Andras – "Iron Way"

Einheit Produktionen/ VÖ: 28. Juni 2008

Das Erzgebirge hat ja so einige hervorragende Bands hervorgebracht. Mit „Andras“ tat sich mir nun eine weitere auf. Endlich... nachdem es sie schon weit länger als eine Dekade gibt und sie schon etliche Studioalben veröffentlicht hat. Wie kommt es nur, dass so eine Band jahrelang an mir vorbeigehen konnte, ohne dass sie mir aufgefallen ist? Nun, wahrscheinlich weil sie nie bei einem der Festivals gespielt hat, auf denen ich war. Außerdem lese ich keine Reviews anderer Magazine, damit ich wirklich durch nichts beeinflusst werde, wenn ich selbst etwas zu einer Promo schreibe, auch nicht unbewusst. Das rächt sich nun. Denn der Kommentar irgend eines Rezensenten, dass die Stimme des Sängers von „Andras“ genau wie die von „Vintersorg“ klingt, hätte sicher gereicht, damit ich mir das Album besorge, und sei es nur, um das Gegenteil zu beweisen. 

Doch von vorne! Wie gesagt kannte ich die Band wirklich gar nicht, als die Promo bei mir eintraf. Da das Cover wie eins dieser typischen Wir-sind-im-Überfluss-da- Möchtegern-Pagan-Bands aussah und der Bandname nicht wirklich eine Assoziation zu einer Wortbedeutung in mir hervorrief, legte ich die Promo erst’mal beiseite. Dass in der CD-Hülle ein Juwel warten könnte, auf die Idee kam ich gar nicht. 
Nun, nach gut 2 Monaten hörte ich dann doch mal rein. Und ich war geschockt. Was ich hörte, waren die alten Vintersorg. Sowohl im Ansatz vom Stil her, aber vor allem wegen der Stimme des Sängers. Diese klingt ja wirklich zu 99,5 % wie die von Andreas Hedlund von Vintersorg. Im ersten Moment dachte ich, die Band hat Mr. Hedlund vielleicht bezahlt, um das Album einzusingen. Naja, aber an winzigen Kleinigkeiten hört man dann doch, dass er es nicht ist. Für mich als wahrscheinlich fanatischsten Vintersorg-Fan war das natürlich ein echter Schreckmoment. Es ist ja nicht zu fassen, dass sich zwei Stimmen so ähneln können. Gut, wenn es null-acht-fuffzehn- Stimmen wären... aber eine so exquisite Stimme wie die Vintersorgs... wow!
Noch dazu enthält das Album viele Sequenzen, die auch stark an die Musik der alten Vintersorg erinnern. Ein Ersatz für Vintersorg (dessen Mastermind ja seit seiner Familiengründung kaum noch Zeit für die Musik hat) können „Andras“ allerdings nicht dienen. Denn sie haben trotz der Ähnlichkeiten einen zu eigenen Stil. Dieser liegt vor allem im epischen Pagan-Bereich, wobei allerdings viele Elemente des Black Metal, aber auch einige des Power- und Death-Metal Einfluss finden (letzteres vor allem durch zahlreiche Themen-und Tempiwechsel definiert).

Viele Songs sind unglaublich episch gehalten und trumpfen vor allem durch den klaren, hingebungsvollen Gesang auf, der die tiefgehenden Melodien vieler Songs mit großer Ausdrucksbreite unterstützt. Das Keyboard kommt häufig zum Einsatz, wirkt aber gelungenerweise nicht zu dominant. Die progressiven Gitarrenriffs können oft genug die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Genauso wie der Gesang von Ecthelion. Vor allem im Song „Kreuzweg“ geht die Emotionalität in den lang ausgesungenen Worten, die eine Lyriczeile beenden, sehr unter die Haut. Fast stört es, dass der klare Gesang in vielen Stücken durch Growlgesang unterbrochen wird. Das Growling ist natürlich essentiell in vielen Bereichen des Metal, schon klar, wobei er auf diesem Album zum Beispiel aber wirklich nicht unbedingt nötig gewesen wäre (Bands wie Menhir, die fast vollständig davon Abstand genommen haben, haben ja bewiesen, dass es auch ohne geht). Natürlich unterstützt der Growlgesang trotz allem die bedrohliche Stimmung in etlichen Passagen der Songs. Nach einem Einspieler vor Beginn des 6. Tracks „Infested“, der eine furchterregende Begegnung zwischen Bestie und Mensch im nächtlichen Wald darstellt, ist das jagende Riffing mit keifendem Gesang natürlich sehr passend positioniert. 

Lyrisch geht es um die Wälder des Erzgebirges, alte Sagen, die sich hierum ranken, aber auch um tatsächliche historische Geschehnisse. Hierbei wurde nur der Song „Dunkelwald“ auf deutsch verfasst, alle anderen auf englisch. Was auch besonders positiv erwähnt werden muss, ist die Gestaltung des Booklets. So geht den abgedruckten Lyrics jedes einzelnen Songs eine kurze Schilderung voraus, aus der man entnehmen kann, wie die Songtexte dann damit in Zusammenhang stehen. Entweder sind es Auszüge aus Reiseberichten, eine Zusammenfassung einer alten Sage oder eines geschichtlichen Ereignisses. Somit kann man die Lyrics voll und ganz erfassen (nicht nur in der eigenen Interpretation, sondern auch so, wie sie vom Poeten gemeint sind). In Verbindung mit den Hintergrundfotos, die mit Sicherheit alle aus dem Erzgebirge stammen, hat man das Gefühl, auch visuell auf eine Reise durch das Album geschickt zu werden. 

Zusammenfassend kann man sagen, dass jeder einzelne Song sehr eingängig und melodisch ist und sehr angenehm in Erinnerung bleibt. 
Nun bin ich gespannt, ob die Band live in der Lage ist, das selbe Feeling zu erzeugen (und natürlich ob die Stimme von Ecthelion live auch wie die von Vintersorg klingt). Wenn ja, wird man mich in Zukunft wahrscheinlich öfter vor der Bühne sehen, wenn diese Band sich die Ehre gibt. Nach einigem Suchen habe ich den Bandnamen auch tatsächlich auf Flyern für kleinere Festivals entdeckt. Eigentlich sollte man so einen Rohdiamanten ganz anders fördern. Hätte ich deren Label was zu sagen, würde ich dazu raten, in die Band zu investieren und sie auf etlichen größeren Festivals spielen zu lassen. Wenn sie nicht gerade Schlaftabletten auf der Bühne sind, sollte es doch machbar sein, dass sie noch viel bekannter werden. Denn die Musik ist allemal  anspruchsvoll und intensiv genug, um die Herzen vieler zu erobern. 

Anspieltip „Kreuzweg“                                                                     9 von 10 Punkten

Review von Twilightheart

<<<zurück zu "Reviews"

 

besucherzählerXStat.de