Digested Flesh – „The answer to infection“

Macabre Mementos - VÖ: 30. Dezember 2004

Dieses Album gibt’s schon eine ganze Weile, aber ich muss es euch unbedingt vorstellen, denn etwas, was in doppelter Hinsicht so extrem vor den Latz knallt, habe ich selten gehört. Ich wusste beim ersten Durchhören nicht, ob ich mich kaputtlachen oder vor Begeisterung ausflippen soll. 

Das Album beginnt mal mit einer richtig guten Idee. Passend zum Titel wird eine weibliche Stimme eingespielt, die sehr emotional und hollywood-reif eine Story erzählt (über die Verbreitung eines Virus und wie er die Welt lahm legte). Das ganze klingt fast wie der Anfang eines Science-Fiction-Films und ist einige Minuten lang. 
Und dann setzt die Musik ein und man denkt erst mal, dass das ja kaum wahr sein kann. Vergesst ALLE tiefen Grunzstimmen, die ihr JE gehört habt. Sänger Rob von „Digested Flesh“ schägt sie alle. So etwas entsetzlich tiefes an Stimme habt ihr noch nicht gehört! Ganz klar, dass er dazu keine Worte mehr formen kann, allenfalls einige Laute. Man hört immer nur groteske Geräusche aus seinem Mund, die meist wie ein tiefes Brummen klingen. Dieses kommt einerseits an manchen Stellen unglaublich geil rüber, andererseits ist es manchmal so urisch komisch, dass man einfach nur noch lachen möchte. So klingt es manchmal, wenn Rob immer weiter growlt ohne Luft zu holen und durch die Anstrengung leiser wird, als würde er wegpennen und vor sich hin schnarchen oder einfach in seinen Bart reinbrummen. An anderer Stelle hat man doch beinahe das Gefühl, er will dem Hörer was mitteilen, denn obwohl er keine Worte benutzen kann, legt er in manche Grunzer eine bestimmte Intonation, so dass man fast aus der Stimmung im Unterton was raushören bzw. rausfühlen kann. Zum Beispiel klingt es manchmal, als würde er vor sich hin schimpfen. Total drollig. Dann wieder grunzt er abgehackt oder in ungewöhnlichen Tonabfolgen oder lässt einen unglaublich langes Geröhre los, so dass man Angst hat, einen Hörsturz zu erleiden, wenn man das zu laut anhört. Aber alles in allem ist es kultig und urkomisch zugleich.
Und zusammen mit der Musik ist es einfach nur mächtig gewaltig. Die Songs sind unglaublich wuchtig und brutal. Die Scheibe enthält so richtig fiesen Nackenbrecher-Death der übelsten Sorte. Hämmernde Drums, tief-grummelnder Bass, und bösartige Gitarren-Attacken von allen Seiten ... abgefahrene, aber immer knüppelharte Riffs sind in allen möglichen, ständig wechselnden Tempi zu hören. Beinhart!

Zu Beginn des vierten Tracks werden wieder Movie-Sprechstimmen eingespielt, diesmal männliche. Beinahe beginnt man, im Kopf seinen eigenen Splatter-Film zum Thema ablaufen zu lassen. Die Lyrics sind zumindest passend. Allein schon der Titel „No body, no murder“ sagt ja alles. Splatter, Gore und allerhand Abscheuliches sind Gegenstand der Lyrics. „Eisregen“ auf englisch, könnte man sagen. Zumindest ist es inhaltlich nicht allzu weit entfernt davon.
Auch wird eine Tonsequenz eingespielt, die wirklich so klingt, als würde der, der da entsetzt winselnd zu hören ist, gerade aufgeschlitzt. 

Wenn jemand die Dänen von „Illdisposed“ kennt, wird er/sie verstehen, dass es durchaus zusammenpassen kann, dass eine Band zwar bierernste, ultra-brutale Musik macht, aber dabei durch den Vokalisten lustig rüberkommt. So ist es bei „Digested Flesh“ auch. Es ist wirklich schade, dass man in ganz Europa wohl niemals in den Genuss eines Live-Auftritts dieser amerikanischen Band kommen wird. Die würden live so dermaßen für Abriss-Stimmung mit Amüsier-Faktor sorgen... ! „The answer to infection“ ist leider das einzige richtige Album der Band, die schon seit 1999 existiert. Vorher gab es (wie sollte es anders sein) eine Demo, und danach noch eine Split, das war’s. 

Ich neige fast dazu, diesem Album aufgrund des enormen Kult-Faktors 10 Punkte zu geben. Aber da muss ich mich in all der Euphorie wahrscheinlich zurücknehmen und doch mit einfließen lassen, dass der Klang der Scheibe nicht immer ganz einwandfrei ist (was nicht am spielerischen Können liegt, sondern wohl wirklich an der Aufnahme). Aus dem Klang der Instrumente hätte man viel mehr rausholen können. Da rauscht auch ab und zu was im Hintergrund, was da wohl eigentlich nicht hingehört. Auch ist es natürlich nicht mit großer Metal-Kunst manch anderer Bands vergleichbar, insofern muss es wohl doch Punktabzug geben. 
Das Plus des Albums liegt wie gesagt in seiner Kombination aus mördergeilem Brutalo-Death und unterhaltsamem Vocal-Fun (obwohl, wer weiß ... vielleicht finden andere das ja auch vollkommen unlustig und gewinnen auch den tiefen Grunzern ein räudiges Gefühl ab).
Trotzdem rate ich jedem Fan von brutalem Death oder Gore, in dieses Album mal reinzuhören. Schon allein wegen dieser abartigen Stimmperformance, bei der euch hören und sehen vergehen wird. Nicht-Death-Fans kann das Album trotzdem Spaß bringen, wie gesagt wird man allein durch den Sänger so gut unterhalten, dass man aus dem Grinsen darüber, wie er das anstellt, nicht mehr rauskommt. Einfach der totale Kult! Mehr sag’ ich nicht!

Anspieltip „No body, no murder“                                                                8 von 10 Punkten

Review von Twilightheart

 

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