Fjoergyn – "Jahreszeiten"

Trollzorn/ VÖ: 10. September 2009

Die Thüringer von „Fjoergyn“ haben ihr neuestes Album „Jahreszeiten“ auf den Markt gebracht. Das Cover-Artwork dieses Albums ragt mit seiner unglaublichen Einfachheit dermaßen aus der Masse aller anderen Folk- oder Epic-Metal-Alben heraus, dass man fast schon Angst hat, das Album könnte nicht die Ruhe und den Frieden beinhalten, die das Cover suggerieren.
Das Album beginnt mit sanften Klavier- und etwas stürmischeren Streicherklängen, geht alsbald danach in eine anfangs sehr wirre Folkkomposition über: Stimmen, hoch, tief, gegrowlt, sauber gesungen, instrumentale Bruchstücke, mal E-Gitarre, mal Klavier, mal alles durcheinander, werden durcheinandergeworfen, so dass man erst’mal überrumpelt ist. Doch nach einiger Zeit kehrt etwas mehr Klarheit ein, der cleane Gesang gewinnt öfters die Überhand, auch eine flüsternd-singende Stimme bringt Sanftheit hinein. Beschrieben wird in diesem etwas gewöhnungsbedürftigen Song das Ende des Winters. Die Worte sind einfach gehalten, aber wahrscheinlich war das die Intention der Band: die grundlegende Beschreibung der Jahreszeiten und der Natur, wie sie sie sehen, ohne dabei großartig in Abstraktionen verfallen zu wollen, sondern vielmehr Stimmungen schaffen zu wollen ... und wenn einfache Worte die Szenerie am besten beschreiben, so sei es denn!
Im zweiten Song wird dies nicht anders, nur dass man hier noch kreativer wird. Das Durcheinander erfährt eine Reduzierung, man kann hier schon’mal eine Weile der ein oder anderen Melodielinie folgen. Auch versteht man die durchgängig deutschsprachigen Lyrics recht gut, weil sehr deutlich artikuliert wird. Man braucht die Texte also weder erahnen noch im Booklet nachlesen, was speziell zu diesem Albumkonzept gut passt.

Ich bilde mir ein, in manchen Songs Anleihen alter deutscher Volkslieder zu vernehmen, insbesondere zu Beginn des dritten Stücks. Doch dies scheint nur als Einstimmung auf den folgenden Song angedacht zu sein. Dieser, genannt „Der Himmel fällt“, ist anfangs etwas schneller und beinahe schon ein wenig rockig. Danach bricht das ursprüngliche Schema wieder durch: flüstern, verhaltener Gesang der in vorwärtsstürmendes Growling übergeht, hier und da Streichereinwürfe, viel Hin und Her aller Instrumente. Alles in Allem wird auf Atmosphäre gesetzt. Kann ja sein, dass die Musik sehr gut die Vielfalt der Jahreszeiten widerspiegelt, aber mir ist das insgesamt zu unruhig, man muss immer wieder umdenken, kann die Musik nicht in einem Stück genießen. Quasi ein Werk, was Aufmerksamkeit und Mitdenken bzw. -fühlen erfordert. Wer das auf sich nimmt, wird ab und an mit ein paar hervorragenden Passagen belohnt, in denen der Vokalist so richtig aus sich herausgeht. Einige dieser packenden Höhepunkte, die auch durch die sich zuspitzende Dramatik in der Instrumentierung unterstrichen werden, gibt es also in „Der Himmel fällt“ erstmals. 
Track 5 „Am Ende der Welt“ ist zwar in seinen schnelleren Passagen auch mit Dramaturgie- Effekten vollgepackt, kommt aber trotzdem nicht ganz so eingängig rüber. 

So wie ich mir die Musik beim Anblick des Covers vorgestellt hätte, ist sie im 6. Track „Der Herbst ist da“. Langsam, melodisch, pur (bis auf ein paar grummelige Growl-Einlagen, die wohl die Grimmigkeit des Herbstes symbolisieren sollen). Beinahe hätte ich gesagt, es klingt typisch thüringisch, aber wahrscheinlich erinnern mich nur die Lyriczeilen mit Schlagwörtern wie „Krähen“ und „Thron“ an die wunderbare thüringische "Kyffhäusersage". Hat damit aber nichts zu tun. (Wann wird eine thüringische Band das Thema endlich mal aufgreifen?)
Sehr witzig ist übrigens in diesem und einigen anderen Songs das gerollte „R“, wie es Rammstein nicht besser gekonnt hätten (aber wahrscheinlich unabsichtlich passiert... unterstreicht trotzdem zusätzlich die eigene Note der Band).
Schön ist ein reiner gesprochener Part, nur begleitet vom Rauschen eines Baches und eines Vogels, der in eine Passage klassisch angehauchter Musik übergeht, die tragend und bezaubernd wirkt. Danach folgt der letzte Track des Albums „Ich bin der Frost“ der noch einmal recht furios ist. Rasante Gitarrenarbeit und engagiertes Growling (zum Teil abwechselnd mit klarem Gastgesang) treiben den Song voran. Natürlich schließt sich hier thematisch der Kreis zum Beginn des Albums. 

Insgesamt werden uns 9 Tracks geboten, wovon gleich drei über 7 Minuten lang sind, wodurch man insgesamt auf mehr als 53 Minuten Spielzeit kommt. Über mangelnd Musik (in relativ guter Aufnahmequalität) kann man sich also nicht beklagen. Auch nicht über ein fehlendes Konzept. Wie gesagt, zwar mit einfachen Worten und mit manchmal nicht ganz so angenehmen  Kompositionen, die trotzdem einige Höhepunkte und angenehme Einzigartigkeiten enthalten, wird den vier Jahreszeiten ein weiteres Denkmal in Form von Musik gesetzt. Erfrischend in seiner Umsetzung, nicht neu in der Idee, aber insgesamt wert, gehört zu werden.

Anspieltipp: "Der Herbst ist da"                                                                              Punkte: 7 von 10

Review von Twilightheart

Fjoergyn live:

 

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