Goatpsalm – "Erset La Tari"
Aesthetic Death/ VÖ: 24.Februar 2012
Diese Album von "Goatpsalm", welches man beim ersten Durchhören nur mit heruntergeklappter Kinnlade auf sich wirken lassen kann, beginnt auf seine ureigene Weise hypnotisierend- interessant mit Geräuschen von beißend kaltem Wind, der pfeifend durch öde Leere zu fegen scheint. Man sieht sich sofort in eine Szenerie versetzt, in der man nicht sein möchte. Sodann schiebt sich aus dem Hintergrund das erste unheimliche, vokale Geräusch in den Vordergrund... nicht wirklich ein Röhren, eher so ein kehliges Knurrgeräusch, halb Vieh, halb Mensch. Eine besondere Stimmung kreiert das natürlich schon. Das ganze nennt sich „Utuk-Xul“ und ist das erste von dreiStücken auf dem Album "Erset La Tari", die einem vor Staunen den Mund offen stehen lassen werden, ob vor Bewunderung oder Abscheu wird wohl von Hörer zu Hörer variieren. Die stark zurückgenommenen Instrumentenfetzen sind Untermalung zur makabren Geräuschkulisse, in welcher das Knurren nun immer etwas bedrohlicher wird, sich manchmal auch überlagern. Beinahe hat man die Vision eines Gollum vor sich, in den kurzzeitig Grendel hineingefahren ist. Später gesellen sich Stimmfetzen hinzu, formen auch Worte und gar Satzteile, mal tief und bedrohlich, dann wieder garstig keifend. Die Gitarre schiebt sich irgendwann rudimentär, aber forsch in den Vordergrund, mit ganz einfachen Akkorden, die so ziemlich jeder Anfänger spielen kann. Zusammen mit den immer öfter auftauchenden Wortfetzen erzeugt es fast die Illusion, auf dem Weg in einen Abgrund zu sein. Aber ich muss sagen, das hat was! Meiner Meinung nach ist die Kategorisierung als Death Metal bzw. Industrial, die das eigene Label hier wohl in Unkenntnis verbreitet hat, völlig fehl am Platz. Offiziell gibt es wohl so was wie „Black Occult Industrial“, wie ich im Nachgang zu diesem Review lernen musste. Wahrscheinlich ist es einfach wieder so, dass diesen Bastard aus Avantgarde und infernalischer Aura niemand zu definieren weiß. Aber zugegeben, die Russen, die uns diesen widerlichen Klangbatzen um die Ohren werfen, machen das Einschätzen und Rezensieren wirklich nicht leicht, und ein Kategorisieren eigentlich gar unmöglich. Ich persönlich sehe zumindest von der Intention her die Protagonisten gut bei den Black-Metallern untergebracht, wenngleich die Musik (zumindest in den ersten beiden Stücken) kein BM, ja nicht mal Metal ist, sonder ein ganz abstruses Avantgarde-Gebilde, welches seinesgleichen sucht. Aber ich könnte mir vorstellen, was so ein echter Satan-Verehrer ist, der kann der böse-säuselnden Geräuschkulisse, die vor Geheimnissen, Neuem und Spannendem knistert, bestimmt etwas abgewinnen, auch wenn es keine Melodien gibt, geschweige denn Parts mit Mitsingcharakter. Nein, allein das Gefühl, was diese Musik hervorruft, ist fassbar. Je länger sich der erste Track zieht (und er zieht sich wirklich), umso mehr fühlt man sich auf den Weg in den Höllenschlund versetzt. Grunzende Geräusche, manchmal leiser Bongoklang im Hintergrund, der so was wie einen Takt markieren könnte, schwere Atemgeräusche aus dem Hintergrund, die recht viehisch und nach Blut lechzend klingen, immer wieder das rotzige Gollum-Gekrächze, immer öfter satanisch klingende Beschwörungsformeln.... und der Wind im Hintergrund scheint sich von schneidend-kaltem in auf der Haut brennenden, heißen verwandet zu haben. Wüsten-oder Höllenwinde... Track Nummer zwei, der „Bab-Illu“ heißt, stellt ein kurzes Zwischenspiel dar, welches ein klein wenig variiert zum ersten Teil der dreiteiligen, aber immerhin 45 Minuten langen Komposition. „Bab-Illu“ hat ganz kurzzeitig sogar einige Klangfetzen drin, die was von Meditation