Fen & De Arma (Split) – "Towards the shores of the end"

Nordvis Produktion/ VÖ: 15. Februar 2011

Als ich diese Split in Händen halte erinnere ich mich. Fen? Da war doch was? Es ist echt lange her, dass ich diese Band gehört habe. Seit der ersten EP Ancient Sorrow habe ich die Engländer nicht mehr näher betrachtet. Der Grund warum ich diese Band aus den Augen verloren habe, will mir nicht in den Sinn kommen, denn Fen konnten mich schon immer begeistern. Umso mehr bin ich nun gespannt was mich da erwartet. De Arma sind mir davor kein Begriff gewesen. Bei der Recherche fällt mir auf, dass hinter De Arma A. Petterson von Armagedda steht, der alle Instrumente nebst Gesang beigesteuert hat.

Die Split beinhaltet 7 Songs, 3 Songs mit einem Instrumental-Outro von Fen, sowie 3 Songs von De Arma.

Der erste Song von Fen „Soilbound“ beginnt so, wie ich es von Fen erwartet habe. Avantgardistischer Black Metal, rockig-sanfte Riffs schleichen ruppig durch Enslaved-geebnete Pfade und verbinden sich recht schnell mit der ersten Strophe, die von vertrackten Palm-Mute-Anschlägen dominiert werden. Gefolgt von einem so herrlich simplen Schlagzeugtakt, der mich sofort an „Black Flux“ von Virus erinnert. Mit diesem abstrusen Konstrukt lassen Fen vermuten, durchgehend komplexe Strukturen zu zaubern, doch stattdessen entladen sie sich in atmosphärischen Synthie-Black- Metal-Gebilden, die mich ein bisschen an alte Omnium Gatherum erinnern. Die Stimme von Sänger The Watcher knarzt wie eh und je authentisch. Sofort identifizierbar, obgleich die Stimme nichts besonderes birgt. 

Ab der Hälfte des Songs gehen das Tempo und die Lautstärke zurück und es bildet sich ein Gebäude aus geplanten Keyboard-Strings und einer leichten Akustikgitarrenrhythmik, dazu die Crescendo-Drums, die die Meditations-Atmosphäre bewusst stören und auf ein erneutes Einbrechen in die Black-Metal-Stilistika vorbereiten. Dies gelingt nicht klischeehaft, sondern recht gekonnt, denn die Single-Note-Gitarrenläufe wandern in Leads aus, wie es schon häufig bei Sólstafir zu hören war. Das Finale bildet dann ein Stakkato-Mantra, das die träumerische Welt vernichtet und einen aus dem Schlaf in die Realität zurückpeitscht. Grandios.

Auf „Ageless Threnody“ wird gleich zu Beginn marschiert unter den Bannern von aufsteigenden Gitarrenläufen, der Gesang paart sich mit Synthie-Strings und getragener Saitenrhythmik. Der Song schleppt sich ein wenig arg, was auf Dauer langweilig wird. Und so passiert lange Zeit nichts bis das Tempo kurz angezogen wird, um nur allzu schnell wieder in langsam getragene Gefilde zurückzusinken und dann schließlich komplett das Schlagzeug wegzulassen mit obligatorischem Akustikinterludium aufzuwarten, das dann schließlich auch noch verzehrt wiedergegeben wird. Nun ja, dem Song fehlt leider der Pep, beziehungsweise das gewisse Etwas, was man von einer Band wie Fen schon erwarten dürfte, und der Finger wandert schon zur Skip-Taste. Nach guten sechs Minuten fliegen die Gitarren wieder im Wind, fast komplett allein, was, da es draußen gerade tatsächlich stürmt, sehr passend wirkt, allerdings passiert trotzdem nicht mehr viel und der Song wird für mich als Nullnummer verbucht. 

