Kings of Black Metal Festival

10. April 2010 – Giessen/ Germany

(Bericht: Twilightheart)

Am 10. April 2010 fand erneut das „Kings of Black Metal“-Festival statt. Die Hessenhallen, wo das Event steigt, sind immer wieder die reinste Freude. Genügend Platz für alles, was da kommen mag. Auch bei 3500 Besuchern (so meine Schätzung der Besucherzahl) sind genügend Parkplätze vorhanden, und zwar direkt neben der Halle, schön übersichtlich. Auch die Halle selbst ist schön groß, durch die hohe Bühne sieht man auch von ganz hinten immer noch gut (es sei denn, eine Band findet Gefallen daran, sich selbst so einnebeln zu lassen, dass man nur noch ihre Silhouetten erkennt, aber dazu später mehr).
Der Veranstalter von „Burning Stage“ hatte im Vorfeld einige kleinere Festivals aufgrund geringer Besucherzahlen absagen müssen (die Finanzkrise macht natürlich auch vorm Metal nicht Halt) und hat mit dem Kings of BM aufs richtige Pferd gesetzt: die gekauften Tickets für die anderen Festivals wurden beim KOBM als Eintrittskarte anerkannt, und überhaupt war der Preis mit 30,- EUR für eine solche Bandauswahl mehr als okay. Auch wurden die besseren der Bands der abgesagten Festivals kurzentschlossen zum KOBM-Billing hinzugefügt (Kampfar zum Beispiel), so dass eigentlich nichts mehr schiefgehen konnte und es rein wirtschaftlich sicher die richtige Entscheidung war, alles auf eine Karte zu setzen. Unsereins hätte den langen Weg eh auch nur für dieses Billing in Kauf genommen.

Was noch nicht so gut lief (in diesem und im Vorjahr) war der Einlass. Die Schlangen draußen waren einfach zu lang, allerdings passt der Eingang mit nur 2 durchschnittlich breiten Türen auch nicht wirklich zur Größe der Halle. Genau wie viele andere verpasste auch ich dadurch den Auftritt der Band Impiety, bzw. sah gerade noch den letzten Song, den ich zum fotografieren nutze. Auf Besonderheiten konnte ich in der Kürze der Zeit nicht mehr achten. Nur soviel: dieser letzte Song war ein Bathory-Cover. Allein wegen dieses Songs hinterließ die Band bei mir ein positives Gefühl.

Bereits um 14:40 Uhr enterten Den Saakaldte die Bühne. Da das gesamte Billing des Festivals 1A war, war es beinahe nicht möglich, eine Reihenfolge festzulegen, die allen Bands gerecht geworden wäre. Allein, dass Immortal als DER Headliner spielen, ist nachvollziehbar. Doch zurück zu Den Saakaldte, die mit „Drikke ens Skål“ eröffneten. Ich weiß nicht, wie gut man von hinten in der Halle alles gehört hat, aber vorne im Fotograben war der Sound eher schlecht. Zumindest habe ich die Stimme von Frontmann Niklas Kvarforth nicht aus den Boxen gehört, sondern nur leise direkt von ihm, wenn ich vor ihm stand. Mitten während des Gigs ging Niklas zum Soundtech und gab ihm Anweisungen, was er ändern soll, aber es brachte nicht unbedingt die große Veränderung. Trotz allem hat mich die Intensität begeistert mit der Niklas dieses Mal zugange war. Wenn ich mich an den Gig beim Party San 2009 erinnere, wo er sich mehr darauf konzentriert hat, seine Kotz-Orgie auf der Bühne zu inszenieren, dann bin ich froh, beim KOBM einen Gig gesehen zu haben, der ganz der Musik galt. Kein Gepose oder ähnliches, einfach nur hingebungsvoller Gesang in allen Facetten. Weiter ging es mit „La vinteren vare evig“ und „Vandringen“. In sich vertieft spielte Bandchef Sykelig vor sich hin, während die anderen beiden Saiten-Virtuosen mit Headbanging für Action sorgten. Einige der inzwischen zahlreich anwesenden Fans hielten sogar Schilder hoch, die an Kvarforth gerichtet waren (so bedankte sich z.B. ein Pärchen dafür, dass sie sich durch Niklas kennengelernt haben).
Leider war die Spielzeit viel zu kurz, so war „Samma skrot, samma korn“ dann auch schon der letzte Song.

