Dagnir En Gwann - "Verloren"

Self released - VÖ: Dezember 2011

Erst in letzter Zeit bin ich auf die Band „Dagnir En Gwann“ aufmerksam geworden, nicht zuletzt, weil einer der Protagonisten als Gitarrist live mit Waldgeflüster auf der Bühne steht. Und so kam es auch, dass die Promo erst beim letzten Waldgeflüster-Gig ihren Weg in meine Hände fand. Doch musikalisch haben die beiden nichts gemein.

Natürlich werden einige treue Leser des Magazins vielleicht schon vermuten, dass bei mir von Natur aus eine gewisse Affinität zu CD-Titeln wie „Verloren“ vorhanden ist und es abzusehen war, dass ich mich der Demo intensiv widmen würde. Schon allein das Cover-Design besticht Seelen wie meine, indem es intensive Assoziationen hervorruft. Allerdings muss man dazusagen, dass die finale Version, so wie ich es aus dem Web erschließen kann, ein anderes Cover hat. Ein helleres, mit einem Mann auf einer Bank sitzend, verloren unter einem einzelnen Baum. Auf meiner Demo-Version (und da bin ich nun froh, diese vielleicht seltene Version zu haben), sieh man auf dem Cover-Foto einen Waldrand oder Park in der Dämmerung, die riesigen Bäume wirken in der Dämmerung übermächtig. Eine Parkbank steht verlassen und nur schemenhaft sieht man rechts unten jemanden aus dem Foto rausgehen, mit gesenktem Kopf, wahrscheinlich tief in Gedanken versunken, an denen man uns auf der EP nun teilhaben lassen wird.

So beginnt  die Demo zu „Verloren“ mit dem Titeltrack (auf der finalen Version ist der Titeltrack offensichtlich am Ende), der auch gleich hält, was der Titel verspricht. Zwar mit eher grobschlächtigem Sound, aber dafür mit viel Drive wird der Hörer in einen Schlund aus dunklem Getöse gezogen, der sich alsdann zu schleppend-schwerem Tobak wandelt. Garstiges Getrommel und unruhige Gitarrenlinien schlängeln sich durch den Song. Dazu hört man eine raue, tiefe Gesangsstimme, die zwar rauchig singt, aber nicht unbedingt growlt, zumindest versteht man die Texte noch. Singen ist es vielleicht doch nicht, eher eine Mischung aus emotional dahingeworfenem, fast rufendem Sang, oftmals untermalt von klarem, noch klingend unterlegtem Zweitgesang im Hintergrund, der einen herrlichen Kontrast zur Hauptstimme bildet. Alle Daumen hoch für diese Idee! Je länger man sich den Song zu Gemüte führt, umso mehr berührt er einen trotz seiner rauen Schale. Die Gefühlsintensität, die hier aus der Instrumentierung herausbrechen will, ist einfach zu stark, als dass man sie ignorieren könnte.

Der nächste Song „Vom Leben und Krieg“ kommt anfangs etwas gefestigter und gewaltiger rüber. Selbstbewusste Akkorde eröffnen den Track und effektreiches Gitarrenspiel untermauert mit kraftvollem Drumming den Gesang, der noch um einiges grober, aber dafür mächtiger als im 1. Lied wirkt. Sänger Arvagr schreit einige Lyrics förmlich heraus, als müsse sich eine geballte Kraft unbedingt den Weg nach außen bahnen. Auch in diesem Stück gibt es klaren Zweitgesang, diesmal anders aufgearbeitet, der dem zum Teil recht schleppend-finsteren Klanggebilde etwas Abwechslung verschafft. Erstaunlicherweise stört diese Nuance die Ernsthaftigkeit des Songs nicht. Falsch angewendet kann so eine klare Zusatz-Singstimme oftmals den Fluss eines Songs stören, aber hier fügt sie sich hervorragend in den (an)klagenden Grundtenor des Songs ein, der im Verlauf immer schwermütiger zu werden scheint. 

„Todeslust“ bildet den Abschluss der Demo und eröffnet in seiner Art etwas anders als die Vorgänger. Doch der Schein trügt. Schon bald wird auch die Tonlage dieses Songs tief nach unten gezerrt und mal schnell, mal midtempo-schleppend wird orkanartige Düsternis verbreitet. Der Gesang ist growlender, etwas nachklingender und aufgebrachter als in den ersten Tracks. Ein Highlight des Songs bildet eine Passage im ersten Teil, bei der zu Akustik-Gitarrenklang fast flüsternd-rauchig Worte gesprochen werden, die direkt das Herz ansprechen und in sich grotesk sind, da sie die Angst vorm Tode nehmen sollen, ein Unterfangen, was vielleicht noch keinem Menschen auf der Welt gelungen ist, wer weiß es schon! Auf jeden Fall aber hat der Song etwas, von dem ich nicht lassen kann. Überhaupt ist das ganze Werk sehr ansprechend und tiefsinnig, auch wenn die Soundmakel manchen Hörer stören könnten. 

Es ist schade, dass die Band die ureigene, schwarze Stimmung der Songs auf der Bühne live nicht rüberbringen konnte bei dem einen, ersten Gig, den ich von ihnen gesehen habe. Andererseits scheint es mir beinahe auch unmöglich, eine solche brodelnde, düstere Emotion live darstellen zu können. Vielleicht ist es möglich, die Leidenschaft live zu leben, aber dieser Sound der Demo, der eine in sich  geschlossene, finstere Isolation erlebt, kann vielleicht nie auch nur annähernd live widergegeben werden, ich weiß es nicht.

Trotz allem verspreche ich mir von der Zukunft der Band viel. Sollte es eines Tages ein komplettes Album geben, so werde ich dieses sicher in vollstem Vertrauen kaufen, ohne vorher lange reinzuhören. Selbst mit unperfektem Sound.

Anspieltipp: "Todeslust"                                                              Punkte: 8,5 von 10

Review von Twilightheart

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