Der dritte Song „Towards the Shores of the End“ beginnt wabernd, geheimnisvoll und ruhig. Er steigert sich mit zunehmender Verzerrung der recht crunchigen Chorus-Gitarren durch fast schon jam-artige Trommeln zum düsteren Strophenpart. Die Gitarrenläufe bleiben atmosphärisch, wohingegen der Schlagzeugbeat doomige Züge annimmt. Immer streuen helle Männerchöre und kleine verspielte Licks in die krächzende Stimme ein. Bis dieser Fluss in vom Anschlag unkonventionelle Cleangitarren übergeht, die sich an Prog-Drums anlehnen. Ehe man sich versieht, durchschreitet man Postrock-Gefilde. Dabei bleibt aber alles seicht, ruhig und melancholisch. Fast schon wie bei Anathema bildet sich eine Gänsehautatmosphäre. Diese wird dann durch harte Stakkatogitarren unterbrochen um dann wieder in das Schema vom Anfang überzugehen. Dieser Song ist wiederum gelungen, haut mich aber auch nicht allzu sehr vom Hocker.

Das Outro „Bereft (Reprise)“ ist ein Wechselspiel von Akustikgitarre und Klavier. Hier taucht die Sonne aus dem trübsinnigen melancholischen Werk auf. Der Wechsel von Dur und Moll-Akkorden besticht und erzeugt eine frohe entspannende Atmosphäre. So könnte die CD gut enden, doch enden tut hier nur der erste Part von Fen. Jetzt ist es an De Arma, den Hörer auf eine Reise zu nehmen.

Endet „Bereft (Reprise)“ recht ruhig und fröhlich, so startet De Arma mit „Crimson Waters Ebbing the Shore“ mit einem weckenden Paukenschlag. Monotoner Black Metal mit polternden Drums und sirrenden disharmonischen Gitarren fliegt in die Gehörgänge. Jedoch handelt es sich hierbei nicht um konventionellen „Ich-mag-mich-nicht“- Depressive Black Metal, sondern um akribisch ausgearbeitete Melancholie, den in hauchdünnen Facetten arbeiten sich feine Abwandlungen in den Riff, der dadurch majestätisch in die Höhe strebt, aber niemals seine Monotonie verliert. Man wartet dann gespannt auf den Gesang, der sich für mich als ein Feuerwerk absoluter Genialität entpuppt. Ich bin mir sicher, dass mehr als 95 % der Hörer hier Black Metal-Gekreische erwarten würden, doch was hier kommt ist eine wunderhübsch raue Männerstimme, die choral-artig die Monotonie aufgreift und sich windet und wälzt inmitten des Bands, das die Instrumente gestrickt haben. Die Drums springen recht bald um und wechseln von Blastbeat zu Gothic-Rock-Beats, wie man sie von New Model Army oder The Cure kennt. Später räumen diese Schritt für Schritt ihren Platz und gehen in einen unauffälligen Takt zurück. Der Gesang folgt mit einer zerbrechlich düsteren Melodie dem Song und bricht hier und da in atemberaubende Verlängerungen der Silben aus. Emotional, aber nicht gespielt oder übertrieben. Da stört es nicht, dass sich von der Instrumentenbasis nicht viel tut. Es reicht vollkommen aus dem Sänger zu lauschen und in diese großartige Klanglandschaft einzutauchen und sich treiben zu lassen.

Der zweite Song „Noemata“ macht dort weiter wo der erste aufgehört hat. Monotone Gitarren verbreiten eine lebensaushauchende Stimmung und bieten dem Gesang den passenden Untergrund. Der Gesang ist dieses mal am Anfang hoch und gekreischt wie man es sich schon im ersten erwartet hat. Wechselt aber auch mit cleaner Gesangseinsamkeit. Das Schlagzeug bleibt oft recht simpel, treibt allerdings sehr bewusst die Geschwindigkeit an und groovt sogar fast. Trotzdem bleibt die Melancholie stets bestehen. Es erinnert mich stark an Amesoeurs wie hier gearbeitet wird. Als dann mehrstimmige Clean-Chöre die dezente Melodie im Hintergrund ummalen, kommt einem die volle epische Bandbreite von De Arma entgegen. Die Melodie nimmt immer mehr Anteil an der Lautstärke. Gegen Ende fügt sich dann noch ein finales Mantra „I close my eyes“ in den Gesang ein, das das Ende des Songs einläutet.

