Equilibrium

Interview mit René Berthiaume (Gitarre)... und Gaby Koss (weiblicher Gast-Gesang) / 1. Juli 2006

(Fragen von Twilightheart)

Am 1. Juli 2006 bot sich vor einem Gig in der Münchner Gegend endlich die Gelegenheit zu einem Interview mit Equilibrium. Das haben René und ich nämlich nun über ein Jahr vor uns hergeschoben. Auf persönlichen Wunsch von mir war auch Gaby Koss dabei, die zwar noch kein festes Bandmitglied ist, aber bei vielen Live- Gigs von Equilibrium ein oder zwei melodische Gesangsparts beisteuert. Mich fasziniert einfach die Stimme von Gaby (und wer die alten Haggard- Alben hat, auf denen sie gesungen hat, weiß auch warum), deshalb bin ich froh, dass sie gleich zugestimmt hat. Ausserdem ist es so mal etwas anderes. Equilibrium- Interviews mit Helge gibt´s ja zur Genüge, vielleicht ist es also für die Leser auch mal interessant, neben Renés Antworten auch zu hören, was Gaby zu sagen hat.

Twi: So, haben wir´s also endlich mal geschafft, uns vor`nem Gig auf ein Interview zu treffen. Ihr habt ja bisher noch jeden Gig in München wieder gecancelt in letzter Zeit.

René: Ja, einige. Aber es war nicht unsere Schuld. Es waren immer andere Umstände.

Twi: Welche?

René: Ja, wenn die Musiker krank werden oder wenn uns von anderen Bands der Support verweigert wird und wir nicht spielen dürfen, dann können wir ja nichts dafür.

Twi: Euch wurde der Support verweigert?

René: Ja, das war damals bei dieser einen Band aus Finnland, die wollten nicht... bzw. einer von denen wollte nicht, dass wir als Vorband spielen.

Twi: Achso, jetzt weiß ich, worauf Du anspielst. Da fing ja diese ganze Geschichte an, stimmt ja.

René: Das war unser erster Gig, der abgesagt wurde.

Twi: Verstehe. Man könnte ja sonst fast schon glauben, es hat was mit München selbst zu tun.

René: Nee, nee. Wir schauen natürlich auch, dass wir nicht zu viele Gigs an einem Ort spielen, damit die Leute die Schnauze nicht voll haben. Aber wenn wir irgendwo zusagen, dann spielen wir natürlich auch.

Twi: Weil Du das mit Finntroll vorhin gerade angeschnitten hast: Ich habe ja mit Trollhorn (alias Henri) von Moonsorrow/ ex-Finntroll auch ein Interview gemacht und ihn damals dazu befragt. Er hat ja im Grunde irgendwie alles ein bisschen abgestritten. Jetzt hör ich mir also auch gerne mal die Gegenseite dazu an.

René: Ja, wahrscheinlich hat er schon wieder so viel getrunken, dass er sich daran nicht erinnern konnte. Aber das ist jetzt auch nicht so`n schlimmes Problem.

Twi: Das Gerücht, dass ihr eine christliche Metal-Band seid, kommt das auch da aus der Ecke?

René: Also, das war, glaub ich, eine Verwechslung, die er damals bezüglich Graveworm behauptet hätte, weil die ja mit denen zusammen spielen sollten, und da hätte er gemeint „Nein, mit denen spielen wir nicht, die sind eine christliche Band“. Aber die haben damit auch nicht wirklich was zu tun. Aber das sind, glaube ich, Probleme, die auftreten, wenn die eine Band finnisch spricht und die andere deutsch oder italienisch. Egal.

Twi: So, zu was anderem! Wie kam das eigentlich zustande, dass ihr die Gaby zu euch in`s Boot geholt habt?

René: Die Gaby habe ich über das Tonstudio, in dem ich arbeite, kennen gelernt. Da hat sie auch immer schon wieder mal Sachen gesungen, und sie ist ja auch selbst dort tätig, und da liegt es natürlich auf der Hand, wenn man so eine gute Stimme zur Verfügung hat, dass man die auch mal gerne verwendet. Gaby hat eine extrem vielseitige Stimme, und so gesehen konnte ich genau sagen, was ich für das Album haben wollte und sie hat es genauso umgesetzt. Perfekt.

Twi: Wie weit seid ihr denn jetzt mit den Aufnahmen für das neue Album?

René: Die Aufnahmen haben noch nicht begonnen. Wir sind jetzt mitten im Songwriting, und das wird sich noch ein paar Wochen bis Monate hinziehen.