in sich tragen, wenn auch immer noch von nervenaufreibenden, diabolischen Geräuschen begleitet. Die große Überraschung kommt dann in Teil drei, der da „Under the trident of Ramanu“ heißt. Und hey, JETZT wacht jeder Satanist, der dieses Stück vielleicht hören könnte, mit Sicherheit auf. Nicht nur wegen des Titels („Ramanu“ war im Assyrischen „Der Donnerer“, da muss man wohl geschichtlich schon sehr bewandt sein, um hierzu eine Assoziation haben). Da schiebt sich plötzlich eine tiefdunkle, schleppende Gitarrenlinie in den Vordergrund. Das Stück hat so was wie eine Melodie, wenngleich auch die Harmonien extrem böse, pessimistisch, melancholisch, aber gleichzeitig auf ihre eine eigene abstoßende Art mitreißend sind. Wenn das kein infernalischer Black Metal ist, was dann!? Spröde, roh, tiefdunkel schiebt sich der mordsmäßige Klangbastard in die Gehörgänge, durchbohrt von tiefdunklem Growling. Endzeitstimmung macht sich breit. Untermauert wird die These vom Black Metal nicht nur durch das in rot-schwarz gehaltene Artwork des Booklets, in welchem historische Abbilder verschiedener (auch böser) Gottheiten zu sehen sind, oder gar durch die Freundes-Dank-Liste, in welcher reihenweise okkult klingende Pseudonyme aufgezählt sind, sondern auch durch die finale Danksagung, die ich zitieren darf: „Goatpsalm dedicated this album to immortal demons of inhuman sonic torments – Abruptum & MZ412“. Zur Mitte hin ist da plötzlich ein Gitarrensolo inmitten des brodelnden Getöses zu vernehmen und man weiß gar nicht, wie einem geschieht. Was ist das? Was soll das? Woher kommt das Talent, so etwas zu schreiben, was so garstig und primitiv ist, aber gleichzeitig ein paar so erhebende, tiefschwarz wabernde Momente bietet? Danach versinkt das ganze dann leider wieder in der schon bekannten Geräuschkulisse, wenngleich diese nun derber und grobschlächtiger ist und ein paar eintönige, bis zum Knacken verzerrte Gitarrenakkorde das Gebilde noch unzugänglicher machen. Wie soll man so etwas bewerten? Wem kann man die Musik ans Herz legen? Nun, gehen wir punkteweise vor: die Klangqualität ist nicht überragend, aber dahingehend in Ordnung, dass sämtliches Kratzen gewollt ist, um dem ganzen den satanischen Schliff zu geben, der Brocken soll halt einfach den Garagensound haben. Wer auf musikalisch hochwertige Kompositionen Wert legt, muss unbedingt die Finger von dem Album lassen, das selbe gilt für BM'ler, die trotz aller misanthropischer Absicht doch viel Instrumentierung (insbesondere ordentliche Drums und vitale E-Gitarren-Läufe) brauchen. Wer nach einem nachvollziehbaren Songkonstrukt sucht, wird hier auch nicht fündig. Dafür werden vielleicht die extremen Avantgard'ler unter euch einige Highlights auf dem Album finden, allerdings qualitativ nicht so hochwertig wie erhofft. Lediglich Satanisten, die vielleicht ein neues Album mit einer unglaublich mystischen, dunkelbösen Momentaufnahme brauchen, welche einem das Blut in den Adern gefrieren lässt, könnten hier fündig werden;... wie gesagt versteckt sich das ultimativ böse Klanghighlight im dritten Stück. Als Hintergrundmusik bei schwarzen Messen (... nicht dass ich glaube, dass irgend einer unserer Leser so was praktiziert, aber man weiß natürlich nie...) wäre es natürlich bestens geeignet. Das Album ist in jedem Fall so anders, als man erwarten könnte, dass man allein für den Überraschungseffekt geneigt ist, ihm Zusatzpunkte zu geben. In jedem Fall ist der unglaubliche Klangbatzen nichts für jedermann, sondern nur für ganz besondere, spezialisierte Geschmäcker. Anspieltipp: "Under the trident of Ramanu" Punkte: 6,66 von 10 Review von Twilightheart
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