Drei Jahre ließ
das zweite mit „Märe aus wäldernen Hallen“ betitelte Studioalbum der thüringer
Pagan/Black Metal Formation GERNOTSHAGEN auf sich warten. Nachdem der Erstling
„Wintermythen“ eine beigeisterte Anhängerschaft im gesamtdeutschen Raum
fand, entstand über die lange Zeit der Stille eine hohe Erwartungshaltung, die
nun mit 9 sauber produzierten Songs auch keineswegs enttäuscht wird.
Wer
allerdings glaubt, die neue Scheibe knüpfe nahtlos an das an, was
„Wintermythen“ ausmachte, der irrt.
Thematisch wird der heidnische Gedanke in den durchgängig deutschen Texten
umgesetzt und erfährt eine globalisierende Steigerung gegenüber der eher
regionalen mythisch-sagenhaften Herangehens- und Sichtweise des Vorgängerwerks.
Auch musikalisch sowie technisch ist eine Veränderung im positiven Sinne zu
erkennen. Die Pagan-Hymnen sind klarer strukturiert und bieten dem Hörer ein
abwechslungsreiches Farbenspiel an Tönen. Die Bandbreite des eigenwilligen und
unverkennbaren Stils der Band variiert von schnellen Gitarrenriffs bis hin zu
sanft-verträumten Akustikpassagen. Auch stimmungstechnisch wird von aggressiv-kämpferisch
bis melancholisch alles geboten. Diese Atmosphäre wird wunderbar getragen und
produziert durch eingängige fast schon soundtrackartige Keyboarduntermalungen,
die nicht nervtötend daherkommen sondern im Gegenteil tausend Fantasiebilder
von herrlichen Landschaften vor dem geistigen Auge entstehen lassen. Etwas überdosiert
wirkt im Gegensatz dazu der Einsatz des klaren Gesangs, an dem man sich schnell
satt hört und an dessen Qualität durchaus noch gefeilt werden sollte.
Ansonsten agiert der Fronter gewohnt fies dunkel keifend und in hochtönigen
Frequenzen kreischend, wie es sonst nur Experten wie Dani Filth liefern.
Wer nun „Wintermythen“ und die Folge-CD vergleicht, wird feststellen, dass
diese Aufgabe eine wahre Herausforderung ist. Beide Alben haben ihren ganz
eigenen Reiz und stehen sich als eigenständige Werke in Intensität und
Kreativität in nichts nach. Betrachtet man nun beide Produktionen etwas
differenzierter, so wird klar, dass „Märe aus wäldernen Hallen“ für das
thüringer Sextett einen qualitativen Quantensprung bedeutet und neben dem
ersichtlichen Detailreichtum sich vergleichsweise mehr Herzblut, Passion und
eigenständiger Stil in den heroisch dargebotenen Liedern verstecken als in dem
ebenfalls gelungenem Debut.
Dieses
rundum solide Album darf in keinem Plattenschrank eingefleischter Pagan-Fans
fehlen, die vor allem der thüringer Schule à la Menhir und XIV Dark Centuries
etwas abgewinnen können.
Als kleiner Geheimtipp zum Abschluss sei gesagt, dass GERNOTHAGEN live immer
wieder sehens- und hörenswert sind, da die Umsetzung der Songs auf der Bühne
eine weitaus größere Kraft besitzt und auch zum Teil erheblich, aber nicht
nachteilig, von der gepressten Version differiert.
Mehr
Infos unter www.gernotshagen.de
Anspieltipp:
"Schlachtensang der Einherjer"
Punkte: 9 von 10
Review
von Anja
Gernotshagen
live beim Ragnarök Festival 2006:
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