Twi: Willst Du schon was erzählen, wie das neue Album sein wird?

René: Grundsätzlich kann man sagen, dass wir auf alle Fälle in der Richtung weitermachen, die wir jetzt eingeschlagen haben, aber wir werden die Extreme noch`n bisschen ausloten. Zum einen werden wir noch ein bisschen härter werden, zum anderen noch ein bisschen bombastischer, melancholischer, also eigentlich alle Ecken noch ein bisschen mehr ausreizen. Und Gaby wird natürlich auch wieder mit dabei sein und die möchten wir dann auch wieder ordentlich mit einsetzen.

Twi: Beim ersten Album hieß es ja auch immer mal, ihr kupfert von Bands wie Finntroll (was den Stil betrifft).

René: Ja, also dieser ständige Finntroll- Vergleich damals, der resultiert vor allem aus dem Song „Met“, da das eigentlich der einzige Song bei uns ist, der die sogenannten Humppa- oder Polka- Elemente verwendet, wobei das eigentlich Schwachsinn ist, dass man sagt, dass wir abgekupfert haben, weil ich derartige Rhythmen schon damals mit 6 Jahren in meinem Volksmusikkreis gespielt habe. Diese Stilistik gibt es ja überall...aber gut, ich sag mal, „Met“ ist wahrscheinlich unser bekanntester Song, somit liegt das dann auf der Hand, dass uns jemand, der nur „Met“ kennt, mit Finntroll vergleicht... was so gesehen auch nicht schlimm für uns ist, denn Finntroll ist eine hammergeile Band. Aber ich denke schon, wenn man sich unser Album genauer anhört, dann wird man auch merken, dass da durchaus auch andere Dinge drinstecken, dass der Vergleich mit Finntroll dann eigentlich nicht mehr auf der Hand liegt.

Twi: Regt Dich so was auf, wenn die Leute sich so oberflächlich eine Meinung bilden?

René: Ja, das ist ja grundsätzlich in der Metal- Szene und in allen anderen Szenen so, dass einige sehr oberflächlich sind und dann gerade eben nur einzelne Songs kennen und den Rest nicht und dann ihr Urteil bilden. Aber deshalb würde ich mich jetzt nicht groß aufregen. So ist das halt.

Twi: Wer schreibt den Großteil der neuen Songs?

René: Wir haben schon immer so gearbeitet, dass Helge die Texte schreibt und ich die Musik und wir die Sachen dann zusammenlegen und an den Sachen im Bandraum gemeinsam dran rumtüfteln und jeder seine Ideen hinzufügt.

Twi: Seit letztem Jahr habt ihr schon wieder einen neuen Drummer. Wer ist er und wie seid ihr zu ihm gekommen?

René: Das war eigentlich eine ziemlich geile Sache. Bei Equilibrium passieren ja viele Dinge über`s Internet, und so war das auch mit dem Schlagzeuger. Der hatte einfach mal ein Video von sich in`s Internet gestellt, auf dem er „Shingo murata“ nachspielt, einen Song von uns, den wir damals auch noch nicht live gespielt hatten. Das hat uns einfach dermaßen beeindruckt, weil er das wirklich 1 zu 1 nachgespielt hat. Dann haben wir uns gesagt „Besuchen wir den mal und schauen uns den mal genauer an“. Und als wir dann bei ihm vor Ort waren, konnte er noch 3, 4 weitere Stücke von uns 1:1 nachspielen. Da haben wir gesagt „Das ist der perfekte Drummer für uns, den nehmen wir sofort“. Dann ist er auch noch so jung und brav, haha. Und er hat sich auch extrem gut in die Band integriert. Und dass wir alle ein Stück älter sind als er, ist auch gar kein Problem.

Twi: Gaby, hättest Du nicht Lust, festes Bandmitglied zu werden?

Gaby: Ja, René hat mich ja auch schon gefragt, ob ich Keyboard spielen will, aber das traue ich mir dann doch nicht zu. Und ich habe auch das Equipment dafür gar nicht. Ich bin eigentlich keine Klaviespielerin.

Twi: Du hast ja bei etlichen Projekten mitgewirkt. Welches ist denn momentan eigentlich Dein Hauptprojekt?

Gaby: Eigentlich Equilibrium. Also wo jetzt Auftritte dabei sind, das ist eigentlich nur mit Equilibrium.

Twi: Gibt es zum Beispiel „Dragontears“ noch?

