Hier kommt sie
endlich… die Genugtuung!
Nachdem seit Beginn 2006 nur 2 oder 3 wirklich gute (soll heißen:
zeitlose) Alben auf den Markt kamen, wurde in der Nacht zum 30. April
2006 (Walpurgisnacht) endlich mal wieder ein kompromissloses Album auf
die Metal- Welt losgelassen, welches eine Sonderklasse für sich bildet
und mit keinem anderen Werk vergleichbar ist.
Sicherlich werde ich euch jetzt und hier nichts über die Hintergründe
der Lyrics erzählen können, da diese wohl augenscheinlich auf der
Lehre der MLO basieren, aber ich denke, dies ist für meine Leserschaft
auch nicht zwingend nötig, denn wer sich nach dem Studium der Lyrics
mit der Thematik beschäftigen will, kann dies eigenständig tun (sie
ist eh zu komplex, als dass sie auch nur angerissen werden könnte in
irgend einem Review). Deshalb habe ich mich entschieden, das Album hier
und jetzt nur nach seinen rein musikalischen Qualitäten zu bewerten,
damit unsere Leser wissen, ob sie sich das Album dennoch zulegen
sollten, auch wenn sie keine die-hard-Satanisten sind oder etwas über
all die Abzweigungen dieser Lehre verstehen.
Also lasst mich
anfangen.
Für mich persönlich ist es immer relativ schwierig, mich in neue Musik
schnell reinzuhören, da ich immer sehr schnell gelangweilt bin. Und
wenn ein Album nicht wirklich einzigartig und voller neuer hörenswerter
Ideen ist, lege ich es schnell beiseite und höre wochenlang erst mal
nicht mehr rein. Bei „REINKAOS“ von Dissection ist dies anders.
Gleich beim ersten Durchlauf hat es mich gefangen und nicht mehr
losgelassen. Und seitdem (soll heißen seitdem es vor 5 Tagen in meinem
Briefkasten lag) höre ich es in nahezu jeder freien Minute. Eigentlich
wollte ich möglichst schnell ein Review dazu schreiben, aber es ging
einfach nicht, denn ich musste das Album immer und immer wieder hören,
ohne dass mich irgend etwas dabei ablenkt (inklusive schreiben). Denn
das Album fordert wirklich die gesamte Aufmerksamkeit des Hörers ein.
Nun, nach ca. 30 Durchläufen, will ich es aber wagen.
Als erstes möchte ich da loswerden, dass die Original- CD eine
unglaublich gute Aufnahmequalität hat. Man hört Kleinigkeiten, die man
in der Version, die man sich ganz legal aus dem Netz saugen kann, leider
nicht hört, z.B. wie sich bestimmte Töne (wenn man die Musik mit Kopfhörern
hört) zwischen linkem und rechten Kopfhörer hin- und herbewegt, oder
eben einfach bestimmte Feinheiten in den Klängen, die man in der
gestreamten Version einfach nicht hört. Also unbedingt mal in`s
Original reinhören.
Im übrigen gefällt
mir auch die Aufmachung der CD, des Covers. Kein Schnickschnack (und
endlich: keine überflüssigen Farben), sondern einfach nur schwarz-weiß.
Die Wirkung des Schlichten. Schon allein dadurch wird sich das Album in
den Plattenläden von den anderen abheben: es braucht keine blutigen
Cover oder schreienden Motive: zwischen all den grell-bunten, pseudo-bösen
Covern wird euch das schlichte REINKAOS- Cover mit der einfachen aber
eindeutigen Symbolik wahrscheinlich sofort in`s Auge stechen.
Dies gilt auch für die Live-Fotos der Band im Booklet: bizarr,
schwarz-weiss, verzerrt, die Akteure treten aus dem Dunkel, und die
Fotos sind größtenteils auf die Live-Atmosphäre auf der Bühne
fokussiert, Schemen und Schatten und viele Fan-Hände.
Der Rest des Booklets besteht (neben den Lyrics) aus symbolhaften
Zeichnungen oder besser Umreißungen von T. Ketola, die die Inhalte der
Texte widerspiegeln.
Doch nun zur Musik!
Die aller ersten Töne des Albums lassen verwundert zuhören, denn
diesen Anfang eines Albums hätte man von Dissection sicher nicht
erwartet. Es beginnt nicht etwa mit chaotischem Geknüppel, sondern mit
einer extravaganten Geräuschkulisse aus teils marschierenden Elementen
vom Schlagzeug bzw. später von allen Instrumenten, zuvor melodiösen
Gitarrenflüssen und zahlreichen Nebeneffekten, die schon mal auf die
Vielfalt des weiteren Verlaufs des Albums schließen lassen. Doch nach
diesem kurzen Intro namens „Nexion 218“ geht es sofort über in die
erste richtige Komposition des Albums: „Beyond the Horizon“. Dabei
muss sowieso gesagt werden, dass absolut jeder Song des Albums die
Qualität hat, für sich allein als Titeltrack bestehen zu können. Es
gibt keine Lückenfüller auf dem Album, sondern nur durchdachte, voll
auskomponierte Stücke, die absolut ALLE einen sehr eingängigen Refrain
haben. So brilliert sofort der erste Song „Beyond the horizon“ mit
allen Feinheiten, die ein Song irgendwie bieten kann. Melodielinien, die
den Zuhörer sofort gefangen nehmen, umrundet von dazu natürlich Jon`s
einzigartigem, selbstbewusstem Gesang. Wie ihr selbst wisst, muss der
Mann seine Stimme nicht verstellen oder absichtlich versuchen, brutaler
zu klingen, sondern seine Stimme klingt von Natur aus roh-charismatisch
und gnadenlos. Einzigartig eben. Keine andere Stimme würde perfekter zu
dieser Musik passen.