Die Bühne wurde umgebaut, und selbst wer den Spielplan nicht zur Hand hatte, wird bereits anhand der „Deko“ erraten haben, dass gleich Darkened Nocturn Slaughtercult den Bühnenboden in Blut tauchen würden.
Zum theatralischen Intro kam die deutsche Elite des Black Metal auf die Bühne und es konnte mit „Saldorian Spell“ losgehen. Mir kam es so vor, als wäre der Sound immer noch schlecht. Bei Darkened Nocturn Slaughtercult ist das nur insofern kein Problem, da die Band auch visuell immer was hermacht. Allein der viele Hass, den Frontfrau Onielar an ihre Umwelt versprüht, lässt einem ja das Blut in den Adern gefrieren. Bei den folgenden „Bearer of blackest might“ und „Follow the calls for battle“ ging es in den vorderen Reihen richtig rund, die Fans grölten mit und überhaupt war die Stimmung am Kochen. Wie man sich denken kann, konnte auch der breite Fotograben die Front-Furie nicht davon abhalten, mit Blutgeschossen die ersten Reihen rot zu sprenkeln. „Beneath the moon scars above“ und „”Tempestous sermonizers of forthcoming death” waren die letzten beiden Songs, die das “normale” Set abrundeten. Danach gab es das Dreigestirn „Das All-Eine“, „The descent to the last circle“ und „Nocturnal march“, während welchem die Fans noch einmal richtig aus sich rausgingen, während es auf der Bühne rituelle Gesten und letztmalig ohrenbetäubendes Gekreische gab, bevor auch dieser Gig zu schnell vorbei war.

Nun spielten Forgotten Tomb, eine Band, die man wohl nur lieben oder langweilig finden kann. Dazwischen gibt es scheinbar nichts. Ich habe haufenweise Fans gesehen, die mit leuchtenden Augen vor der Bühne standen, als die Italiener ihren doomigen BM darboten. Herr Morbid krächzte sich die Seele aus dem Leib und vor allem der Bass-Sound war echt geil. Aber insgesamt konnte ich der Live-Show nichts abgewinnen. Im Prinzip standen die Musiker nur rum, und selbst wenn das beim Doom so Gang und Gäbe sein sollte, hätte ich zumindest eine Mimik erwartet, die irgend ein Gefühl ausdrückt (wenn auch ein depressives, negatives oder was auch immer). Doch da war nichts. Für mich persönlich war die Band DIE Enttäuschung des Festivals. Die große Frage „Was, das soll alles gewesen sein?“ schwebte im Raum. Da kann ich mir auch eine CD kaufen, dann habe ich das Ganze in perfekter Qualität. Aber wozu ich eine Live-Show brauche, bei der stoisch die Musik „abgearbeitet“ wird, ist mir ein Rätsel. Doch wie gesagt: einige der Anwesenden schienen beglückt zu sein, als stünde der Messias auf der Bühne, also irgendwas Bezauberndes müssen „Forgotten Tomb“ doch an sich haben, ich konnte nur leider nicht erkennen, was es ist.

Was Setherial sich danach leisteten, war auch etwas deprimierend. Denn sie spielten nur 25 Minuten und gingen dann ohne Begründung ab. Sollte die Aktion nur ein Anheizer sein, der die Metaller dazu bringen sollte, noch zu einem extra Gig der laufenden Tour zu gehen? Dass nun gerade Setherial „zwangs-gekürzt“ wurden, um eine Verspätung wieder wett zu machen, kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen. Nun ja, wenigsten waren diese 25 Minuten echt geil. Frontmann Infaustus schrie wie ein Berserker auf der Bühne rum und es erstaunt mich immer wieder, wie weit der Mann seinen Mund aufkriegt, wenn er mal einen richtigen Brüller loslassen muss. Dafür ist dieser dann aber in jedem Fall markerschütternd. 
Die Routine der laufenden Tour merkte man auch seinen Mitmusikern an. In absoluter Perfektion jagten die Schweden ein BM-Geschoss nach dem anderen durch die Boxen. Das Publikum konnte nun wieder voll in seinem Element sein und die Matten kreisen lassen.

Es gab übrigens dieses Jahr auch viele Besucher, die aus dem europäischen Ausland angereist waren. Etliche Französischsprachige zum Beispiel. Diese hatten allesamt das Problem, dass die Herren der Security-Mannschaft sie nicht verstanden, wenn sie auf Englisch etwas fragten, wodurch sie mit allem alleine klarkommen mussten. Ich persönlich kenne das nicht, dass man im Ausland nicht mal Englisch versteht, kann aber ungefähr nachempfinden, dass sich die ausländischen Gäste da schlecht behandelt gefühlt haben, es hagelte da etliche Beschwerden in die Richtung. Dies also einer der wenigen Kritikpunkte. Das Festival wächst nun mal und wird langsam international bekannt. Da sollte der Veranstalter reagieren und für die Zukunft auf Security-Personal bestehen, was auch ausländischen Fans zumindest ein paar einfache Fragen beantworten kann.