Gaby: Dragontears hat sich leider ein bisschen verflüchtigt, weil Leute aufgehört haben bzw. weggezogen sind, und deswegen bin ich jetzt gerade an was Neuem dran. Aber es ist schwierig, das aufzubauen, denn ich brauche dafür gute Musiker, und verstehen sollen sich auch alle, denn es soll was Größeres werden. Und da ist es immer schwierig, was zusammen zu kriegen.

Twi: Du singst ja auch Gospel und andere Sachen. Wie passt das denn zusammen, gerade speziell Gospel und Metal?

Gaby: Wenn man hauptberuflich Sängerin ist, muss man natürlich auch schauen, wie man sein Geld verdient. Das ist das Problem, und deshalb mache ich auch bei mehreren Sachen mit.

Twi: Welche Musikrichtung ist dann Deine größte Liebe?

Gaby: Die Klassik eigentlich. Weil, da habe ich auch Auftritte. Ich war ja in der Staatsoper und bin da auch noch in ein paar Aufführungen dabei. Das hat sich aber auch ein bisschen verflüchtigt, weil die Leute ausgestellt wurden und somit fehlte mir da die Geldquelle. Deshalb bin ich mit der Roberta Kelly gerade was am aufbauen. Und das macht dann auch Spaß. Also, das ist ja eine ganz andere Richtung, da wird die Pop-Stimme sehr gut geschult... also nicht dieses Nette und Schöne, sondern richtig mit Power die Bruststimme zu singen.

Twi: Viele Leute aus der Klassik haben ja für den Metal nur Verachtung übrig. Deshalb erstaunt es mich, dass es bei Dir anders ist.

Gaby: Es hat ja eigentlich so angefangen, dass ich in meinem Studium den Fiffi von „Haggard“ kennen gelernt habe. Der war bei einer Aufführung, die ich organisiert habe (mit Musical-Stücken), hat mich gehört und gefragt, ob ich bei Haggard mitspielen möchte, ob ich nicht mal zur Probe kommen möchte. Und so hat sich das eigentlich ergeben. Ich fand die Musik gut, ich fand die Stilmischung einfach schön, es hat immer Spaß gemacht und ich habe mich mit den Musikern verstanden usw., ja, hat einfach gepasst.

Twi: Und jetzt mit Equilibrium auf der Bühne, da singst Du ja nicht die ganze Zeit. Was machst Du in der restlichen Zeit? Bleibst Du trotzdem auf der Bühne stehen?

Gaby: In Wacken habe ich auf der Bühne mitgebängt. Ja, entweder ich gehe ab von der Bühne oder ich bleibe halt und mosche ein bisschen mit. Und wenn René sagt, dass beim nächsten Mal ein bisschen mehr dabei ist, dann ist es ja nicht mehr ganz so schlimm.

René: Ja, dann lohnt sich auch die Anfahrt.

Twi: Wie war es überhaupt, in Wacken zu spielen, René? Wie seid ihr da rangekommen?

René: Das lief über den Vertrieb unserer Platte (die kam ja bei Black Attakk raus), die Leute von Soulfood hatten da also eigentlich ihre Finger im Spiel, dass wir da so einen guten Platz auf Wacken bekommen haben. Erst war`s ja so gedacht, dass wir um die Mittagszeit auf einer der großen Bühnen spielen. Und dann haben sie uns aber auf den Abend gelegt und auf die Party Stage, was natürlich perfekt für uns war. Auf der großen Bühne hätten wir uns vielleicht nicht so richtig getraut, die kleine war genau richtig, und die Zeit war das Perfekteste, was man sich wünschen kann. Aber wir wussten überhaupt nicht, mit was wir da rechnen sollten, wie die  Musik in anderen Regionen Deutschlands aufgenommen wird. Das wissen wir ja nur von unserer Region. Wir hatten also gar keine Erwartungen. Als wir dann tatsächlich gespielt haben und diese Resonanz bekommen haben, waren wir schon sehr überwältigt. Das war einfach krass. Also vom Feeling her war das unser bisher krassester Auftritt. Das war einfach monumental, kann man sagen. Was aber nicht heißen soll, dass die kleineren Gigs nicht genauso geil wären. Die haben einfach einen anderen Reiz. Da hat man noch ein bisschen mehr die Nähe zum Publikum. Da ist es halt intimer, das ist dann ein ganz anderes Feeling. Aber beides ist auf jeden Fall saugeil.

Twi: Habt ihr die Reaktionen des Publikums auf Martin Kesici mitbekommen, der vor euch als Surprise-Act gespielt hat?

Gaby: Das war ein ganz Netter eigentlich. Mir hat er ja dann ein bisschen leid getan. Die Reaktionen vom Publikum waren nicht gut, weil die ja dann schon auf Equilibrium gewartet haben, das hat man richtig gemerkt.

