Aurvandil – "Ferd"
Cold Void Emanations 2010 (neu als Digisleeve durch Eisenwald 2011)
Beim Anblick der Aufmachung der EP „Ferd“ (und aufgrund der Tatsache, dass „Ferd“ das norwegische Wort für „Fahrt“ ist) möchte man meinen, man hat die Promo einer echten norwegischen Underground-BM-Band in der Hand. Umso erstaunlicher ist es dann, dass es sich bei „Aurvandil“ um ein Ein-Mann-Projekt aus Frankreich handelt. Nach
8 Splits und Demos von Aurvandil haben sich Eisenwald nun der Sache angenommen
und "Ferd" in ordentlicher Form als Digisleeve herausgebracht, nachdem
die Band beziehungsweise Mastermind Aurvandil (den manche vielleicht von der
französischen Band „Morgoth“ kennen) es eigentlich als Kassette
herausgebracht hatte. Der erste Track „Peregrination I“, der gleich mal mit 6 Minuten zu Buche schlägt, beginnt mit einer einfachen Melodie auf der Gitarre (unverzerrt), die sehr heidnisch anmutet und tatsächlich zu einer Wanderung in der Natur passt (hier noch voller Tatendrang). Im ersten Drittel des Songs wird die gleiche Melodie dann härter gespielt, d.h. die Lead-Gitarre wird rau und verzerrt und im Hintergrund tut sich typische Black-Metal-Instrumentierung auf. Dies ist natürlich gut gelungen, denn somit wird einem bewusst, wie unterschiedlich genau die selbe unverfängliche Melodie wirken kann, je nachdem, ob sie sauber und zurückhaltend auf einer einzelnen Gitarre gespielt wird oder einem inmitten eines brachialen BM-Packages um die Ohren gehauen wird. Dies dient allerdings nur als Einstimmung, Gesang gibt es hier noch nicht. „Over
the seven mountains“ geht dafür sofort in die Vollen. Massive Gitarrenwände,
die das wilde Schlagzeuggetrommel im Hintergrund beinahe übertönen,
dominieren, und als Kontrast zu der rauen Kälte, die hierdurch heraufbeschworen
wird, gibt es eine einfach gehaltene Synthesizer-Harmonielinie, die sich mal
begleitend, mal vordergründig mit einer leicht melancholischen Note durch den
9-Minuten-Track zieht. Dazu kommt das Growling, welches kantig und roh, beinahe
heiser klingend, herausgewuchtet wird, wie ein gnadenloser, kalter Gebirgswind,
der Verderben bringt, wenn man nicht damit umzugehen weiß und sich ihm zu lange
aussetzt, um es mal zu metaphorisieren. Ein Cello eröffnet mit sehr romantischen Tönen den dritten Song „Through Hordanes Land“, dazu gesellen sich sanfte Gitarrentöne und weitere Streicher. Fast möchte man es schade finden, dass auch dieses wunderschöne instrumentale Szenario kurz darauf wieder zur extremen Black-Metal-Wucht mutiert. „Through Hordanes Land“ ist mit 10:44 das längste Stück der EP, sicherlich auch eines der stärkeren, wenngleich auch nicht alles immer ganz schlüssig durchkomponiert ist. Zumindest stimmt das Gesamtgefühl, man wird mitgerissen von den ganzen leidenschaftlichen Gitarrenriffs, die konträr dazu zuweilen mit einer gefühlvollen Keyboards-Melodie unterlegt wurde. Auch das bewegende Thema vom Anfang wird am Ende noch einmal kurz aufgegriffen. Der Song „Still he walkes“ kann beinahe als Kampf mit sich selbst bezeichnet werden. Nicht nur, dass der musikalische Stil gröber und kämpferischer wird, auch beschreibt der Künstler lyrisch, dass er auch in der Dunkelheit weiterläuft, seine Gedanken dabei um das kreisen, was er in weiter Ferne zurückgelassen hat und dass er es im Prinzip nicht vermisst, weil er es verabscheut. Nachdem die ganzen Vorgängerstücke mit jeweils an die 10 Minuten Spielzeit ordentlich vorgelegt haben und einen in rauschähnliche Zustände versetzt haben, kommt einem der letzte Song „Peregrination II“ dagegen fast kurz vor. Man kann es erraten: das Thema vom ersten Song wird noch einmal aufgegriffen und leicht variiert, damit man es ein letztes Mal auskosten kann. Die Aufnahmequalität der Scheibe ist überraschend gut. Zwar kommt der BM-Untergrund-Stil gut raus, einfach dadurch, wie die Instrumente, speziell die Gitarren eingesetzt wurden und wie gegrowlt wurde, aber man hat trotzdem nicht krampfhaft versucht, die Qualität zusätzlich auf Garagenniveau herabzusetzen, sondern alles wurde klanglich recht gut umgesetzt, d.h. man hat z.B. gewisse Effekte lieber durch in Hall in der Stimme als durch breiiges Zusammenmischen erzeugt. Man kann „Ferd“ im Vergleich zu anderen Produktionen des Undergrounds also durchaus als Hörgenuss bezeichnen. Insgesamt kommt die EP auf 42 Minuten Spielzeit, bietet also auch zeitlich volle Album-Qualitäten. Was rein das vermittelte Gefühl des Albums betrifft, kann ich in jedem Fall eine Kaufempfehlung aussprechen. Die Inspiration, die Komponist Aurvandil sich in Norwegen geholt hat, wurde auf „Ferd“ tatsächlich beeindruckend umgesetzt. Und wer genügend Geduld hat, sich den oftmals in der Länge bis zum letzten ausgereizten Stücken wirklich hinzugeben, wird teilhaben an den Erfahrungen Aurvandils und Norwegen einmal durch seine Augen sehen. Anspieltipp: "Over the seven mountains" Punkte: 8 von 10 Review von Twilightheart
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