Aurvandil – "Yearning"

Eisenwald - VÖ: 20.Juni 2011

Nachdem Aurvandil mit ihrer letzten EP schon so überzeugend waren, dass sie mir 8 von 10 Punkten abgeluchst haben, war ich auf ihr neues Werk “Yearning” natürlich sehr gespannt. Natürlich muss man dazusagen, dass „Ferd“ mehr Norwegisches in sich hatte, als Heimisches, waren die Franzosen doch für den Vorgänger von Norwegen inspiriert worden. Blieb die Spannung, ob ein Album, welches mehr von universellen, theosophischen Themen inspiriert wurde, die selbe fesselnde Grundstimmung haben kann, oder gar eine noch düster-inspirierendere. Beim wahren Black Metal sollte man dies ja eigentlich erwarten können. 

Der erste Teil von „Yearning“ beginnt mit sanften Klängen. Eine zurückhaltende, sauber gespielte Gitarre, die nur minimal von den anderen Instrumenten begleitet wird, eröffnet in „Yearning – Prelude“ den ersten Themenbereich mit einer leicht melancholischen Melodie. Doch spätestens der zweite Track „End of an age“ stellt klar, dass Melancholie jetzt hier erst mal nichts weiter zu suchen hat, sondern dass die ersten Tracks des 56-Minüter reinen Black Metal darstellen. Unnachgiebige, tösende Gitarrenwände bilden das Grundgerüst dieses und der nachfolgenden zwei Songs. Dazu gesellt sich das Growling des Bandnamengebers und Hauptacteurs Aurvandil, der wie immer alle Instrumente des Albums selbst eingespielt hat. Lediglich ein Session-Drummer wurde für das Album zusätzlich rekrutiert, was diesem auch gut tut, denn der natürliche Schlagzeugsound steht dem Album weitaus besser als programmierter Klang. 

Aber das Highlight ist in allen Songs sicherlich eine zweite E-Gitarre, die sich schrill, hoch und rasierklingenscharf über die Hauptgitarrenlinie legt und sich gnadenlos in den Vordergrund schiebt. Die Sinne haben keine andere Chance, als sich auf diese einschneidenden Gitarrenriffs zu konzentrieren, welche meines Erachtens den ganz gewissen Stil von Aurvandil ausmachen und eine außergewöhnliche Black-Metal- Atmosphäre kreieren. Dadurch dass eben diese Riffgebilde nicht verschwimmen, sondern sauber und klar in den Vordergrund gerückt werden, kann man sich wunderbar von ihnen treiben lassen und in ihre Dunkelheit abtauchen, von wo aus man dann auch Zugang zum Rest der Musik findet. Das mitteltiefe Growling wirkt besonders energisch und wütend, und dadurch, dass es außerdem mit viel Hall unterlegt ist, hat es einen zumeist unnahbaren Touch, wenngleich auch die Art des intensiven, bedrohlichen Growlens, zum Teil fast Schreiens, einen kleine Tür offen lässt, durch die man Zugang zur Emotionswelt des Sängers erhält.

Wie schon die Vorgänger-EP zeichnet sich auch „Yearning“ durch besonders intensive Hingabe aus. Man kann in jedem Song das Herzblut des Künstlers fühlen, auch wenn ansonsten keine künstlerisch großartigen Highlights auszumachen sind. Aber letzteres ist sicher auch nicht unbedingt der Sinn eines Underground-BM-Albums, vielmehr soll dieses durch düster-faszinierende Klangwelten oder einfach rohe Misanthropie punkten, sowohl natürlich lyrisch als auch in vertonter Form, sofern der Künstler es schafft, düstere, groteske oder gar menschenverachtende Gedanken kompositorisch darzustellen. Aurvandil hat mit Sicherheit das Potential dafür, wenngleich „Yearning“ im Vergleich zu anderen Alben des Genres etwas "weicher" ist, soll heißen, inmitten all des Rohen, Brachialen, sind immer mal wieder Melodien (teils mithilfe einer Akustikgitarre) zu hören, die ans Herz gehen und eine gewisse Sehnsucht transferieren.

In der Albummitte erhält man durch ein ruhiges, tragendes Stück die perfekte Gelegenheit, sich auf den zweiten Teil des Albums einzustellen, der einige Passagen enthält, die klingender und melodischer sind als die ersten Songs des Albums und fast ein wenig episch, was einige bombastische Highlight-Momente und Melodien betrifft. Überhaupt wird im zweiten Teil des Albums zuerst viel Tempo herausgenommen. Zwar ging es auch im ersten Teil nicht um Speed, aber jetzt gewinnen zum Teil theatralische, ausgedehnte Szenarien die Oberhand, sei es durch emotionale Anwandlungen oder ausgedehnte Klanggebilde, die von manchmal leichter Depression aber in jedem Fall von tiefer Emotion angehaucht sind. Erst nachdem diese voll ausgelebt wurden, kehrt das Album zum BM-Overdrive zurück, der auch den ersten Teil von „Yearning“ geprägt hatte.

Man kann also durchaus sagen, Mastermind Aurvandil wusste zu überraschen und konnte neue Aspekte in seine Musik einbringen, aber trotz allem er selbst bleiben. Wenn man weiß, dass er sein Bandprojekt aus einer spontanen, hasserfüllten Laune heraus gegründet hatte, so ist es erstaunlich, was ein paar Jahre später daraus werden kann. Aber es hat sich gelohnt. Man kann ihn und seine Werke durchaus als (wenn auch noch nicht vollständig ausgereifte) Bereicherung ansehen.

Anspieltipp: "Reign of ice" I + II                                                                   Punkte: 8 von 10

Review von Twilightheart

 

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