Es gab in der Halle natürlich auch wieder zahlreiche Verkaufsstände, wenige Getränkestände (mit leider aufwendigem Pfand-und Bezahlssystem) und reichlich ungesunde Verpflegung. Dafür aber auch genügend sanitäre Einrichtungen. Und natürlich wurde wieder versucht, möglichst viele Bands zu Autogrammstunden zu motivieren, was dann auch gut ankam, wenn auch die Autogrammstunden nicht halb so gut besucht waren wie die Bierstände in der gleichen Zeit.

Inquisition waren für viele der heimliche Headliner des Abends. Zu „Embraced by the unholy powers of death and destruction“ kamen die US-Black-Metaller auf die Bühne und sofort waren die ersten Fan-Reihen ein Hexenkessel. Viele Fans kriegten sich kaum noch ein bei soviel Perfektion, wie sie Incubus am Schlagzeug und Dagon an Gitarre und Mikro an den Tag legten. Inquisition gehen aber auch runter wie Öl, da sitzt jeder Ton und jeder Griff an den Saiten. Da hört man wirklich nicht die kleinste Ungereimtheit. Und das bei bestem Klang der Instrumente. Dass jemand nur mit der Gitarre dafür sorgen kann, dass man den Bass gar nicht vermisst, ist ja schon unglaublich. Aber die beiden Herren von Inquisition sind ja bekanntermaßen ein Phänomen für sich. „Command of the dark crown“, „Nefarious dismal orations“ und „Baptized in black goat blood“ folgten. Hier lässt sich bereits erahnen, dass die Band von jedem Album einen Song, höchstens zwei gespielt hat und damit ihr ganzes Repertoire abgedeckt haben. Aber es gab auch die ersten neuen Songs auf die Ohren. Nachdem „Desolate funeral chant“ neue Maßstäbe für Virtuosität gesetzt hatte, wurden „Ancient monumental war hymn“ und „We summon the winds of fire (for the burning of all holiness)“ nachgeschoben. Die ein oder andere kurze Ansprache von Dagon sollte den Kontakt zum Publikum verbessern. Da das Mikro dabei immer noch mit sehr viel Hall unterlegt war, war nicht allzu viel davon zu verstehen. Auch war es manchmal ärgerlich, dass der Bühnennebel so dicht war, dass man die Fingerfertigkeit des Gitarristen durch den Dunst nicht mehr bewundern konnte. „The realm of shadows shall forever reign“ und „Cosmic invocation rites“ bildeten den Abschluss des Gigs, der mit langem Applaus und vielen Zugabe-Rufen honoriert wurde.

Enthroned hatten (wenn man Immortal mal ausklammert) die längste Spielzeit mit fast einer Stunde. Diese nutzten sie gut. Während der letzte Gig der Band, den ich gesehen habe, eher eine Enttäuschung war, schienen sie beim KOBM voll motiviert. Voller Elan sorgten die Musiker für den bestmöglichen Gig, man hatte das Gefühl, dass alle verdammt locker und gut drauf sind. Man weiß nicht, wie sie’s gemacht haben, aber Enthroned hatten einen richtig guten Sound. Sie spielten viele Songs von ihrem neuen Album und dies in hervorragender Qualität. Auch kommunizierten sie durch Blickkontakt mit den Fans und richteten ab und an das Wort ans Publikum, wobei dieses keine Animation dieser Art gebraucht hätte. Die Fans saugten Enthroneds Black Metal eh gierig auf und tobten. Quasi mit spielersicher Leichtigkeit schüttelten Enthroned diesen Hammer-Gig und den satten Sound aus dem Ärmel.

Da wundert es beinahe nicht mehr, dass vielen beim Gig von Kampfar dann doch schon etwas Puste fehlte. Nun ja, Kampfar passten ja auch nicht unbedingt ins Konzept des Festivals, schließlich entspricht ihre Musik nicht den gängigen Clichés  des Black Metal, obwohl sie natürlich nicht weniger geil reinhaut. Trotzdem fühlen sich wohl eher Pagan- oder Folk-Metal-Fans davon angesprochen.
Zu „Inferno“ kamen die eigens aus Norwegen angereisten Herren auf die Bühne und Frontmann Dolk zog als Prototyp eines Nowegers natürlich wieder alle Blicke auf sich. Dazu gab’s beim rasanten „Norse“ stürmisches Growling und konzentriertes Spiel der Bandkollegen. Nach „Troll, død og trolldom“ folgte das eingängige „Hymne“, dessen klar und tief gesungener Eröffnungstext mir auch nach hundert mal hören noch gefällt. Da Kampfar weniger Bühnenzeit als Enthroned hatten, konnten sie nach „Vettekult“ nur noch „Ravenheart“ nachschieben, bevor sie vom verdienten Applaus begleitet Platz für den Headliner machen mussten.