„From Horizon to Oblivion“, das Schlusslicht, beginnt traditioneller. Und prügelt Black Metal mit fliegenden Singlenoteläufen durch die Boxen. Der Gesang ist tief und verzerrt und betet sich böse und düster durch die Strophen. An diese schließt sich ein sehr disharmonischer Part der mit der Stimme paktiert und eine sehr destruktive Atmosphäre aufkommen lässt. Dieser Song geht auch stark in die Armagedda-Zeiten zurück, hat aber trotzdem den eigenen Charme. Im Mittelpart wird episch schwarzmetallisch monoton gebolzt. Als das Tempo sich beruhigt und nach unten geht kommen noch krassere Disharmonien in die Struktur hinein, logisch beinahe schon, dass der Gesang hier auch leicht „neben der Spur“ fleht. Mayhem lassen grüßen und verleihen dem Song so düstere Teilmomente wie sonst kaum ein anderer.

Diese Split ist für mich ein gelungener Schlag in die Schar der „Über-den-Tellerrand-Blicker“, die Ausflüge in andere Gestade als reizvoll empfinden, trotzdem die Heimat nie aus den Augen verlieren. Fen und De Arma bieten großartigen atmosphärischen Black Metal der sich nie davor scheut seichtere Strukturen in die Songs einfließen zu lassen. Hier wird vermehrt auf das Erleben der Musik gesetzt als auf Eingängigkeit oder Genretypisches. Es werden viele Bilder freigesetzt, die einen sehr oft aus der Realität entführen. Mystisch kann man es bezeichnen. Die Bilder werden dabei aber auch nicht klein und leise an den Mann gebracht sondern, laut tönend und gebrannt auf Cinemascope-Breite.

Fen setzen bei ihren Songs vermehrt auf ruhige Elemente und nehmen das Tempo gerne zurück, steigen leider oft zu früh auf die Bremse, wenn sich ein Schema gerade richtig entfaltet und zu spät wenn ein Part zu lange vor sich hin plätschert. Die Ideen sind alle gut und das Meckern erfolgt auf hohem Niveau, allerdings bin ich bis auf den Opener nicht wirklich überzeugt worden.

De Arma hingegen haben bei mir echt eingeschlagen wie eine Bombe, ich habe selten eine Band erlebt, die Monotonie so gut einzusetzen vermag. Wie bereits erwähnt liegt anfangs die Vermutung nahe, es handele sich um eine der zigtausend DSBM-Bands die vor lauter „in Selbstmitleid versinken“ vergessen haben, gute Musik zu machen. De Arma setzt sich mit Melancholie sehr intelligent auseinander und muten einem nie zuviel zu sondern lassen den Parts Zeit bis sie gereift sind in den Vordergrund zu treten. Das Arrangement ist beispiellos und da es gerade bei relativ wenig Elementen nur umso schwieriger ist den Song angenehm für den Hörer zu gestalten, verdienen De Arma hierfür einen großen Pluspunkt.

Alles in allem: Diese Split-CD beinhaltet atmosphärischen Black Metal mit hohem Anspruch für jedermann. Sie kann sowohl als Entspannungsuntermalung dienen, aber auch als Inspiration für hauchzarte Momente. Auf jeden Fall ein Werk, welches sich „sprichwörtlich“ für lange Winterabende bezahlt macht.

Anspieltipp: "Crimson waters ebbing the shore"                                            Punkte: 7 von 10

Review von Surtr

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