

Peter > Ja, Menhir sind unsere Freunde.

Twi > Ihr habt jetzt euren ersten Videoclip namens “Kurshi” gedreht, euer erstes Video überhaupt. Warum plötzlich ein Video nach so vielen Jahren?

Peter > Normalerweise machen wir überhaupt keine Videos. Aber dieses Video war... na ja, nicht unbedingt ein Zufall... also da war dieser Typ aus Lettland, der einen Film über das Meer gedreht hat. Und er fragte uns, ob wir dabei mitwirken wollen. Wir dachten uns also „Warum nicht!?“. Wir sollten am Strand mit unseren Gitarren auftauchen. Also haben wir bei diesem Film mitgemacht und uns gedacht, dass das cool ist und dann gedacht: warum sollten wir nicht ein Video daraus machen?

Twi > War das ein professioneller Filmemacher?

Peter >  Ja, ein Berufsfilmer. Aber es ging nicht um Geld. Es lief alles auf freundschaftlicher Basis, so ungefähr: „Wenn ihr mitmacht, okay... wenn nicht, auch okay“.

Twi > Wo ist dieser Platz am Strand?

Peter > An der nördlichen lettischen Küste, ungefähr 200 km von Riga entfernt.

Twi > Warum habt ihr eigentlich alle Bärte? Ist das etwa auch eine lettische Tradition?

Peter > Nein… aber man könnte vielleicht sagen, dass es eine althergebrachte Tradition ist oder so. Alle Kämpfer hatten früher Bärte, so was in der Art. Und so wurde es einfach ein Mode innerhalb der Band.

Twi > Ich habe gehört, dass ein Mitglied die Band verlassen möchte? Darfst Du schon darüber reden?

Peter >  Ja, das ist kein Geheimnis. Kaspars hat sein eigenes Studio. Er war schon immer davon besessen, seine eigenen Sachen aufzunehmen. Er ist derjenige, der die ganzen Folk-Instrumente spielt. Er will mehr Zeit für sein Studio haben, denn er hat so viel Geld da reingesteckt. Nun will er etwas zurückbekommen. Er arbeitet echt hart und hat einfach keine Zeit zum rumreisen. 

Twi > Wann wird sein letzter Gig sein?

Peter > Morgen.

Twi > Wie wollt ihr dann so schnell einen Ersatz finden? Schliesslich sind eine Menge kommender Konzerte bereits bestätigt.

Peter > Naja, weißt Du, wir haben vorher viele Jahre ohne ihn gespielt. Wir können seine Parts auch alle ersatzweise auf der Gitarre spielen oder so, das ist nicht so das Problem. Er war innerhalb der Band nicht so sehr für Melodien zuständig, sondern für einen Showeffekt. Vielleicht finden wir Ersatz. Wenn nicht, machen wir einfach so weiter und spielen seine Parts auf der Gitarre.

Twi > Ihr spielt ja dieses Jahr auch auf dem Party San Festival. Da sind übrigens viele Black- und Death-Metal Fans. Es dürfte also schwer sein, den ein oder anderen von euch zu überzeugen. 

Peter > Nö, musikalisch sehe ich darin keine Schwierigkeiten. Aber das Party San hatte uns immer wegen unserem Bandlogo auf dem Kieker. Wir hatten in Deutschland viele Probleme deshalb. Deshalb haben wir es vor gut zwei Jahren leicht abgeändert. Wir haben auch Gerüchte gehört, dass letztes Jahr ein Fan Probleme bekommen hat, weil er unser Band-Shirt getragen hat. Wenn wir in den letzten Jahren auf dem Party San spielen wollten, haben die immer Nein gesagt. Dieses Jahr plötzlich haben sie Ja gesagt. Das ist echt unglaublich, dass sie dieses Jahr plötzlich ganz einfach Okay sagen.

Twi > Ich habe gelesen, dass Rihards, euer Gitarrist, über 200 Cover-Songs spielen kann und fast alle Instrumente spielen kann?

Peter >  Ja, er kann nach Gehör alles nachspielen. In seiner Jugend war er auf der Musikschule und seitdem kann er alles spielen.

Twi > Auf eurer Webseite habe ich über Dich gelesen, dass Deine Lieblingsfilme “Braveheart”, “Gladiator” und “Lord of the Rings” sind. Diese Filme behandeln alle die Themen Freundschaft, Ehre, Loyalität. Kann es sein, dass diese Dinge in Deinem Leben zu den wichtigsten zählen?

