Oh
ja, Black Metal auf polnisch! Her damit! Das nenne ich mal was anderes. Furia,
die mich bereits 2008 bei ihrer einzigen Live-Performance in Bayern
begeisterten, haben ihr neues Album „Grudzien Za Grudniem“ veröffentlich. Ich
bin gespannt, ob das Album genauso einnehmend ist wie der Live-Gig, den ich von
der Band in Erinnerung habe.
Natürlich
kann ich zu den Lyrics, die durchgängig auf polnisch sind, nichts sagen,
theoretisch könnte die Band einen vom Pferd singen (obwohl die Intensität, mit
der die Texte gesungen werden, bei mir den Eindruck erwecken, dass es um sehr
ernste Themen geht, die zumindest für die Bandmitglieder von großer Bedeutung
sind). Insofern kann dieses Review nur die Musik bewerten.
Das Album beginnt interessanterweise nicht mit dem Geknüppel, welches ich
voller Vorurteile vielleicht erwartet habe, sondern mit ruhigen Gitarrenklängen,
die einen Hauch von Traurigkeit vermitteln. Dies scheint sich allerdings in Zorn
zu wandeln, denn alsbald geht das Ganze dann doch in furiosen, archaischen Black
Metal über. Allerdings schön abwechslungsreich. Der Stil ist schwer zu
beschreiben, man kann nicht’mal sagen „typisch polnisch“, denn nach z.B.
Behemoth klingt es keineswegs.
Gleich zwei E-Gitarren zeichnen ein paar giftige, schneidende Gitarrenlinien
durch den ersten Track, während Bass und Schlagzeug eher im tiefen Bereich für
Bombardement sorgen. Eine der Gitarren passt sich hin und wieder an diese
Tonlage an, indem sie stufenartig tiefer wird und einige Lines zusammen Bass
& Drum in diesem Bereich spielt (was eine besonders wütende Stimmung
ergibt), bevor sie wieder höher wird und mit der anderen Gitarre zusammen
wieder schneidig wird.
Das Growling ist nach meinem Geschmack, mitteltief, sehr selbstbewusst und
voller Wut. Die polnische Sprache klingt entgegen meinen Befürchtungen
nicht’mal eigenartig auf diesem Album, sondern durch den Klang der Sprache
wirkt alles gleich etwas kälter und befremdlicher, und somit gleichzeitig
zwangsläufig misanthropisch.
Überraschenderweise
sind alle der 7 Songs (von denen der fünfte absichtlich titellos gelassen
wurde) sehr abwechslungsreich. Vor allem die Gitarrenriffs sind virtuos und
werden auch innerhalb der Songs immer wieder neu variiert (ich erinnere mich,
dass Furia bei ihrem Live-Gig ein absolutes Gitarrengenie in ihrer Band hatten,
der selbst Schweres auf der Gitarre genauso natürlich spielte wie er atmete).
Genauso eigenständig wie die Gitarrenkreationen ist auch der Gesang, es gibt
nicht unbedingt dieses Strophe- Strophe- Refrain-Schema, sondern da wo es passt,
wird gesungen bzw. gegrowlt, und einen speziellen Refrain kann man sowieso nicht
allzu oft ausmachen. Wenn es der Track erfordert, wird auch oftmals einfach ganz
lange nur durch die Instrumente die Atmosphäre aufrechterhalten und nach
Minuten erst gibt es wieder durchgehendes Growling.
Besonders hervorzuheben sind auf diesem Album wohl die Abschweifungen in
langsame oder Midtempo-Passagen, die voller Gefühl sind. Wie gesagt kann man
sich nicht nach den Texten richten, aber zuweilen klingt es verzweifelt.
Vokalist Nihil schreit zu leicht melancholischen Gitarrenmelodien manche Worte
regelrecht aus sich heraus, langgezogen und voller Inbrunst, von Zeit zu Zeit
klingt es wie eine Klage bzw. als ob ihm vor lauter Hineinsteigern mittendrin
die Stimme gleich wegbleiben würde. Eben diese Passagen können dem Hörer
jedes Mal wieder Gänsehaut bereiten. Doch am Ende gewinnt immer das Kämpferische,
Kraftvolle in jedem Song. Meistens führen wuchtige Gitarrenarrangements die
Lieder an ihr Ende. Vor allem der letzte Song ist ein kleines Meisterwerk.
Minuten voller langsamer, emotionaler
Klangspielereien auf den Gitarren wechseln sich mit rasenden, fulminanten Parts
ab, die von gewaltigen Gitarrenwänden dominiert werden. Frontmann Nihil ist
also nicht nur ein begnadeter Sänger, sondern auch ein begabter Songwriter.
Die
Qualität der Aufnahme lässt allerdings zu wünschen übrig. Eine 1A-Produktion
gibt es hier also nicht. Allerdings auch nicht das Underground-Garagen-Gefühl.
Vielmehr klingt es so, als wäre alles mit veraltetem, aber nicht ganz so
schlechtem Equipment aufgenommen. Also diesen umwerfenden Sound, den man von
manchen deutschen, amerikanischen oder skandinavischen Bands kennt, gibt es hier
nicht, sondern es klingt gut und okay, aber nicht sonderlich nachbearbeitet. Es
gibt also auch keine besonderen Soundeffekte oder dergleichen. Wie gesagt macht
die Eigenständigkeit der Kompositionen diesen Fakt (Makel kann man es
eigentlich nicht nennen, denn das Pure gefällt manchem sicher) wett.
Die Musik ist also absolut hörenswert. Hätte ich nicht erwartet, dass es nicht
nur pure BM-Aggression ist, sondern durchaus facettenreiche Kompositionen, die
erstaunen und mitreißen. Bleibt nur zu hoffen, dass die polnische Sprache die Hörerschaft
nicht davon abhält, trotzdem mal in das Album reinzuhören.
Anspieltipp:
„Zgniłem“
Punkte: 8 von 10
Review
von Twilightheart
Furia
live 2008:
<<<zurück
zu den "Reviews"
|