Als dritter Song des Albums folgt „Starless Aeon“, ein Track, der
sich wirklich sofort in den Gehirnwindungen festsetzt mit seiner dunklen
Leidenschaft, und von dem ich persönlich kaum genug kriegen kann.
Dieser Song wird dominiert von eingängigen Gitarrenriffs und sehr sehr
überlegenem, gefestigtem Gesang, durchbrochen von einem kurzen
Gitarrensolo, welches allein schon den Kauf des Albums rechtfertigt.
Einer der stärksten Tracks des Albums.
Danach wird es mit „Black Dragon“ sogar noch dunkler und sonischer.
Der Song fährt sich selbst mit schwerem Geschütz auf, wird von einer
grandiosen Geräuschkulisse eingeläutet, um dann etwas mehr mid-tempo,
aber dafür schwerer, so richtig brachial auszubrechen mit allem, was
Dissection zu bieten haben an magischen Untermalungen für den Song,
inklusive einer natürlich absolut
akkurat gespielten Gitarre des Hauptakteurs.
Nun zu meinem Favoriten des Albums: „Dark mother divine“, der
einfach alles hat. Vom glorifiziert-melodiösem Anfang, der sofort übergeht
in eine verdammt geniale Komposition der Anbetung von den schwarzen
Flammen ihrer Schönheit: Lilith, die Mutter und Bringerin des Chaos.
Danach folgt der einzige Song des Albums, den ich persönlich als den
schwächsten des Albums empfinde: „Xeper-I-Set“, weil mir einige
Passagen einfach zu thrashig sind (aber die Gitarren in diesem Song sind
trotzdem hörenswert). Und trotz allem hat auch dieser Song mit
Sicherheit fantastische Live-Qualitäten und ich garantiere dafür, dass
die Fans live dabei so richtig abgehen werden.
Nach dem mystischen Zwischenspiel „Chaosophia“ beginnt „God of
forbidden light“ wieder etwas gesetzter und geht über in einen Track
, der sich schwer und tragend dahinzieht und dessen drückende
Gitarrenlinien wirklich ein schweres Konstrukt bilden, das nicht so
leicht zu verdauen ist. Schwere aber gute Kost.
Beim Titeltrack „Reinkaos“ handelt es sich um ein instrumentales Stück,
was eigentlich überhaupt nicht chaotisch klingt, sondern eigentlich
sehr melodisch, glorifizierend, befreit, und das von selbstherrlichen
Gitarrenlinien durchzogen ist. Aber erwartet kein Instrumentalstück wie
auf den vorangegangenen Alben! Die Zeiten von „Feathers fell“ &
Co. sind vorbei. So etwas melancholisches wie auf den älteren Alben
gibt es auf dem REINKAOS- Album nicht mehr! Dieses zwar kalte aber
emotionale Versinken wie auf den alten Alben ist einem neuen Weg
gewichen. Das Bewusstsein des Sieges des Chaos hat sich durchgesetzt,
und somit strotzt das neue Album nur so vor Selbstbewusstsein.
Langsam neigt sich das Album nun auch dem Ende zu. Es folgt noch „Internal
fire“, welches leider musikalisch gesehen wieder einen zu thrashigen
Anfang hat, aber wahrscheinlich soll dies die gnadenlosen Lyrics
unterstreichen, aus denen auch jeder „normale“ (nicht-satanische)
Black-Metal- Fan wohl Kraft und Selbstbewusstsein für sich selbst
gewinnen kann, wenn er es schafft, die Lyrics auf sich selbst zu
beziehen. Dieser Song ist so schnell zuende wie er begann, und nun
bleibt nur noch „Maha Kali“, was ja bereits letztes Jahr auf einer
Single erschienen ist und für viel Wirbel gesorgt hatte, weil einige
alteingesessenen Fans den neuen Stil von Dissection und die Entwicklung
der Band nicht verkraftet haben. Mir persönlich gefiel der Song damals
beim 1. Hören auch nicht. Aber je öfter man ihn hört, umso mehr
erschließt er sich einem. Und heute finde ich ihn außergewöhnlich und
genial. Ich weiß allerdings nicht, ob es an der besseren Aufnahme-
Qualität des neuen Albums liegt (bzw. ob andere Hörer dies bestätigen
können), aber der Mittelteil von „Maha Kali“ mit dem weiblichen
Gesang klingt etwas anders/ besser als auf der damaligen Single. Es ist,
als wäre ein wenig mehr Klang in der Stimme, bzw. als käme sie mehr
aus dem Hintergrund. Das habe ich auf der Single-Version so nicht
empfunden. Aber vielleicht liegt es tatsächlich nur an der besseren
Technik/ Klangqualität des neuen Albums. Natürlich ist nach- wie vor
dieser Teil mit dem Gesang von Nyx 218 das Highlight des Songs, in
diesem Teil könnte ich in dem Song versinken.
Zusammenfassend kann
ich also für mich persönlich sagen, dass ich hoch zufrieden bin mit
der gesamten Atmosphäre auf REINKAOS, sowie mit der Songqualität, dem
Aufbau, den Ideen für die Grundlinien und Gitarrenriffs, der ganzen
Umsetzung und der musikalischen Leistung.
Endlich mal wieder ein Album, was außergewöhnlich ist, sich keiner
Ideen aus anderen Metal-Genres bedient, sondern eigenständig und sprühend
vor Energie ist. Einfach brilliant.
Anspieltip: „Dark
Mother Divine“
10 von 10 Punkten
(Review von Twilightheart)
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