AMORPHIS – „ECLIPSE"

Nuclear Blast - VÖ: 15. Februar 2006

Drei Jahre mussten verstreichen, bis die Finnen wieder mit einem neuen Album aufwarten. In der Zeit hat sich einiges getan, da Pasi Koskinen die Band verließ und man ohne Sänger dastand. Zwischenzeitlich stand sogar der Gedanke im Raum, ein reines Instrumentalbum aufzunehmen. Das hat man aber (zum Glück) dann doch nicht in Angriff genommen, denn sonst wäre man nie in den Genuss Tomi Joutsens variabler Stimme gekommen. Aber von Anfang an.

Zugegeben: Der Beginn des Openers „Two Moons“ ist ziemlich nervig. Aber zum Glück relativiert sich das sofort mit Einsetzen der Gitarren. Denn ab da entwickelt sich ein treibender Rhythmus, zu dem die aggressiven Vocals prima passen. Der Refrain ist etwas ruhiger, und Tomi kommt richtig ins Singen, wo sich zeigt, dass er eine sehr angenehme, Raum fordernde Singstimme besitzt. Außerdem gibt es noch ein Gitarrensolo, was auf früheren Veröffentlichungen auch eher selten vorkam.
Das folgende „House Of Sleep“ beginnt mit einem Gitarrenriff, das sofort ins Ohr geht. Vor der Strophe treten die Gitarren aber etwas in den Hintergrund und wandeln sich in einen eher „schrubbenden“ Rhythmus, so dass Tomis schmeichelnder Gesang besonders gut zur Geltung kommt. Im Refrain wird die Dramatik durch einen heftigeren Gesang gesteigert, und man hört den Bass schön wummern. Kurz vor Ende des Songs gibt es noch einen Instrumentalpart, in dem Piano- und Moog-Klänge vorherrschen, ehe mit einem schönen Gitarrenslide noch einmal in den Refrain übergeleitet wird.
„Leaves Scar“ beginnt ziemlich chillig mit Akustikgitarre und Synthesizer im Vordergrund, aber das ändert sich mit Einsetzen der E-Gitarren ganz schnell.  Dieses Riff knallt und animiert zum Haareschütteln! Dazu werden die Strophen gegrunzt, tief und voller Energie. Der Refrain wird rockig clean gesungen, und es gibt eine – wiederum ziemlich ruhige – Bridge, in der auch sanfte Töne angeschlagen werden.
Der vierte Song „Born From Fire“ wird von einem Motiv dominiert, das ebenfalls über absolute Ohrwurmqualität verfügt. Es harmoniert absolut mit dem Gesang, der hier von zart bis hart wieder mit neuen Facetten aufwartet. Besonders schön klingt der Mittelteil, indem das Leitmotiv zuerst vom Piano gespielt wird, dann mit den Gitarren zusammen, ehe es in ein Gitarrensolo übergeht. 
„Under A Soil And Black Stone“ beginnt entspannt mit Piano und Wah-Wah-Gitarren, während sich der Gesang diesmal eher leidend anhört passend zum Inhalt. Im Refrain kommt eine Hammond-Orgel zum Einsatz, und Tomi dreht gesanglich auf. Dem stehen die anderen Musiker in nichts nach, legen im Endteil an Geschwindigkeit zu, angetrieben von einem einfachen, aber wirkungsvollen Drumming.
Das Intro zu „Perkele (The God Of Fire)“ klingt ziemlich folkig. Grunztöne und klarer Gesang geben sich wieder die Hand. Durch die Orgel und die Rhythmen  erhält dieser Song einen 70ies Retro-Touch, was einiges an Abwechslung in die Strukturen bringt. Am Ende wird direkt zu „The Smoke“ übergeleitet, einem Lied zu dem man wunderbar tanzen kann. Auch hier wechseln sich klarer Gesang und Growling wieder ab. Außerdem hallt einem die Liedmelodie, von der man sich wirklich verzaubern lassen kann, noch viel später im Ohr nach.
„Same Flesh“ ist meiner Meinung nach der schwächste Song, obwohl er an sich auch nicht schlecht ist. Jedoch springt hier der Funke nicht so über. Die Vocals klingen mir hier einen Tick zu leidend und Refrain zu sperrig. Außerdem nervt die Orgel dort ein bisschen. Dafür ist das Anfangsriff von „Brother Moon“  sofort mitreißend, wie auch der ganze Song, da hier alle Instrumente (Stimme eingeschlossen) perfekt harmonieren und sich schnellere und langsame Parts abwechseln. 
Mit „Empty Opening“ geht es auf das Ende zu, ist es doch der letzte reguläre Song. Die kreierte Stimmung erinnert ein wenig an die „Am Universum“-Zeiten. Und noch mal gibt es ein Gitarrensolo zu hören, dessen Reiz in der Einfachheit liegt.  Danach ist Schluss, wenn man nicht im Besitz des limitierten Digi-Paks ist. Wer sich aber so glücklich schätzt, der kann sich noch über den Bonustrack „Stone Woman“ freuen. Warum dieser zu einer Zugabe degradiert wurde, ist schwer verständlich, da er den anderen qualitativ in nichts nachsteht.  Hier sticht wieder mal der Refrain hervor, in dem der Text perfekt in Klänge umgesetzt wird, so dass wahr Gedankenbilder entstehen.

Amorphis ist es gelungen, ein Album zu machen, auf dem es von Ohrwürmern nur so wimmelt. Einen großen Anteil daran hat – wie schon oben erwähnt – das „jüngste“ Mitglied Tomi Joutsen mit seinem abwechslungsreichen Organ, der sich so wunderbar integriert hat, dass man glaubt, er wäre schon immer dabei gewesen. Textlich greift man auf Altbewährtes – die Kalevala – zurück. Allerdings widmet man sich diesmal nur einem Abschnitt nämlich der tragischen Geschichte Kullerwos. Ausnahmen bilden da nur die Lyrics von „Brother Moon“ und „Under A Soil And Black Stone“, die aber perfekt in den Kontext passen.

Anspieltips: Leaves Scar + The Smoke

 9 von 10 Punkten                                                                                                                                                                                   Review von Wiebke

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