Peter > Ja. Wahre Freundschaft ist heutzutage so unglaublich schwer zu finden. Den meisten Menschen geht  es nur um’s Geld und so. Und ich kann nicht mal sagen, ob es innerhalb unserer Band wahre Freundschaft gibt. Es ist alles okay und großartig usw., aber es ist nicht wirklich wahrhaftig. Und ich weiß nicht mal, ob ich die wahre Freundschaft je finden kann. Ich habe nur einen einzigen Freund im Leben. Und das ist keiner von der Band. In der Band sind wir zwar auch wie Freunde, aber manchmal sind wir wirklich angepisst voneinander. Das ist echt hart.

Twi > Dieser eine Freund, den Du hast, was macht ihn zum Freund?

Peter > Wahre Freundschaft ist für mich so: Ich rufe Dich mitten in der Nacht an und überschütte Dich mit meinen Problemen, und Du unterstützt mich. Oder wenn ich ein Bier habe und Du hast keins, dann teilen wir. Wir teilen alles. Heutzutage ist es so schwer, Leute zu finden, die alles mit anderen teilen. 

Twi > Ihr solltet nur keinesfalls eure Frauen miteinander teilen! ;-)

Peter >   Oh ja, hahaha.

Twi > Und wo wir gerade bei Frauen sind… auf eurem Folk-Album gibt es auch weiblichen Gesang. Wer sind die Damen?

Peter > Die eine ist meine Freundin, die andere ist die Freundin vom Schlagzeuger. 

Twi > Sind die auch live mit euch auf der Bühne bei manchen eurer Auftritte?

Peter > Wir sind nur ein einziges Mal mit den Mädels aufgetreten. Denn wir haben festgestellt, dass die Ladies unbedingt auf der Bühne sein wollen. Einige junge Leute würden alles dafür tun, um im Rampenlicht zu stehen, in einer Fernsehshow zu sein oder was auch immer. Und das ist einfach nicht cool. 

Twi > Auf eurer Webseite steht, dass Du den Mainstream verabscheust. Bezieht sich das eher auf die Mainstream-Musik, oder auf die Menschen?

Peter >  Beides. Ich war schon immer gegen den Mainstream. Und wenn ich durch die Strassen meiner Heimat gehe, und dann kommen mir diese Typen mit ihren gebügelten Sachen und ihrem netten Haarschnitt entgegen, als wären sie die Guten, und sie schauen mich an, als wäre ich ein Obdachloser oder dergleichen. Ich passe in deren Augen nicht zu ihnen.

Twi > Und was stört Dich an der Mainstream- Musik?

Peter > Jeder kann natürlich tun und mögen, was er will. Aber zum Beispiel die Sache mit dem Pagan-Metal in den letzten paar Jahren. Da gibt es so viele Bands, die behaupten, Pagan zu sein, aber sie haben nicht den Glauben und die Denkweise. Für mich sind die einfach kein Pagan, die singen einfach ein bisschen Folk und lalalalala. Die können machen, was sie wollen, aber für mich ist das nichts. 

Twi > Aber ich habe gehört, Du magst Shakira.

Peter > Ja, ich mag sie. Sie hat einen langen Weg hinter sich und die Leute haben keine Ahnung, was sie durchgemacht hat. Sie wissen nur, dass sie mit den Hüften wackeln kann. Aber sie hat so viele Rock-Songs, manche davon sind ja fast schon Heavy Metal Songs. Sie ist fast eine Metal-Braut! (lacht)

Twi > Was fühlst Du eigentlich, wenn Du auf die Bühne gehst?

Peter > Da sind zwei Gefühle. Jedes Mal, bevor ich gehe, denke ich: „Ich habe Angst“ und „Ich gehe besser in’s Hotel zurück“. Aber sobald Du die Bühne betreten hast, weißt Du: „Es gibt keinen Weg zurück“. Ich denke, die anderen Bandmitglieder sehen das genauso. Es gibt keinen Weg zurück und nun musst Du performen. Du musst spielen und alles mögliche machen, jemand sein und die Leute begeistern, denn die Leute wollen was erleben.
Das ist es... es gibt keinen Weg zurück!

Peter nach dem Interview:

 

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