Huldre – "Intet Menneskebarn"
Gateway Music/ VÖ: 21.Juni 2012
Folkmetal – kann man davon jemals genug bekommen? Wenn er gut gemacht ist wie der von Skyforger & Co., dann wohl nicht. Und nun kommen die Dänen von Huldre und reihen sich mal eben mir nichts dir nichts fast in die Riege der Großen ein, von Null auf Hundert. Warum? Weil sie einfach unglaublich erfrischend sind. Wer auch nur einen Funken Liebe zum Folkmetal im Herzen trägt, wird sich der Band nicht entziehen können, auch wenn wir uns an dänisches Liedgut bzw. die Lyrics wohl erst noch gewöhnen müssen. Schon allein das Studium des Covers ist eine Genugtuung, da lacht das Herz des Naturliebhabers. Die Protagonisten des Albums toben nackt durchs Unterholz und wurden dabei fotografiert. Auf manchen Fotos werden gewisse Körperformen nur durch Schlamm bedeckt, auf anderen nur durch wunderschönes, langes Haar, welches in der Abendsonne golden glänzt. Dazu Geäst und Zweige, Baumstämme, Gras, Erde. Herrlich. Braucht es mehr? Doch zur Musik! Lebensfroher Fidelklang läutet das Album ein, bevor es kurz darauf die erste Begegnung mit der Stimme von Sängerin Nanna gibt, welche absolut betörend ist. Was für eine reife, eigenwillige, aber gleichzeitig und satt und ansprechend klingende Stimme! Ich will diese Frau live auf der Bühne singen hören... am besten jetzt sofort. Mit unglaublichem Selbstbewusstsein knallt die Dame den Hörern den ersten Track „Ulvevinter“ vor den Latz, manchmal sogar vom mitreißenden Clean-Gesang leicht ins Growlige abgleitend. Sehr tremolo-tastig, aber perfekt gesungen. Natürlich (wie das komplette Album) in dänischer Sprache, die natürlich ihren eigenen Reiz hat... irgendwas zwischen manchmal vertraut klingenden, dem Norddeutschen ähnlichen Lauten und dem rollenden Charme der anderen skandinavischen Sprachen. Das einzige, was es am ersten Lied zu bemängeln gäbe, wäre, dass es musikalisch eher rustikal gehalten ist. Es lebt vom Gesang, ohne diesen würde der Song schnell ins Nicht- Erinnerungswürdige abdriften. Doch vielleicht war dies Absicht, weil einen die Stimme der Sängerin sowieso erst mal überrollt und man sich unweigerlich erst mal mit dieser identifizieren muss. Das erfordert zu Anfang fast die ganze Aufmerksamkeit als Hörer. Auch der zweite Track „Trold“ enthält etliche Stellen, die rein von der Gitarrenarbeit her oftmals etwas zu simpel gehalten sind. Aber dafür wird hier die Untermalung durch traditionelle Folkinstrumente mit der Zeit umso lebendiger... zwar noch nicht durchgängig, aber immer wieder an passender Stelle. Stimmlich wird der Sängerin hier mehr abverlangt, schnelle Wechsel zwischen hoch und mitteltief innerhalb einer Zeile verlangen schon nach einer Klasse-Sängerin. Melodisch muss man sich ansonsten an den Song noch etwas gewöhnen. Und im dritten Lied namens „Skovpolska“ wird es noch bunter getrieben. Total rockige Passagen und extrem folkige scheinen miteinander um die Vorherrschaft zu ringen, bevor sie sich auf passende Weise zu einem geschmeidigen Ganzen vermischen. Nanna kann in diesem Song gesanglich wieder besonders glänzen, scheint es doch, sie kann mit ihrem manchmal fast schon klagenden Gesang die dänischen Ahnen anrufen. Und auch die Geige ist in diesem bunten Treiben ein wichtiges Element, der Klang derselben drängt immer wieder eigensinnig in den Vordergrund. Der Song braucht ein paar Anläufe, bevor man vollends in seiner etwas versteckten Klangschönheit versinken kann. Die vierte Komposition „Brandridt“ kommt etwas forscher daher, was die vorwärtstreibenden Gitarrenklänge betrifft, aber im Gegensatz zum Vorgänger ist sie auch stetiger, man kann sich einfach treiben lassen. Ich persönlich sehe den Track allerdings eher als Zwischenstück, denn stimmlich kann Nanna da nicht so aus sich herausgehen, wie es in anderen Songs möglich ist. Insgesamt 11 vollwertige, auskomponierte Songs bietet dieses wunderbar erquickliche Folk-Metal-Album, jeder Track ist etwas anders, immer wieder bespickt mit überraschenden Elementen, die man in der Art noch nicht in anderen Liedern des Genres gehört hat. Zeitweise gewinnt die E-Gitarre mit melodischem Riffing die Oberhand, dass man kurzzeitig fast vergessen könnte, dass es kein reines Metal-Album ist. Doch spätestens, wenn die unglaubliche Stimme Nannas wieder einsetzt, ist man wieder in den mitreißenden Folk-Strudel versetzt, der im Gegensatz zu so vielen anderen Künstlern/Alben nie überladen wirkt, soll heißen, kein Instrument wird so dominant, dass man nach drei Songs wirklich genug hat, sondern die Mischung der Metal- und Folkelemente ist so durchdacht und gelungen, dass es immer kurzweilig bleibt und man immer wieder gespannt hinlauschen muss. Das I-Tüpfelchen bleibt aber die weibliche Frontstimme, um es erneut zu betonen. Huldre leben hiervon, diese Stimme ist das nicht wegzudenkende Herzstück der Musik. Beinahe möchte ich behaupten, dass die Dame auch ein A-Capella-Album zum Erlebnis machen könnte. Obwohl... oh weh... Stimmen sind immer Geschmackssache. Damit niemand enttäuscht ist, möchte ich also hinzufügen: WENN man Nannas Stimmklang mag, wird man in dieser Band eine lohnende Neuentdeckung für sich selbst sehen können (wer z.B. Dalriada kennt und mag, ist bei Huldre sowieso auch richtig). Zusammenfassend kann man sagen, dass es Zeit wurde, dass Huldre, die es schon seit 2006 gibt, endlich ihr Debüt veröffentlichen konnten. Der eine oder andere Song hat zwar noch ein paar Passagen, die noch ausgereifter sein könnten, aber andererseits ist das Album in seiner Gesamtheit am Ende so stimmig, dass man die weniger spektakulären Passagen eher als Verschnaufpause zwischendurch ansehen kann, bevor es wieder feurig wird, oder (wie z.B. in „Beirblakken“) auch mal sentimental und berührend. Ich bin fast geneigt, 10 von 10 Punkten zu vergeben. Was mich davon abhält, ist lediglich die Vorstellung, dass gewisse Folk-Metal-Bands noch Gewaltigeres komponiert haben, was einfach noch emotionaler ist. Aber trotzdem kann ich für „Intet Menneskebarn“ eine uneingeschränkte Kaufempfehlung aussprechen, auch was die Aufnahmequalität betrifft, kann man keine Abstriche machen. Ich vergebe jetzt mal einfach die „Lohnt sich!“-Garantie für Huldre und ihr Album! Also, nix wie ran an das gute Stück!
Anspieltipp: "Trold" Punkte: 9 von 10 Review von Twilightheart
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