Manchmal
finde ich in meinem Briefkasten Promos von Bands, deren Name mir wirklich gar
nichts sagt, aber wo allein die Gestaltung von Cover und Booklet so eine
Faszination auf mich ausüben, dass ich das Album unbedingt hören will. So auch
mit dieser Scheibe, bei der es sich zwar um eine Demo handelt, allerdings kommt
diese wie ein richtiges Album daher, mit richtigem Booklet in Hochglanzdruck
usw. Allerdings ist es auf 150 Stück limitiert, es ist also nicht gesagt, dass
man das gute Stück überhaupt noch problemlos kaufen kann.
An
der Seite des Covers wird gewarnt: „Depressive Black Metal“ (bei uns würde
es heutzutage „Suicidal BM“ heissen) und das Cover zeigt eine triste
Landschaft im Dunkeln mit einem zerfallenen Haus im Hintergrund, im Vordergrund
zerreissen Hyänen einen Kadaver. Das ganze Booklet ist zwar in schwarz-weiss
gehalten, aber liebevoll mit goldener Schrift verziert. Hier wollte jemand seine
Depressionen ganz besonders ansprechend optisch unterstützen. Auch sieht man
den Künstler im Booklet, wie er allein zwischen Bäumen steht, mit einer Menge
Abweisung und Hass im Gesicht.
Das
Album beginnt mit Meeresrauschen, allerdings ist es so gestaltet, dass es nicht
nach Urlaub, sondern eher nach bedrohlicher Naturgewalt klingt. Dann gesellen
sich ein paar sehr melancholische, aber wunderschöne Töne auf dem Klavier
hinzu. Dies dehnt sich aus zu einem Stück, in welchem man von sanften Tönen
einerseits eingelullt wird, andererseits aber auch schon die Vorahnung hat, dass
dies wohl nicht so wunderbar bleiben wird bis zum Ende des Albums.
Beim zweiten Track „The end of holy torments“ bricht dann das ganze
seelische Inferno des Künstlers über den Hörer herein. Rasende Riffs mit
bedrohlichen Melodielinien lehren einem fast das Fürchten. Immer wieder gibt es
überraschende Einschnitte, die durch bestimmte Geräusche oder Reden einer
dunklen Stimme im Hintergrund den Fluss der Musik unterbrechen und einen Schuss
Angst in die Sinne jagt. Das ganze Stück ist höchst beängstigend, weil tatsächlich
nur jemand mit schweren Depressionen oder sonstigen mentalen Problemen so
dunkel-brodelnde Musik schreiben kann, die eine so bedrohliche Stimmung schaffen
können. Das ganze wird im dritten Stück „The whispers of lost souls“ noch
spielend übertroffen, denn die Melodielinien werden hier langsamer und
schleppender und ziehen einen noch viel tiefer runter. So viel Schwermut kann
man fast nicht mit Worten beschreiben. Dies bezieht sich allerdings eher auf die
Musik. Die Lyrics bedienen sich der üblichen Themen, Hass auf das Leben im
allgemeinen und Hass auf das eigenen Leben. Meist wird englisch gesungen,
teilweise werden kurze iranische Texte eingestreut (ja, der Künstler ist aus
dem Iran).
Theoretisch muss man mental schwache Personen vor dieser Musik warnen. Shining
machen im Vergleich dazu weniger gefährliche Musik (wobei bei Shining die Texte
viel besser sind, und auch die Art, wie sich der Künstler selbst vermarktet,
natürlich).
Bei dem Album „The wraiths of forgotten forest” sehe ich tatsächlich die
Gefahr, selbstmordgefährdete Menschen noch tiefer in die Misere reinzureissen.
Immer wieder taucht diese tief-dunkle Stimme als Sprechstimme auf, die (auch
wenn man nicht versteht, was gesagt wird) so bedrohlich klingt, dass einem
himmelangst wird. Wie die Stimme eines Dämons, der nur im eigenen Kopf ist und
die Selbstvernichtung der gescheiterten Existenz verlangt. Wirklich bizarr, aber
aus rein künstlerischer Sicht unglaublich großartig. Da sind so viele Ideen,
mit denen der Künstler musikalisch sein Trauma ausdrückt, man wird in einen
Sog aus tiefdunkler Nacht in der Gefühlswelt des Künstlers gezogen, und selbst
wenn man sonst nicht diese Unterart des BM hört, ist man beim Hören dieses
Albums einfach wie gefesselt und kann sich der Faszination der krankhaften Dämonen
nicht erwehren, die aus dem Kopf des Musikers in die Musik gebannt werden.
Insgesamt beinhaltet das Album 6 lange Stücke, deren Titel für sich selbst
sprechen und die ihr Finale in dem unglaublichen, einzigartig schwermütig-schönem
Stück „Mourning in my funeral“ finden, welches nun wirklich nicht mehr mit
Worten zu beschreiben ist, so einzigartig ist es.
Nur was für gefestigte Menschen! Absoluter Geheimtip für Fans des Genres!
Anspieltipp:
"Mourning in my funeral"
Punkte: 9,5 von 10
Review
von Twilightheart
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