Aha,
wieder ein Viking-Album! Zumindest lässt das Cover des Albums „Noor“ keinen
anderen Schluss zu. Und das von Adorned Brood, die es inzwischen tatsächlich
schon seit 15 Jahren gibt und denen deshalb wohl Dank gebührt, weil sie den
ganzen Weg des Aufschwungs der Pagan-Szene mitgegangen sind.
Auf dem Cover von „Noor“ prangt ein gemaltes Wikingerschiff auf hoher See.
Das Album beginnt auch tatsächlich
mit einer melodischen Odyssee über’s Meer, die sich überschlagenden Wellen
vermischen sich mit einer angenehmen Melodie. Was danach folgt, ruft gemischte
Gefühle in mir hervor. Das Album beginnt ungestüm. Ein thrashiger Hintergrund
mit viel Gitarrengetümmel dominiert den ersten Song „Storm“. Soweit ist
dies alles nichts besonderes, und auch die Stimme des Vokalisten ist nicht
wirklich außergewöhnlich. Aber andererseits wartet dieser Song in den
melodischen Unterbrechungen zwischen dem Rasanten mit einigen eingängigen
Melodien auf, die den Song wirklich zu einem echten Viking-Song machen, zumal
sogar flötenähnliche Töne zum Einsatz kommen (der Makel dabei ist, dass eben
diese Momente viel zu schnell vorbei sind). Doch gitarrenlastig unterlegte
Kreischpassagen gewinnen immer wieder die Oberhand. Stilmixe können zwar toll
sein, aber in diesem Song stört es einfach, weil zuviel auf den Hörer
einwirkt, wodurch der Song einfach einen überladenen Eindruck vermittelt.
Der dritte Track „Am Grunde des Meeres“ ist zum Glück etwas anders. Zwar
mischen sich auch hier ab und an derbe Gitarrenriffs mit ein, die im Death Metal
besser aufgehoben wären, aber ansonsten handelt es sich um eine Mitsinghymne,
die in den Midtempo-Teilen vom Gesang her an Korpiklaani erinnert (nur eben auf
deutsch), was durch eine ultra-kurze Humppa-Einlage noch bestätigt wird. In
diesen Teilen gibt es sogar klaren Gesang, das Mitsingen der Fans bei Live-Gigs
scheint garantiert zu sein. In den schnelleren Parts gibt es wieder mehr Riffing
und Gekreische, was meiner Meinung nach dem Song wieder einen ordinäreren Touch
gibt. Es hätte mir besser gefallen, wenn der Song durchgehend im
Midtempo-Hymne-Stil gehalten wäre.
Beim vierten Song werde ich zu Beginn an Eluveitie erinnert, weil viel wilde,
ansteckende Instrumentation auf mich einwirkt. Hier kommt zum ersten Mal der
stimmliche Einsatz des einzigen weiblichen Bandmitglieds zum Einsatz (zumindest
bleibt anzunehmen, dass sie es ist, da im Booklet ansonsten nichts von einer
weiteren Gastsängerin vermerkt ist), was den Song erheblich aufwertet. Das dann
wieder von der üblichen männlichen Kreischstimme gekrächzte „Sons of the
damned“ im Refrain wirkt aber eher überdreht und zu affektiert. Auch hier ließ
sich eine Einlage des bandeigenen Gitarrenteufels nicht vermeiden. Aber die fast
melancholischen Brücken, die zwischen den Liedteilen geschlagen werden, entschädigen
durch ihre schöne Melodieführung etwas. Unverständlich bleibt, warum die
weibliche Stimme nur zu Beginn und ganz am Ende des Songs laut zu hören ist und
im Mittelteil stark in den Hintergrund gerückt ist (und das auch nur im
Refrain). Der Dame den Lead-Part zu geben, hätte den Song sicher zu etwas ganz
Besonderem gemacht.
Vom Titeltrack erwartet man ja im allgemeinen etwas mehr als von anderen Songs.
Aber „Noor“ enttäuscht ziemlich. Gitarrengeschrammel und zielloses
Gekreische gehen mir beim Hören schon bald auf die Nerven, lediglich die
zeitweise eingespielten Männerstimmen mit cleanem Gesang und die flötenhaften
Untermalungen können diesem Song ein kleines besonderes Extra geben.
Lyrisch handelt das Album einfache Themen ab, die jeder verstehen dürfte. Die
meisten Texte passen zum Cover (Wikinger ziehen in den Krieg, Gefahren und
Trinklieder auf See, der Glaube der Krieger und die Ahnung vom nahenden Tod
usw.). Insgesamt enthält das Album (mit Intro) 10 Stücke, von denen 5 länger
als 5 Minuten sind.
Man muss zwar sagen, dass die Band um Abwechslung bemüht ist und die Musiker
sicher einiges draufhaben und live wahrscheinlich viele Pagan-Fans zu
lautstarkem Mitgrölen animieren können, einfach durch die gleichmäßig
verteilten hymnenhaften Wikingerthemen, aber ansonsten will bei mir der Funke
bei dem Album nicht überspringen. Das Album ist nur was für „Viking-Metal“-
und Pagan-Fans, die wirklich jedes Album des Genres brauchen. Besondere
musikalische Highlights oder etwas wirklich Einzigartiges fehlen dem Album. Aber
das war vielleicht auch nicht die Absicht dahinter. Falls das Album dazu gedacht
war, eine passende Hintergrund-Musik für’s nächste Trinkhorn-Saufgelage zu
liefern, dann ist es sicher ein Treffer in’s Schwarze.
Anspieltipp:
"Sons of the damned"
Punkte: 6 von 10
Review
von Twilightheart
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