Black Salvation – "Lunia"

Karge Welten Kunstverlag/ VÖ:11.Sept. 2011

Folgendes Review betrachtet das Werk „Lunia“ von „Black Salvation“ aus Leipzig. Black Salvation spielen Doom. Zäh, unbequem und – wie sollte es anders sein – sehr, sehr langsam! Die Scheibe Lunia, die bei mir zur Zeit rotiert, ist ein Sinnbild dafür, wie man sich Doom vorstellt. Eine Prise von Sludge und Death Metal im klagenden Gesang, brutzelnde Gitarren und Basswände, dem Werk Iommis Tribut zollend, und von vorne bis hinten finster, verrucht und ekelig klingend. Daran ein unter Spannung stehendes Schlagzeug das sich dem Klanggebilde anschmiegt und bei dem jeder einzelne Beat spürbar ist wie der Herzschlag eines 80-jährigen. Dazu noch eine leicht schief klingende Leadgitarre mit bösen Melodien, Ausflügen in psychedelische Effektwelten und fertig ist das Grundprinzip.

Gerade auf dem ersten Track der Scheibe „Lucifer Inhale“ lassen es Black Salvation noch relativ straight angehen, indem hier das eben angesprochene Grundgerüst ausgepackt wird. Das Hauptthema, eine sich immer wieder wiederholende Melodie, klingt, als würde sie direkt aus der Hölle kommen. 

Mit nicht minder betörenden Melodien wird auf dem zweiten Song, dem Titelstück „Lunia“, einem Instrumental, voll in die psychedelische Trickkiste gegriffen. Ein Delay- und Reverb-Feuerwerk sprüht um sich und lässt jeden einzelnen Ton der Leadgitarre zu einem Fingerzeig auf emotionale Absurditäten werden. Bedrohlich und episch zugleich.

Song Nummer drei „Doomed Utopia“ besticht dagegen wieder durch seine rockige Attitüde und den „rufenden“ Gesang. Nach einer guten halben Stunde zieht auf dem Album auch zum ersten Mal das Tempo ein wenig an. Das ist kein Aspekt, der sehnsüchtig erwartet wurde. Im Gegenteil, die Monotonie wirkt erstaunlich tiefsinnig. Gefühle entstehen, die sich dem Hörer wahrscheinlich erst nach mehrmaligem Durchlauf erschließen. Trotz allem sind diese Emotionen wahrhaftig genial gesetzt. Der Spagat zwischen Sentimentalität und Härte offenbart sich gerade in den letzten Momenten dieses Songs.

Auffällig ist an der Scheibe auch, dass jeder Song durch scheinbar improvisierte Klangwelten beendet wird. Zum Beispiel endet „Inhale Lucifer“ mit Spielereien, ähnlich wie „FX“ von Black Sabbath. Diese Gebilde sind jedes mal unterschiedlich im Arrangement. Sie klingen aber alle durch und durch böse und finster.

Richtig interessant wird es beim letzten Track der Scheibe „Ghosts of Dying Time“, welcher mit seinen 21 Minuten die volle Gefühlsbreite des Trios offenbart. Hier stellt sich zudem heraus, dass die Schwierigkeiten, die manch einer, wie auch ich beim ersten Hören gehabt haben mag, einzig auf die Herausforderung zurückzuführen ist, dieses Bollwerk an brisanter Tonmacht von der Bühne auf den Tonträger zu projektieren. Liest der unbedarfte Redakteur doch von gnadenlos guter Live-Kritik, vermag er sich im selben Moment zu fragen, was eine (im ersten Moment) schwierig und zäh klingende Band mit ihrem Werk zu bewegen versucht, stellt sich heraus, dass die Aufnahme einzig dem Zweck dient, die Songs räudig zu halten und dokumentarisch die vielschichtige Gefühlswelt auf eine Platte zu bannen. Tatsächlich entwickeln sich die Emotionen beim Hörer nur scheibchenweise und es braucht arg viel Konzentration, beziehungsweise Mut zum „sich fallen lassen“ um der Tiefgründigkeit der Band begegnen zu können. Bei „Ghosts of Dying Time“ geht das zumindest am leichtesten. Dieses Werk ist ausgeklügelt und jede Facette kommt richtig zum Einsatz. Besonders genial sind die Leads gegen Anfang und ein Feuerwerk aus bewusster Disharmonie gegen Ende. Der Song selbst steht für pure Epik.

Definitiv ist Lunia von Black Salvation zäh und schwerfällig. Das Anhören stellt sich als Kraftakt heraus. Selbst der Sludge- und Doom-Fanatiker mag hier seine Schwierigkeiten haben. Was aber auf das erste Hören so anstrengend klingt, birgt atemberaubende Tongeschöpfe. Zwar nicht einzigartig, denn das Konzept findet sich bei vielen Doom- und Sludge-Combos wieder, jedoch ist das Gesamtwerk nicht minder wertvoll. Wer das Album wirklich verstehen will, sollte sich mindestens eine Stunde Zeit nehmen um die vier Songs am Stück zu genießen. Und mehrere Durchläufe lassen sich ebenso nicht vermeiden. Die angesprochene emotionale Tiefsinnigkeit macht das Album aber erst so hörenswert. Eine gute Sache, dieses Album.

 

Anspieltipp: "Ghosts of dying time"                                                      Punkte: 7 von 10

Review von Surtr

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