50 Minuten Umbaupause waren für Immortal eingeplant gewesen, am Ende waren es 70. Meiner Meinung nach hätte das nicht sein müssen. Aber es musste ja die vorher vielumworbene Pyro-Show vorbereitet werden. Scheinbar gefällt dies vielen Fans? Mal feuerspucken finde ich auch ganz interessant, aber dass nun während eines Gigs alle paar Minuten irgendwo eine Flammenfontäne oder ähnliches hochgehen muss, stößt bei mir auf Unverständnis. Auch wenn es eine BM-Legende ist, die dies macht. Bei Immortal grenzte der ganze Aufwand meiner Meinung nach stark an Übertreibung. War der Gig spektakulärer als ohne die ganzen Feuerwerkskörper? Sicher nicht. Auch wurde die Band so extrem zugenebelt, dass man sie einfach nicht mehr sah. Manchmal gar nicht mehr, manchmal nur die Silhouette. Was soll das? Wenn eine Band auf der Bühne steht, die die Fans lange nicht live gesehen haben, dann sollten sie sie auch wirklich SEHEN können, und nicht nur erahnen können. Auch einigen Musikern der anderen Bands ging es gehörig auf den Keks, dass sie nicht mal neben der Bühne stehen und den Gig ansehen durften (wobei dies während der Show sicher auch mit am Pyro lag... Auflagen des Feuerschutzbeauftragten oder so). Natürlich durften auch die Fotografen nun nicht mehr in den Fotograben. Insofern gibt es bis auf einen „Zufallstreffer“ auch keine Fotos von Immortal beim KOBM.
So schön das auch ist, die Band mal zu sehen (einfach wegen des Kultfaktors) nervt einfach dieses ganze Tamtam, was ihr Erscheinen mit sich bringt. Man fragt sich einfach immer, was das soll. Warum lässt sich eine Band so zunebeln, dass man sie kaum sieht? Wo ist der Kick, ein konstantes Feuerwerk auf der Bühne zu haben, anstatt einfach einen geilen Gig mit hingebungsvollen Musikern? Manche Bands (auch Watain und Co.) sollten wirklich aufpassen, dass ihre Musik nicht eines Tages zwischen zu viel „Unterhaltungsfaktor- Schnickschnack“ untergeht. Das „Ende vom Lied“ bei Immortal war übrigens, dass die ganze riesige Halle zugeraucht war und tierisch gestunken hat von dem ganzen Feuerwerks-Kram. Lediglich das kurze Feuerspucken von Abbath hatte was von der guten alten BM-Zeit, wo das noch total kultig war.

So, aber ich will natürlich auch noch was Positives über Immortal sagen. Zum einen war der Sound klasse. Jedes einzelne Instrument kam geil rüber, die tiefen Töne hatten richtig schöne Bass-Vibrationen, Abbath kreischte ohne Energieverlust (auch gegen Ende des Gigs, als die ganzen „Greatest Hits“ von Immortal quasi am Stück gespielt wurden) und das Publikum ging richtig gut mit. Zumindest in den vorderen Reihen, wo die ganzen Die-Hard-Immortal-Fans standen. Alle anderen waren von den Bierständen  in die Halle gekommen, um einen Blick auf die Urgesteine des norwegischen BM zu werfen, somit war es nun richtig voll in der Halle, die man getrost als „ausverkauft“ bezeichnen konnte. Auch machte Abbath einige Späßchen mit dem Publikum, ließ mal dieses und mal jenes rufen und tat dann immer ganz beleidigt, wenn es nicht laut genug war oder zeigte den Fans demonstrativ seine Kehrseite. Sie mischten also ihren ureigenen Humor mit ihrer Musik, die auch hier live in bester Qualität rüberkam. Da zeigt sich eben doch, wer den sprichwörtlichen Ton angibt. Auch spielten Immortal so lange, dass es für die Fans vollauf befriedigend gewesen sein muss. Die bekanntesten ihrer Songs waren sowieso als Zugabe eingeplant, und insofern kann man sagen, dass Immortal das Kings of Black Metal 2010 würdig ausklingen ließen.

 

 

 

(mehr Fotos von den Bands in den "festival photos"!!)

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