Hellveto – "Kry"

Pagan Records/ VÖ: 24. Nov. 2009

Das Bandprojekt „Hellveto“, das es schon seit 1996 gibt und dessen Initiator in den letzten 4 Jahren jedes Jahr ein Album herausgebracht hat und auch vorher schon mit einem Katalog aus Demos und Kurzalben glänzte, hat mit „Kry“ sein neuestes Werk auf die Menschheit losgelassen. Für mich ist es allerdings das erste Mal, dass ich mit Hellveto konfrontiert werde. Einen Vergleich zu all den Vorgängeralben wird es also nicht geben.

Gleich die ersten Takte des Albums, welches als "melodic Pagan Black" deklariert ist, üben eine gewisse Faszination auf mich aus. Mit orchestralen, sehr eingängigen Klängen, die beinahe eine heroenhafte Stimmung aufkommen lassen, beginnt der Titelsong „Kry“. Zu den Klängen von Synthesizer und tragenden Untermalungen der anderen Instrumente gesellt sich alsdann die raue Singstimme, die beinahe gebrochen klingt. Da die Melodiegebilde im Hintergrund immer trauriger, beinahe schon melancholisch werden, baut sich in der Vorstellung das Bild eines Kriegsheimkehrers auf, der Erlebtes Revue passieren lässt.  Zumindest würde das auch zum Cover passen. Über den tatsächlichen Inhalt der Lyrics ist mir nichts bekannt (laut MySpace-Profil der Band geht es um slawische Geschichte und Glauben, um die alten Götter und dergleichen), es ist also alles eine Frage der Vorstellungskraft. Gesungen wird nämlich auf polnisch. Und dies macht das Album vom Klang her unglaublich interessant. Es wird zwar sowieso oftmals auch gehaucht oder beschworen statt „nur“ gesungen, aber gerade die Bandbreite der Vocalperformance lässt keinen Zweifel daran, dass in diese Musik unglaublich viel Energie investiert wurde. Auch lassen die Melodien, die zum Teil richtig ans Herz gehen, darauf schließen, dass der Songwriter ganz viel seines Herzbluts in die Musik gesteckt hat. Ich bin hin und hergerissen, ob ich den Zauber des leicht befremdlichen Klangs weiterhin auf mich wirken lassen will, oder ob ich mir die Lyrics besorgen will, um zu erfahren, worum es in den Texten genau geht bzw. mit welcher Wortwahl dies realisiert wurde. Ich habe Angst, dass das vielleicht etwas vom Zauber nimmt, falls es nicht so interessant ist, wie es in der fremden Sprache klingt. Andererseits reizt mich das gelungene Werk, mehr über die Band zu erfahren (späteres Interview nicht ausgeschlossen). Wir werden sehen....
Jedenfalls ist jeder der 6 langen Tracks (die sich zu einer Gesamtspielzeit von ca. 32 Minuten summieren) noch intensiver als der vorherige. Die Keyboardklänge sind meistens sehr episch, bauen sich zu mal wuchtigen, mal sehnsüchtigen Klangwällen auf, bzw. fällt mir hier ein Wort ein, welches von der Band „Dornenreich“ stammt, im Kontext dieses Albums allerdings wie die Faust aufs Auge passt, nämlich das Wort „Trauerbrandung“. Die Gitarren untermalen dies zumeist mit tiefen, gediegen-langsamen Akkorden, selbst die Drums steigen in die melodische Gewaltigkeit mit ein, indem sie virtuos eingesetzt werden. Der raue Gesang (kein Growling, auch wenn der Reibeisengesang klanglich natürlich daran erinnert) steigert sich an bestimmten Stellen immer mehr, bis er beinahe in einer Art des Herausschreiens explodiert. 
Das vierte Stück ist etwas schneller und beinhaltet einige folkig anmutende Anleihen (wobei ich natürlich keine Ahnung habe, wie polnischer Folk eigentlich klingt), am Anfang werden sogar Celloklänge auf dem Synthesizer simuliert. Im weiteren Verlauf des Songs sinkt er aber wieder in das restliche Konzept des Albums ab und verfällt in die tief-emotionale Grundstimmung zurück, nur eben etwas rasanter getaktet. 

Punkteabzug gibt es nur für die ein oder andere klangliche Einbuße. Zwar ist der Sound im Großen und Ganzen wirklich okay, aber natürlich reicht er an den Standard allbekannter Top-Produktionen nicht heran. Vor allem der Synthesizerklang ist streckenweise etwas konservenhaft, ab und an auch der Drumsound. Das Hauptaugenmerk beim Hören dieser Musik sollte also auf den anrührenden Melodien liegen, der orchestral anmutenden Gestaltung durch die reiche Klangfülle, und einfach dem intensiven Gefühl, was durch die Musik transportiert wird. Wer sich hier öffnen kann, wird in den Genuss von etwas Besonderem kommen, etwas, das einem nicht mehr allzu oft geboten wird. Für die, die es ursprünglich mögen, ist es in Kombination mit der polnischen Sprache erst recht die auditive Entdeckung wert.

Die CD enthält einen Videotrack, den ich hier zwar kurz anreißen, aber nicht in die Wertung einfließen lassen will. Mit Bedacht habe ich ihn mir erst nach Beendigung des Reviews angeschaut, der Abgleich mit meinen Vermutungen soll möglichst erst im Nachhinein die Enttäuschung bringen. Aber weit gefehlt. Der Videoclip berührt mich beinahe noch mehr als das Album. Absichtlich auf „alt“ gemacht, sieht man zuerst Naturaufnahmen im Zeitraffer, später immer wieder kurze Flashbacks in die Geschichte... die Kreuzritter sind zu sehen, die Gräber, die sie hinterlassen, später andere Menschen, neue Gräber, Flammen ... der Sänger, wie er sich händeringend die Seele aus dem Leib singt ... und immer wieder neue Gräber. Die Kamera macht auch einen Schwenk über den Ort, der auf dem Albumcover festgehalten ist. Alles in tristem Grau, große Bestürzung und Hoffnungslosigkeit spiegelnd. Spätestens nach dem Ansehen des Clips ist mir dann doch klar, dass ich eine Übersetzung der Lyrics brauche. Ich denke, ihr lest Weiteres zum Thema, sobald mir diese vorliegen.

Anspieltip „Kry“                                                                                          8,5 von 10 Punkten

Review von Twilightheart

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