Obscura „Retribution“

 aufgenommen in den „Mastersound Studios“, August 2004/ Eigenproduktion

Da ich ja im mehr oder weniger schönen Bayern wohne, flattern hier immer häufiger auch mal Produktionen von heimischen Bands in’s Haus. So auch hier von der Band "Obscura", die ihr Album „Retribution“ eingeschickt haben und damit meine CD Sammlung bereichert haben. Die Scheibe ist zwar schon 2004 erschienen (ohne Label), aber für Reviews von puren Underground-Kreationen ist es ja nie zu spät.
„Retribution ... woran erinnert mich das nur!?“ werden sich einige von euch fragen. Richtig, es ist der Titel eines Dissection-Songs. Aber der Stil des Obscura-Albums orientiert sich nicht am Stil von Dissection, auch wenn ein Mastermind der Band (Steffen) noch in der Band „Black Horizons“ spielt (auch ein Titel von Dissection, aber auch diese Band ist keine Dissection-Cover-Band o.a., obwohl es nachweislich große Dissection Fans in der Band gibt). Aber zurück zu Obscura:
Das Album, was ich hier in Händen halte, ist etwas Besonderes für mich, denn diesmal hat es nicht der eigentliche Vokalist Steffen (den einige von euch vielleicht von „Festering Saliva“ kennen) eingesungen, sondern V.Santura (seineszeichens Gitarrist bei „Dark Fortress“), was ich persönlich ziemlich geil finde, denn ich wollte schon immer mal seine Sing- bzw. Growl-Stimme hören. Und obwohl es von meinen grauen Zellen noch nicht verstanden wurde, warum Steffen nicht selber singt, obwohl er im Cover als Vokalist erwähnt ist, gefällt mir die Version mit V.Santuras Stimme total gut... schöne rohe, mittel-bis-tiefe Death-Stimme!
Das Album beginnt mit sehr sanften Klängen (allerdings nur ein paar Sekunden lang... wahrscheinlich damit man noch mal eine letzte Chance hat, sich umzuentscheiden, ob man nicht doch lieber die Nerven schonen und etwas weniger Raues hören möchte), bevor dem Hörer mit „Humankind“ von einer Sekunde zur anderen mächtiges Geprügel um die Ohren gehauen wird. Dies ist allerdings nur ein kurzer Geschmack auf das, was da jetzt kommen mag. Eine Overtüre quasi. Richtig los geht`s dann erst mit dem Titel “Nothing”, der schon etwas mehr Struktur hat. Zwischen ungehaltenen Death-Metal-Gitarren und gepresstem, hasserfülltem Gesang kommt es im Refrain zu Anflügen einer fast eingängigen Melodie. In „Unhinged“ dagegen gibt`s keine melodiösen stimmlichen Eskapaden mehr, da wird geknüppelt und gekeift, was das Zeug hält.
Und schon ist man bei „None shall be spared“. „Kenn ich doch auch schon wieder irgendwo her“ werdet ihr anmerken. Und ihr habt natürlich recht. Diesmal ist es ein Songtitel von „Naglfar“. Aber das „None shall be spared“ von Obscura hat außer dem Titel überhaupt NICHTS mit Naglfar`s Song gemeinsam. Auch die Lyrics sind total verschieden, obwohl der Grundkontext natürlich der selbe ist: es soll keiner ausgelassen werden am Tag der Vergeltung... na, ihr wisst schon! Dieser Track ist meiner Meinung nach auch einer der stärksten des Albums. Schade, dass ich diese Band noch nicht live sehen konnte... einige Stellen in manchen Tracks eignen sich wirklich hervorragend zum Headbangen... echte Death- und auch Thrash-Fans würden sicher ihre Freude daran haben. Obwohl ein Großteil aber auch sehr sehr thrashig schnell ist... ihr könnt´s ja versuchen, aber so schnell kommt ihr mit euren Nackenmuskeln definitiv nicht hinterher! Das gilt vor allem für den Track „Alone“.
Ganz interessant wird es dann mit „Hymn to a nocturnal visitor“. Der Song beginnt echt geil (vor allem die Drum-Linien gefallen mir hier echt gut), und nach einigen Tempi-Wechseln kommt dann in einem langsamen, melodischen Teil DIE Überraschung schlechthin: ein Cello ! Ja, ihr habt richtig gelesen! Dieses gibt dieser Passage natürlich eine ganz besondere Note, etwas mystisch und sehr beruhigend obendrein, bevor am Ende des Songs  noch mal richtig reingehauen wird, nun natürlich wieder ohne Cello. Jetzt könnt ihr ruhig kommen und sagen: „Ein Cello im Death-Metal!? Wie untrue ist DAS denn!?“ ... aber bevor ihr das sagt, solltet ihr der Fairness halber den Song wenigstens mal gehört haben. Vielleicht wärt ihr nämlich genauso freudig überrascht wie ich von der Wirkung dieses Instruments mitten in besagtem Song.
Bis zum Ende des Albums werden uns noch 5 weitere Tracks durch`s Trommelfell getrichtert, mit nicht weniger Energie als zu Beginn der CD. In „Sentiment“ erwartet euch noch ein kurzes aber feines Gitarrensolo, fast im Old-school Speed-Metal- Stil. Und ansonsten ist an Besonderheiten noch das sanfte, sehr melodiöse „Sweet Silence“ zu erwähnen, was nur instrumental ist (Gitarre... natürlich E... nicht akustisch), mit dem das Album friedlich ausklingt. Ach, und einen Bonustrack („Lack of comprehension“) gibt´s auch noch (inklusive ausgefallener Gitarrenarbeit), der noch mal so richtig reindonnert, bevor endgültig Schluss ist.
Alles in allem ist „Retribution“ eine solide Death-Metal- Produktion mit etlichen thrashigen Passagen und oft leicht BM-angehauchten misanthropischen Lyrics. Die Qualität des Klangs lässt in einigen Punkten zu wünschen übrig, was echt schade ist, aber vielleicht findet sich ja doch noch'mal ein Label, was der Band eine Chance gibt, richtig aus dem Vollen schöpfen zu können bei der Produktion. Ich hoffe wirklich nicht, dass die Band einfach aufgibt! Denn ich könnt’ mir vorstellen, dass die Jungs euch live so richtig die Birne wegblasen.
Wenn ihr eingefleischte Death-Fans seid und die CD irgendwo unter 10,- Euro herbekommt, würde ich euch also empfehlen, sie zu kaufen, um mal wieder was Neues, Frisches von einer jungen, aber sau-begabten Band im CD-Regal zu haben.

Anspieltip: "Hymn to a nocturnal visitor" / www.obscura-metal.com

6,5 von 10 Punkten                                                                                 (Review: Twilightheart)

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