René: Der Martin Kesici ist soweit ich weiß schon ein guter Sänger und Musiker, aber das  Problem ist, wenn er diesen Starsearch oder Popstar- Stempel drauf hat, das hat natürlich in der Metal-Szene überhaupt nichts zu suchen. Also wenn er in der Richtung Musik machen möchte, dann müsste er dies unter einem anderen Namen tun, denke ich mal.

Twi: Das heisst, DU würdest Dich NIE auf sowas einlassen ? Stell Dir vor, morgen kommt einer und sagt „Wir brauchen dich für Pop-Band XY, du verdienst 200.000,- Euro im Jahr“.

René: Also, wenn es wirklich so wäre, sag ich ganz ehrlich, wäre ich absolut dabei. Weil, ich finde, jeder von uns muss irgendwie sein Geld verdienen, und ob man das nun macht, indem man Brötchen verkauft, oder ob man nun auftritt und dafür Geld bekommt, das ist egal. Da hätte ich also kein Problem. Ich finde, da gibt es weitaus unmoralischere Angebote....
Ich würde aber bei Equilibrium nie so weit gehen, dass ich die Musik so ändere, dass man dadurch dann mehr verkauft oder in ein gewisses Schema passt. Equilibrium wird immer wirklich von unserem Herzen kommen. Und wenn man echt was anderes machen will, wo man richtig viel Kohle macht, dann muss man es unter einem anderen Namen machen, finde ich.

Twi: Was sagst Du eigentlich zu « Effibrilium » aus diesem besonders schönen Bericht im Fernsehen ? Du weißt schon...

René: War eine sehr interessante Sache irgendwie, weil die uns ja im Vorfeld ganz toll erzählt haben, sie möchten einen Bericht über`s Ragnarök Festival machen, über die Metal- Kultur und alles, was so dahinter steckt. Und dann im Nachhinein war es dann doch wirklich ein komplett anderer Inhalt und es wurde versucht, die Metal- bzw. die Pagan- Szene in den Dreck zu ziehen. Also nicht gerade fein von denen. Und so wie ich das mitbekommen habe, gab es jetzt auch schon einen zweiten Bericht und in einem Magazin schien jetzt anscheinend genauso viel Dreck geschrieben worden zu sein. Auf jeden Fall eine „witzige“ Sache. Vor allem, dass die uns ja mit „Effibrilium“ angekündigt haben, aber im Text dann doch „Equilibrium“ stand, da merkt man mal, dass da wirklich „Profis“ am Werk waren. Das Interview selbst hat ja ca. 20 bis 30 Minuten gedauert, und daraus kamen dann jetzt 15 Sekunden, das war natürlich absolut aus dem Zusammenhang. Wobei ich jetzt nicht denke, dass man uns in dem Bericht jetzt so schlecht dargestellt hat, aber das ist natürlich auch Ansichtssache. Aber insgesamt war es schon ein sehr negativer Bericht über die Metal-Szene.

Twi: Findest Du es schade, dass (auch durch sowas) der Metal keinen Zugang in die „normale“ Welt findet, oder findest Du es wichtig, dass der Metal sich von der „Mainstream“- Musikwelt abgrenzt?

René: Ich denke schon, dass es wichtig ist, dass es ab und zu Möglichkeiten für den Metal gibt, dass er mal weiter rauskommt, was ja aber kaum der Fall ist. Wenn dann im Fernsehen mal was läuft, dann sind es eher diese Nu-Metal- Geschichten, was ja aber eigentlich nicht wirklich was damit zu tun hat. Insofern fänd ich es schon schön, wenn das mal ein bisschen mehr kommen würde, damit Leute, die nicht so den Zugang haben (und vielleicht in einer Ecke wohnen, wo keine Metal-Szene vorhanden ist) vielleicht da hin finden. Aber insgesamt sollte es schon irgendwo immer eine Unterkultur sein, einfach weil das auch geil ist: man sieht auf Festivals immer die gleichen Leute, das ist einfach eine riesen Clique oder Familie. Und wenn das jetzt ständig im Fernsehen bekannt gemacht werden würde o.a., dann hätte das weitaus weniger Reiz.

(leicht gekürzte Version)

So, die Schlussworte spare ich mir... die üblichen Verabschiedungen , ihr wisst schon. Leider habe ich es wieder verpennt, ein Foto von meinen beiden Gesprächspartnern zu machen nach dem Interview, deshalb hier ersatzweise Bilder aus dem letzten Jahr:

René // Gaby 
   

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